OLG Frankfurt am Main, 02.12.2016 – 26 SchH 4/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 02.12.2016 – 26 SchH 4/16
Orientierungssatz:

Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung und die Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens unterliegen im Zusammenhang mit der Entscheidung über einen Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Schiedsrichters gemäß § 1035 ZPO lediglich einer Überprüfung darauf, ob die zugrundeliegende Schiedsvereinbarung offensichtlich unwirksam ist oder der Gegenstand der Schiedsklage offensichtlich nicht in die Zuständigkeit des Schiedsgerichts fällt.
Tenor:

In dem vom Antragsteller nach § 18 Abs. 1 des Partnerschaftsgesellschaftsvertrages der Parteien eingeleiteten Schiedsverfahren wird für den Antragsgegner zum Schiedsrichter bestellt:

A, Richter am Landgericht Stadt1, Straße1, Stadt1.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf bis zu 7.000,– Euro festgesetzt.
Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt in einem von ihm eingeleiteten Schiedsverfahren die Bestellung eines Schiedsrichters für den Antragsgegner.

Die Parteien haben einen Partnerschaftsgesellschaftsvertrag geschlossen, der in § 18 folgende Regelung enthält:

“ … § 18 Schiedsgericht

(1) Streitigkeiten zwischen Partnern untereinander oder mit der Partnerschaft werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden.

(2) Der Schiedsvertrag wird in besonderer Urkunde abgeschlossen.“

Zwischen den Parteien ist kein Schiedsvertrag gemäß der Regelung in § 18 Abs. 2 des Partnerschaftsgesellschaftsvertrages abgeschlossen worden.

Der Antragsteller hat mit Anwaltsschreiben vom 16.08.2016 (Anlage S 1) gegenüber dem Antragsgegner ein schiedsgerichtliches Verfahren eingeleitet, das einen Zahlungsanspruch des Antragstellers aus der Auseinandersetzungsbilanz der Partnerschaftsgesellschaft der Parteien zum Gegenstand hat, und in dem Schreiben als von ihm bestellten Schiedsrichter Herrn Rechtsanwalt B, Straße2, Stadt1 benannt. Der in dem Schreiben von dem Antragsteller erklärten Aufforderung, innerhalb eines Monats nach Zugang des Schreibens einen Schiedsrichter zu benennen, ist der Antragsgegner nicht nachgekommen.

Der Antragsteller beantragt,

für den Antragsgegner einen Schiedsrichter zu bestellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters zurückzuweisen.

Der Antragsgegner meint, dass die in § 18 des Partnerschaftsgesellschaftsvertrages enthaltene Schiedsvereinbarung unwirksam sei, da deren Zustandekommen in § 18 Abs. 2 eindeutig davon abhängig gemacht worden sei, dass ein Schiedsvertrag von den Parteien in einer besonderen Urkunde abgeschlossen werde. Die Schiedsvereinbarung sei mangels eines solchen Schiedsvertrages, der sich für die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung als „conditio sine qua non“ darstelle, hinfällig.

II.

Der Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters für den Antragsgegner ist zulässig und begründet.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist gemäß § 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO in Verbindung mit den § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, 1025 Abs. 3 ZPO für die Entscheidung über den gestellten Antrag zuständig, da ein Ort für das schiedsrichterliche Verfahren nicht bestimmt ist und der Antragsteller im Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main wohnhaft ist.

Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Schiedsrichters durch das Oberlandesgericht nach § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO liegen vor. Nach dieser Vorschrift ist der Schiedsrichter auf Antrag einer Partei durch das Gericht zu bestellen, wenn eine Partei den Schiedsrichter nicht innerhalb eines Monats nach Empfang einer entsprechenden Aufforderung durch die andere Partei bestellt.

Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob durch den Abschluss des Partnerschaftsgesellschaftsvertrages wegen der in § 18 Abs. 1 des Vertrages vorgesehenen Streitentscheidung durch ein Schiedsgericht eine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen worden ist, obwohl der in § 18 Abs. 2 des Vertrages vorgesehene Schiedsvertrag nicht abgeschlossen worden ist, ist von dem Senat im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu klären.

Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung und die Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens unterliegen im Zusammenhang mit der Entscheidung über einen Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Schiedsrichters gemäß § 1035 ZPO nach der vom Senat für zutreffend erachteten herrschenden Auffassung lediglich einer Überprüfung darauf, ob die zugrundeliegende Schiedsvereinbarung offensichtlich unwirksam ist oder der Gegenstand der Schiedsklage offensichtlich nicht in die Zuständigkeit des Schiedsgerichts fällt (vgl. BGH, Beschluss vom 30.04.2009, III ZB 5/09, Rn. 7, 9; OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.07.2013, 26 SchH 8/12 ; Rn. 23 f.; Thüringer OLG, Beschluss vom 15.12.2008, 1 SchH 3/08, Rn. 13; jeweils zit. nach juris; Zöller/Geimer, ZPO 31. Aufl., § 1035 Rn. 17; Musielak/Voit, ZPO 13. Aufl., § 1035 Rn. 11). Es käme anderenfalls zu Rechtsschutzlücken, da mit der Entscheidung über die Bestellung oder Nichtbestellung eines Schiedsrichters nicht zugleich rechtskräftig über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung entschieden wird (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 9; Zöller/Geimer, a.a.O., Rn. 18; Musielak/Voit, a.a.O.).

Nach diesem Maßstab steht dem Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters keine offensichtliche Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung entgegen. Die in § 18 Abs. 1 getroffene Regelung kann im Zusammenhang mit dem geschlossenen Partnerschaftsgesellschaftsvertrag dahin ausgelegt werden, dass sie den notwendigen Inhalt einer Schiedsvereinbarung aufweist, indem sie alle Streitigkeiten zwischen den Parteien in Bezug auf diesen Vertrag unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges vorbehaltslos („…werden durch ein Schiedsgericht entschieden“) der Entscheidung eines Schiedsgerichts unterstellt. Für den notwendigen Inhalt eines Schiedsvertrages genügt bereits eine Vereinbarung, nach der die Entscheidung aller oder einzelner Streitigkeiten zwischen den Parteien in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis einem Schiedsgericht übertragen wird; eine weitere Konkretisierung ist selbst dann nicht erforderlich, wenn die Parteien noch einen Schiedsvertrag zur näheren Ausgestaltung des Verfahrens vorgesehen haben, der Vertragsabschluss aber nicht mehr zustande kommt (Zöller/Geimer, a.a.O., § 1029 Rn. 28; KG, Beschluss vom 28.4.2011, 23 U 33/11, Rn. 2 ff.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.2.2012, 17 U 72/11, Rn. 14 ff., jeweils zit. nach juris). Für einen Willen der Parteien, die Streitentscheidung bereits mit der in § 18 Abs. 1 des Vertrages enthaltenen Regelung – unabhängig von dem Abschluss eines weitere Einzelheiten regelnden Schiedsvertrages – verbindlich einem Schiedsgericht zuzuweisen, spricht neben den vorstehenden Erwägungen auch, dass die Parteien in § 17 des Partnerschaftsgesellschaftsvertrages für die Anfechtung und die Geltendmachung der Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen auf das in § 18 des Vertrages geregelte Schiedsverfahren verwiesen haben, ohne wegen des noch ausstehenden Abschlusses eines Schiedsvertrages nach § 18 Abs. 2 des Vertrages eine Übergangsregelung zu treffen.

Da die Monatsfrist des § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO nach der mit einer entsprechenden Fristsetzung verbundenen Aufforderung im Schreiben des Antragstellers vom 16.08.2016 abgelaufen ist, ohne dass der Antragsgegner einen Schiedsrichter bestellt hat, sind auch die weiteren Voraussetzungen für die Bestellung eines Schiedsrichters durch das staatliche Gericht gegeben.

Der im Beschlusstenor benannte Schiedsrichter, der über praktische Erfahrung in der Schiedsgerichtsbarkeit verfügt, hat sich gegenüber dem Senat auf telefonische Anfrage zur Übernahme des Schiedsrichteramtes bereit erklärt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Antragsgegner ist dem gestellten Antrag entgegengetreten und hat daher als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Verfahren auf Bestellung eines Schiedsrichters ist gemäß § 3 ZPO mit einem Bruchteil des Hauptsachewertes des schiedsrichterlichen Verfahrens zu bemessen. Der Senat erachtet danach unter Berücksichtigung der vom Antragsteller in seinem Schreiben vom 16.8.2016 angegebenen Forderung von 18.945,74 € im Wege der Schätzung den im Tenor festgesetzten Betrag für angemessen.

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