OLG Frankfurt am Main, 30.09.2015 – 4 U 67/15

März 28, 2019

OLG Frankfurt am Main, 30.09.2015 – 4 U 67/15
Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 3) gegen das Teilurteil des Landgerichts Hanau – 1. Zivilkammer – vom 31.03.2015 wird auf der Grundlage von § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Das Urteil des Landgerichts wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Der Beklagte zu 3) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 31.460,– € festgesetzt.
Gründe

I.

Der Kläger verlangt von dem Beklagten zu 3), einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Edelsteine und Diamanten, Zahlung von Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Zusammenhang mit der Erstellung zweier Wertgutachten für letztlich von dem Kläger erworbene Farbdiamanten.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Hinweisbeschluss des Senates vom 18.08.2015 Bezug genommen. Der Beklagte zu 3) hat hierzu mit Schriftsatz vom 24.09.2015, wegen dessen Inhalts auf Bl.609 ff.d.A. verwiesen wird, Stellung genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten zu 3) ist zulässig, hat in der Sache nach einstimmiger Überzeugung des Senats jedoch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg und ist deshalb auf der Grundlage von § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 18.08.2015 Bezug genommen.

Die Stellungnahme des Beklagten zu 3) mit Schriftsatz vom 24.09.2015 rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Der Senat hält an seiner bereits im Hinweisbeschluss geäußerten Einschätzung fest, dass der Beklagte zu 3) bei der Erstellung der beiden Gutachten leichtfertig und gewissenlos gehandelt hat. Dabei stellt die Fehlerhaftigkeit der von ihm gefertigten Gutachten sowie die Größenordnung, um welche die Bewertung des Beklagten zu 3) von der nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellten zutreffenden Höhe des Einzelhandelsverkaufspreises abweicht, ein gewichtiges Indiz für die Tatsache dar, dass der Beklagte zu 3) nachlässig gehandelt oder gar Angaben „ins Blaue hinein“ gemacht hat. Den Beklagten zu 3) trifft die sekundäre Darlegungslast dafür, auf welcher Grundlage er zu den von ihm angegebenen Preisen gekommen ist. Es handelt sich hierbei um allein in seiner Kenntnis liegende Tatsachen, welche von dem Kläger erst widerlegt oder entkräftet werden können, wenn der Beklagte zu 3) sie einmal mitgeteilt hat. Er ist dieser sekundären Darlegungslast jedoch bis zuletzt nicht nachgekommen, sondern verweist auch in seinem Schriftsatz vom 24.09.2015 wiederum nur darauf, dass er die Steine auf Grundlage einer Marktanalyse bewertet habe, wobei er anhand von Preislisten diverser Händler ähnliche Steine ermittelt und die zu begutachtenden dann in ein Preisgefüge eingeordnet habe. Er legt aber nicht dar, welche Preislisten welcher Händler er verwendet haben will, welche Angaben dort enthalten und welche Steine dort mit welchem Preis aufgeführt gewesen sein sollen, so dass dem Kläger die Möglichkeit genommen ist, den Nachweis zu erbringen, dass die Arbeitsweise des Beklagten zu 3) in einem Maße unsorgfältig war, die den Rückschluss auf eine leichtfertige Erledigung des Gutachtenauftrags und eine Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Adressaten des Gutachtens zulässt. Entsprechende Anhaltspunkte für die Arbeitsweise des Beklagten zu 3) lassen sich auch nicht aus dem Inhalt der Gutachten entnehmen, welche jeweils nur aus einem Satz bestehen und allein das Ergebnis, nicht aber die Vorgehensweise des Sachverständigen und die verarbeiteten Erkenntnisse mitteilen. Auf diese Weise kann nur von dem mangelhaften Arbeitsergebnis auf die unsorgfältige Arbeitsweise geschlossen werden, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass der Beklagte zu 3) jegliche Darlegungen zu seiner Arbeitsweise und den von ihm gewonnenen Erkenntnissen unterlässt.

