OLG Frankfurt am Main, 02.09.2016 – 2 U 71/16

März 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 02.09.2016 – 2 U 71/16
Tenor:

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 6. Mai 2016 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000,00 € festgesetzt.
Gründe

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO)

I.

Der im Jahr 2010 gegründete Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) veranstaltet Vollblutzucht-Pferderennen und ist Mitglied des E, O2.

Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) ist Eigentümerin eines ca. 363.365 m2 großen Geländes in O1-X, das als Pferde, Golf- und Freizeitsportfläche (kurz: Rennbahn) genutzt wird.

Mit Mietvertrag vom 06.09.2010 vermietete die Beklagte an die B GmbH (im Folgenden: B) das vorgenannte Rennbahngelände rückwirkend zum 01.09.2009 bis zum 31.08.2024 zur Benutzung als Pferde, Golf- und Freizeitsportfläche mit der Verpflichtung, jährlich mindestens fünf Renntage mit jeweils sechs Pferderennen zu veranstalten. Der B war erlaubt, mit dem D einen Durchführungsvertrag zu schließen, um seine vorgenannte Verpflichtung zu erfüllen.

Die B, die zur Veranstaltung von Vollblutzucht-Rennen nicht berechtigt ist, und der damals in Gründung befindliche Kläger schlossen am 06.12.2010 mit Wirkung zum 01.01.2011 bis 31.08.2024 unter Vereinbarung eines beiderseitigen Kündigungsrechts jeweils zum 30.06. und 31.12 eines jeden Jahres unter Wahrung einer 2-monatigen Kündigungsfrist einen Geschäftsbesorgungsvertrag, ausweislich dessen sich der Kläger gegen eine Vergütung von jährlich 216.000,00 € zur Austragung von mindestens fünf Pferderenntagen, darunter mindestens ein Listenrennen, nach den Leistungsprüfungsstandards des E, O2, dem der Kläger als Mitglied anzugehören hatte, verpflichtete.

Die Beklagte übertrug in der Folgezeit im Wege eines Erbbaurechts große Teile des Galopprennbahnareals zum Zwecke der Errichtung einer Fußballakademie an den Deutschen Fußballbund. Sie vereinbarte durch notariellen Vertrag vom 05.08.2014 mit dem Alleingesellschafter/Geschäftsführer der B zum einen einen Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrag über die Geschäftsanteile an der B, zum anderen die Aufhebung des Mietvertrages mit sofortiger Wirkung unter Verpflichtung der B zur Rückgabe des Mietgegenstands.

Die B sprach mit Schreiben vom 04.03.2015 gegenüber dem Kläger die Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages zum 30.06.2015 aus.

Am 06.01.2016 wurde ein schriftlicher Hinweis des Liegenschaftsamts der Beklagten auf dem Rennbahngelände vorgefunden, der den Rückbau der Tribüne und im Laufe des Monats damit einhergehend die Abtrennung der Versorgungsleitungen von Wasser und Strom vom städtischen Netz ankündigte (mit Ausnahme der für den Golf-Betrieb erforderlichen Anschlüsse). Auch erschienen am 01.02.2016 Presseberichte, dass nunmehr „die Bagger kommen“.

Der Kläger hat sinngemäß den Erlass einer einstweiligen Verfügung dahin beantragt, der Beklagten zu gebieten, den Rückbau/Abriss der Tribüne auf dem Gelände der Rennbahn, A-Straße …, O1, sowie die Abtrennung der für das Rennbahngelände einschließlich der stehenden Gebäude auf dem Grundstück der A-Straße … vorhandenen Versorgungsleitungen für Strom und Wasser zu unterlassen.

Mit Beschluss vom 25.01.2016 hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil kein Besitz, sondern lediglich Besitzdienerschaft des Klägers an dem Rennbahngelände angenommen werden, er also nicht mit Erfolg verbotene Eigenmacht geltend machen könne.

Der unmittelbar an den erkennenden Senat adressierten sofortigen Beschwerde unter Erweiterung des Antrags (Bl. 91 ff d. A.) hat das Landgericht nach – zur etwaigen Abhilfe – Zuleitung der Beschwerdeschrift durch den Senat mit Beschluss vom 29.01.2016 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt.

