OLG Frankfurt am Main, 22.07.2016 – 2 U 144/15

März 22, 2019

OLG Frankfurt am Main, 22.07.2016 – 2 U 144/15
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 26.8.2015 (Az.: 2-23 O 87/13) wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 348.075,- € festgesetzt.
Gründe

I. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:

Der Kläger als Vermieter verlangt mit seiner Klage von der Beklagten als Mieterin Zahlung von Mietzins für den Zeitraum von Dezember 2012 bis einschließlich Dezember 2013 aus dem Mietvertrag der Parteien vom 7.7./20.7.2011 über die im Erdgeschoß und im ersten Obergeschoß der Liegenschaft Straße1 in Stadt1 gelegenen Gewerberäume. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird zunächst auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen A und C die Beklagte durch Urteil vom 26.8.2015, ihr zugestellt am 1.9.2015, antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 348.075,- € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. aus einem Betrag von 107.000,- € seit dem 7.3.2013 und ausgerechneten Zinsen in Höhe von 1.832,45 € sowie aus einem weiteren Betrag in Höhe von 240.975,- € seit dem 7.12.2013 und ausgerechneten Zinsen in Höhe von 6.214,58 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 2.078,40 € zu zahlen.

Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte schulde die geforderte vertragliche Miete; diese sei während des maßgebenden Zeitraums nicht gemindert gewesen. Zwar sei die Mietsache nicht zu dem vertraglich vereinbarten Zweck der Nutzung als Spielhalle nutzbar, da die entsprechende Genehmigung des Ordnungsamtes mit – wenn auch anfechtbarer – Verwaltungsverfügung vom 16.7.2013 versagt worden. Bis dahin sei die Beklagte aber schon vereinbarungsgemäß zur Mietzahlung verpflichtet gewesen, da die Miete bereits während der Umbauphase geschuldet und gezahlt worden sei. Aber auch darüber hinaus habe sie Zahlung der Miete geschuldet, da sie nach § 2 Abs. 5 des Mietvertrages selbst das Risiko der Versagung der zum Spielbetrieb erforderlichen Genehmigungen übernommen habe.

Diese vertragliche Übertragung des Nutzungsrisikos auf die Mieterin sei wirksam; ein etwaiger Verstoß gegen die §§ 305 ff. BGB komme nicht in Betracht, da die Parteien insoweit eine Individualvereinbarung getroffen hätten. Dies stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit hinreichender Sicherheit fest. Der Zeuge A habe glaubhaft bestätigt, daß er insbesondere die Regelung des § 2 Abs. 5 des Mietvertrages selbst formuliert habe. Die Vertragsklauseln seien auch lediglich zur einmaligen Verwendung im Mietverhältnis zur Beklagten bestimmt gewesen. Bei der Mietfläche habe es sich um die einzige zu vermietende Casinofläche in dem Objekt gehandelt, die auch erst mit Erteilung der Baugenehmigung in dieser Form entstanden sei. Zudem beruhe der Vertrag auf Verhandlungen der Parteien, wie die Beweisaufnahme gleichfalls bestätigt habe. In deren Zuge seien einzelne Klauseln auch tatsächlich geändert worden. Gerade über die Klausel in § 2 Abs. 5 des Mietvertrages hätten die Parteien vor dem Hintergrund der erwarteten Änderungen des Spielhallengesetzes verhandelt und sie in den Mietvertrag aufgenommen. Der Zeuge A habe bestätigt, die Klausel dem Geschäftsführer der Beklagten erläutert zu haben, welcher diese akzeptiert habe. Auch der Zeuge C und der Geschäftsführer der Beklagten hätten bestätigt, daß die Vertragsparteien die mögliche Änderung des Glückspielgesetzes diskutiert hätten. Die Aussagen der Zeugen A und C seien nach ihrem Inhalt und dem persönlichen Eindruck von den Zeugen glaubhaft.

