OLG Frankfurt am Main, 24.05.2016 – 8 U 159/14

März 23, 2019

OLG Frankfurt am Main, 24.05.2016 – 8 U 159/14
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. Juli 2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Limburg (Az.: 2 O 359/10) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das am 25. Juli 2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Limburg und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2 vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Die Klägerin macht Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen einer vorgeblich fehlerhaften Behandlung im Rahmen ihrer Geburt am … 2007 geltend. Diese Ansprüche hat sie im ersten Rechtszug gegen die als Belegarzt bzw. Beleghebamme tätigen Beklagten zu 1 und zu 2 sowie gegen die Trägerin des in Stadt1 betriebenen Kreiskrankenhauses – die vormalige Beklagte zu 3 – gerichtet.

Am … 2007 suchten die Eltern der Klägerin nach dem Einsetzen der Wehen bei der Kindesmutter um 9:20 Uhr die geburtshilfliche Belegabteilung des vormaligen Beklagten zu 1 im Krankenhaus Stadt1 auf. Hier betreute sie die Beklagte zu 2 zunächst allein. Diese verfügte über eine Berufserfahrung von etwa 30 Jahren, nicht aber über eine Berufshaftpflichtversicherung.

Auf Empfehlung der Beklagten zu 2 begab sich die Mutter der Klägerin zunächst in die Seitenlage und erhielt ab 11:35 Uhr zunächst 10 Tropfen pro Minute Oxytocin. Um 11:45 Uhr erschien der herbeigerufene Beklagte zu 1, erhöhte – entgegen der Hinweise der deswegen schwere Schäden fürchtenden Beklagten zu 2 – kurz darauf die Oxytocingabe auf 120 Tropfen pro Minute und veranlasste die Mutter, sich in die Rückenlage zu begeben. Nachdem ihr Kopf geboren worden war, drehte sich die Klägerin noch einmal im Geburtskanal. Dabei verhakte sich die Schulter der Klägerin, so dass diese erst mit Hilfe eines vom dem Beklagten zu 1 angeordneten Mc-Roberts-Manövers geboren werden konnte.

Obwohl die Beklagte zu 2 die Eltern der Klägerin informierte, dass eine weitere Beobachtung in dem Krankenhaus angebracht sei, verließen diese das Krankenhaus auf eigenen Wunsch, nachdem ihnen nahegelegt worden war, binnen 24 Stunden einen Kinderarzt aufzusuchen.

Die von der Beklagten zu 2 zu ihrer Tätigkeit erstellte Dokumentation (Anlage B II/1, Bl. 64 f. d. A.) enthält neben einer zeitlichen Beschreibung des Geburtsverlaufs nur einen Hinweis auf eine schwere Schulterentwicklung. Der Beklagte zu 1 hat sie zu nicht näher bekannten Änderungen der Krankenunterlagen aufgefordert, die er dann selbst ausgeführt hat. Die Dokumentation des Beklagten zu 1 enthält Angaben zu der Vornahme des Mc-Roberts-Manöver.

Der am Folgetag aufgesuchte Kinderarzt und sodann das städtische Klinikum Stadt2 attestierten eine bei der Klägerin linksseitig aufgetretene Plexusparese. In einem im Auftrag der gesetzlichen Krankenkasse der Eltern der Klägerin erstellten Gutachten des MDK A vom 31. März 2009 nahm der Gutachter B eine nicht leitliniengerechte Behandlung der unvermeidbar aufgetretenen Schulterdystokie an. Die nachgeburtlich aufgetretene Lähmung der Klägerin sei durch von der Beklagten zu 2 unsachgemäß aufgewandte Zugkräfte erklärbar (Anlage K 1, Bl. 19 ff. d. A.). Die Beklagte zu 2 beendete wegen Ablauf und Entwicklung des vorliegenden Geburtsschadens ihre Berufstätigkeit.

