OLG Frankfurt am Main, 07.10.2015 – 19 W 58/15

März 28, 2019

OLG Frankfurt am Main, 07.10.2015 – 19 W 58/15
Tenor:

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Streitwertbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. August 2015 – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen – wie folgt abgeändert:

Der Streitwert wird auf 120.800,- € festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe

Gegenstand des Rechtsstreits war das klägerische Begehr, die Unwirksamkeit zweier mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträge infolge Widerrufs festzustellen. Das Verfahren endete durch den Abschluss eines Vergleichs. Dieser enthielt unter anderem die Regelung, dass die Kläger 10 % der Kosten des Rechtsstreits einschließlich jener des Vergleichs zu tragen hätten, die Beklagte 90 %.

Durch Beschluss vom 19. August 2015 setzte das Landgericht den Streitwert auf 151.000- € fest; dies entsprach der Summe der ursprünglichen Valuta beider Darlehensverträge.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 24. August 2015 zugegangenen Streitwertbeschluss hat die Beklagte durch Schriftsatz vom 31. August 2015, eingegangen am 4. September 2015, Beschwerde eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Streitwert auf lediglich 81.000- € festzusetzen sei, nämlich den Wert der (bei Klageerhebung) noch offenen Darlehensvaluta.

Die Kläger teilen die Rechtsauffassung der Beklagten.

Durch Beschluss vom 29. September 2015 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wird der Mindestwert des Beschwerdegegenstands von 200- € (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG) erreicht. Dies folgt bereits aus der Höhe des von der Beklagten zu tragenden Anteils der Gerichtsgebühren. Berechnet aus einem Streitwert von 151.000- € betrüge dieser 1.247,40 €, aus einem Streitwert von 81.000,- € dagegen 815,40 €. Allein diese Differenz beläuft sich demgemäß auf 432-€.

2. Die Beschwerde ist indes nur teilweise begründet. Das Landgericht hat bei der Festsetzung des Streitwerts zutreffend den Wert der ursprünglichen Darlehensvaluta zugrunde gelegt. Allerdings war hierbei ein Abschlag von 20 % vorzunehmen.

a) Gemäß § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO ist bei Streitigkeiten über den Bestand eines Rechtsverhältnisses, hier: zweier Darlehensverträge, der Gebührenstreitwert von dem Gericht nach freiem Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist in soweit das (wirtschaftliche) Interesse der Kläger an dem Erfolg ihrer Klage. Vorliegend begehren die Kläger Feststellung, dass – aufgrund Widerrufs ihrer entsprechenden Vertragserklärungen – die beiden zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensverträge nicht mehr bestehen, und dass die Vertragsverhältnisse daher gemäß § 357 i. V. m. den §§ 346 ff. BGB rückabzuwickeln seien.

Dieses Feststellungsinteresse berührt beide Darlehensverhältnisse in deren Gesamtheit. Denn anders als die Kündigung beseitigt der Widerruf den Vertragsschluss ex tunc; an die Stelle des Darlehensvertrages tritt ein neues Rechtsverhältnis eigener Art, nämlich ein Rückabwicklungs-Schuldverhältnis gemäß § 346 BGB. Streitgegenstand sind die beiden Darlehensverträge hiernach nicht nur soweit, wie die aus ihnen herrührenden Zahlungsansprüche noch nicht bedient waren, sondern in ihrem gesamten Bestand. Der Senat hält deshalb an seiner Rechtsprechung fest, wonach in derartigen Fällen für die Streitwertberechnung die ursprüngliche Nettovaluta anzusetzen ist, nicht lediglich deren noch nicht zurückgezahlter Teil (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. Februar 2015 – 19 W 60/14 -, juris; ebenso OLG Hamburg, Beschluss vom 17. Juli 2015 – Az. 6 W 25/15 -, juris, unter Hinweis auf BGH VuR 2015, 306 [BGH 07.04.2015 – XI ZR 121/14] zu einer ähnlichen Fallgestaltung).

Entgegen der von dem Oberlandesgericht Köln geäußerten Auffassung (OLG Köln, Beschluss vom 18. November 2014 – 13 W 50/14-, juris) folgt aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kein anderes Ergebnis. Denn die insoweit in Bezug genommene Entscheidung vom 25. Februar 1997 (BGH MDR 1997, 591 [BGH 25.02.1997 – XI ZB 3/97]) verhält sich gerade nicht zu der Feststellung der Unwirksamkeit eines Darlehensvertrages nach Widerruf, sondern aufgrund einer Kündigung. Da diese jedoch lediglich ex nunc wirkt und, anders als der Widerruf, das Vertragsverhältnis gerade nicht rückwirkend beendigt, ist der Streitwert bei einer solchen Konstellation zutreffend auf die Höhe der noch offenen Darlehensvaluta festzusetzen.

b) Jedoch ist von dem Betrag der Gesamt-Valuten ein Abschlag von 20 % vorzunehmen, da nicht Leistungs-, sondern Feststellungsklage erhoben wurde (vgl. Zöller/Herget, 30. Aufl., § 3 ZPO, Rn. 16, Stichwort „Feststellungsklagen“). Anders als von dem Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zugrunde gelegt, kann auf diesen Abschlag nicht etwa deshalb verzichtet werden, weil vorliegend negative Feststellungsklage erhoben worden wäre. Denn die Klage ist nicht lediglich darauf gerichtet, das Nichtbestehen einer Rückzahlungsverpflichtung festzustellen, vielmehr zielt sie auf die (positive) Feststellung ab, das Vertragsverhältnis sei in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt. In Fällen dieser Art bemisst sich der Streitwert daher nur mit 80 % der ursprünglichen Valuta (ebenso OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. Februar 2015 – 19 W 60/14 -, juris; OLG Hamburg, Beschluss vom 17. Juli 2015-Az. 6 W 25/15). Hieraus ergibt sich ein Betrag von 0,8 x 151.000- = 120.800-€.

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