Der Vertrag sei auch mit Zahlung des Honorars an den Zeugen A durch die Beklagte gemäß § 22 Abs. 9 des Mietvertrages wirksam geworden. Die nachträgliche Rückforderung des Honorars lasse die Wirksamkeit nicht wieder entfallen. Eine etwaige Störung der Geschäftsgrundlage hätte nur das Recht der Beklagten zur Folge, den vertraglichen Nutzungszweck zu ändern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts verwiesen.

Gegen diese Verurteilung durch das Landgericht wendet sich die Beklagte mit ihrer am 30.9.2015 eingelegten und am 30.10.2015 begründeten Berufung. Sie ist der Ansicht, die Miete sei wegen der Nichterteilung der Genehmigung für den gesamten Zeitraum bis zur rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung hierüber auf 0,- € gemindert. Die grundsätzliche Nutzbarkeit der Räumlichkeiten liege in der Verantwortung des Vermieters. Aus der Vereinbarung in § 2 Abs. 5 des Mietvertrages ergebe sich gerade nicht, daß bei Nichterteilung der Genehmigung eine Minderung ausscheide. Dies sei hiermit nur für den Fall des Entzuges oder der Veränderung einer erteilten Konzession vereinbart worden. Die Rechtsfolge beziehe sich hingegen nicht auf den Fall der Nichterteilung der Genehmigung oder der Konzession. Dies entspreche der gesetzlichen Regelung der verschuldensunabhängigen Haftung bei Vorhandensein des Mangels bereits bei Vertragsschluß gemäß § 536 a BGB. Der Vermieter habe lediglich für die Erteilung der Genehmigung oder Konzession keine „Gewähr“ erteilen wollen. Der Haftungsausschluß beziehe sich allein auf die persönlichen Voraussetzungen der Mieterin. Eine etwaige Mehrdeutigkeit der Vertragsklausel gehe zu Lasten des Klägers als des Verwenders.

Bei der betreffenden Klausel handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, nicht um eine Individualvereinbarung. Die Klausel sei durch die auf AGB-Recht spezialisierte Kanzlei D erstellt worden. Eine Bezugnahme auf das spezielle Problem des Glücksspielstaatsvertrages enthalte sie nicht. Von dieser konkreten Vertragsbedingung habe der Kläger nicht abweichen wollen und habe sie damit nicht zur Disposition durch Verhandlungen gestellt. Bei der Bewertung der Aussage des Zeugen A müsse berücksichtigt werden, daß dieser am Ausgang des Rechtsstreits ein erhebliches eigenes Interesse habe, da hiervon seine Provision in Höhe von 142.800,- € abhänge. Selbst wenn die Vertragsklausel als Individualvereinbarung zu werten sei, müsse diese jedenfalls restriktiv ausgelegt werden. Die vollständige Risikoabwälzung auf die Beklagte sei unzulässig, zumal es sich um die einzige Nutzungsmöglichkeit handele.

Sie ist ferner der Ansicht, bei der Beantragung der Betriebserlaubnis sei ihr kein Fehler vorzuwerfen. Nachdem sie die Räumlichkeiten vom Kläger erst im Mai 2012 übernommen habe, habe sie die Erlaubnis für die Spielhallen am 24.5.2012 beantragt. Sie habe den Antrag nicht früher stellen können, und sie habe die Arbeiten zügig ausgeführt. Auch nach dem Stichtag des Hessischen Spielhallengesetzes am 1.7.2012 habe die Stadt1 immer wieder signalisiert, dass die Erlaubnis nach § 33 i GewO bzw. nach § 9 HessSpielhallenG erteilt werde, sobald die Bauarbeiten abgeschlossen seien und eine Abnahme stattgefunden habe. Die Stadt1 selbst habe die Abnahme immer wieder durch das Stellen neuer Anforderungen verzögert. Sie ist der Ansicht, sie habe jedenfalls ein Recht auf Vertragsanpassung mit dem Ergebnis des Wegfalls der Mietzahlungspflicht, zumal eine Änderung des Nutzungszwecks nur mit schriftlicher Zustimmung der Vermieterin zulässig sei. Im übrigen könne sie den Mietvertrag wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage gemäß § 13 Abs. 3 S. 2 BGB oder nach § 17 des Mietvertrages aus wichtigem Grund kündigen, da die Nutzungsmöglichkeit zum Betrieb als Spielhalle Geschäftsgrundlage des Vertrages sei. Ergänzend bezieht die Beklagte sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 30.10.2015, 7.4.2016 (Blatt 531 ff., 675 ff. der Akte) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 26.8.2015 (Az. 2-23 O 87/13) abzuändern und die Klage abzuweisen

