OLG Frankfurt am Main, 19.09.2016 – 8 U 52/15

März 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 19.09.2016 – 8 U 52/15
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.1.2015 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-04 O 141/13, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des angefochtenen Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 55.000,- Euro festgesetzt.
Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin war nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und auch keine mündliche Verhandlung geboten ist.

Auf die tatsächlichen Feststellungen und die Parteianträge in dem angefochtenen Urteil und dem Beschluss des Senats vom 14.7.2016 wird Bezug genommen.

Der Inhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 30.8.2016 rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Er enthält keine neuen Gesichtspunkte, die geeignet wären, einen Meinungswandel herbeizuführen.

Zu der Bedeutung der Verwendung des Wortes „No go“ durch den Sachverständigen ist bereits im Hinweisbeschluss vom 14.7.2016 Stellung bezogen worden (dort S.6). Der jüngste Schriftsatz der Klägerin liefert insoweit keine neuen Argumente. Auf die dargelegte Auffassung des Senats kann daher verwiesen werden.

Auch die Bezeichnung der hier interessierenden Operation als „schwierigen Fall“ durch den Beklagten zu 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht bewirkt keine Erweiterung des Pflichtenkreises der Beklagten insbesondere hinsichtlich der Aufklärung der Klägerin. Abgesehen davon, dass eine solche Bemerkung an sich viel zu vage und konturenlos ist, um daran konkrete Rechtsfolgen zu knüpfen, wird von der Klägerin nicht aufgezeigt, wie und an welcher Stelle der Schwierigkeitsgrad der OP Einfluss auf die vom Senat im Hinweisbeschluss dargelegten Grundsätze der ärztlichen Aufklärungspflicht haben soll. Wesentlich ist aus Sicht des Senats, wie ausgeführt, dass die Klägerin einerseits über eine Erblindung und damit über die bei Augenoperationen schwerste denkbare Gefahr aufgeklärt worden ist, während die Cornea guttata andererseits lediglich eine Heilungsverzögerung zu bewirken imstande war und damit nur ein für die Lebensführung der Klägerin unbedeutendes Risiko darstellte. Der abstrakte Schwierigkeitsgrad der OP ist bei dieser Bewertung nicht relevant. Er berührt allenfalls deren Risikodichte, die nach der im Hinweisbeschluss wiedergegebenen Rechtsprechung des BGH gerade nicht entscheidend ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die sofortige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 S. 2, 711 ZPO.

Der Streitwert entspricht dem in erster Instanz unbeanstandet festgesetzten Betrag.

Vorausgegangen ist unter dem 14.07.16 folgender Hinweis (die Red.):

In dem Rechtsstreit (…)

Der Senat weist auf seine Absicht hin, die Berufung der Klägerin gegen das am 28.1.2015 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2-04 O 141/13) durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 9.9.2016.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung in Anspruch.

Sie ließ sich am XX.XX.2008 vom Beklagten zu 2) in der Klinik der Beklagten zu 1) wegen grauen Stars am rechten Auge operieren.

Vor der Operation wurde durch einen anderen bei der Beklagten zu 1) angestellten Arzt festgestellt, dass die Klägerin „etwas“ an einer Cornea guttata, einer Verringerung der Endothelzellen im Auge, litt.

Nach dem Eingriff war die Sicht der Klägerin auf dem operierten Auge zunächst getrübt. Später entwickelte sich jedenfalls ein Makulaödem.

Die Klägerin hat behauptet, Ursache der Verschlechterung ihrer Sehkraft nach der Operation sei eine behandlungsfehlerhafte Hornhautverletzung durch den Beklagten zu 2) gewesen. Sie hat die Ansicht vertreten, dass eine gesonderte Aufklärung über das Vorliegen und die Bedeutung der Cornea guttata erforderlich gewesen wäre.