Am 10. Juni 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten zu 1 eröffnet. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 10. August 2011 (BI. 170 d. A.) die gegen den Beklagten zu 1 gerichtete Klage zurückgenommen, der daraufhin Kostenantrag gestellt hat. Die gegen die Beklagte zu 3 gerichtete Klage hat sie nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht mit bereits vorab erteilter Zustimmung der Beklagten zu 3 wieder zurückgenommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, die Beklagte zu 2 habe nach dem Austreten ihres Kopfes noch mehrfach daran gezogen. Sie habe trotz mehrfacher Aufforderung des Beklagten zu 1, das zu unterlassen, ihre weitergehende Handlung fortgesetzt, bis dieser sie beiseite gestoßen habe. Das habe bei ihr zu der aufgetretenen Lähmung geführt. Ihre Haut sei nach der Geburt bläulich-grau verfärbt gewesen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1.

die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an sie zu zahlen:

€ 57.580,20 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch € 60.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

€ 5.283,00 vierteljährlich im Voraus, beginnend ab dem 1. August 2010 bis zum 31. Dezember 2015 mit jeweils Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, verzinslich ab Fälligkeit;
2.

festzustellen, dass die Beklagte zu 2 verpflichtet ist, ihr alle weiteren zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden (letztere, soweit sie derzeit nicht vorhersehbar sind), welche aus der fehlerhaften Behandlung vom … 2007 resultieren, zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden,
3.

die Beklagte zu 2 zu verurteilen, sie freizustellen von den außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwälte RA1 und Partner, C-Straße …, Stadt3, aus der Kostennote vom 19. September 2010 in Höhe von € 4.626,72.

Die Beklagte zu 2 hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erstinstanzlich behauptet, die Klägerin sei nach der Geburt fit und munter gewesen. Sie und der Beklagte zu 1 hätten die Eltern der Klägerin auf eine verminderte Beweglichkeit der Schulter der Klägerin hingewiesen.

Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Limburg hat nach informatorischer Anhörung der Beklagten zu 2, Vernehmung der gesetzlichen Vertreter der Klägerin als Partei sowie Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen D die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 25. Juli 2014 abgewiesen (Bl. 469 ff. d. A.).

Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Klägerin den von ihr zu erbringenden Nachweis für eine Sorgfaltspflichtverletzung der Beklagten zu 2 nicht geführt. Insbesondere habe die Klägerin nicht bewiesen, dass die Beklagte zu 2 nach dem Auftreten der Schulterdystokie noch an dem Kopf der Klägerin gezogen habe.

Zwar spreche für ein solches Fehlverhalten die auffällig hohe emotionale Erregung und Betroffenheit der Beklagten zu 2 in ihrer persönlichen Anhörung. Auch hätten die Eltern der Klägerin „realitätsnahe, konkrete und ersichtlich von dem Erlebten geprägte Angaben“ gemacht. Doch auch wenn keine bewusste Falschaussage festzustellen sei, so bestünden zumindest erhebliche Zweifel, dass die Eltern der Klägerin tatsächlich ein pflichtwidriges Ziehen der Beklagten zu 2 am Kopf der Klägerin zuverlässig wahrgenommen hätten.

Der Sachverständige D habe nämlich in seinem Gutachten zunächst ausgeführt, dass ein unzweifelhafter Kausalzusammenhang zwischen den bei der Klägerin aufgetretenen Schäden und einem unzulässigen Ziehen am Kopf nicht festzustellen sei. Auch nach der Darstellung der Klägerseite sei unmittelbar nach Auftreten der Schulterdystokie ein Mc-Roberts-Manöver zügig erfolgreich gewesen, so dass keine besonders heftige, möglicherweise traktionsbedingte Verkeilung der vorderen Schulter nahe liege. Auch spreche die Diskrepanz zwischen der allenfalls als mittelschwer zu bewertenden Schulterdystokie und dem Umfang und der Nachhaltigkeit der bei der Klägerin bestehenden gesundheitlichen Schäden gegen eine einzige Zugbewegung als unzweifelhafte vorrangige Verletzungsursache. Der aufgetretene Schaden sei also kein Indiz für einen Fehler bei der Geburtshilfe.

Zudem habe der Sachverständige betont, dass insbesondere bei einer schwierigen Geburt wie der hier in Rede stehenden einem Laien subjektiv eine zutreffende Einordnung der unterstützenden Maßnahmen kaum möglich sei.

