OLG Frankfurt am Main, 16.03.2016 – 17 U 107/15

März 23, 2019

OLG Frankfurt am Main, 16.03.2016 – 17 U 107/15
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.04.2015 (Az.: 2-07 O 244/14) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 186.500,- € festgesetzt.
Gründe

Der Senat ist auch nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage davon überzeugt, dass die zulässige Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat sowie die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst vollumfänglich auf den ausführlichen Hinweisbeschluss des Senats vom 27.01.2016 Bezug genommen. Soweit der Kläger den dortigen Ausführungen entgegengetreten ist, führen diese Einwendungen nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

Die Widerrufsbelehrung entspricht in gestalterischer Hinsicht dem Deutlichkeitsgebot, da sie sich durch den schwarzen Rahmen vom übrigen Vertragstext abhebt. Ein vergleichbarer Rahmen findet sich an keiner anderen Stelle des Vertrages, so dass dem Adressaten die besondere Bedeutung der Widerrufserklärung hinreichend vor Augen geführt wird. Dass die Widerrufsbelehrung nur einen Teil der Seite 6 des Darlehensvertrages einnimmt, ist unter diesen Umständen nicht von Bedeutung. Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 21.05.2015, Az. 17 U 334/14, beruft, übersieht er, dass diese Entscheidung keine Widerrufsbelehrung, sondern eine Widerrufsinformation zum Gegenstand hat, und die Entscheidung überdies durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.02.2016, Az. XI ZR 549/14, überholt ist.

Wenn der Kläger erstmals im Schriftsatz vom 08.03.2016 geltend macht, die Widerrufsbelehrung sei im Hinblick auf den Fristbeginn auch deshalb fehlerhaft, weil die Beklagte nicht berücksichtigt habe, dass es sich bei dem Darlehensvertrag um einen Fernabsatzvertrag i. S. v. § 312d BGB a. F. handele, ist dieser Vortrag ungeachtet seiner Zulässigkeit (§ 531 ZPO) nicht entscheidungserheblich, da der Kläger nicht dargelegt hat, dass der Darlehensvertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen worden wäre. Derartige Umstände sind auch nicht ersichtlich. Die bloße Behauptung, es handele sich um einen Fernabsatzvertrag, ersetzt den erforderlichen Sachvortrag nicht.

Die Formulierung: „Ich kann/Wir können meine/unsere Vertragserklärung(en) innerhalb von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-mail) widerrufen“, genügt dem Deutlichkeitsgebot. Die Formulierungsalternativen beziehen sich ersichtlich auf Vertragsgestaltungen mit einem bzw. mehren Darlehensnehmern. Dass ein durchschnittlicher Darlehensnehmer aus der gewählten Formulierung den Schluss ziehen könnte, nicht nur ihm, sondern auch der Bank stehe ein Widerrufsrecht zu, ist angesichts des Umstands, dass der Widerruf nach S. 3 der Belehrung an die Bank zu richten ist, ausgeschlossen. Darauf hatte der Senat bereits hingewiesen.

Die Beklagte kann sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. berufen, wie der Senat im Hinweisbeschluss ebenfalls ausführlich begründet hat. Die darauf bezogenen Ausführungen des Klägers erschöpfen sich in einer Widergabe der von ihm zu Stützung seiner anderweitigen Auffassung herangezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auf die der Senat bereits eingegangen ist. Soweit der Kläger auf die Entscheidung des Senats vom 26. August 2015, Az. 17 U 202/14, juris, Bezug nimmt, beachtet er nicht, dass Gegenstand jener Entscheidung eine (echte) inhaltliche Bearbeitung der Widerrufsbelehrung war, während hier lediglich eine sprachliche Anpassung, die gerade keine inhaltliche Bearbeitung darstellt, in Rede steht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Zu den die Festsetzung des Gebührenstreitwerts tragenden Erwägungen hat der Senat bereits im Hinweisbeschluss Stellung genommen. Hierauf wird Bezug genommen.

Vorausgegangen ist unter dem 27.01.2016 folgender Hinweis (die Red.)

In dem Rechtsstreit …

Gründe

I.

wird der Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrags.

Der Kläger nahm als Verbraucher bei der Beklagten mit schriftlichem Vertrag vom 17.04.2007 unter der Darlehensnummer 1 ein Darlehen im Nennbetrag von 186.500,- € auf. Das Darlehen diente der Anschlussfinanzierung einer Immobilie und war mit 4,70 % p.a. verzinst. Das u.a. durch Grundpfandrechte gesicherte Darlehen war durch eine an die Beklagte abgetretene Lebensversicherung zu tilgen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf dessen Ablichtung (Anlage K 1) verwiesen.