Der Klageerhebung ist ein selbständiges Beweisverfahren unter dem Az. …/11 vorangegangen, in welchem das Landgericht Herrn X aus Stadt1 zum Sachverständigen bestellt hat. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat darin unter Mithilfe von Y zwei schriftliche Gutachten verfasst, auf deren Ergebnis verwiesen wird (Bl. 106ff und 169ff OH-Akte). Das Landgericht hat die Klägerin und den Beklagten zu 2) informatorisch u.a. zu Inhalt und Umfang der präoperativen Aufklärung der Klägerin angehört. Auf das Ergebnis dieser Befragung wird ebenfalls verwiesen (Bl. 87ff d.A.). Außerdem hat das Landgericht mit einem der Klägerin zugestellten (Bl. 132 d.A.) Beschluss vom 17.4.2014 (Bl. 122 d.A.) angeordnet, statt des bestellten Sachverständigen den Mitverfasser Y die Gutachten mündlich erläutern zu lassen. Auf das im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.1.2015 niedergelegte Ergebnis dieser Anhörung wird verwiesen (Bl.136ff d.A.). Ausweislich dieses Protokolls hat die Klägervertreterin seinerzeit erklärt, dass nicht bestritten werde, dass eine Aufklärung zu den allgemeinen Risiken, wie sie in der Einverständniserklärung aufgeführt sind, stattgefunden hat (Bl. 141 d.A.).

Das Landgericht, auf dessen Urteil hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge verwiesen wird, hat die Klage abgewiesen, weil weder Behandlungs- noch Aufklärungsfehler vorlägen. Eine Aufklärung über die Cornea guttata sei nicht erforderlich gewesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Rechtsschutzziele vollumfassend weiter. In der Berufungsbegründung wiederholt sie ihren Behandlungsfehlervorwurf und bestreitet nun wieder, überhaupt über Risiken insbesondere die Cornea guttata und den Nachstar aufgeklärt worden zu sein. Außerdem rügt sie, dass nicht der im selbständigen Beweisverfahren bestellte Sachverständige angehört worden sei.

Sie beantragt,

1.

die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, das in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 50.000 € betragen sollte, nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.8.2011 zu zahlen.
2.

Die Beklagten werden darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin Erstattung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 1151,33 € zu zahlen.
3.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, alle der Klägerin zukünftig noch entstehenden immateriellen Schäden soweit diese nicht von obigen Anträgen mit erfasst und nicht vorhersehbar sind, sowie alle zukünftig entstehenden materiellen Schäden die aus der Behandlung bei dem Beklagten entstanden sind, zu ersetzen, soweit sich diese Schäden auf die Folgen der Operation durch den Beklagten zu 2) am XX.XX.2008 beziehen und soweit diese Ansprüche nicht auf Träger der Sozialversicherung oder Sozialhilfe übergegangen sind oder übergehen werden.

Die Beklagten beantragen.

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Der Senat ist der Ansicht, dass das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, dass weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats erfordern und dass auch keine mündliche Verhandlung geboten ist (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Den Beklagten fallen weder Behandlungs- noch Aufklärungsfehler zur Last.

1. Dass das Landgericht auf Bitten des ursprünglich bestellten Sachverständigen nicht diesen, sondern den Mitautor des Gutachtens angehört hat, ist nicht zu beanstanden. Der Senat neigt zu der Ansicht, dass in dem Beschluss vom 17.4.2014 eine ergänzende Bestellung von Y zum weiteren Sachverständigen zu sehen ist. Einen anderen Zweck konnte der förmliche, den Parteivertretern förmlich zugestellte Beschluss nicht haben.