Mit Beschluss des Einzelrichters des erkennenden Senats vom 04.02.2016 – 2 W 10/16 – (im Folgenden: Senatsbeschluss) ist der angefochtene Beschluss unter Zurückweisung der weitergehenden sofortigen Beschwerde teilweise abgeändert und der Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung untersagt worden,

(1.) die Tribüne nebst der gesamten Rennbahn mit Sandbahn, Innenbahn und Außenbahn (Geläuf) auf dem Rennbahngelände, A-Straße …, O1, zurückzubauen, insbesondere abzureißen sowie

(2.) Versorgungsleitungen für Strom und Wasser auf dem unter Ziffer 1. genannten Rennbahngelände und in den auf dem Gelände aufstehenden Gebäuden von dem städtischen Netz abzutrennen.

Zur Begründung ist – zusammengefasst – darauf abgestellt worden, der Kläger sei Besitzer des Rennbahngeländes, soweit es nicht in Teilen anderen Nutzern (Golfplatzbetreiber) überlassen ist, und könne sich daher auf Besitzschutz gegen verbotene Eigenmacht berufen.

Gegen diese Beschlussverfügung hat die Beklagte Widerspruch eingelegt.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die einstweilige Verfügung bestätigt.

Mit ihrer zulässigen, nach Zustellung des angefochtenen Urteils am 10.05.2016 am 07.06.2016 form- und fristgerecht eingelegten und am 08.07.2016 begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Begehren weiter, die erlassene einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag des Verfügungsklägers abzuweisen, während der Kläger der Berufung entgegentritt und das angefochtene Urteil verteidigt.

II.

In der Sache ist die Berufung nicht begründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einem Rechtsfehler (§ 546 ZPO) zum Nachteil der Beklagten wie auch die gemäß § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere als die angefochtene Entscheidung nicht rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Die Bestätigung der gemäß dem Senatsbeschluss erlassenen einstweiligen Verfügung durch das Landgericht ist zu Recht erfolgt, die Berufungsangriffe rechtfertigen eine abweichende Beurteilung nicht.

Die erstinstanzlich erhobene Rüge des Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter greift die Berufung nicht mehr ausdrücklich auf. Sie ist prozessual dadurch überholt, dass die Zuständigkeit des erkennenden Senats, der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Oberlandesgerichts u. a. für Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten über Miet-, Leih- und Pachtverhältnisse zuständig ist, kraft Sachzusammenhangs (GVPlan 2016 unter B Ziffer 16) und nach Terminsbestimmung (ebenda, Ziffer 9 lit. a)) jedenfalls nunmehr begründet ist, selbst wenn den die Zuständigkeit des Senats für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde betreffenden Ausführungen im Senatsbeschluss nicht zu folgen sein sollte.

Entgegen der Ansicht des Klägers war der Widerspruch der Beklagten (§ 924 ZPO) gegen die erlassene einstweilige Verfügung, über den nach ganz h. M. auch im Fall des Erlasses der einstweiligen Verfügung – wie hier – durch das Beschwerdegericht nicht dieses, sondern das erstinstanzliche Gericht als zuständiges Gericht zu entscheiden hat (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 27.11.2007 – 5 W 278/07 -, Rn. 3, juris m. w. N.; RGZ 29, 396, 398 ff.), nicht unzulässig.

Die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe einer Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig kam nicht in Betracht.

Zwar ist ebenso wie der Verzicht auf das Rechtsmittel der Berufung (§ 514 ZPO) ein solcher auf den Rechtsbehelf des Widerspruchs möglich (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 28.10.1999 – 3 U 157/99 -, Rn. 12, juris). Indessen hat das Landgericht mit zutreffender Begründung verneint, in der vom Kläger hierfür angeführten Presserklärung des Sprechers des Bürgermeisters der Beklagten am 04.02.2016 gegenüber der Y-Zeitung, die Stadt habe nicht vorgehabt, die Tribüne abzubrechen oder Versorgungsleitungen zu kappen, bevor sich ein Gericht zur Räumungsklage der Kommune geäußert habe, komme ein derartiger Verzicht zum Ausdruck.