Der Darlehensvertrag enthält die folgende, mit einem Rahmen versehene Widerrufsbelehrung:

Widerrufsrecht

Ich kann/Wir können meine/unsere Vertragserklärung(en) innerhalb von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: A … AG, Straße1, Stadt1, Telefax: …, E-Mail: …

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Kann ich/Können/wir die empfangenen Leistungen ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, muss ich/müssen/wir der A … AG insoweit ggf. Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass ich/wir die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen muss/müssen. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen muss ich/müssen wir innerhalb von 30 Tagen nach Absendung meiner/unserer Widerrufserklärung erfüllen.

Ende der Widerrufsbelehrung

Eine Unterschriftenzeile unmittelbar unter der Widerrufsbelehrung ist nicht vorgesehen. Es folgt vielmehr zunächst eine Regelung zur Befreiung der Beklagten vom Bankgeheimnis, eine SCHUFA-Klausel und die Annahmeerklärung.

Mit Schreiben vom 11.02.2014 (Anlage K 5) erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 20.02.2014 zurück und wurde sodann mit anwaltlichem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10.03.2014 unter Fristsetzung aufgefordert, der Rückabwicklung des Darlehensgeschäfts zuzustimmen.

Der Kläger führte das Darlehen im November 2014 zurück und zahlte unter Vorbehalt eine Vorfälligkeitsentschädigung sowie weitere Zinsen in Höhe von insgesamt 20.046,50 € an die Beklagte.

Der Kläger hat vorgetragen, die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft. Die Formulierung, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, widerspreche den gesetzlichen Vorgaben. Der Verbraucher könne aufgrund dieser Belehrung nicht erkennen, wann die Frist tatsächlich beginne. Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine etwaige Schutzwirkung durch Verwendung der Musterbelehrung der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a. F. berufen, da sie als Verwenderin der konkreten Musterwiderrufsbelehrung mehrfach gestaltend in die Formulierung eingegriffen habe. Nach der Rechtsprechung könne sich aber nur der Verwender auf diese Schutzwirkung berufen, der ein Formular verwende, welches inhaltlich und in der äußeren Gestaltung diesem vollständig entspreche. Dies sei bei der streitgegenständlichen Belehrung nicht der Fall. Die Widerrufsbelehrung hebt sich bereits nicht von dem übrigen Vertragstext ab. Der umlaufende Rahmen reiche nicht aus, wenn wie hier keine deutliche Hervorhebung etwa durch Sperrschrift bzw. Fett- oder Farbdruck erfolge. Im Übrigen habe die Beklagte die Belehrung inhaltlich verändert, indem sie statt in der vorgesehenen „Sie“-Form in der „Ich/Wir“-Form formuliert und in die Belehrung über die Widerrufsfolgen den Namen der Beklagten eingefügt habe. Zudem habe sie die Belehrung um den Satz: „Dies kann dazu führen, dass ich/wir die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen muss/müssen“, ergänzt.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger sei durch die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß belehrt worden. Die von der Beklagten verwendete Belehrung entspreche der damals geltenden Musterwiderrufsbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 BGB Info-V a. F. Dies habe der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main bereits entschieden. Im Übrigen sei ein eventuelles Recht zum Widerruf verwirkt. Jedenfalls sei die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich.

Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht rechtzeitig widerrufen. Wie der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Beschluss vom …2014 bereits entschieden habe, entspreche die Widerrufsbelehrung dem gesetzlichen Muster. Die Belehrung sei auch ausreichend hervorgehoben, indem sie mit einer fett gedruckten Überschrift und einem Rahmen versehen sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er trägt vor, die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspreche nicht der Musterbelehrung aus der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der vom 08.12.2004 bis 31.03.2008 gültigen Fassung. Neben der fehlerhaften Belehrung über den Fristbeginn entspreche die Belehrung nicht dem Deutlichkeitsgebot. Dass die Widerrufsbelehrung in einer Umrandung gefasst sei, sei für sich genommen nicht ausreichend, da die Schriftgröße der Widerrufsbelehrung kleiner sei als der übrige Vertragstext. Zudem habe die Beklagte Leerzeilen zwischen den einzelnen Überschriften gelöscht, so dass der Platzanteil der Widerrufsbelehrung auf einer Seite geringer ausfalle, als von der Musterbelehrung vorgesehen. Zwar seien die Überschriften der Widerrufsbelehrung fett gedruckt, dies betreffe jedoch auch andere Bestandteile des Darlehensvertrages. Schließlich könne sich die Beklagte auch nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen, da die von ihr verwendete Belehrung der Musterbelehrung gestalterisch und inhaltlich nicht vollständig entspreche. So habe die Beklagte eine gestalterische Bearbeitung vorgenommen, indem sie die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ aus der Umrandung herausgenommen habe. Zudem habe sie Leerzeilen gelöscht. Auch inhaltlich habe die Beklagte die Musterbelehrung einer Bearbeitung unterzogen. Statt der ersten Person Singular habe sie die erste Person Plural verwendet. Durch diese Änderung habe die Beklagte den Irrtum erweckt, die Belehrung ziele auf die Beklagte selbst ab. Zudem habe sie die Formulierung „zwei Wochen“ durch „2 Wochen“ ersetzt. Von einer marginalen Abweichung könne schon deshalb nicht die Rede sein, weil die Beklagte den Text durch die Löschung der Leerzeilen komprimiert habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 21.04.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-07 O 244/14,

