März 28, 2019

OLG Frankfurt am Main, 28.09.2015 – 16 W 52/15
Orientierungssatz:

Für den Fall, dass ein vollmachtloser Vertreter Klage erhoben hat, sind nach allgemeiner Kostenregelung die Kosten des Rechtsstreits demjenigen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, der das Auftreten des Vertreters ohne Vollmacht veranlasst hat. Dies kann zwar der vollmachtlose Vertreter selbst sein, die angeblich vertretene Partei hat aber immer dann die Kosten zu tragen, wenn sie dieses Auftreten selbst veranlasst hat.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 04. August 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 1.450,– € festgesetzt.
Gründe

Die Kläger haben sich an einem Unternehmen der … mit einem Betrag in Höhe von 18.600,–€ beteiligt. Auch der Beklagte war in die Vermarktung der Beteiligung involviert. Nachdem der Lebenssachverhalt um die … bekannt wurde, haben eine Vielzahl von Anlegern die Firma A … GmbH, …, Stadt1 mit der Einziehung von Schadensersatzforderungen wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus sittenwidriger Beteiligung beauftragt. In der von den Klägern unterzeichneten Inkassovollmacht für die A … GmbH wurde diese bevollmächtigt, wegen der Forderung der Kläger gegen die … unwiderruflich alle Beitreibungsmaßnahmen bis zur restlosen Bezahlung der Forderung einzuleiten. Weiterhin wurde in der Inkassovollmacht ausgeführt, dass die A … GmbH bevollmächtigt sei, alle im Zusammenhang mit dieser Forderung zu treffenden Maßnahmen und Vereinbarungen in ihrem Namen durchzuführen. In der Inkassovollmacht wurde weiterhin geregelt, dass die A … GmbH berechtigt sei, für die Kläger Rechtsanwälte mit dem Beitreiben gerichtlicher und behördlicher Verfahren zu beauftragen, die sich aus dem Inkassoauftrag ergeben sollten.

Die A … GmbH hat als Prozessbevollmächtigte der Kläger unter dem 25.06.2015 einen Mahnbescheid über einen Betrag in Höhe von 18.600,–€ für die Kläger gegen den Beklagten beantragt. Nach Zustellung des Mahnbescheides hat der Beklagte gegen diesen Widerspruch eingelegt und beantragt, die Sache zur Durchführung des streitigen Verfahrens an das im Mahnbescheidsantrag bezeichnete Streitgericht abzugeben und ferner beantragt, den Klägern nach § 697 Abs. 1 ZPO eine Frist zur Begründung ihres Anspruchs zu setzen.

Das Landgericht hat mit Verfügung vom 03.07.2015 den Klägern aufgegeben, den in der vorgenannten Mahnsache geltend gemachten Anspruch innerhalb von 2 Wochen zu begründen. In Reaktion auf diese Aufforderung ließen die Kläger durch ihren nunmehr beauftragten Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 die Klage zurücknehmen.

Nachdem der Beklagte aufgrund dieser Klagerücknahme beantragt hatte, den Klägern die Kosten des Mahnverfahrens aufzuerlegen, hat das Landgericht mit dem angesprochenen Beschluss vom 04.08.2015 auf Antrag der Beklagten den Klägern die Kosten des Rechtsstreites auferlegt, nachdem diese die Klage zurückgenommen haben.

Gegen diesen ihnen am 06. August 2015 zugestellten Beschluss wenden sich die Kläger mit ihrer beim Landgericht am 06. August 2015 eingegangenen sofortigen Beschwerde und machen geltend, eine Auferlegung der Kosten des Mahnverfahrens auf die Kläger sei nicht möglich, da der zugrunde liegende Mahnantrag von der A … GmbH ohne Kenntnis der Kläger eingereicht worden sei. Da die Kläger keine Kenntnis von dem eingeleiteten Mahnverfahren gehabt hätten, und dieses von ihnen nicht gestattet gewesen sei, vielmehr die A … GmbH nur berechtigt gewesen sei, auf eigenen Namen und eigene Kosten vorzugehen, müssten nach dem Rechtsgedanken des Verursacherprinzips bei vollmachtloser Vertretung aus § 89 Abs. 3 ZPO die Kosten des Verfahrens der A … GmbH als Verursacherin auferlegt werden.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, dass zwingend nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO den Klägern die Kosten hätten auferlegt werden müssen, da ein Ausnahmefall, der eine Abweichung von dem Prinzip des § 269 Abs. 3 S. 2 rechtfertigen könnte, nicht vorliege. Durch die Rücknahme hätten sich die Kläger freiwillig in die Rolle der Unterlegenen begeben. Ob dies mit dem materiellen Recht übereinstimme, sei ohne Bedeutung, da die Kläger formal durch die Erklärung der Rücknahme das Verfahren beendet hätten und sie die Folgen dieser Erklärung auch zu tragen hätten. Die Kostenvorschriften der ZPO würden sich nämlich nur mit dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch befassen.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 269 Abs. 5 S. 1 ZPO). Sie ist im Übrigen auch zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 269 Abs. 5 S. 2 ZPO, 569, 568 ZPO). In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg, da das Landgericht zu Recht und aus zutreffenden Erwägungen nach der Klagerücknahme den Klägern die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat.