Doch selbst wenn man dies anders sehen wollte, hätte die Klägerin ihr Recht, den entsprechenden Verfahrensfehler zu rügen, unzweifelhaft gem. § 295 Abs. 1 ZPO verloren. Bei der Anhörung eines nicht ordnungsgemäß bestellten Sachverständigen handelt es sich um die Verletzung einer Vorschrift, auf deren Einhaltung eine Partei verzichten kann (vgl. Zöller/Greger, 31. Aufl. § 295 Rn. 3). Die Klägerin wäre daher, wenn ihr die Anhörung von X wichtig gewesen wäre, gehalten gewesen, das Vorgehen des Landgerichts spätestens in der mündlichen Verhandlung zu rügen. Jetzt kann sie mit diesem Vorwurf nicht mehr gehört werden.

2. Ein Behandlungsfehler der Beklagten liegt nicht vor. Das hat – wie das Landgericht zutreffend angenommen hat – das bereits vor Klagerhebung eingeholte Gutachten ergeben. Die Sachverständigen haben die Augen der Klägerin intensiv untersucht und eine eindeutige Diagnose gestellt. Danach waren im Mai 2012 ein sog. Nachstar und ein Makulaödem (Irvine-Gass-Syndrom) für die Visusminderung auf dem rechten Auge der Klägerin verantwortlich, während die reduzierte Endothelzellzahl nur sehr geringen Einfluss auf ihre Sehfähigkeit hatte. Die Cornea guttata sei insoweit nur in den ersten Wochen nach der OP Ursache der Sehschwäche der Klägerin gewesen. Eine Verminderung der Endothelzellzahl i.S.e. Cornea guttata sei geeignet, den Heilungsverlauf nach einer Katarakt-OP für einige Wochen zu verzögern. Genau dies sei vorliegend geschehen.

Die Sachverständigen haben ausgeführt, dass keine der diagnostizierten Erkrankungen einen Hinweis auf eine Fehlbehandlung darstelle, sondern dass es sich jeweils um typische, im Fall des Nachstars sogar sehr häufige Folgen einer Operation zur Behandlung des grauen Stars handele. Keines der Probleme könne durch eine mechanische Hornhautverletzung verursacht werden. Die Sachverständigen haben ergänzend auch den Unterschied zwischen primärem und sekundärem Nachstar erläutert und erklärt, warum solche Komplikationen auch bei fachgerechtem Vorgehen entstehen können.

Es gibt entgegen der Darstellung der Klägerin nach Ansicht der Sachverständigen auch keine Hinweise auf eine Verletzung des Hornhautendothels während des Eingriffs im … 2008 durch den Beklagten zu 2). Dessen auf S. 5 des Protokolls der mündlichen Verhandlung zitierte Bemerkung impliziert nicht, dass es tatsächlich zu einer Berührung gekommen ist. Ein kurzzeitiges Schmerzempfinden des Patienten während eines in örtlicher Betäubung durchgeführten Eingriffs am Auge sei nach Ausführungen der Sachverständigen möglich, lasse aber keinen Schluss auf einen unerwünschten Kontakt oder gar ein Fehlverhalten des Operateurs zu.

Der Senat teilt auch nicht die Einschätzung der Klägerin, die Verwendung des Wortes „No go“ durch den Sachverständigen belege einen groben Behandlungsfehler. Die entsprechende Aussage weist bei Beachtung ihres Kontexts in Wahrheit in die entgegengesetzte Richtung. Wenn der Sachverständige ausführt, dass man eine solche Berührung immer „zu vermeiden versuche“, stellt er die Endothelberührung als ein mitunter schwer zu vermeidendes und damit eher unbedeutendes Missgeschick dar. Ganz deutlich wird dies durch den vom Sachverständigen selbst angeführten Vergleich mit einem Einparkunfall. Das Entlangschrammen an einer Betonsäule beim Einparken ist keine grobe Missachtung der Straßenverkehrsregeln, sondern ein Ärgernis, das jedermann bereits bei geringfügiger Fahrlässigkeit passieren kann. Von einer Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin ist daher nicht auszugehen.