Dass es für die Kindeseltern sehr schwierig sei, den belastenden, teilweise hektischen Geburtsverlauf exakt zu beschreiben, habe sich – so das Landgericht weiter – schon an Abweichungen des Vorbringens in der Klageschrift von den Schilderungen in der Parteivernehmung, aber auch an den Unterschieden zwischen den Angaben der Kindesmutter einerseits und des Vaters andererseits gezeigt. Soweit dieser erklärt habe, die Beklagte zu 2 habe noch einmal an dem Kopf des Kindes gezogen, nachdem der Beklagte zu 1 bereits das Mc-Roberts-Manöver angeordnet hatte, sprächen „mannigfache Umstände“ gegen die Verlässlichkeit seiner Aussage. So habe die Beklagte zu 2 vor der Gebärenden gesessen, was seine Beobachtungsmöglichkeiten eingeschränkt und die eindeutige Beurteilung, ob und gegebenenfalls in welche Richtung sie Kraft aufwendet habe, erschwert habe. Zudem möge die Beklagte zu 2 durchaus zunächst mehrfach zu Beginn in zulässiger Weise am Kopf der Klägerin gezogen haben, so dass sich die einzelnen Vorgänge in der Erinnerung vermischt haben könnten. Zudem habe der Kindesvater nur zu Beginn freie Sicht auf den Geburtskanal gehabt. Schließlich sei die Unterscheidung zwischen einer aufgewendeten Dreh-, Halte- oder Zugkraft schon deshalb äußerst schwierig, weil dadurch keine Bewegung ausgelöst worden sei.

Eine verbesserte Beweislage ergebe sich auch nicht etwa aus der über den Geburtsvorgang zu führenden Dokumentation. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2 selbst die Behandlungsunterlagen verfälscht habe, fehlten. Die Dokumentation als solche sei, wie der Sachverständige unter Berücksichtigung des von ihm ausgewerteten engen Zeitablaufs nachvollziehbar dargelegt habe, auch nicht etwa lückenhaft, sondern inhaltlich ausreichend.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung wird auf das Urteil vom 25. Juli 2014 Bezug genommen (Bl. 469 ff. d. A.).

Gegen dieses ihrer Prozessbevollmächtigten am 30. Juli 2014 (Bl. 493 d. A.) zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem hier am 26. August 2014 eingegangenen Schriftsatz vom 25. August 2014 Berufung eingelegt (Bl. 512 f. d. A.). Die Klägerin hat die Berufung mit Anwaltsschriftsatz vom 11. September 2014 begründet, der hier am 15. September 2014 eingegangen ist (Bl. 521 ff. d. A.).

Die Klägerin trägt zur Begründung u. a. vor, das Landgericht habe die Beweiswürdigung fehlerhaft vorgenommen. Die Einschätzung, dass erhebliche Zweifel daran bestünden, dass die Kindeseltern tatsächlich ein pflichtwidriges Ziehen der Beklagten zu 2 am Kopf der Klägerin zuverlässig wahrgenommen hätten, überzeuge nicht. Der Kindesvater sei in der Lage gewesen, das Geburtsgeschehen unproblematisch zu jedem Zeitpunkt zu überblicken. Die Sichtmöglichkeiten seien entgegen der Annahme des Landgerichts nicht eingeschränkt gewesen.

Ferner habe der Vater der Klägerin deutlich gemacht, dass er „zu Beginn“ einen freien Blick auf den Geburtskanal gehabt habe, nämlich zu dem Zeitpunkt, als die Beklagte zu 2 noch am Köpfchen gezogen habe. Erst im weiteren Verlauf des Geburtsgeschehens und insbesondere bei der Durchführung des Mc-Roberts-Manöver sei die Sicht dann nicht mehr gegeben gewesen.

Die Ausführungen des Gerichtssachverständigen, der Kindesvater habe den Geburtskanal nicht sehen können, gingen fehl.

Die Beklagte zu 2 habe ferner in einem Telefonat mit Herrn Rechtsanwalt RA2 diesem gegenüber eingeräumt, dass sie aufgrund von Schuldgefühlen gegenüber den Eltern der Klägerin und der Klägerin selbst ihren Beruf aufgegeben habe. Der in der Vorinstanz als Zeuge für dieses Telefonat benannte Rechtsanwalt RA2 sei vom Landgericht nicht vernommen worden.

Darüber hinaus habe die Beklagte zu 2 selbst vorgetragen, dass ihr klar gewesen sei, dass es durch das Erhöhen der Tropfgeschwindigkeit des Wehentropfes durch den vormaligen Beklagten zu 1 zu Komplikationen kommen würde. Damit sei ihr weiteres Verhalten weder verständlich, noch nachvollziehbar und schon gar nicht fachgerecht. Zwar obliege dem Arzt bei seinem Eintreffen die Geburtsleitung. Trotzdem bestünde eine Remonstrationspflicht der Hebamme, wenn sie Bedenken gegen die Sachgemäßheit eines vom Arzt durchgeführten Verfahrens habe. Gegebenenfalls hätte hier – so die Klägerin weiter – die Klinikleitung eingeschaltet werden müssen.