Denn der Wille, auf einen Rechtsbehelf zu verzichten, muss sich aus den Umständen, unter denen die Erklärung erfolgt, ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.1963 – Ib ZR 60/62 -, Rn. 26, juris). Einen Bezug zu den möglichen Rechtsbehelfen im einstweiligen Verfügungsverfahren hat die Äußerung des Sprechers des Bürgermeisters jedoch offensichtlich nicht.

In der Sache greifen die Einwände der Beklagten gegen den Senatsbeschluss, auf dessen Begründung der erkennende Senat zunächst ebenso Bezug nimmt wie auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil, nicht durch.

Die einstweilige Verfügung ist zu Recht ergangen. Die Voraussetzungen der §§ 935, 940 ZPO liegen vor.

Der Antrag ist nach wie vor zulässig.

Der Einwand des Rechtsmissbrauchs bzw. des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses auf Klägerseite greift nicht durch.

Zwar wird die Nutzung des Geländes als entgeltlicher Parkplatz vom Kläger in der Berufungserwiderung nicht in Abrede gestellt. Hierzu mag der Kläger nicht berechtigt sein, was die Beklagte oder die B veranlassen kann, dem mit geeigneten Mitteln entgegen zu treten. Die – unterstellt – unzulässige Nutzung des Geländes durch den Kläger lässt hingegen sein Recht unberührt, sich gegen eine Störung seines Besitzes zu wenden, weil er dieses Rechts nicht dadurch verlustig geht, dass er sich als Besitzer womöglich nicht korrekt verhalten hat oder noch verhält. Lediglich der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist im Verhältnis zum Beeinträchtigten fehlerhaft (§ 858 Abs. 2 BGB). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Auf ein – wie auch immer geartetes und hier von der Beklagten in Abrede gestelltes – Besitzrecht des Gläubigers des Besitzstörungsanspruchs gegenüber dem Schuldner kommt es hingegen nicht an (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 75 Aufl. 2016, § 862, Rn. 7).

Das Rechtsschutzbedürfnis, das auch für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bestehen muss, darf – bei vorhandener Wiederholungsgefahr oder, was vorliegend ausreicht, Erstbegehungsgefahr – grundsätzlich nicht mit materiell-rechtlichen Erwägungen verneint werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.05.2016 – I-15 W 13/16, 15 W 13/16 -, Rn. 13, juris).

Der für den Erlass der einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund liegt in der Vorschrift des § 862 Abs. 1 BGB selbst, eines weitergehenden besonderen Verfügungsgrundes bedarf es nach allgemeiner Ansicht nicht. Die Regelung der Besitzschutzansprüche macht deutlich, dass das Gesetz deren Befriedigung für besonders eilbedürftig hält. Diese Eilbedürftigkeit schlägt im Verfahren dergestalt durch, dass eine – hier auf Unterlassung der Störung gerichtete – einstweilige Verfügung grundsätzlich zulässig ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 12.10.2007 – 2 U 152/07 -, Rn. 4, juris).

Dass die Beklagte ohne Erlass der einstweiligen Verfügung den Rückbau der Tribüne vornehmen lassen wird, hat sie zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht bekräftigt. Der Rückbau schließt nach dem am 06.01.2016 auf dem Gelände angebrachten Hinweis des Liegenschaftsamtes der Beklagten die Abtrennung der Versorgungsleitungen ein.

Damit liegen die Voraussetzungen des § 862 Abs. 1 BGB vor.

Der Kläger ist berechtigt, possessorische Abwehransprüche geltend zu machen. Er ist Besitzer (§ 854 Abs. 1 BGB), nicht lediglich Besitzdiener (§ 855 BGB) der Tribüne nebst Rennbahn mit Sandbahn, Innenbahn und Außenbahn (Geläuf).

Das ist im Senatsbeschluss und im angefochtenen Urteil eingehend begründet worden, worauf der Senat Bezug nimmt.