Gleiches gilt für den Vorsatz des Beklagten zu 3). Da mangels entsprechender Darlegungen nicht ersichtlich ist, weshalb er aus seiner Sicht habe davon ausgehen dürfen, die von ihm in den Gutachten angegebenen Gewinnspannen seien realistisch, stellt die grobe Fehlerhaftigkeit der Bewertung des Einzelhandelsverkaufspreises im Vergleich zu dem vom Beklagten zu 3) im Wesentlichen zutreffend ermittelten Händlereinkaufspreis das entscheidende Indiz dafür dar, dass er entweder gar keine Ermittlungen angestellt oder entgegen besseren Erkenntnissen zu hohe Werte angegeben hat.

Soweit der Beklagte zu 3) sich damit verteidigt, dass die Gutachten von ihm gerade nicht dazu erstellt worden seien, um einen Preis zu ermitteln, der von einem Privatanleger für die Steine gezahlt werden soll, vermag dies angesichts der Tatsache nicht zu überzeugen, dass der jeweilige Einzelhandelsverkaufspreis in den Gutachten ausgewiesen wurde. Hierbei handelt es sich auch nach dem Vortrag des Beklagten zu 3) um denjenigen Preis, den eine Privatperson in einem Juweliergeschäft für den betreffenden Stein zu bezahlen hat. Somit wird gerade eine Aussage über denjenigen Preis, den Privatpersonen im Einzelhandel zu bezahlen haben, getroffen. Der Beklagte zu 3) kann sich ferner nicht erfolgreich darauf berufen, er habe nie damit gerechnet, dass die Gutachten einem Privatanleger vorgelegt würden. Dies ist für die Annahme des Vorsatzes nicht erforderlich. Ausreichend ist vielmehr, dass er wusste, dass die Gutachten gegenüber Dritten Verwendung finden konnten. Dies war auch nach seinem eigenen Vorbringen der Fall.

Der Senat hält weiterhin an seiner bereits im Hinweisbeschluss geäußerten Rechtsauffassung fest, dass dem Kläger kein Mitverschulden gemäß § 254 BGB vorzuwerfen ist. Dem Beklagten zu 3) ist nicht vorzuwerfen, dass er mit seinen unzutreffenden Gutachten dem Kläger vermittelt habe, die Steine könnten als Kapitalanlage geeignet sein, sondern dass der Kläger mittels ihrer über den Wert der Steine getäuscht wurde. Angesichts der Vorlage von Wertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen kann dem Kläger nicht der Vorwurf gemacht werden, dass er auf diese vertraut und nicht eine eigene Expertise über den Wert eingeholt hat.

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Eine mündliche Verhandlung erscheint unter Berücksichtigung von Umfang und Schwierigkeitsgrad der Sache sowie ihrer Bedeutung für die Parteien nicht geboten.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils beruht auf § 708 Nr. 10 S. 2 ZPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Streitwertes auf §§ 3 ZPO, 47 GKG.

(Vorausgegangen ist unter dem 18.08.2015 folgender Hinweis – die Red.)

In dem Rechtsstreit …

weist der Senat darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung auf der Grundlage von § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

I.

Der Kläger verlangt von dem Beklagten zu 3), einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Edelsteine und Diamanten, Zahlung von Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Zusammenhang mit der Erstellung zweier Wertgutachten für letztlich von dem Kläger erworbene Farbdiamanten.

Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Teil-Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage gegen den Beklagten zu 3) unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 31.460 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.12.2009 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten zu 3) nach § 826 BGB erfüllt seien. Die beiden von ihm erstellten Gutachten vom 29.04.2004 und 16.11.2007 seien grob unrichtig. Zwar sei nicht zu beanstanden, dass er den Wert der Steine auf Basis der jeweiligen Einzelhandelsverkaufspreise festgestellt habe. Diese seien von ihm aber krass unrichtig zu hoch festgestellt worden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in erster Instanz stehe fest, dass sich der Einzelhandelsverkaufspreis aus dem Großhandelspreis nebst Gewinnsaufschlag und Mehrwertsteuer errechne, wobei der Gewinnsaufschlag/Kalkulationsmarge 40-70 %, ausnahmsweise auch 100 % betrage. Auf der Basis der seitens des Beklagten zu 3) selbst ermittelten Großhandelspreise unter Einrechnung eines Gewinnsaufschlag von 70 % und der Hinzurechnung der Mehrwertsteuer ergebe sich für die Steine ein Einzelhandelsverkaufspreis von rund 16.000 € bzw. 11.500 €, während er in den Gutachten, welche dem Kläger vor dem Kauf vorgelegt worden seien, die Steine mit 44.000 bis 46.000 € bzw. 22.700 bis 23.300 € bewertet habe. Zwar sei es möglich, dass die Wertbemessung von Diamanten nicht auf den Cent genau erfolgen könne, hier gehe es aber nicht um geringfügige graduelle Abweichungen, sondern um massive Fehleinschätzungen. Die Abweichungen seien so auffallend, dass nur eine vorsätzliche Falschbewertung oder grob oberflächliche Arbeitsweise das erklären könne. Die von dem Beklagten zu 3) nach dem Kauf der Steine durch den Kläger in Auftrag gegebenen Gutachten zeigten, dass er durchaus in der Lage sei, richtige Werte zu ermitteln. Die von ihm festgestellten Großhandelsverkaufspreise lägen sowohl im Rahmen dessen, was durch das Bundeskriminalamt und den gerichtlich bestellten Sachverständigen A ermittelt worden sei, als auch im Rahmen der tatsächlich von der Beklagten zu 1) gezahlten Einkaufspreise. Ferner folge aus den Angaben des Sachverständigen A, dass es für Diamanten dieser Art und Güte keinen eigentlichen Markt und keine Nachfrage im Modemarkt gebe, sondern er seit den neunziger Jahren Begutachtungen solcher Diamanten eigentlich nur im Rahmen der Wertanlage und Spekulationsgeschäften kenne. Von daher sei es mit Händen zu greifen, dass der Beklagte zu 3) bei Beauftragung zur Erstellung eines Gutachtens mit dem Auftrag, den Wiederbeschaffungswert auf Basis des Einzelhandelsverkaufspreises anzugeben, habe erkennen müssen, dass es dem Auftraggeber um den Auswurf eines möglichst hohen Wertes gegangen sei und er dem nachgekommen sei, um sich langfristig Gutachtenaufträge und damit Einnahmen zu sichern. Ihm müsse dabei bewusst gewesen sein, dass die ausgewiesenen Werte als richtig festgestellt angesehen werden würden. Aufgrund der Tatsache, dass Wertgutachten über Edelsteine regelmäßig auch nur benötigt würden, um Dritten den Wert nachzuweisen, müsse ein Gutachter zudem davon ausgehen, dass sie angefertigt werden, um sie Dritten vorzulegen, und sie von diesen zur Grundlage einer Entscheidung über Vermögensdispositionen gemacht werden. Sittenwidrig erscheine dabei, dass der Auskunfterteilende aufgrund des Expertenstatus besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nehme, selbst aber nicht im Mindesten den an einen Experten zu richtenden Maßstäben genüge.

Im Rahmen von § 828 BGB habe der Beklagte zu 3) den Kläger so zu stellen, wie er stünde, wenn die Wertermittlung richtig gewesen wäre. In diesem Fall hätte der Kläger die Steine nicht zu dem angebotenen Preis, sondern nur zu einem dem richtig ermittelten Einzelhandelsverkaufspreis entsprechenden Wert gekauft. Zu Lasten des Beklagten zu 3) gehe daher die Differenz zwischen dem richtigen und dem falschen Wert. Der Beklagte zu 3) habe den Kläger auf diese Weise hinsichtlich des einen Steins um 19.960 € und hinsichtlich des zweiten Steines um 11.500 € geschädigt.