wird festgestellt, dass der Kläger aus der Rückabwicklung des Immobiliendarlehensvertrages mit der Beklagten, Darlehensnummer 2, vom 17.04.2007 verpflichtet war, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 171.313,46 € zu bezahlen,

wird die Beklagte Zug um Zug aus der Rückabwicklung gem. Ziff. 1 zur Abgabe folgender Erklärung verpflichtet: „Die durch Abtretungserklärung des Klägers vom 17.04.2007 an die Beklagte abgetretenen Mietzinsforderungen aus dem Objekt …, Straße2, Stadt2, derzeitige Mieterin B, wird von der Beklagten an den Kläger rückabgetreten“,

wird die Beklagte Zug um Zug aus der Rückabwicklung gem. Ziff. 1 zur Abgabe folgender Erklärung verpflichtet: „Die im Grundbuch des Amtsgerichts Stadt1, Außenstelle Stadt3, von Stadt2, Bl. … in Abteilung … unter den laufenden Nummern … eingetragenen Grundschulden in Höhe von 92.543,83 €, mit 18 % Zinsen jährlich, 83.851,83 €, mit 18 % Zinsen jährlich rund 10.225,84 € mit 18 % Zinsen jährlich werden gelöscht“,

wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1580,85 € als Verzugsschaden nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen,

hilfsweise:

festzustellen, dass der zwischen den Parteien am 17.04.2007 geschlossene Darlehensvertrag, Nr. 2, durch den Widerruf des Klägers vom 11.02.2014 unwirksam geworden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags die angefochtene Entscheidung.

II.

Die zulässige Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senates in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht und eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Die landgerichtliche Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Der vom Kläger erklärte Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung ist unwirksam, weil die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB) zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs bereits abgelaufen war.

Die Frist hat gem. § 355 Abs. 2 BGB mit der Zurverfügungstellung eines Exemplars des Darlehensvertrages und der Widerrufsbelehrung begonnen. Zwar ist die Belehrung fehlerhaft, da ein Verbraucher durch die in einer Widerrufsbelehrung verwendete Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB a. F. maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist belehrt wird (vgl. BGH v. 15.08.2012, Az. VIII ZR 378/11, Juris Rn. 9; BGH v. 01.03.2012, Az. III ZR 83/11, Juris Rn. 15; BGH v. 02.02.2011, Az. VIII ZR 103/10, Juris Rn. 14). Allerdings kann sich die Beklagte auf § 14 Abs. 1 BGB-InfoV i. V. m. der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung (a. F.) berufen. Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. gilt die Belehrung als den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F. genügend, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. in Textform verwandt wird. Die Gesetzlichkeitsfiktion greift auch dann ein, wenn das Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F. an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht genügt (BGH v. 18.03.2014, Az. II ZR 109/13, Juris Rn. 15). Es reicht aber nicht aus, dass die Belehrung hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist – wie hier – mit der entsprechenden Formulierung des Musters für die Widerrufsbelehrung übereinstimmt. Die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV besteht nur dann, wenn ein Formular verwendet wird, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (vgl. BGH v. 10.02.2015, Az. II ZR 163/14, Juris Rn. 8; BGH v. 18.03.2014, Az. II ZR 109/13, Juris Rn. 15; BGH v. 01.12.2010, Az. VIII ZR 82/10, Juris Rn. 15). Greift der Unternehmer in den Mustertext selbst ein, kann er sich schon deshalb unabhängig vom konkreten Umfang der Änderung auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht mehr berufen (BGH v. 01.03.2012, Az. III ZR 83/11, Juris Rn. 17). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Veränderungen wesentlich sind oder sich negativ auf Verständlichkeit der Belehrung auswirken. Maßgeblich ist allein, ob der Unternehmer den Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat (vgl. BGH v. 10.02.2015, Az. II ZR 163/14, Juris Rn. 8; BGH v. 18.03.2014, Az. II ZR 109/13, Juris Rn. 18). Geringfügige Anpassungen, wie etwa diejenige der Formulierung des Fristbeginns an das Gesetz (vgl. hierzu BGH v. 20.11.2012, Az. II ZR 264/10, Juris Rn. 6), bleiben allerdings möglich (Senat, Beschluss vom 10. August 2015 – 17 U 194/14 -, Juris Rn. 24; OLG Frankfurt v. 29.12.2014, Az. 23 U 80/14, Juris Rn. 17).