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er beruft sich auf die Begründung des Landgerichts einschließlich der Beweiswürdigung sowie auf sein erstinstanzliches Vorbringen. Neuen Vortrag der Beklagten rügt er als verspätet. Er wiederholt seine Behauptung, die Parteien hätten über die Vertragsklausel verhandelt. Die sich anbahnende Gesetzesänderung im Bereich des Glücksspielrechts sei ein wesentlicher Bestandteil der Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien und Hintergrund der Vertragsklausel des § 2 Abs. 5 gewesen. Das damit verbundene Risiko hätten die Parteien absprachegemäß auf die Beklagte übertragen. Bei der Auslegung der Vertragsklausel sei zu berücksichtigen, daß die Beklagte im Bereich des Betriebes von Spielhallen sehr erfahren sei. Ein Anspruch auf Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage bestehe nicht, weil die Beklagte nach den vertraglichen Vereinbarungen gerade die Möglichkeit habe, den Nutzungszweck mit seiner Zustimmung zu ändern. Zudem ergebe sich aus dem Inhalt des Widerspruchsbescheids der Stadt1 gerade das Verschulden der Beklagten bei der Verschaffung der Konzessionen, da sie die Umbauarbeiten nicht zügig abgeschlossen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 21.1., 18.2., 24.5. und 15.7.2016 (Blatt 602 f., 640 ff., 689 ff., 737 ff, der Akte) Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A und C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 2.6.2016 (Blatt 692 ff. der Akte) Bezug genommen.

II. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem Mietvertrag vom 7.7./20.7.2011 über Räumlichkeiten in dem Objekt Straße1 in Stadt1 der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Mietzins für den Zeitraum von Dezember 2012 bis einschließlich Dezember 2013 in Höhe von insgesamt 348.075,- € zu (§ 535 Abs. 2 BGB).

Der Mietvertrag ist wirksam zustandegekommen. Die aufschiebende Bedingung gemäß § 22 Abs. 9 des Mietvertrages ist mit der Zahlung des Honorars an den Zeugen A eingetreten, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

Die vertraglich geschuldete Miete von monatlich 26.775,- € ist nicht wegen Mangelhaftigkeit der Mietsache gemindert (§ 536 Abs. 1 S. 1 BGB). Denn auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen weist die Mietsache keinen Mangel auf, welcher die Beklagte zur Minderung des Mietzinses berechtigen würde. Zwar ist das Mietobjekt zum vertragsgemäßen Gebrauch des Betriebs einer Spielhalle im Sinne des § 33 i GewO nicht geeignet, da die Stadt1 die Erteilung der Betriebsgenehmigungen durch Verwaltungsverfügung vom 16.7.2013 ablehnte, weil nach der geänderten Gesetzeslage die beantragten Mehrfachkonzessionen unter einem Dach unzulässig seien und die Abstandsvorschriften zu anderen bereits in der Umgebung betriebenen Spielhallen nicht eingehalten würden.