Gegen das dem Beklagten zu 3) am 08.04.2015 zugestellte Urteil hat er am 13.04.2015 Berufung eingelegt und diese am 12.05.2015 begründet. Er verfolgt seinen Klageabweisungsantrag aus der ersten Instanz weiter und rügt, dass das Landgericht zu Unrecht aufgrund der Tatsache, dass es die beiden streitgegenständlichen Gutachten des Beklagten zu 3) für falsch halte, eine Haftung nach § 826 BGB bejaht habe. Dies reiche für die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung jedoch gerade nicht aus. Die Ausführungen des Landgerichts seien zudem insofern widersprüchlich, als es einerseits zu Recht festgestellt habe, dass es Konstellationen gebe, bei denen der Wiederbeschaffungswert der Diamanten auf der Grundlage der Einzelhandelsverkaufspreise sinnvollerweise begutachtet werde, zum Beispiel in Versicherungsangelegenheiten, es aber andererseits zu Lasten des Beklagten zu 3) davon ausgehe, dass solche Aufträge nur in betrügerischer Absicht erteilt würden, was er habe erkennen müssen. Dabei habe das Landgericht auch nicht berücksichtigt, dass der Beklagte zu 3) das Gutachten nicht für einen der anderen Beklagten dieses Rechtsstreits erstellt habe, sondern für Dritte, die nicht an betrügerischen Handlungen beteiligt waren. Er greift weiterhin die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Das Gutachten des Sachverständigen A sei nicht überzeugend. Entgegen dessen Ausführungen habe die Finanzkrise massive Auswirkungen auf den weltweiten Diamantmarkt gehabt. In den Industrienationen sei es damals zu einem ganz erheblichen Einbruch beim Absatz von Diamanten gekommen. Insgesamt seien die Preise im Zuge der Finanzkrise um über 30 % eingebrochen. Darüber hinaus begründe der Sachverständige seine Auffassung nicht näher, dass bei der Berechnung des Wiederbeschaffungswertes anhand des Einzelhandelsverkaufspreises lediglich Aufschläge zwischen 30 % und 100 % zuzüglich Mehrwertsteuer auf die Großhandelspreise branchenüblich seien. Das Gutachten liefere insbesondere keine Grundlage für die Annahme, dass die Kalkulationsspanne in Einzelfällen wie hier nicht auch deutlich höher sein könne. Weiterhin habe das Landgericht keine Ausführungen zum subjektiven Tatbestand des § 826 BGB gemacht. Dem Beklagten zu 3) könne ein leichtfertiges und gewissenloses Verhalten nicht vorgeworfen werden. Auch hier habe das Landgericht unzutreffend aus der Fehlerhaftigkeit des Gutachtens auf ein leichtfertiges und gewissenloses Verhalten des Beklagten zu 3) geschlossen. Es habe zur Arbeitsweise des Beklagten zu 3) keinerlei Feststellungen getroffen. Insbesondere habe es die Besonderheiten bei der Wertermittlung von Diamanten nicht berücksichtigt, bei denen es kein typisiertes Analyseverfahren oder wissenschaftlich objektivierte Untersuchungsverfahren gebe, sondern die Bewertung nicht unwesentlich Ausfluss der auf persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen basierenden Sachkunde des jeweiligen Sachverständigen sei. Eindeutige Wertermittlungen seien bei Diamanten im Unterschied zu Edelmetallen wie beispielsweise Gold nicht möglich. Letzteres werde zu einem bestimmten Preis an der Börse gehandelt. Bei Diamanten, die als Geldanlage ohnehin ungeeignet seien, bestimme sich der Preis dagegen alleine danach, was Verkäufer und Käufer miteinander vereinbaren. Ein Wertgutachten diene daher lediglich als Indikator für den Wert eines Steines. Jedenfalls seien aber die Gutachten des Beklagten zu 3) nie dazu gedacht gewesen, einen Preis zu ermitteln, der von einem Privatanleger wie dem Kläger gezahlt werden müsse, um den begutachteten Stein zu erwerben. Sie werfen vielmehr den Wiederbeschaffungswert aus, der beispielsweise für eine Versicherung oder im Rahmen einer Auktion relevant sei. Der Wiederbeschaffungswert sei derjenige Betrag, den der Endkunden beim Juwelier im Geschäft zahlen müsse, es sei daher der denkbar höchste Marktpreis. Dem Beklagten zu 3) könne rein denklogisch schon deswegen kein bedingt vorsätzliches Verhalten vorgeworfen werden, da für die begutachteten Steine unstreitig gar kein Markt bestehe und sie als Kapitalanlage für Privatanleger vollkommen ungeeignet seien. Er habe daher gerade nicht damit rechnen müssen, dass auf Grundlage seiner Arbeit die Steine an einem Privatanleger veräußert werden. Das Landgericht habe weiterhin keine Ausführungen zur haftungsbegründenden Kausalität gemacht, welche seiner Auffassung nach nicht vorliege. Der Kläger sei Opfer eines serienmäßigen Anlagebetruges geworden. Er sei darüber getäuscht worden, dass die von ihm gekauften Diamanten zur Kapitalanlage ungeeignet gewesen seien und dass für ihn keine Möglichkeit zum gewinnbringenden Weiterverkauf derselben bestanden hätten. Die Gutachten des Beklagten zu 3) seien für die Entstehung des Schadens nicht ursächlich gewesen, sondern die betrügerischen Handlungen der Beklagten zu 2), 4) und 5). Schließlich habe das Landgericht ein Mitverschulden des Klägers an der Schadensentstehung nicht berücksichtigt. Er ist der Auffassung, dass dieses in einem solchen Maße überwiege, dass dahinter eine etwaige Haftung des Beklagten zu 3) vollständig zurücktreten müsse.

