OLG Frankfurt am Main, 31.10.2016 – 2 WF 302/16

März 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 31.10.2016 – 2 WF 302/16
Leitsatz:

Die Verhängung von Ordnungsmitteln gegen den Umgangsberechtigten wegen bloßer Kontaktaufnahmen kann als Verstoß gegen die Umgangsregelung nur dann gem. § 89 FamFG geahndet werden, wenn die Untersagung von Kontaktaufnahmen sich aus dem Tenor der Umgangsregelung zweifelsfrei ergibt und der Hinweis gem. § 89 Abs. 2 FamFG eindeutig darauf bezogen ist.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Kassel vom 29.06.2016, Nichtabhilfeentscheidung vom 14.10.2016, abgeändert.

Der Antrag der Antragstellerin auf Verhängung von Ordnungsmitteln gegen den Antragsgegner wegen Verstößen gegen die Umgangsregelung vom 13.11.2014 am …2015 und am …07.2015 wird zurückgewiesen.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500 € festgesetzt.
Gründe

I.

Aus der im Jahr 2006 geschlossenen und mittlerweile geschiedenen Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners sind die Kinder X, geboren am …2006, Y, geboren am …2007, und Z, geboren am …2009 hervorgegangen. Seit Trennung der Kindeseltern im Jahr 2012 wurde in mehreren gerichtlichen Verfahren versucht, den Umgang des Kindesvaters mit den Kindern in einer dem Kindeswohl entsprechenden Weise zu regeln.

In einem im Jahr 2014 vor dem Amtsgericht geführten Sorgerechtsverfahren der Beteiligten, das mit einer Sorgerechtsübertragung auf die Kindesmutter endete, wurde ein psychologisches Sachverständigengutachten auch zu einer am Kindeswohl orientierten Ausgestaltung der Umgangskontakte bzw. zur Erforderlichkeit eines vorübergehenden Umgangsausschlusses eingeholt. Hintergrund war, dass der Kindesvater bei bisherigen unbegleiteten Umgängen die Kinder unreflektiert in das Streitgeschehen der Eltern einbezogen hatte. In dem Gutachten wird festgestellt, dass die Erziehungsfähigkeit des Vaters deutlichen Einschränkungen unterliege, die vor allem die Fähigkeit zur angemessenen Beziehungsgestaltung, das Einfühlungsvermögen in die kindlichen Loyalitätskonflikte und die Bindungstoleranz betreffen. Es wurde die Empfehlung ausgesprochen, den Umgang der Kinder mit ihrem Vater bis auf weiteres in begleiteter Form einmal monatlich in Wohnortnähe der Kinder stattfinden zu lassen.

Im Verfahren Az.: 524 F 2214/14 ZV1 hat das Amtsgericht Kassel daraufhin mit Beschluss vom 13.11.2014 den Umgang dergestalt geregelt, dass der Kindesvater jeweils am ersten Freitag eines jeden Monats im Zeitraum zwischen 15:00 Uhr und 18:00 Uhr zum Umgang mit den Kindern im … Familienberatungszentrum in Begleitung der bestellten Umgangspflegerin berechtigt und verpflichtet wurde. Die Umgangspflegerin wurde ermächtigt – nach vorheriger Mitteilung an die Eltern – eine andere Örtlichkeit des Umgangs zu bestimmen und einen angeordneten Umgangskontakt abzubrechen, wenn mit dessen Fortführung nach ihrer Einschätzung eine Gefährdung des Kindeswohls verbunden ist. Dem Kindesvater wurde während der Umgangskontakte mit den Kindern jede negative Äußerungen über die Kindesmutter untersagt und ihm wurde zur Vermeidung einer Enttäuschung der Kinder aufgegeben, der Umgangspflegerin eine Woche im Voraus telefonisch mitzuteilen, ob er seiner Verpflichtung zur Wahrnehmung des Umgangs nachkommt, andernfalls sollte der Umgang entfallen. Der Beschluss enthält den Hinweis, dass bei Zuwiderhandlung gegen die sich aus den Anordnungen ergebenden Verpflichtungen Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann oder die Festsetzung eines Ordnungsgeldes keine Aussicht auf Erfolg verspricht, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten festgesetzt werden kann.