Bei dieser Untersagung handelt es sich um durch die baulichen Gegebenheiten bedingte Nutzungseinschränkungen, die mithin als gebäudebezogen grundsätzlich in den Verantwortungs- und Risikobereich des Klägers als des Vermieters fallen (vgl. hierzu BGH, ZMR 2011, 943 ff.; 2008, 274 f.; 1988, 376 ff.). es handelt sich jedenfalls im wesentlichen nicht um Betriebsvoraussetzungen, welche die Person der Mieterin betreffen, sondern um solche, welche durch die Lage und den Zuschnitt des vermieteten Gebäudes bedingt sind. Ein solcher Mangel kann auch erst nachträglich eintreten, wenn gesetzgeberische Maßnahmen während eines laufenden Miet- oder Pachtverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Objekts zur Folge haben (vgl. BGH, ZMR 2011, 943 ff. m.w.N.). Der Vermieter oder Verpächter von Gewerberaum ist verpflichtet, das Miet- bzw. Pachtobjekt während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter oder Pächter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB). Bereits die Verfügung der Stadt1 hat den Mangel der Nutzbarkeit des Mietobjekts zur Folge unabhängig davon, ob sie auf die Anfechtung der Beklagten hin endgültigen Bestand haben wird, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

Die Parteien haben aber in § 2 Abs. 5 des Mietvertrages das Risiko auch der vollständigen Versagung der zum Betrieb einer Spielhalle erforderlichen Genehmigung abweichend von der gesetzlichen Regelung der Beklagten als Mieterin auferlegt. Diese Vereinbarung der Parteien ist wirksam. Sie widerspricht nicht der Verbotsregelung in § 536 Abs. 4 BGB, da diese nur auf Mietverhältnisse über Wohnraum, nicht auch Gewerberaum anwendbar ist.

Die Vereinbarung ist auch nicht nach den Grundsätzen der Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere wegen möglicher unangemessener Benachteiligung der Beklagten als der Vertragspartnerin des Klägers unwirksam, da es sich bei dieser Vertragsklausel nicht um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handelt, wie das Landgericht gleichfalls zutreffend ausgeführt hat. Vielmehr haben die Vertragsparteien diese Klausel im einzelnen ausgehandelt (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB). Dies steht nach dem Ergebnis auch der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme hinreichend fest. Abzustellen ist dabei nicht auf den Vertrag insgesamt, sondern jeweils konkret auf das Zustandekommen der einzelnen Vertragsklausel. Bei Regelungen in einem Vertrag kann es sich teilweise um Allgemeine Geschäftsbedingungen und teilweise um Individualvereinbarungen handeln.

Maßgebend für die Bewertung ist dabei zunächst der Inhalt der Vertragsklausel, der im Wege der Auslegung zu ermitteln ist (§§ 133, 157 BGB). Dabei ist auf die jeweilige Sicht des Erklärungsempfängers unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen. Beiden Vertragsparteien war bei den Vertragsverhandlungen im Jahre 2011 bekannt und bewußt, daß eine Änderung des Glücksspielstaatsvertrages bevorstand, welcher möglicherweise auch einschneidende Änderungen für die Zulassung von Spielhallen im Sinne des § 33 i GewO zur Folge haben konnte. Ganz konkrete Vorhaben waren dabei noch nicht bekannt. Allerdings war den Parteien bewußt, daß sich die zu erwartenden Änderungen nicht nur auf den Betrieb einer Spielhalle selbst, sondern auch auf die baulichen Gegebenheiten der jeweiligen Objekte, in denen diese Betriebe stattfinden, beziehen konnten und damit auf Umstände, welche grundsätzlich in den Verantwortungsbereich eines Vermieters bzw. Verpächters fallen. Diese Gegebenheiten waren insbesondere dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt, der bereits zum damaligen Zeitpunkt in dem Bereich der Veranstaltung des gewerblichen Glücksspiels langjährig sehr erfahren war, wie sich auch aus den Aussagen der Zeugen C und A ergibt. Beide Zeugen haben glaubhaft bestätigt, daß die kommenden Änderungen des Glücksspielstaatsvertrages Gegenstand der Vertragsverhandlungen waren.