II.

Die Berufung des Beklagten zu 3) gegen das Teil-Urteil des Landgerichts Hanau vom 31.03.2015 ist zwar zulässig, hat in der Sache nach Überzeugung des Senats jedoch keine Aussicht auf Erfolg.

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

1. Das Landgericht ist ohne Rechtsfehler aufgrund der überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen A zu dem Ergebnis gekommen, dass die beiden von dem Beklagten zu 3) erstellten Wertgutachten vom 29.04.2004 und 16.11.2007 grob fehlerhaft sind, weil sie, ausgehend von den sowohl vom Beklagten zu 3) als auch von dem BKA und dem Sachverständigen A im Wesentlichen übereinstimmend jeweils festgestellten Großhandelsverkaufspreisen, weit überhöhte Einzelhandelsverkaufswerte ausweisen. Die Angriffe des Beklagten zu 3) gegen das Gutachten vermögen nicht zu überzeugen. Der Sachverständiger A hat hierzu ausgeführt, dass nach seiner Erfahrung Aufschläge zwischen 30 % und maximal 100 % bei dieser Preisklasse für Diamanten branchenüblich seien, ferner sei den Netto-Großhandelspreisen noch die Umsatzsteuer hinzuzurechnen. Dies deckt sich im Wesentlichen mit den Ermittlungen des BKA. Auch der Beklagte zu 3) hat selbst ausgeführt, dass die Aufschläge vom Großhandelseinkaufswert bis zum Verkaufswert im Einzelhandel im Einzelfall 100 % betragen können. Er hat zwar weiterhin behauptet, dass in besonderen Fällen bis zu 400 % und mehr aufgeschlagen werden würden, jedoch nicht dargelegt, beim Vorliegen welcher besonderen Voraussetzungen Aufschläge in dieser Größenordnung vorkommen und weshalb hier ein solcher Fall gegeben sein soll. Insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass unstreitig für Diamanten der vorliegenden Art für Privatpersonen kein real zugänglicher Markt besteht und nach den Ausführungen des Sachverständigen A die beiden vom Beklagten zu 3) begutachteten Steine aufgrund der geringen Qualität keine Verwendung bei der Schmuckherstellung oder auch nur für Reparaturzwecke finden, ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher besonderen Umstände diese Steine mit einer Gewinnspanne im Einzelhandel im Vergleich zum Großhandelspreis verkauft werden sollten, welche ein Mehrfaches über dem Üblichen liegt.