Die gegen die mit den genannten Einschränkungen verbundene Umgangsregelung gerichtete Beschwerde des Kindesvaters blieb erfolglos.

Es fanden auf der Grundlage der Umgangsregelung vom 13.11.2014 dann lediglich zwei Umgangskontakte im Juni und im Juli 2015 statt, im Übrigen meldete sich der Kindesvater nicht wie im Beschluss geregelt bzw. erst so spät bei der Umgangspflegerin, dass die Kontakte nicht stattfinden konnten. Mittlerweile hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 03.02.2016 in Abänderung der Entscheidung vom 13.11.2014 den persönlichen Umgang des Kindesvaters mit den drei Kindern bis zum 31.12.2018 ausgesetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Kindesvaters hat der Senat mit Entscheidung vom 23.05.2016 zurückgewiesen.

Die Kindesmutter erwirkte gegen den Kindesvater im Zeitraum 2013 bis 2015 wegen wiederholten Nachstellens durch diesen (Verteilung von Flugblättern und Plakaten, Einstellung von Einträgen in Internetforen und sozialen Netzwerken mit diffamierenden Äußerungen über die Kindesmutter) mehrere einstweilige Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz.

Im dem dieser sofortigen Beschwerde zugrunde liegenden Verfahren hat die Kindesmutter die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Kindesvater beantragt, weil dieser den zum damaligen Zeitpunkt 8-jährigen Sohn Y am …2015 und am …2015 (es handelte sich um die Umgangsfreitage) jeweils um 11.35 Uhr auf dem Schulweg kontaktiert und damit gegen die bestehende Umgangsregelung vom 13.11.2014 verstoßen habe.

Unstreitig ist der Antragsgegner in Begleitung seiner Lebensgefährtin am …2015 seinem Sohn mit dem Auto hinterhergefahren, hat ihn fotografiert und gefragt, wo er hinmöchte. Das Ereignis dauerte maximal einige Minuten. Der Antragsgegner hat sich dahingehend eingelassen, dass er Y nur zufällig getroffen habe. Darüber hinaus soll der Kindesvater, was dieser bestreitet, Y auch am …2016 hinterhergefahren sein und ihm aus dem Auto zugerufen haben, er solle nicht alles glauben, was seine Mutter oder deren Lebensgefährte ihm erzählen.

Das Amtsgericht hat die Beteiligten sowie zu Beweiszwecken das Kind Y persönlich angehört und mit Beschluss vom 29.06.2016 gegen den Antragsgegner Ordnungshaft von 7 Tagen verhängt. In der Begründung der Entscheidung ist ausgeführt, dass mit der getroffenen Regelung vom 13.11.2014 über die Ausgestaltung der gestatteten Umgangskontakte zugleich geregelt worden sei, dass darüber hinausgehende Umgangskontakte nicht zulässig sind. Da der Antragsgegner die Kontaktaufnahme zu Y am …2015 eingeräumt habe und nach Anhörung des Kindes Y keine Zweifel bestünden, dass auch am …2015 die von der Kindesmutter behauptete Kontaktaufnahme stattgefunden habe, habe der Antragsgegner hierdurch dem in der Umgangsregelung konkludent enthaltenen Gebot, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten eines Kontaktes zum Kind zu enthalten, zuwidergehandelt. Zudem habe er auch durch die negative Äußerung über die Kindesmutter gegen die Umgangsregelung verstoßen, weshalb die Festsetzung von Ordnungsmitteln gerechtfertigt sei. Aufgrund der vom Antragsgegner selbst wiederholt mitgeteilten prekären finanziellen Lage sei nicht Ordnungsgeld, sondern sogleich Ordnungshaft festzusetzen.

Gegen die am 02.09.2016 zugestellte Entscheidung des Amtsgerichts hat der Kindesvater mit beim Amtsgericht am 16.09.2016 eingegangenen Schreiben sofortige Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 14.10.2016 nicht abgeholfen hat.

II.

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 87 Abs. 4 FamFG i. V. m. §§ 567 ff ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückweisung des Ordnungsmittelantrags der Antragstellerin.