Nach der Grundregelung des § 269 Abs. 3 ZPO fallen den Klägern, die die Klage aus freiem Anlass zurückgenommen haben, die gesamten Prozesskosten zur Last, unabhängig davon, ob die Klage begründet war oder nicht. Die Regelung des § 269 Abs. 3 ZPO ist eine Ausprägung des allgemeinen, den §§ 91, 97 ZPO zugrunde liegenden Prinzips, dass der unterlegenen Partei die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen sind. Durch die Klagerücknahme haben sich die Kläger freiwillig in die Rolle der Unterlegenen begeben, so dass es auch gerechtfertigt ist, ihnen die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen. Sondervorschriften, die eine Abweichung von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO bedingen würden, sind nicht ersichtlich.

Soweit die Kläger darauf verweisen, dass das Mahnverfahren durch die A … GmbH ohne Kenntnis und Zustimmung der Kläger betrieben worden sei, vermag dies an dem gefundenen Ergebnis nichts zu ändern.

Zum einen ist es bereits fraglich, ob die A … GmbH nicht tatsächlich berechtigt war, im Namen der Kläger das Mahnverfahren zu betreiben, da die Kläger in der Inkassovollmacht die A … GmbH ausdrücklich bevollmächtigt hatten, in ihrem Namen Rechtsanwälte mit der Beitreibung gerichtlicher und behördlicher Verfahren zu beauftragen, die sich aus dem Inkassoauftrag ergeben würden. Durch diese umfassende Ermächtigung der A … GmbH ist aber die weniger einschneidende Maßnahme, der Beantragung eines Mahnverfahrens, durch die Inkassobevollmächtigte selbst weniger bedeutend, so dass die Beantragung des Mahnverfahrens von der Inkassovollmacht gedeckt sein dürfte.

Selbst wenn man dies aber nicht so sehen würde, kommt eine von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO abweichende Kostenentscheidung nicht in Betracht, da auch aus dem Rechtsgedanken des § 89 ZPO keine schützenswerte Stellung der Kläger hergeleitet werden kann. Für den Fall, dass ein vollmachtloser Vertreter Klage erhoben hat, sind nämlich nach allgemeiner Kostenregelung die Kosten des Rechtsstreits demjenigen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, der das Auftreten des Vertreters ohne Vollmacht veranlasst hat. Dies kann zwar der vollmachtlose Vertreter selbst sein, aber die angeblich vertretene Partei hat immer dann die Kosten zu tragen, wenn sie dieses Auftreten des vollmachtlosen Vertreters selbst veranlasst hat.

So liegt aber der Fall hier, da die Kläger der A … GmbH eine umfassende Inkassovollmacht erteilt haben, die diese Firma dazu berechtigte, alle Maßnahmen zum Einzug der Forderung zu ergreifend. Zu diesen Maßnahmen gehörte aber auch die Erwirkung eines Titels und somit die Durchführung des Mahnverfahrens. Auch wenn die Kläger die Einleitung gerichtlicher Schritte nicht gewollt haben, müssen sie sich an der Beauftragung des Inkassounternehmens festhalten lassen, da sie dieses willentlich mit der Einziehung der Forderung beauftragt haben (OLG Hamm, NJW RR 1990, 767; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 269 Rdnr. 91; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 269 Rdnr. 47).

Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass die A … GmbH nicht zur Einleitung des Mahnverfahrens berechtigt war, kann dies nicht zu einer anderen Entscheidung im Rahmend es § 239 Abs. 3 ZPO führen, da die Kostenverteilung nach der Regelung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ausschließlich nach der prozessualen Kostenlast ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage vorzunehmen ist. Insofern gilt aber ausschließlich das Veranlassungsprinzip, welches dazu führt, dass die Kläger die Einleitung des Mahnverfahrens zumindest veranlasst haben. Ob materielle Schadensersatzansprüche der Kläger gegen die A … GmbH bestehen, hat im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO außer Betracht zu bleiben, da das Kostenrisiko der Wirksamkeit/Unwirksamkeit der erteilten Vollmacht grundsätzlich die Partei trägt, die die Vollmacht erteilt hat. Es liegt deshalb in ihrem Risikobereich, wie die bevollmächtigte Person auftritt.

Zudem kann die gewünschte Kostenentscheidung hier auch deshalb nicht getroffen werden, weil die A … GmbH an diesem Verfahren nicht beteiligt ist, die prozessuale Kostentragungspflicht aber nur einen Verfahrensbeteiligten treffen kann, der an dem Verfahren beteiligt ist (OLG Bamberg, OLG-Report 2005, S. 684). Formal beteiligt sind aber nur die Kläger und der Beklagte, so dass zwischen ihnen auch die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, da das Rechtsmittel der Kläger ohne Erfolg geblieben ist.

Der Beschwerdewert war entsprechend dem Kosteninteresse der Kläger an der Abänderung des Beschlusses festzusetzen, welches der Senat mit 1.450,– € bewertet hat (§ 3 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht gegeben sind.

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