Die weitere Einwendung des Beklagten zu 3), dass der Sachverständige ohne nähere Erläuterung behaupte, die Finanzkrise habe keinen Einfluss auf den Handelswert von Diamanten gehabt, ist ebenfalls nicht begründet. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 10.05.2014 vielmehr ausgeführt, dass ihm von extremen Verwerfungen am Diamantenmarkt in der Zeit von 2004 bis Mai 2008 nichts bekannt sei, allerdings der Devisenkurs des US-Dollars zum Euro im Mai 2008 niedriger gelegen habe als 2004, diese nominale Verbilligung von ca. 15 % jedoch durch moderate Preissteigerungen während dieser Zeit ausgeglichen worden sei. Es seien zwar Preisrückgänge für Diamanten während der folgenden Finanzkrise zu beobachten gewesen, für Steine der hier vorliegenden Qualitäten aber kaum relevant.

2. Nach dem unstreitigen Sachverhalt ist ferner davon auszugehen, dass der Beklagte zu 3) bei der Erstellung der beiden Gutachten leichtfertig und gewissenlos gehandelt hat.

Der Beklagte zu 3) weist zwar zu Recht darauf hin, dass es für die Haftung eines Sachverständigen nach § 826 BGB allein nicht ausreicht, dass er ein fehlerhaftes Gutachten erstattet hat. Erforderlich ist vielmehr, dass der Sachverständige sich etwa durch nachlässige Ermittlungen zu den Grundlagen seines Auftrags oder gar durch „ins Blaue“ gemachte Angaben der Gutachtenaufgabe leichtfertig entledigt und damit eine Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Adressaten des Gutachtens und den in seinem Informationsbereich stehenden Dritten an den Tag gelegt hat, die angesichts der Bedeutung, die das Gutachten für deren Entschließungen hatte, und die von ihm in Anspruch genommenen Kompetenz als gewissenlos bezeichnet werden muss (BGH Urteil vom 24.09.1991, NJW 1991, 3282 ff, [BGH 24.09.1991 – VI ZR 293/90] juris Rn. 20). Im vorliegenden Fall ist jedoch weder von dem Beklagten zu 3) dargetan noch sonst ersichtlich, auf welcher Grundlage er – ausgehend von den übereinstimmend durch das BKA, den Sachverständigen A und ihm selbst ermittelten Großhandelsverkaufspreise – zu den von ihm angegebenen Einzelhandelsverkaufspreisen gekommen ist. Zwar hat der Beklagte zu 3) erstinstanzlich vorgetragen, dass er seiner Wertermittlung eine Marktanalyse zu Grunde lege. Anhand der Angebots- und Preislisten von zahlreichen Anbietern ermittle er ähnliche und vergleichbare Steine und ordne den zu bewertenden Stein in das Preisgefüge ein. Angesichts der Tatsache, dass es aber auch nach seinem eigenen Vortrag für Diamanten der vorliegenden Art für Privatpersonen real keinen zugänglichen Markt gibt, ist nicht ersichtlich, wie der Beklagte zu 3) im vorliegenden Fall zu der berechtigten Annahme gekommen sein will, dass für die von ihm begutachteten Steine nicht die übliche Gewinnspanne von bis zu 100 % zu Grunde zu legen ist, sondern ausnahmsweise eine solche von fast 500% (Stein HRD Nr. 1) bzw. weit über 300% (Stein IGI Nr. 2). Dies gilt umso mehr, als der Beklagte nach seinen eigenen Darlegungen in den letzten Jahren mehr als 3.000 farbige Steine für den Handel zertifiziert haben will und als er die Darlegungen des Sachverständigen A, dass dieser Farbdiamanten seit den 1990er Jahren nur im Rahmen von Wertanlagen- und Spekulationsgeschäften begutachtet habe, als lediglich persönliche Erfahrung, nicht aber als allgemeinverbindlich bezeichnet hat. Der Vorwurf des Beklagten zu 3) an das Landgericht, dieses habe es unterlassen, sich mit der Arbeitsweise des Beklagten zu 3) auseinanderzusetzen, geht deshalb ins Leere, weil er keine substantiierten Darlegungen zu seinem Vorgehen bei der Erstellung der beiden streitgegenständlichen Gutachten gemacht hat.

3. Der Beklagte zu 3) hat mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Hierfür reicht es aus, wenn er mit einer Kenntniserlangung von seinen unrichtigen Gutachten durch Dritte gerechnet hat, eine dadurch verursachte Schädigung des Dritten für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat (BGH Urteil vom 24.09. 1991, NJW 19 91,3282 ff., juris Rn. 24).