Die Beklagte macht demgegenüber geltend, die Schüsselübergabe führe nur dann zum Besitz an dazugehörigen Räumen, wenn der Sinn der Schlüsselübergabe darin besteht, dem Empfänger eine selbstständige Gebrauchsmöglichkeit zu verschaffen. Das sei hier nicht der Fall. Besitzverschaffung im Rahmen eines entgeltlichen Gebrauchsüberlassungsvertrages, also die Überlassung einer Liegenschaft gegen die Zahlung von Miete oder Pacht habe gerade nicht vorgelegen. Die B habe nicht von dem Kläger gegen Überlassung bestimmter Räume oder Anlagen ein Nutzungsentgelt erhalten sollen, sondern vielmehr an ihn eine Vergütung nach Maßgabe des Geschäftsbesorgungsvertrages zahlen müssen, damit der Kläger die Verpflichtung zur Abhaltung von Vollblutzucht-Rennpferden übernimmt. Vertragsgegenstand des Geschäftsbesorgungsvertrages sei nicht die Einräumung eigenständiger Sachherrschaft im Rahmen einer Gebrauchsüberlassung gewesen, sondern die Befreiung der B von der Verpflichtung zur Veranstaltung von Galopprennen gegen Zahlung eines Entgeltes für die Benutzung der Rennbahn

Das greift nicht durch.

Dass für die Veranstaltung von Pferderennen die tatsächliche Gewalt über die dazu benötigten Einrichtungen erforderlich ist, unterliegt keinem Zweifel und kommt auch in den vertraglichen Vereinbarungen der Beteiligten im Streitfall zum Ausdruck. Die Beklagte hat mit der B im Hinblick auf die Veranstaltung von Rennen einen Mietvertrag geschlossen, der sie zur Übergabe der Sache, also zur Besitzverschaffung an letztere verpflichtete. Die Zwischenschaltung der B hatte ersichtlich einen rein wirtschaftlichen Hintergrund, der Mieter sollte solvent sein und es auch künftig bleiben.

Die von der Beklagten im Wege des Vertrages zugunsten Dritter übernommene Verpflichtung im später mit der B geschlossenen Mietaufhebungsvertrag, dem Kläger im Anschluss die „Nutzung der Pferdesportfläche entsprechend dem bestehenden Vertrag zur Durchführung von Pferderennen bis 31.12.2015“ zu gestatten, wobei der Kläger dann verpflichtet gewesen wäre, die Pferdesportanlage spätestens am 31.12.2015 zu übergeben, belegt anschaulich, dass mit der Aneinanderreihung von Mietvertrag und Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der B und dem Kläger diesem nicht lediglich die tatsächliche Gewalt, sondern Besitz an der Pferdesportfläche eingeräumt worden ist.

Das im Geschäftsbesorgungsvertrag vorgesehene Recht der B, dem Kläger Weisungen zu erteilen, rechtfertig demgegenüber nicht die Annahme, der Kläger habe die tatsächliche Gewalt für die B in einem – Haushalt oder Erwerbsgeschäft – ähnlichem Verhältnis ausüben sollen, vermöge dessen er sich auf die Sache beziehenden Weisungen der B Folge zu leisten habe (§ 855 BGB).

Den gesetzlichen Beispielen wird verallgemeinernd entnommen, dass der Besitzdiener zu dem Besitzherrn in einem sozialen Abhängigkeitsverhältnis stehen muss, kraft dessen der Besitzdiener gleichsam als Werkzeug des Besitzherrn die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, wobei sich zunehmend die Auffassung durchsetzt, dass nicht auf ein soziales Abhängigkeitsverhältnis abzustellen ist, sondern die Weisungsgebundenheit maßgeblich ist. Das wird damit begründet, dem Wortlaut der Bestimmung könne nicht zwingend das Merkmal eines sozialen Abhängigkeitsverhältnisses entnommen werden (vgl. Diep in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 855 BGB, Rn. 5).

Inwieweit ein derartiges soziales Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine Weisungsgebundenheit vorliegt, bestimmt sich nach der Verkehrsanschauung, wobei dem Weisungsverhältnis zivil-, aber auch öffentlich-rechtliche Normen ebenso wie vertragliche oder gesetzliche Bestimmungen zugrunde liegen können, eine bloße wirtschaftliche Abhängigkeit nach allgemeiner Meinung aber nicht ausreichend ist (vgl. Diep wie vor).

Die Voraussetzungen einer in diesem Sinne zu fordernden Weisungsgebundenheit des Klägers sind im Streitfall offensichtlich nicht erfüllt.