Nach diesem Maßstab entspricht die hier vorliegende Widerrufsbelehrung in Wortwahl, Satzbau und Gestaltung der Musterbelehrung. Indem die Beklagte die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ über die Umrandung gesetzt, die Leerzeilen weggelassen und im Text der Belehrung statt der vorgesehenen Anredeform eine persönliche Form aus der Sicht des Unterzeichnenden gewählt sowie das Zahlwort „zwei“ durch die Ziffer „2“ ersetzt hat, liegt darin weder eine gestalterische noch eine inhaltliche Bearbeitung im o.g. Sinne.

Ebenso wie die Verwendung der Ziffer „2“ anstelle des Zahlwortes „zwei“ stellt die Verwendung der persönlichen Anrede aus der Sicht des Unterzeichnenden („Ich kann/Wir können ….“) anstelle der in der Musterbelehrung vorgesehenen Anrede („Sie können….“) eine lediglich geringfügige sprachliche Anpassung dar. Auch die Höflichkeitsform „Sie“ wird in der dritten Person Plural gebildet und kann sich ebenso auf mehrere Personen beziehen. Der sprachliche „Perspektivwechsel“ dient nur der sprachlichen Einpassung der Belehrung in den umstehenden, aus Verbrauchersicht formulierten Text (ebenso OLG Frankfurt, Urteil vom 07.07.2014 – 23 U 172/13, Juris Rn. 41; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.05.2015 – 23 U 204/14, Juris Rn. 20). Er birgt auch keine Verwechslungsgefahr in dem Sinne, dass der Verbraucher meinen könnte, der Unternehmer besitze selbst das Widerrufsrecht. Der Unternehmer würde sich nicht selbst förmlich belehren und käme auch nicht als Widerrufsadressat der eigenen Erklärung in Betracht (OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. Mai 2015 – 23 U 204/14 -, Rn. 23, juris).

Der Umstand, dass die Beklagte die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ über die Umrahmung der Widerrufsbelehrung gesetzt hat, ist schon deshalb unerheblich, weil die Überschrift kein Bestandteil der Belehrung ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.2011, Az. I ZR 123/10, juris Rn. 25). Abgesehen handelt es sich nur um eine geringfügige gestalterische Abweichung.

Indem die Beklagte die in der Musterbelehrung gesetzten Leerzeilen vor und nach den Zwischenüberschriften weggelassen hat, ist sie lediglich vom Format der Musterbelehrung abgewichen und hat damit von der nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV bestehenden Anpassungsmöglichkeit Gebrauch gemacht.

Anders als der Kläger meint, genügt die von der Beklagten gewählte Gestaltung der Widerrufsbelehrung dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. Das Deutlichkeitsgebot erfordert u.a., dass die Belehrung dem Verbraucher die Rechtslage unübersehbar zur Kenntnis bringt. Die Belehrung muss sich daher innerhalb einer einheitlichen Vertragsurkunde aus dem übrigen Vertragstext drucktechnisch deutlich herausheben (BGH v. 23.06.2009, Az. XI ZR 156/08, Juris Rn. 24). Dies ist hier aber der Fall. Die Belehrung ist durch die Umrahmung und die vergrößerte und fettgedruckte Überschrift auffällig hervorgehoben. Sie ist zudem den weiteren auf Blatt 6 der Vertragsurkunde abgedruckten Erklärungen vorangestellt, so dass sie schlechterdings nicht übersehen werden kann, zumal sie von der Schriftgröße nicht hinter diesen Erklärungen zurückbleibt. Dass die Überschrift außerhalb des Rahmens steht, ist unschädlich und erhöht eher die drucktechnische Hervorhebung (ebenso OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. Mai 2015 – 23 U 204/14 -, Rn. 32, juris).

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Senat dem Kläger zur Vermeidung einer Zurückweisung der Berufung durch einen unanfechtbaren Beschluss, dessen Begründung sich in einer Bezugnahme auf diesen Hinweisbeschluss erschöpfen könnte, eine Rücknahme der Berufung in Erwägung zu ziehen. Eventuellem neuen Sachvortrag setzt die Zivilprozessordnung enge Grenzen. Eine Zurücknahme der Berufung hätte – abgesehen von den ohnehin anfallenden Anwaltskosten – eine deutliche Reduzierung der Gerichtskosten zur Folge, da die Verfahrensgebühren für das Berufungsverfahren im Allgemeinen von vier auf zwei Gerichtsgebühren halbiert würden.

Der Senat beabsichtigt, den Gebührenstreitwert auf 186.500,- € festzusetzen, da Gegenstand des Rechtsstreits u.a. die für das Darlehen bestellten Sicherheiten sind.

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