OLG Frankfurt am Main, 25.11.2016 – 18 W 166/16

März 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 25.11.2016 – 18 W 166/16
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 25. Juli 2016 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Wiesbaden vom 12. Juli 2016 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts Wiesbaden vom 13. November 2014 sowie des gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts Wiesbaden vom 27. Mai 2015 sind von der Klägerin 2.361,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus 2.188,76 € seit dem 19. November 2014 und aus 172,48 € seit dem 13. Juni 2016 zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 365,49 € festgesetzt.
Gründe

1. Das als Erinnerung bezeichnete Rechtsmittel der Beklagten ist als sofortige Beschwerde gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthaft und zulässig, insbesondere ist die in § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO normierte Frist zu ihrer Einlegung gewahrt.

2. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die zur Festsetzung beantragten Flugreisekosten des in Hannover ansässigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind erstattungsfähig, so dass deren Absetzung zu Unrecht erfolgte.

Es handelt es sich regelmäßig um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt, weil ein persönliches Informations- und Beratungsgespräch zwischen Partei und Anwalt mindestens zu Beginn eines Mandats erforderlich und sinnvoll ist (vgl. BGH, Beschluss v. 9.9.2004 – I ZB 5/04, NJW-RR 2004, 1724; v. 18.12.2003 – I ZB 18/03, NJW-RR 2004, 856). In einem solchen Fall sind die Terminsreisekosten des nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwaltes grundsätzlich erstattungsfähig (vgl. BGH, Beschluss v. 13.9.2005 – X ZB 30/04, NJW-RR 2005, 1662; v. 4.7.2005 – II ZB 14/04, NJW-RR 2005, 1591 ff.). Insoweit sind auch Flugkosten als erforderlicher Aufwand der Prozessführung anzusehen, wenn die dabei entstehenden Mehrkosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten einer Bahnreise (1. Wagenklasse) stehen, wobei nicht nur das Verhältnis der Kosten sowie der Zeitgewinn zu beachten sind, sondern unter anderem auch die Bedeutung des Rechtsstreits (vgl. BGH, Beschluss v. 13.12.2007 – IX ZB 112/05, NJW-RR 2008, 654; OLG Frankfurt, Beschluss v. 11.2.2008 – 6 W 207/07, MDR 2008, 1005). Dabei darf auch ein Flugpreistarif in der Economy Class gewählt werden, der die Möglichkeit zur kurzfristigen Umbuchung des Flugs gewährleistet, da stets mit einer – auch kurzfristigen – Verlegung eines Gerichtstermins gerechnet werden muss, (vgl. BGH, Beschluss v. 6.11.2014 – I ZB 38/14, NJR-RR 20145, 425 ff.; OLG Hamburg, Beschluss v. 3.3.2010 – 4 W 249/09, zit. n. juris; OLG Brandenburg, Beschluss v. 9.9.2013 – 6 W 77/13, NJW-RR 2014, 828).

Von diesen Grundsätzen ausgehend sind vorliegend die angefallenen Flugreisekosten erstattungsfähig. Angesichts des Umstands, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten wegen der frühen Terminsstunde eine Anreise mit dem Zug oder mit dem Auto bereits am Vortag hätte antreten müssen, war die Anreise mit dem Flugzeug mit einer erheblichen Zeitersparnis verbunden. Dieser Zeitgewinn wird auch nicht dadurch kompensiert, dass nach dem Vortrag der Klägerin die Rückreise des Prozessbevollmächtigten der Beklagten am Terminstag erst um 13:00 Uhr erfolgen konnte. Zudem waren die durch die Wahl des schnelleren Verkehrsmittels verursachten Mehrkosten auch im Hinblick auf die Bedeutung des Rechtsstreits, dessen Streitwert sich auf 8.589,71 € beläuft, nicht unverhältnismäßig. Schließlich wären bei einer Anreise am Vortag Übernachtungs- und Verpflegungskosten sowie weiteres Abwesenheitsgeld angefallen, so dass die Anreise mit dem Flugzeug nur mit geringfügig höheren Kosten verbunden war.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der Beschwerdewert bemisst sich nach der Höhe der Kosten, hinsichtlich derer die Beklagte eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses begehrt hat, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2, 3 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

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