OLG Frankfurt am Main, 24.08.2016 – 26 U 14/16

März 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 24.08.2016 – 26 U 14/16
Tenor:

Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.01.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Gießen – 2. Zivilkammer- (Az. 2 O 238/15) wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 350.000,00 € festgesetzt.
Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch. Der Beklagte zu 1. begehrt widerklagend – soweit im Berufungsverfahren relevant – die Unterlassung der Behauptung, dass der Kläger in einem Verfahren vor dem Amtsgericht Stadt1 Angeklagter sei, und die Feststellung einer daraus resultierenden Schadensersatzpflicht des Klägers.

Mit dem von den Beklagten angefochtenen Urteil vom 26.01.2016 hat das Landgericht Gießen ein klagestattgebendes Versäumnisurteil vom 08.09.2015 mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden, an den Kläger 335.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 30.05.2015 zu zahlen. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil darüber hinaus die von dem Beklagten zu 1. erhobene Widerklage abgewiesen.

Das landgerichtliche Urteil ist dem Beklagten zu 1. als Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 25.02.2016 zugestellt worden. Der Beklagte zu 1. hat als Prozessbevollmächtigter der Beklagten in deren Namen mit am 29.03.2016 (Dienstag nach Ostern) bei dem Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Nach Ablauf der bis zum 25.05.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist hat der Beklagte zu 1. mit einem bei dem Oberlandesgericht am 01.06.2016 eingegangenen handschriftlichen Schreiben wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und eine auf den 25.05.2016 datierte Berufungsbegründungsschrift vorgelegt.

Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Der Beklagte zu 1. begehrt mit der Berufung darüber hinaus eine seinen erstinstanzlichen Widerklageanträgen zu 2. und 3. entsprechende Verurteilung des Klägers zur Unterlassung der oben dargestellten Behauptung nebst Feststellung einer entsprechenden Schadensersatzpflicht des Klägers.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags tragen die Beklagten vor, ihr Prozessbevollmächtigter habe den Berufungsbegründungsschriftsatz vom 25.05.2016 an diesem Tag per Fax zu übermitteln versucht. Die Übertragung sei gestartet, aber nach relativ kurzer Zeit wieder abgebrochen. Ursache dafür sei ein externer Leitungsfehler gewesen, der trotz mehrfacher Bemühungen des Prozessbevollmächtigten nicht rechtzeitig habe behoben werden können. Es habe eine „externe Störung in der Telefonleitung“ bzw. eine „technische Störung im Leitungsnetz“ vorgelegen, die dazu geführt habe, dass die Berufungsbegründung nicht rechtzeitig habe übermittelt werden können. Die Beklagten haben zwecks Glaubhaftmachung des Übermittlungsversuchs einen Faxsendebericht (Bl. 308 d. A.) vorgelegt, der als „Startzeit“ den 25.05.2016, 23.15 Uhr sowie eine „Dauer“ von 10 Minuten ausweist und unter „Ergebnisse“ den Hinweis „Leitungsfehler“ enthält. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat die Richtigkeit der zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags vorgetragenen Tatsachen außerdem anwaltlich versichert.

Der Kläger begehrt eine Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags der Beklagten und beruft sich u.a. darauf, dass der Vortrag der Beklagten auch im Falle einer Annahme der Richtigkeit des vorgelegten Sendeberichts nicht ausreichend sei, um den Wiedereinsetzungsantrag zu begründen. Die Umstände, die angeblich zu einer Leitungsstörung geführt hätten, seien nicht näher erläutert, obwohl der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sich angeblich um Beseitigung der Störung bemüht habe. Es fehle neben einem Vortrag der Beklagten zu den Gründen des Leitungsfehlers auch an einer Darlegung der von ihrem Prozessbevollmächtigten angestellten Unternehmungen, um diesen zu beheben. Selbst eine von den Beklagten nicht behauptete Störung bei dem Empfangsgerät könne die Beklagten nicht entlasten. Der Absender eines Faxes sei bei einem erkennbar gewordenen Übermittlungsfehler gehalten, diesen bis zum Fristablauf zu beheben und zumindest weitere Übermittlungsversuche zu unternehmen, um auszuschließen, dass die Übermittlungsschwierigkeiten in seinem Bereich liegen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe außer dem aus dem Sendebericht hervorgehenden erfolglosen Übermittlungsversuch keine weiteren Übermittlungsversuche unternommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der bis zum 25.05.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingelegt worden ist. Die verlängerte Berufungsbegründungsfrist ist abgelaufen, ohne dass bei dem Oberlandesgericht eine Berufungsbegründung eingegangen ist.