Die Umgangsregelung vom 13.11.2014 ist nämlich, so sie denn auch ein Kontaktaufnahme- bzw. Näherungsverbot beinhalten sollte, nicht hinreichend bestimmt und damit nicht mit Ordnungsmitteln nach § 89 FamFG vollstreckbar.

Das Kammergericht Berlin hat in einer Entscheidung vom 13.02.2015 die Auffassung vertreten, dass eine gerichtliche Umgangsregelung, mit der der Umgang positiv geregelt wird, stets auch das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten enthält, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten eines Kontaktes zum Kind zu enthalten; diese Verpflichtung sei mit Ordnungsmitteln durchsetzbar (KG Berlin FamRZ 2015, 940-943). Dem ist das Amtsgericht im vorliegenden Fall mit der angefochtenen Entscheidung gefolgt. Der Senat kann sich jedoch dieser Ansicht jedenfalls insoweit nicht anschließen, als diese beinhaltet, dass bloße Kontaktaufnahmen der Wahrnehmung von Umgang außerhalb der geregelten Umgangszeiten gleichgestellt werden. Es handelt sich hierbei bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch um unterschiedliche Geschehen. Der Umgang im Sinne des § 1684 Absatz 1 BGB soll dem Umgangsberechtigten auch nach der räumlichen Trennung vom Kind weiterhin ermöglichen, sich vom körperlichen und geistigen Befinden seines Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Aussprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem Kind aufrechtzuerhalten, einer Entfremdung vorzubeugen und auch dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen (BVerfG FamRZ 1995, 86). Denknotwendig ist damit jedenfalls der persönliche Umgang des Elternteils mit dem Kind von einer gewissen Zeitspanne geprägt, so dass eine Umgangsregelung, die das regelmäßige Zusammensein von Elternteil und Kind auf einen Umfang von weniger als eine Stunde beschränkt, kaum noch dem Gesetzeszweck entsprechen dürfte und nur im Ausnahmefall bei Kleinstkindern sinnvoll sein kann. Demgegenüber können sich Kontakte auf sehr kurze Zeiträume bis zu Augenblicken beschränken. Die Wahrnehmung von Umgang beinhaltet daher immer eine Kontaktaufnahme, während Kontakt zwischen Elternteil und Kind keineswegs in jedem Fall mit einer Umgangswahrnehmung verbunden sein muss. Der Senat folgt daher der oben genannten Auffassung des Kammergerichts Berlin nur insoweit, als eine Umgangsregelung konkludent auch das Gebot an den Umgangsberechtigten enthält, außerhalb des geregelten Zeitraums keinen Umgang mit dem Kind wahrzunehmen. Auch der vom Kammergericht zitierten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 27.01.1993, FamRZ 1993, 823 ff lag nicht nur ein Fall der Kontaktaufnahme, sondern ein Fall des Umgangs außerhalb der geregelten Zeiten zugrunde. Soll aber dem Umgangsberechtigten auch jegliche persönliche Kontaktaufnahme bzw. Näherung außerhalb der geregelten Zeiten untersagt werden (entsprechend der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Gewaltschutzgesetz, welche aber nach § 3 Absatz 1 Gewaltschutzgesetz im Verhältnis Kind – Elternteil nicht anwendbar ist), so ist diese Untersagung ausdrücklich in die entsprechende Umgangsregelung bzw. den Umgangsausschluss aufzunehmen, wobei § 1684 Absatz 4 BGB insoweit eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.03.2013, FamRZ 2013, 1237; vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 17.06.2011, ZKJ 2011, 393-394).