Überdies sei der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anwendung eines Wehentropfes bei sekundärer Wehenschwäche fachlich nachvollziehbar gewesen sei. Inwiefern jedoch das Erhöhen der Wehentropfgeschwindigkeit ursächlich zur Schulterdystokie beigetragen habe, sei durch das Landgericht gutachterlich nicht geklärt worden. Es sei jedenfalls davon auszugehen, dass das Erhöhen der Wehtropfgeschwindigkeit ursächlich zur Schulterdystokie beigetragen habe. Dass die Beklagte zu 2 hier nicht „vehement gegen das Vorgehen des Herrn E, insbesondere bei der Erhöhung des Wehentropfes“ [sic!] vorgegangen sei, zeige bereits, wie überfordert sie mit der Situation gewesen sei.

Die Ausführungen der Beklagten zu 2, sie habe alle Unterlagen vernichtet, da die Angelegenheit sie so belastet habe, spreche „ebenfalls für ihre auffällig hohe emotionale Betroffenheit und damit ein Fehlverhalten“. Auch ihre Behauptung, sie habe den Geburtsbericht selbst persönlich nicht nachträglich verfälscht, sondern sei lediglich vom Beklagten zu 1 einbestellt worden, um diesen abzuändern, sei nicht glaubhaft.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 11. September 2014 Bezug genommen (Bl. 521 ff. d. A.).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Limburg, verkündet am 25. Juli 2014, aufzuheben und nach den Schlussanträgen der Klägerin in erster Instanz zu entscheiden, hilfsweise die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Limburg zurückzuverweisen.

Die Beklagte zu 2 beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Sie behauptet, der Beklagte zu 1 sei unprofessionell respektlos und überheblich gewesen, deshalb – und nicht aufgrund des Bewusstseins, etwas falsch gemacht zu haben – sei sie emotional betroffen gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 16. Oktober 2014 verwiesen (Bl. 533 ff. d. A.).

Der Senat hat durch Einholung eines weiteren Gutachtens des Sachverständigen D ergänzend Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das schriftliche Ergänzungsgutachten vom 2. März 2015 (Bl. 541 ff. d. A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden.

III.

In der Sache hat die Berufung der Klägerin jedoch keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (vgl. § 513 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat nicht zur Überzeugung des Senats (§§ 525 Satz 1, 286 Abs. 1 ZPO) nachgewiesen, dass der Beklagten zu 2 im Rahmen der Geburt der Klägerin ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Der Klägerin stehen deshalb keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 2 aus § 823 Abs. 1 BGB oder aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem mit den Eltern der Klägerin geschlossenen Behandlungsvertrag mit Schutzwirkung für die Klägerin zu.

1. Die Tätigkeit einer Hebamme ist ein Heilberuf; die Grundsätze der Arzthaftung sind entsprechend anwendbar, soweit es sich um Verletzung der Pflichten handelt, die einer Hebamme selbst obliegen. Diese Pflichten ergeben sich insbesondere aus der hessischen Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger vom 27. März 1991 (im Folgenden: HebBO a. F.), einer Rechtsverordnung im Sinne von Art. 80 GG, Art. 107 HV. Die derzeit geltende Fassung der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger vom 3. Dezember 2010 findet auf den Streitfall noch keine Anwendung, da diese erst am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist (s. § 11 Satz 1 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger vom 3. Dezember 2010).

Nach § 2 Satz 1 HebBO a. F. leisten Hebammen und Entbindungspfleger eigenverantwortlich Hilfe bei allen regelgerechten Vorgängen der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbettes. Das gilt indessen nur solange, bis ein Arzt die Behandlung übernommen hat, denn ab dann geht die Verantwortung für das weitere Geschehen auf ihn über; von diesem Zeitpunkt an ist die Hebamme seine Gehilfin, für die er vertraglich nach § 278 BGB und deliktisch nach § 831 BGB einstehen muss; sie ist dessen Weisungen unterworfen und insoweit von einer eigenen Verantwortung grundsätzlich befreit (vgl. BGH, Urteil vom 14.02.1995 – VI ZR 272/93, NJW 1995, 1611, 1612; Urteil vom 07.12.2004 – VI ZR 212/03, NJW 2005, 888, 890; OLG München, Urteil vom 16.09.1999 – 1 U 3549/98, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.05.2001 – 7 U 46/99, VersR 2003, 116; s. auch § 1 Abs. 2 Nr. 7 und Nr. 10, § 2 Sätze 2 und 3 HebBO a. F.).