Bei § 855 BGB geht es um „Befehl und Gehorsam“, bei § 868 dagegen um „Forderung und Verpflichtung“ (vgl. Erman/Lorenz, BGB, 14. Aufl. 2014, § 855 BGB, Rn. 2). Allein Letzteres ist vorliegend anzunehmen. Das Recht der B, dem Kläger Weisungen zu erteilen („kann“), korrespondiert mit dessen (schuldrechtlicher) Verpflichtung, diese zu beachten.

Nicht ersichtlich ist hingegen, das Weisungsrecht habe unter Begründung eines nach außen erkennbaren sozialen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen den Parteien des Geschäftsbesorgungsvertrages der B zumindest faktisch die Möglichkeit eröffnet, ihren Willen gegenüber dem Kläger als vermeintlichem Besitzdiener durchzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.2013 – V ZR 58/13 -, BGHZ 199, 227-237, Rn. 10). Besitzdiener ist nämlich nicht jeder, der Weisungen des Eigentümers der Sache zu befolgen hat, sondern nur derjenige, demgegenüber der Eigentümer die Einhaltung seiner Weisungen im Nichtbefolgungsfall auf Grund eines Direktionsrechts oder vergleichbarer Befugnisse unmittelbar selbst durchsetzen kann (vgl. BGH, wie vor, Rn. 14).

Beide Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Ein – für beteiligte Dritte, das Publikum an Renntagen, aber auch Teilnehmer der veranstalteten Rennen und die darin wie auch immer involvierten Personen – äußerlich erkennbares Abhängigkeitsverhältnis des Klägers im Verhältnis zur B bei Ausübung der tatsächlichen Gewalt ist nicht feststellbar. Eine faktische Durchsetzungsmöglichkeit des Willens der B gegenüber dem Kläger als rechtsfähigem Verein, der mit der B lediglich schuldrechtlich verbunden ist, ist nicht gegeben.

Die Überlassung tatsächlicher Gewalt an einen gleichberechtigten Vertragspartner führt in der Regel vielmehr zu dessen unmittelbarem Besitz und mittelbarem Besitz (§ 868 BGB) des Überlassenden, wie dies für den Auftrag, die Verwahrung, die Hinterlegung, den Frachtvertrag und bei Aufträgen zur Aus- oder Nachbesserung von Sachen im Werkvertragsverhältnis anerkannt ist (vgl. Erman/Lorenz, aaO., Rn. 13). Die Rechtsstellung des Klägers ist vor diesem Hintergrund nicht als schwächer zu qualifizieren.

Der Annahme unmittelbaren Besitzes des Klägers an den „schlüsselzugänglichen Räumen“, aber auch den antragsgegenständlichen frei zugänglichen Bereichen der Rennbahn stehen weder die Vermarktungsvereinbarung zwischen B und F GmbH noch die Veranstaltung eines Sportfamilienfestes durch die Beklagte unter Einschluss der Tribüne entgegen, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sondern lässt allenfalls auf gelegentlichen Mitbesitz der F GmbH bzw. der Beklagten an den vom Tenor des Senatsbeschlusses umfassten Räumen und Flächen schließen, nachdem für eine zeitweise Rückgabe der Flächen durch den Kläger nach Abschluss von Rennveranstaltungen nichts ersichtlich ist.

Ebenfalls kann dem Umstand, dass aus streitigen Gründen derzeit Rennen nicht durchgeführt werden, die Aufgabe des Besitzes durch den Kläger nicht entnommen werden.

Mit Rücksicht hierauf kann offenbleiben, ob der Mietvertrag zwischen B und Beklagter einerseits, der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Kläger und B andererseits noch bestehen oder nicht.

Die Kostenentscheidung und die Festsetzung des Streitwerts folgen aus §§ 97 Abs. 1, 63 Abs. 2, 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO.

Weitere Nebenentscheidungen sind nicht veranlasst, weil die Entscheidung sogleich rechtkräftig wird, nachdem ein Rechtsmittel ausgeschlossen ist (§ 542 Abs. 2 ZPO) und die Entscheidung nicht lediglich vorläufig vollstreckbar ist.

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