Tatsächlich würde aber selbst die Annahme eines groben Behandlungsfehlers an dieser Stelle der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, denn nach Feststellung der Sachverständigen wäre eine etwaige versehentliche Berührung des Endothels durch den Beklagten im vorliegenden Fall ohne bleibenden Schaden geblieben.

Den detaillierten, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführungen der Sachverständigen ist die Klägerin auch in ihrer Berufung nicht hinreichend entgegengetreten. Die bloße Wiederholung ihrer eigenen Wahrnehmungen bei der Operation und der Verweis darauf, dass eine Verletzung des Endothels zu vermeiden ist, sind nicht genügend. Es hätten präzise und medizinisch fundierte Einwendungen gegen die Beurteilung der Sachverständigen erhoben werden müssen.

3. Die Klägerin ist vor der Operation auch ausreichend i.S.v. § 630 d Abs. 1 S.1 BGB aufgeklärt worden.

a) Gem. § 630 e Abs. 1 S. 1 und 2 BGB ist ein Behandelnder verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie.

Eine Aufklärung über die wesentlichen Umstände bedeutet nach der Rechtsprechung des BGH dabei, dass der Patient „im Großen und Ganzen“ wissen muss, worin er einwilligt. Dazu muss er über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden, soweit diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben und für seine Entschließung von Bedeutung sein können. Dies bedeutet nicht, dass die Risiken in allen erdenkbaren Erscheinungsformen aufgezählt werden müssen. Es muss aber eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern (BGH, Urteil vom 14.3.2006 – VI ZR 198/07 m.w.N.).

Bei einem spezifisch mit der Therapie verbundenen Risiko hängt die Erforderlichkeit der Aufklärung nicht davon ab, wie oft das Risiko zu einer Komplikation führt („Komplikations- oder Risikodichte“). Entscheidend ist vielmehr die Bedeutung, die das Risiko für die Entschließung des Patienten haben kann. Die Aufklärung hat patientenbezogen und damit den Umständen des konkreten Falles entsprechend zu erfolgen. Der Aufklärungsumfang wird hierbei einerseits durch das Gewicht der medizinischen Indikation bestimmt, das sich wiederum aus der Notwendigkeit des Eingriffs, seiner zeitlichen Dringlichkeit und den Heilungschancen ergibt, andererseits ist insbesondere die Schwere der Schadensfolgen für die Lebensführung des Patienten im Fall der Risikoverwirklichung mitbestimmend (BGH a.a.O.).

Aus diesem Grund kann die Aufklärung über ein schweres Behandlungsrisiko die Aufklärung über ein gleichgerichtetes geringeres Risiko entbehrlich machen (OLG Oldenburg, Urteile vom 15.5.1990 – 5 U 152/89 und vom 31.5.1989 – 3 U 65/88; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.7.1986 – 8 U 44 /85).

b) Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall von einer ausreichenden Aufklärung der Klägerin auszugehen.

aa) Dass die Klägerin über die allgemeinen Risiken, die mit einer Kataraktoperation verbunden sind, aufgeklärt worden ist, steht fest. Die Klägerin hat die entsprechende Aufklärung zwar in ihrer Berufungsbegründung bestritten. Mit diesem Einwand kann sie allerdings nicht mehr durchdringen. Das Landgericht hat im unstreitigen Tatbestand seines Urteils festgehalten, das eine entsprechende Aufklärung stattgefunden hat. Gem. § 314 ZPO steht diese Tatsache deshalb verbindlich fest, nachdem das Protokoll der mündlichen Verhandlung diese Darstellung nicht widerlegt, sondern sogar bestätigt. Im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.1.2015 ist zudem die Erklärung der Klägervertreterin festgehalten, dass nicht bestritten werde, dass eine Aufklärung zu den allgemeinen Risiken, wie sie in der Einverständniserklärung aufgeführt sind, stattgefunden habe. Diese Erklärung stellt ein gerichtliches Geständnis i.S.v. § 288 Abs. 1 ZPO dar, mit der Folge dass die umstrittene Aufklärung über die allgemeinen Risiken auch nach dieser Vorschrift als unstreitig anzusehen ist.