Hat der Arzt die Behandlung übernommen, kommt eine Haftung der Hebamme daher nur in Betracht, wenn die Hebamme aufgrund ihrer geburtshilflichen Ausbildung erkennt oder erkennen muss, dass das Vorgehen des Arztes vollkommen regelwidrig und unverständlich ist, sie aber gleichwohl nicht remonstriert (vgl. etwa Senat, Urteil vom 01.12.2015 – 8 U 79/14, Entscheidungsumdruck, S. 11 u. S. 13; OLG Frankfurt, Urteil vom 06.04.1990 – 24 U 18/89, NJW-RR 1991, 1373, 1373 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.04.2007 – 8 U 37/05, VersR 2008, 534, 536 [OLG Düsseldorf 26.04.2007 – I-8 U 37/05]; Lafontaine, in: Herberger/Martinek/Rüßmann u. a. (Hrsg.), jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 630a, Rdnr. 420).

2. Vor diesem Hintergrund ist hier im Ausgangspunkt zwischen einer etwaigen Haftung der Beklagten zu 2 für den Zeitraum vor und nach Übernahme der Geburtsleitung durch den vormaligen Beklagten zu 1 zu differenzieren.

Im Streitfall muss der Senat davon ausgehen, dass der vormalige Beklagte zu 1 die Geburtsleitung spätestens mit dem Erhöhen der Oxcytocindosis übernommen hat. Ausweislich des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils erschien der herbeigerufene Beklagte zu 1 um 11:45 Uhr im Kreißsaal, erhöhte – entgegen der Hinweise der deswegen schwere Schäden fürchtenden Beklagten zu 2 – kurz darauf die Oxcytocingabe auf 120 Tropfen pro Minute und veranlasste die Mutter, sich in die Rückenlage zu begeben (S. 2 des Urteils vom 25. Juli 2014, Bl. 470 d. A.).

Der Tatbestand des Ersturteils liefert nach § 314 ZPO den Beweis für das mündliche Vorbringen einer Partei im erstinstanzlichen Verfahren (vgl. BGH, Urteil vom 10.11.1995 – V ZR 179/94, WM 1996, 89, 90; Urteil vom 02.02.1999 – VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335, 339; Versäumnisurteil vom 15.06.2000 – III ZR 305/98, WM 2000, 1548, 1549; Urteil vom 28.06.2005 – XI ZR 3/04, juris). Diese Beweiswirkung erstreckt sich auch darauf, ob eine bestimmte Behauptung bestritten ist oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 17.05.2000 – VII ZR 216/99, WM 2000, 1871, 1872 [BGH 17.05.2000 – VIII ZR 216/99]; Urteil vom 28.06.2005 – XI ZR 3/04, juris). Daher ist eine im Tatbestand des angefochtenen Urteils als unstreitig dargestellte Tatsache selbst dann, wenn sie in den erstinstanzlichen Schriftsätzen tatsächlich umstritten war, als unstreitig und als für das Berufungsgericht bindend anzusehen, wenn der Tatbestand nicht berichtigt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24.06.2010 – III ZR 277/09, juris; Urteil vom 06.06.2012 – VIII ZR 198/11, NJW 2012, 2659, Tz. 17; Urteil vom 18.07.2013 – III ZR 208/12, MDR 2013, 1115). So liegt es hier, so dass davon auszugehen ist, dass der vormalige Beklagte zu 1 die Geburtsleitung spätestens mit dem Erhöhen der Oxcytocindosis übernommen hat, da er insoweit eine eigenverantwortliche Entscheidung über den weiteren Fortgang des Geburtsvorganges getroffen hat.

Soweit der Sachverständige D davon ausgeht, der Beklagte zu 1 sei „spätestens ab Erkennen der Schulterdystokie“ für die Geburtsleitung verantwortlich und gegenüber der Beklagten zu 2 weisungsbefugt gewesen (S. 12 des Sachverständigengutachtens vom 8. Januar 2014, Bl. 400 d. A.), führt dies für die weitere Beurteilung zu keinem relevanten Unterschied.