Die Aufnahme einer ausdrücklichen Unterlassungsanordnung im Sinne eines Kontaktaufnahmegebots ist, wenn sie denn vollstreckbar sein soll, im Hinblick auf das in Artikel 103 Absatz 2 verfassungsrechtlich normierten Bestimmtheitsgebot erforderlich. Die seit dem 01.09.2009 gemäß § 89 FamFG zulässigen Ordnungsmittel gehen nicht unerheblich über den Inhalt der zuvor nach § 33 FGG zulässigen Zwangsmittel hinaus. Mit der Verhängung von Ordnungsmitteln soll die Effektivität der Vollstreckung von Umgangs- und Herausgabeentscheidungen ausdrücklich erhöht werden (BGH Beschluss vom 17.08.2011, FamRZ 2011, 1729-1731). Anders als Zwangsmittel nach früherem Recht dienen Ordnungsmittel nach § 89 FamFG aber nicht mehr ausschließlich der Einwirkung auf den Willen der pflichtigen Person, sondern haben daneben Sanktionscharakter. Sie können deshalb auch festgesetzt und vollstreckt werden, wenn die zu vollstreckende Handlung, Duldung oder Unterlassung wegen Zeitablaufs nicht mehr vorgenommen werden kann. Es ist daher in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass eine vollzugsfähige gerichtliche Entscheidung oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich die Verpflichtung eines Beteiligten zur Vornahme einer Handlung oder einer Unterlassung oder Duldung der Vornahme einer Handlung hinreichend bestimmt und konkret aufführen muss (BGH FamRZ 2012, 533-535; BGH FamRZ 2016, 1763-1765; Völker/ Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, 6. Aufl. 2014 § 6 Rdnr. 16 ff; Cirullies in Praxiskommentar Kindschaftsrecht § 86 Rdnr. 21; enger noch Bumiller/Harders/Schwamb FamFG 11. Aufl. 2015 § 89 Rdnr. 6 sowie Münchener Kommentar zum FamFG 2. Aufl. 2013 § 89 Rdnr. 12 je mit Rechtsprechungsnachweisen: „eine jeden Zweifel ausschließende Bestimmtheit“ bzw. Bestimmtheit, die „keine Zweifel und Unklarheit“ beim Verpflichteten zulässt).

Zwar hat der BGH in seiner Entscheidung vom 01.02.2012, FamRZ 2012, 533 f ausgeführt, dass es nicht erforderlich ist, dass der Umgangstitel detailliert bezeichnete Verpflichtungen des betreuenden Elternteils, insbesondere zum Bereithalten und Abholen des Kindes, enthält. Auch wird in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass gegen den betreuenden Elternteil, der gegen die in § 1684 Abs. 2 BGB normierte Wohlverhaltenspflicht verstößt, die beinhaltet, nicht nur alles zu unterlassen, was einen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil gefährden kann, sondern diesen Umgang auch positiv zu fördern, ggf. diesbezüglich auch erzieherisch auf das Kind einzuwirken, Ordnungsmittel festgesetzt werden können (vgl. OLG Frankfurt FamFR 2013, 327; OLG Karlsruhe, FamRZ 2011, 1669-1671). Dies führt aber zu keiner abweichenden Bewertung im vorliegenden Fall. Abgesehen davon, dass in den beiden vorgenannten Fällen Ordnungsmittel letztlich wegen Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung statt wegen fehlender erzieherischen Einwirkung auf das Kind verhängt wurden, letztere vielmehr im Rahmen des Vertretenmüssens nach § 89 Absatz 4 FamFG Bedeutung erlangte, ist auch zu berücksichtigen, dass § 1684 BGB das Kind ausschließlich berechtigt, den nicht betreuenden Elternteil sowohl berechtigt als auch verpflichtet (und zwar zweifellos auch hinsichtlich der Wohlverhaltenspflicht nach § 1684 Abs. 2 BGB) und den betreuenden Elternteil ausschließlich verpflichtet. Wenn nun wie vorliegend auf Betreiben des nicht betreuenden Elternteils dieser seine Umgangsberechtigung gerichtlich durchsetzen möchte und ihm dann ein -wenn auch eingeschränkter- Umgang zugebilligt wird, muss eine gerichtliche Regelung, mit der nicht nur die Untersagung weitergehenden Umgangs, sondern auch die Untersagung jeglicher Kontaktaufnahme zum Kind verbunden sein soll, auch insoweit eine ausdrückliche Bestimmung enthalten, denn in die Elternrechte des nicht betreuenden Elternteils wird durch das Verbot jeglicher Kontaktaufnahme außerhalb der Umgangsregelung weitaus intensiver eingegriffen als bei einer Untersagung des Umgangs außerhalb der geregelten Zeiten.