Die Vertragsklausel des § 2 Abs. 5 Satz 1 regelt nach ihrem Wortlaut, daß der Vermieter keinerlei Gewähr für die Erteilung oder den Fortbestand von Genehmigung oder Konzessionen, die zum Betrieb oder zur Aufrechterhaltung des Spielbetriebes benötigt werden, übernimmt. Die nachfolgende Regelung in Satz 2 betrifft den Fall des Zurückziehens einer bereits erteilten Konzession oder Genehmigung zu einem späteren Zeitpunkt oder eine Begrenzung in ihrer Art oder ihrem Umfang. Vor dem Hintergrund der geführten Gespräche über mögliche Änderungen des Glücksspielstaatsvertrages ist der mit dieser Vertragsklausel zu regelnde Inhalt umfassend zu sehen, nicht nur bezogen auf die Mieterin betreffende Genehmigungen oder Konzessionen oder auf nachträglich eintretende Änderungen, sondern auf jeglichen Fall der Nichterteilung einer Genehmigung oder Konzession, also auch, soweit sie allein auf den Zustand des Gebäudes bezogen ist. Das Verständnis, insofern werde jedes Risiko auf die Mieterin verlagert, wird bestätigt durch die Regelung in § 2 Abs. 4 des Mietvertrages, welcher bereits die – übliche und auch der Gesetzeslage (§ 537 Abs. 1 S. 1 BGB) entsprechende – Bestimmung enthält, daß Umstände, welche die persönlichen oder die betrieblichen Verhältnisse des Mieters betreffen, allein in dessen Risikobereich liegen.

Zwar ist nach dem Ergebnis der Verhandlung und der Beweisaufnahme davon auszugehen, daß die Vertragsparteien seinerzeit nicht damit rechneten, in dem Mietobjekt werde der Betrieb einer Spielhalle überhaupt nicht möglich sein. Hierfür spricht schon, daß die Beklagte den Mietvertrag überhaupt abgeschlossen hat, der für sie für die Dauer von jedenfalls 15 Jahren erhebliche finanzielle Belastungen zur Folge hat. Dagegen spricht nicht schon entscheidend die Regelung in § 2 Abs. 2 des Mietvertrages, daß Änderungen des vereinbarten Nutzungszwecks einer Spielhalle gemäß § 33 i GewO mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Vermieters möglich seien. Der Wortlaut der Klausel enthält aber insoweit keine Einschränkung. Die Aussage, „keine Gewähr“ für die Erteilung oder den Fortbestand von Genehmigungen oder Konzessionen zu übernehmen, hat ihrem Sinngehalt nach auch die Bedeutung, daß der Mieter aus der Nichterteilung oder dem Entzug von Genehmigungen oder Konzessionen keinerlei Rechte dem Vermieter gegenüber herleiten kann. Anderenfalls hätte die Ablehnung der Übernahme der „Gewähr“ keinen erkennbaren Sinn, da der Vermieter die Erteilung einer Genehmigung oder Konzession selbst ohnehin nicht schuldet. Die Klausel kann sich mithin nur darauf beziehen, daß im Zusammenhang mit der Änderung des Glücksspielstaatsvertrages, der für die Parteien Veranlassung für die Vereinbarung dieser Vertragsklausel war, auch Probleme objektbedingter Art insgesamt, also auch bezüglich der Folgen, allein durch die Mieterin zu tragen sein sollen. Selbst wenn keine der Vertragsparteien seinerzeit tatsächlich erwartete, eine Genehmigung werde gar nicht erteilt werden, so führt dies im Hinblick auf den umfassenden Wortlaut doch nicht dazu, dass dieser Fall nicht geregelt worden wäre. Vielmehr umfaßt die Klausel auch den sodann eingetretenen Fall, dass die Stadt1 die Genehmigung des Betriebes in diesem Objekt vollständig versagt.

Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Individualvereinbarung der Parteien, wie es bereits das Landgericht ausgeführt hat. Die in zweiter Instanz nochmals durchgeführte Beweisaufnahme hat das Beweisergebnis erster Instanz bestätigt; das Gericht schließt sich der Beweiswürdigung durch das Landgericht an. Gerade das Bevorstehen der Änderung des Glücksspielstaatsvertrages hatte die Parteien zum Abschluß dieser konkreten Vereinbarung veranlaßt, wie die Zeugen dies glaubhaft bestätigt haben. Auch gegen ihre Glaubwürdigkeit, insbesondere diejenige des Zeugen A, bestehen keine hinreichenden Bedenken. Insbesondere besteht der konkrete Zusammenhang der Interessen des Zeugen A an seinem Honorar mit dem Ausgang des Rechtsstreits nicht erkennbar. Für das Vorliegen einer Individualvereinbarung gerade im Hinblick auf die bevorstehende Gesetzesänderung sprechen auch die objektiven Umstände. Abgesehen davon, daß die Parteien selbst vortragen, dass sie über die bevorstehenden möglichen Änderungen gesprochen haben, so wäre es im Hinblick auf die erhebliche Geschäftserfahrung der Beteiligten gerade in diesem Bereich kaum denkbar, dass insbesondere die Beklagte einen solchen langfristigen Vertrag mit ganz erheblichen finanziellen Belastungen über ein Objekt, welches erst noch umzubauen sein würde, schlösse, ohne die Möglichkeiten der Änderungen des Glücksspielstaatsvertrages zu bedenken und bereits im Mietvertrag zu regeln. Eine solche Regelung war auch nur in diesem Mietvertrag, nicht in anderen Mietverträgen in demselben oder in anderen Objekten erforderlich, da nur in diesem Objekt eine Spielhalle betrieben werden sollte, wie auch der Zeuge A dies bestätigt hat. Diese mithin für einen Einzelfall getroffene Regelung wurde auf der Grundlage beiderseitiger Verhandlungen geführt, wie bereits das Landgericht ausgeführt hat. Der Geschäftsführer der Beklagten hat die Klausel, welche der Beklagten das sich auch im Hinblick auf die bevorstehende Gesetzesänderung ergebende Risiko auferlegte, nach den Angaben des Zeugen A gerade im Hinblick auf diese zu erwartenden Änderungen so akzeptiert. Eine solche Änderung der Risikoverteilung trug auch dem Umstand Rechnung, dass die Beantragung der Genehmigung und die Durchführung der erforderlichen Umbauten selbst durch die Beklagten erfolgten und der Ablauf auch in zeitlicher Hinsicht damit in ihrem Verantwortungsbereich lag. Die Beklagte bedarf daher nicht des Schutzes der gesetzlichen Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen, da ihr diese Vertragsklausel nicht von dem Kläger einseitig „gestellt“ wurde.

Der Anspruch des Klägers ist auch nicht aufgrund eines Anspruchs der Beklagten auf Änderung des Mietvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage gehindert (§ 313 BGB). Dies gilt jedenfalls für den Zeitraum bis Ende Dezember 2013, für welchen der Kläger Mietzahlung verlangt. Die Beklagte geht noch nicht von einer endgültigen Versagung der Genehmigung aus. Im übrigen hat sie nach § 2 Abs. 2 des Mietvertrages zunächst die Möglichkeit, das Mietobjekt zu einem geänderten Vertragszweck zu nutzen. Zu der Erteilung der nach dem Vertrag hierfür erforderlichen schriftlichen Zustimmung ist der Kläger im Hinblick auf den tatsächlichen Mangel der Nutzbarkeit des Mietobjekts für die Beklagte zu dem ursprünglich vereinbarten Nutzungszweck grundsätzlich nach Treu und Glauben verpflichtet (§ 242 BGB).

Die Ansprüche auf Zinsen und auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten stehen dem Kläger gegen die Beklagte in dem erstinstanzlich ausgeurteilten Umfang aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu (§ 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 288 Abs. 2 BGB).

Die Beklagte hat die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO).

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