3. Für den Zeitraum vor Übernahme der Geburtsleitung durch den Beklagten zu 1 ist ein Behandlungsfehler der Beklagten zu 2 nicht ersichtlich. Der Sachverständige D hat betont, dass die eingetretene Schulterdystokie „weder im Vorfeld der Geburt noch aus deren Verlauf heraus“ für die Beklagte zu 2 vorhersehbar gewesen ist (S. 6 des Sachverständigengutachtens vom 8. Januar 2014, Bl. 394 d. A.). Dem entspricht auch die Einschätzung des für den MDK A tätigen Gutachters B (S. 9 des MDK-Gutachtens vom 31. März 2009, Anlage K1, Bl. 27 d. A.). Auch die Klägerin erhebt keinen diesbezüglichen Vorwurf gegen die Beklagte zu 1. Ebenso wenig hat die Klägerin den Vorwurf erhoben, dass die Beklagte zu 2 den Beklagten zu 1 zu spät in den Kreißsaal gerufen habe.

4. Für den Zeitraum nach Übernahme der Geburtsleitung durch den Beklagten zu 1 wäre nach den oben zitierten Grundsätzen für eine Haftung der Beklagten zu 2 nur Raum, wenn die Beklagte zu 2 entgegen den Weisungen des Beklagten zu 1 behandlungsfehlerhaft gehandelt hätte (a) oder wenn sie gegenüber dem Beklagten zu 1 nicht remonstriert hätte, obwohl sie erkannte hatte oder hätte erkennen müssen, dass das Vorgehen des Beklagten zu 1 vollkommen regelwidrig und unverständlich ist (b). Dies ist jedoch nicht der Fall.

a. Der Senat ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Feststellung des Landgerichts gebunden, dass der Klägerin nicht der Beweis gelungen ist, dass die Beklagte zu 2 nach dem Auftreten der Schulterdystokie noch an dem Kopf der Klägerin gezogen hat.

Die sorgfältige Beweiswürdigung des Landgerichts auf den S. 6 bis 9 des angegriffenen Urteils, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Der Einwand der Klägerin, der Kindesvater sei in der Lage gewesen, das Geburtsgeschehen unproblematisch zu jedem Zeitpunkt zu überblicken, da seine Sichtmöglichkeiten entgegen der Annahme des Landgerichts nicht eingeschränkt gewesen seien, trägt keine andere Beurteilung.

Zum einen verkennt die Klägerin, dass sie selbst dann, wenn man zu ihren Gunsten davon ausginge, dass ihr Vater das Geburtsgeschehen unproblematisch zu jedem Zeitpunkt habe überblicken können, nicht den Beweis geführt hat, dass die Beklagte zu 2 nach dem Auftreten der Schulterdystokie noch an dem Kopf der Klägerin gezogen hat. Die von dem Landgericht angesprochenen Zweifel daran, ob der Kindesvater irrtumsfrei die Wahrheit berichtet hat, lassen sich selbst auf der Grundlage der genannten Annahme nicht überwinden.

Zwischen dem Ereignis und seiner Aussage liegen etwa vier Jahre. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass der Kindesvater an die Einzelheiten des Geburtsablaufs keine genaue Erinnerung mehr hatte. Er konnte etwa nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob der Beklagte zu 1 den Begriff Mc-Roberts-Manöver gebraucht hat, wie lange die Maßnahme gedauert hat und wie viele Mc-Roberts-Manöver vorgenommen worden seien. Seine Aussage steht zudem hinsichtlich der Reihenfolge nicht im Einklang mit dem unstreitigen Sachverhalt und den übrigen Beweismitteln. Der Kindesvater hat etwa bekundet: „Da war der Kopf auch auf einmal da. Meine Frau wollte sich noch umdrehen. Die Hebamme sagte ihr aber, sie müsse so liegen bleiben“ (S. 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2011, Bl. 250 d. A.). Nach dem unstreitigen Sachverhalt sowie der Aussage der Kindesmutter befand sich diese jedoch bereits in der Rückenlage, als der Kopf der Klägerin austrat. Nach der Erinnerung des Kindesvaters saß die Beklagte zu 2 bei dem von ihm wahrgenommenen Ziehen überdies vor der Kindesmutter (S. 8 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2011, Bl. 252 d. A.), während diese ausgesagt hat, die Hebamme habe vor ihr gestanden (a. a. O., S. 4, Bl. 248 d. A.).