Zwar hat der Beklagte zu 3) unstreitig die beiden streitgegenständlichen Gutachten nicht für einen der anderen Beklagten des hiesigen Rechtsstreits, welche an dem Betrug zulasten des Klägers beteiligt waren, erstellt, sondern das Gutachten vom 19.04.2004 für einen Kunden in Ungarn und das Gutachten vom 16.11.2007 für die Firma B GmbH, welche den begutachteten Stein sodann an die Beklagte zu 1) veräußerte. Nach seinem eigenen Vortrag war sich der Beklagte zu 3) jedoch darüber bewusst, dass seine Gutachten Dritten, z.B. Versicherungen, zum Nachweis des Wertes der Steine vorgelegt werden. Zudem handelt es sich bei der Firma B GmbH um einen Großhändler für Diamanten, so dass davon ausgegangen werden muss, dass der Beklagte zu 3) jedenfalls auch damit gerechnet hat, dass diese Firma das Wertgutachten nicht nur einer Versicherung, sondern gegebenenfalls auch einem Käufer weitergibt, sei es auch nur deswegen, damit dieser für Versicherungszwecke nicht noch ein neues Gutachten einholen muss. Gleiches gilt für den Stein, der Gegenstand der Begutachtung vom 16.04.2004 ist. Es liegt nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass ein einmal erworbener Stein weiterveräußert wird. Weiterhin liegt es auf der Hand, dass ein eventueller Käufer sich bei den Wertvorstellungen für den Stein von dem Inhalt der von dem Beklagten zu 3) erstellten Wertgutachten beeinflussen lässt. Nicht erforderlich ist, dass der Beklagte zu 3) die konkrete Vorstellung hatte, dass die Wertgutachten zu einer Täuschung eines Kapitalanlegers verwendet werden.

4. Die von dem Beklagten zu 3) erstellten Wertgutachten waren jedenfalls mitursächlich für die Kaufentscheidung des Klägers. Die Gutachten wurden ihm von dem Beklagten zu 2) vor dem Kauf der Diamanten gezeigt, um die von ihm gemachten Wertangaben gegenüber dem Kläger zu unterstützen. Die Tatsache, dass der Kläger zudem noch über die generelle Geeignetheit der Diamanten als Anlageobjekte getäuscht wurde, lässt die Haftung des Beklagten zu 3) nicht entfallen.

5. Dem Kläger fällt kein mitwirkendes Verschulden nach § 254 BGB zur Last. Der Kläger hatte nach seinem Vortrag vor der Kaufentscheidung noch keine Kenntnis davon, dass der Erwerb von Diamanten als Kapitalanlage ungeeignet ist und es für Privatpersonen keinen zugänglichen Markt zur Weiterveräußerung von Diamanten gibt. Diese Kenntnis ist ihm ernst durch die nach dem Kauf bekannt gewordenen Ermittlungen im Rahmen des Strafverfahrens gegen die Beklagten vermittelt worden. Zwar konnte der Kläger erkennen, dass die Wertgutachten des Beklagten zu 3) nur Auskunft über die jeweiligen Einzelhandelsverkaufspreise geben, jedoch war ihm gerade nicht bekannt, dass dieser Wert für ihn mangels eines funktionierenden Marktes für Privatverkäufe keine Relevanz hatte. Zudem durfte er darauf vertrauen, dass sich die angegebenen Einzelhandelspreise jedenfalls an einer realistischen Gewinnmarge, ausgehend von den Großhandelsverkaufspreisen, orientieren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Kläger der wertvollere der beiden, von dem Beklagten zu 3) begutachteten Steine, als Schnäppchen zu 69 % des vermeintlichen Wertes verkauft wurde.

III.

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Eine mündliche Verhandlung ist auch unter Berücksichtigung von Umfang und Schwierigkeitsgrad der Sache sowie ihrer Bedeutung für die Parteien nicht geboten.

Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesen Hinweisen binnen 2 Wochen.

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