bb) Es ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin in der in der Einverständniserklärung aufgeführten Weise und somit insbesondere auch über die dort aufgeführten Risiken aufgeklärt worden ist. Die Durchführung des Aufklärungsgesprächs bereits vier Monate vor dem Eingriff ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise dadurch eine selbstbestimmte Entscheidung der Klägerin in Frage gestellt werden könnte. In der Einverständniserklärung sind verschiedene Risiken benannt, die sich sämtlich in einer Sichtbeeinträchtigung äußern, wie etwa Über- und Unterkorrektur, Doppelbilder, Astigmatismus etc.. Der tatsächlich eingetretene Nachstar ist ausdrücklich benannt. Vor allem aber ist die Klägerin ausweislich der Erklärung über die Gefahr einer Erblindung informiert worden, d.h. sie wusste vor der OP, dass der vollständige und endgültige Verlust ihrer Sehfähigkeit drohte.

Nach Auffassung des Senats umfasst diese Aufklärung sämtliche später tatsächlich eingetretenen Folgen. Die Klägerin beklagt ausschließlich Sehschwierigkeiten durch eine Trübung ihres Auges. Bei diesen handelt es sich zweifellos um im Verhältnis zu einer Erblindung gleichgerichtete geringere Folgen. Die Klägerin wusste deshalb lange vor dem Eingriff um die wesentliche Gefahr für ihre Lebensführung im Fall der Risikoverwirklichung und hatte eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und die ihm spezifisch anhaftenden Risiken. Der Begriff der Erblindung ist auch allgemein verständlich und unter keinem Aspekt beschönigend.

cc) Eine ungefragte medizinisch exakte Benennung der möglichen Konsequenzen des Eingriffs (wie Makulaödem oder Irvine-Gass-Syndrom) war ebenso wenig erforderlich wie eine zahlenmäßige Bestimmung der Eintrittswahrscheinlichkeit. Entscheidend für die ärztliche Hinweispflicht ist nicht ein bestimmter Grad der Risikodichte, insbesondere nicht eine bestimmte Statistik. Maßgebend ist vielmehr, ob das betreffende Risiko dem Eingriff spezifisch anhaftet und es bei seiner Verwirklichung die Lebensführung des Patienten besonders belastet (BGH a.a.O.; Urteil vom 15.2.2000 – VI ZR 48/99 = BGHZ 144, 1).

Aus diesem Grund war vor dem Hintergrund des Sachverständigengutachtens keine gesonderte Aufklärung über das Vorliegen einer Cornea guttata durch deren Bedeutung für die OP erforderlich. Die Sachverständigen haben ausgeführt, dass eine verringerte Endothelzellzahl zu einem verzögerten Heilungsverlauf führen kann, dass also das Risiko erhöht ist, dass sich die angestrebte Verbesserung der Sicht erst einige Wochen später einstellt. Eine solche vorübergehende Beeinträchtigung hat für die Verwirklichung der Lebensführung eines Patienten keine besondere Bedeutung. Es handelt sich um eine im Vergleich zu einer Erblindung relativ belanglose Komplikation, deren Kenntnis für eine selbstbestimmte Einwilligungsentscheidung und eine Kenntnis der Bedeutung der OP „im Großen und Ganzen“ nicht erforderlich ist.

c) Die Aufklärung der Klägerin erweist sich daher als hinreichend, so dass es auf die – zweifelhafte – Plausibilität des von der Klägerin behaupteten Entscheidungskonflikts nicht ankommt.

Die Berufung wird nach alledem mangels Pflichtverletzung auf Beklagtenseite ohne Zweifel erfolglos bleiben. Zur Kostenersparnis sollte von der Klägerin eine Berufungsrücknahme erwogen werden.

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