Schließlich spricht die von dem Kindesvater verwendete Formulierung „Ich hatte aber das Gefühl, dass die Hebamme gezogen hat, obwohl der Körper nicht herauskam“ (S. 7 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2011, Bl. 251 d. A.) für eine gewisse – angesichts des Zeitablaufs durchaus nachvollziehbare – Unsicherheit des Kindesvaters über den exakten Geburtsablauf. Darüber hinaus hat der Kindesvater selbst bekundet, nicht die ganze Zeit den Blick auf den eigentlichen Geburtskanal gehabt zu haben (S. 7 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2011, Bl. 251 d. A.).

Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit seiner Aussage musste zudem auch der Umstand Berücksichtigung finden, dass der Kindesvater ein medizinischer Laie ist und sich als werdender Vater in einer außergewöhnlichen Stresssituation befunden hat; es liegt daher nahe, dass seine Wahrnehmungsfähigkeit signifikant eingeschränkt gewesen ist.

Es kommt hinzu, dass die Beklagte zu 2 in dem Zeitpunkt des Austritts des Kopfs nicht sofort mit dem Auftreten einer Schulterdystokie rechnen musste. Auch der Umstand, dass die Beklagte zu 2 es gemerkt hat, dass sich die Schulter verhakt hat, steht der positiven Diagnosestellung einer Schulterdystokie nicht gleich. Nach der gut nachvollziehbaren Einschätzung des Sachverständigen D ist eine Schulterdystokie auch für eine erfahrene Hebamme nicht sofort nach Geburt des kindlichen Kopfes erkennbar. Erst wenn nach zwei bis drei Wehen, in denen die Hebamme das kindliche Köpfchen zur Lösung der Schultern bewegt, die Geburt nicht weiter vorangeht, muss der Verdacht auf eine Schulterdystokie geäußert werden (S. 11 f. des Sachverständigengutachtens vom 8. Januar 2014, Bl. 399 f. d. A.). Sollte die Beklagte zu 2 also unmittelbar nach der Geburt des kindlichen Kopfes an diesem gezogen haben, so stellt dies bereits deswegen keinen Behandlungsfehler dar, weil zu diesem Zeitpunkt die Beklagte zu 2 noch nicht von dem Vorliegen einer Schulterdystokie ausgehen musste.

Nach alledem ist nicht auszuschließen, dass der Kindesvater die Unterstützung der Beklagten zu 2 mit einem Ziehen verwechseln hat.

Eine nochmalige Vernehmung des Kindesvaters ist nicht angezeigt. Eine Wiederholung einer in der ersten Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht für den Zeugenbeweis wie für die Parteivernehmung im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichtes (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 14.02.2009 – III ZR 145/07, juris). Dieses Ermessen kann auf Null reduziert sein, wenn das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit einer Auskunftsperson anders beurteilen will als die Vorinstanz (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2013 – V ZR 147/12, NJW 2014, 550, 551 f., m. w. N.). Gleiches gilt, wenn das Berufungsgericht den Sinn einer Aussage abweichend vom protokollierten Wortlaut oder mit anderem Gewicht werten will (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 21.03.2012 – XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704) oder wenn es die protokollierte Aussage einer Auskunftsperson für ergänzungs- oder präzisierungsbedürftig hält (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.1992 – II ZR 276/91, NJW-RR 1993, 510). Ein derartiger (Ausnahme-)Fall liegt hier jedoch offensichtlich nicht vor.

In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob die Beklagte zu 2 ihren Dokumentationspflichten (s. § 1 Abs. 2 Nr. 11 HebBO a. F.) vollständig nachgekommen ist. Im Streitfall geht es ja gerade um die Frage, ob die Beklagte zu 2 nach dem Auftreten der Schulterdystokie noch an dem Kopf der Klägerin gezogen hat. Hat sie dies nicht getan, musste sie es auch nicht dokumentieren.

Auch der Dokumentation des Beklagten zu 1 lässt sich kein hinreichend sicherer Schluss auf ein fachlich fehlerhaftes Ziehen am Kopf der Klägerin entnehmen. Danach hat der Beklagte zu 1 die Beklagte zu 2 aufgefordert, keine weiteren Versuche der Schulterentwicklung vorzunehmen. Ein weisungswidriges Verhalten der Beklagten zu 2 wurde hingegen nicht dokumentiert. Damit lässt sich der Dokumentation des Beklagten zu 1 bereits nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, dass die Beklagte zu 2 auch nach dem Auftreten der Schulterdystokie noch an dem Kopf der Klägerin gezogen hat. Im Übrigen darf bei der Bewertung der Dokumentation des Beklagten zu 1 nicht dessen Interesse aus dem Blick geraten, eine eigene Haftung zu vermeiden.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob eine Haftung der Beklagten zu 2 nach Übernahme der Geburtsleitung durch den Beklagten zu 1 bereits dann in Betracht gekommen wäre, wenn feststünde, dass die Beklagte zu 2 nach dem Auftreten der Schulterdystokie noch an dem Kopf der Klägerin gezogen hätte, oder ob eine solche Haftung erst dann eingriffe, wenn sie eine entsprechende Handlung entgegen der Anordnung des Beklagten zu 1 begonnen oder fortgesetzt hätte.