Den Beklagten ist wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf ihren Antrag keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, da sie nicht im Sinne des § 233 ZPO ohne ihr Verschulden verhindert waren, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Bei der Feststellung eines die Wiedereinsetzung ausschließenden Verschuldens steht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Beklagten deren Verschulden gleich. Die Beklagten haben lediglich einen einmaligen Versuch einer Übersendung der Berufungsbegründungsschrift per Fax für den 23.05.2016, 23.15 Uhr und dessen Scheitern wegen eines sogenannten externen Leitungsfehlers dargelegt. Dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten hätte es aber zum Ausschluss eines auch der Beklagten zu 2. zurechenbaren Verschuldens an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist – unabhängig von der nicht näher darlegten Art des Leitungsfehlers – oblegen, nach dem Scheitern des ersten Übermittlungsversuchs in dem bis zum Fristablauf um 24.00 Uhr verfügbaren Zeitraum noch zumindest einen weiteren Übermittlungsversuch zu unternehmen. Das Vorbringen der Beklagten zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs ergibt nicht, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen solchen weiteren Übermittlungsversuch unternommen hat, nachdem der nach dem Faxprotokoll um 23.15 Uhr begonnene, 10 Minuten dauernde erste Übermittlungsversuch gescheitert war. Die Darlegung, dass eine rechtzeitige Behebung des externen Leitungsfehlers „trotz mehrfacher Bemühungen“ des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht möglich gewesen sei, lässt nicht erkennen, welche konkreten Maßnahmen der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zur Behebung des ebenfalls nicht näher konkretisierten als „extern“ bezeichneten Leitungsfehlers getroffen haben soll. Anlass und Gelegenheit zur Konkretisierung des Vorbringens zu dem sogenannten externen Leitungsfehler und den Bemühungen ihres Prozessbevollmächtigten bestand für die Beklagten spätestens, nachdem sich der Kläger in seinem dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 29.06.2016 unter Fristsetzung zur Stellungnahme übermittelten Schriftsatz vom 21.06.2016 ausdrücklich auf die fehlende Konkretisierung der diesbezüglichen Darlegungen hingewiesen hat. Die Beklagten sind zudem auch dem vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 21.06.2016 gehaltenen Vortrag, dass ihr Prozessbevollmächtigter nach dem erfolglosen Übermittlungsversuch keine weiteren Übermittlungsversuche unternommen habe, nicht entgegengetreten. Es ist im Übrigen mangels näherer Darlegungen der Beklagten zur Art und Dauer der technischen Störung, die nach ihrem Vortrag die „Telefonleitung“ bzw. das „Leitungsnetz“ betraf, auch nicht feststellbar, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten davon ausgehen durfte, dass weitere Versuche zur Übermittlung der Berufungsbegründung bis zum Fristablauf notwendigerweise erfolglos bleiben würden.

Soweit die Beklagten zuletzt um eine gerichtliche Nachforschung nach Empfangsprotokollen gebeten haben, bestand dazu vor dem Hintergrund des nicht näher konkretisierten Vorbringens zu einer technischen Störung im Leitungsnetz kein Anlass. Eine Störung des gerichtlichen Empfangsgerätes ist für die fragliche Zeit der Übermittlung von den Beklagten nicht dargelegt und auch nicht aus anderen Verfahren bekannt. Eine bei dem Übermittlungsversuch bestehende Störung des Empfangsgeräts wäre überdies auch unerheblich, da weder dargelegt noch sonst erkennbar ist, dass eine solche Störung auch noch bei einem dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten vor Fristablauf zumutbaren weiteren Übertragungsversuch vorgelegen hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 238 Abs. 4 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung berücksichtigt neben der erstinstanzlich zuerkannten Klageforderung für die Widerklage im Wege der Schätzung Werte des Unterlassungsantrags von 10.000,00 € und des Feststellungsantrags von 5.000,00 €.

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