Diese Auffassung entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Bestimmtheit des gemäß § 89 Abs. 2 FamFG erforderlichen Hinweises auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen ein (Umgangs-) Verpflichtung aus einem Vollstreckungstitel. Mit der schon im Tenor der vollstreckbaren Entscheidung aufzunehmenden Belehrung nach § 89 Abs. 2 FamFG soll dem Verpflichteten deutlich gemacht werden, dass ein Verstoß gegen den erlassenen Titel die Festsetzung von Vollstreckungsmaßnahmen nach sich ziehen kann. Das Beschleunigungsgebot darf nicht dazu führen, dass für den Vollstreckungsschuldner nicht mehr hinreichend konkret absehbar ist, ob er bei einer Zuwiderhandlung gegen seine Umgangsverpflichtung mit (empfindlichen) Ordnungsmitteln zu rechnen hat (BGH, Beschluss vom 03.08.2016, FamRZ 2016, 1763-1765). Was für die Folgen einer Zuwiderhandlung gilt, muss aber auch hinsichtlich der Zuwiderhandlung selbst gelten.

Im vorliegenden Fall stellt das unstreitige Geschehen am …2015 und das behauptete Geschehen am …2015 (kurzes Hinterherfahren, Ansprechen, Fertigung eines Fotos, Dauer nach Angaben des Kindes Y „vielleicht so eine Minute“) je keine Umgangswahrnehmung, sondern lediglich eine Kontaktaufnahme dar. Zwar bestand im vorliegenden Fall aufgrund des deutlich grenzüberschreitenden Verhaltens des Antragsgegners, das dem Senat aufgrund der bisherigen Sorge- und Umgangsrechtsverfahren bekannt ist, durchaus Anlass, über ein -befristetes- Verbot der persönlichen Kontaktaufnahme außerhalb der geregelten Zeiten nachzudenken. Zudem lässt sich aus den Gründen der gerichtlichen Entscheidung vom 13.11.2014 auch für den Antragsgegner unzweifelhaft entnehmen, dass das Amtsgericht davon ausgegangen ist, dass die Einschränkung des Umgangs sowohl in zeitlicher und örtlicher Hinsicht als auch durch die angeordnete Umgangspflegschaft und -begleitung erforderlich ist, weil ein nicht entsprechend eingeschränkter Umgang das Wohl der Kinder gefährden würde. Der Antragsgegner konnte daher davon ausgehen, dass Kontaktaufnahmen außerhalb der geregelten Zeiten zur Unzeit geschehen, von der Kindesmutter unerwünscht und von der Umgangsregelung nicht gedeckt sind.

Er musste aber, weil ein Kontaktaufnahme- bzw. Näherungsverbot nicht ausdrücklich im Tenor der Umgangsregelung aufgeführt ist und sich daher auch der erfolgte Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung, nämlich Anordnung von Ordnungsgeld oder -haft, sich nicht auf ein Kontaktaufnahme- bzw. Näherungsverbot bezieht, nicht mit einer Festsetzung von Ordnungsmitteln rechnen.

Soweit das Amtsgericht die Festsetzung der Ordnungshaft auch darauf gestützt hat, dass der Antragsgegner durch seine Äußerung, Y solle nicht alles glauben, was die Kindesmutter oder ihr Lebensgefährte erzählen, gegen die Umgangsregelung verstoßen habe, kann die erstinstanzliche Entscheidung ebenfalls keinen Bestand haben. Im Tenor der Entscheidung vom 13.11.2014 heißt es ausdrücklich, dass der Kindesvater während der Umgangskontakte mit den Kindern jede negative Äußerung über die Kindesmutter zu unterlassen hat. Die behauptete Äußerung ist indes nicht während eines Umgangs, sondern außerhalb des geregelten Umgangs bei einer bloßen Kontaktaufnahme gefallen, so dass auch insoweit ein Verstoß gegen die Umgangsregelung nicht festgestellt werden kann. Soweit ein Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht nach § 1684 Abs. 2 BGB vorliegt, scheitert eine Vollstreckung wiederum an der nicht hinreichend bestimmt normierten Handlungs- bzw. Unterlassungspflicht.

Die erstinstanzliche Entscheidung war daher abzuändern und der Antrag der Antragstellerin auf Verhängung von Ordnungsmitteln zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 87 Abs. 5, 81 FamFG.

Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 40 Abs. 1, 2 FamGKG.

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