b. Auch die in der Berufungsbegründung erhobene Rüge der Klägerin, die Beklagte zu 2 habe ihrer Remonstrationspflicht nicht genügt, soweit der Beklagte zu 1 die Tropfgeschwindigkeit des Wehentropfes erhöht habe, greift nicht durch.

Zum einen muss der Senat nach § 314 ZPO davon ausgehen, dass der herbeigerufene Beklagte zu 1 um 11:45 Uhr „entgegen der Hinweise der deswegen schwere Schäden fürchtenden Beklagten zu 2“ die Oxcytocingabe auf 120 Tropfen pro Minute erhöht hat. Damit steht fest, dass die Beklagte zu 2 insoweit remonstriert hat. Soweit die Klägerin nunmehr wohl behaupten will, die Beklagte zu 2 habe nicht remonstriert, setzt sie sich im Übrigen in einen diametralen – und unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 ZPO nicht unproblematischen – Widerspruch zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen (vgl. etwa Bl. 122 d. A.).

Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf der Klägerin, die Beklagte zu 2 hätte die Klinikleitung einschalten müssen, ist nicht stichhaltig. Eine Haftung der Beklagten zu 2 wegen einer etwaigen Verletzung ihrer Remonstrationspflicht könnte nur dann in Betracht kommen, wenn diese Remonstration in der konkreten Situation eine Veränderung der Haltung des Beklagten zu 1 hätte bewirken können. Es wäre geradezu absurd, wenn man einer Hebamme ansinnen wollte, sie sollte im Falle eines fachlichen Konfliktes mit dem behandelnden Arzt im Kreißsaal während eines laufenden Geburtsvorganges (telefonisch?) die Klinikleitung einschalten.

Überdies hat der Sachverständige D in seinem Ergänzungsgutachten vom 2. März 2015 (Bl. 541 ff. d. A.) ausgeführt, der Beklagte zu 1 habe bei der massiven Erhöhung der Oxytocindosis nicht mit dem Risiko einer Schulterdystokie rechnen müssen. Es sei in hohem Maße unwahrscheinlich, dass eine zwar momentan sehr hohe, aber im Lichte des Applikationszeitraumes von wenigen Minuten (11:45 Uhr bis 11:51 Uhr) doch eher geringe Gesamtdosis von Oxytocin in der allerletzten Phase der Geburt der Klägerin noch einen verlaufsentscheidenden Einfluss gehabt habe (S. 5 des Ergänzungsgutachtens, Bl. 545 d. A.). Dieser überzeugend begründeten Einschätzung ist die Klägerin im Rahmen der ihr zur Stellungnahme gesetzten Frist nicht entgegengetreten. Von einem remonstrationspflichtigen Behandlungsfehler kann vor diesem Hintergrund keine Rede sein.

c. Die Rüge der Klägerin, der als Zeuge für ein Telefonat mit der Beklagten zu 2 benannte Rechtsanwalt RA2 sei vom Landgericht nicht vernommen worden, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Mit Anwaltsschriftsatz vom 29. November 2011 (Bl. 221 d. A.) hatte die Klägerin klargestellt, dass die Beklagte zu 2 gegenüber dem Zeugen RA2 keine eigenen Fehler zugestanden hat.

d. Der Umstand, dass die Beklagte zu 2 im Zeitpunkt des Geburtsgeschehens nicht über eine Berufshaftpflichtversicherung verfügt hat, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung. Nach den vorstehenden Ausführungen besteht bereits keine Haftung der Beklagten zu 2 dem Grunde nach, so dass es vollkommen irrelevant ist, ob sie für etwaige Behandlungsfehler versichert war oder nicht.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

6. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen sowie dieses Urteils findet seine Grundlage in den §§ 708 Nr. 10 Sätze 1 und 2, 711, 709 Satz 2 ZPO.

7. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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