OLG Frankfurt am Main, 18.08.2015 – 3 U 31/15

März 28, 2019

OLG Frankfurt am Main, 18.08.2015 – 3 U 31/15
Leitsatz:

Diese Motivation ist vom Gesetzgeber für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 BGB schlechthin nicht vorgesehen. Die nachträgliche Berufung auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung Jahre nach dem Darlehensvertragsschluss, nach Inanspruchnahme der Darlehensvaluta und jahrlanger Rückzahlung der Darlehensvaluta allein zur Durchsetzung günstigerer Zinskonditionen stellt sich im Sinne von § 242 BGB als unzulässige Rechtsausübung dar.
Tenor:

In dem Rechtsstreit

wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Kläger durch Beschluss nach § 522 II ZPO zurückzuweisen.

Nach Vornahme der gemäß § 522 I und II ZPO gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil.
[Gründe]

I.

Die Kläger verlangen die Rückabwicklung zweier Darlehensverträge, die sie in den Jahren 2006 und 2009 mit der beklagten Bank unter Verwendung von Fernkommunikation abgeschlossen haben. Sie berufen sich dabei auf einen im Jahr 2014 erklärten Widerruf, den sie für rechtzeitig halten, weil die von der Beklagten gegebene Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß gewesen sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil verwiesen, mit dem das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen hat, die Kläger könnten sich nicht auf das Recht zum Widerruf berufen, weil die Widerrufsbelehrung zum zweiten Darlehensvertrag ordnungsgemäß sei und der Beklagten wegen des ersten Darlehensvertrages die Schutzwirkung von Anlage 2 zu § 14 BGB Info-V zugutekomme. Darüber hinaus sei der Widerruf der Kläger rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB, weil es ihnen nur darum gehe, in den Genuss von günstigeren Darlehenskonditionen zu kommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihr Klagebegehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiterverfolgen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger kann in der Sache keinen Erfolg haben. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsangriffe können dieses Ergebnis nicht infrage stellen.

Wie das Landgericht ist auch der erkennende Senat der Auffassung, dass die Berufung der Kläger auf das Recht zum Widerruf der beiden Darlehensverträge rechtsmissbräuchlich ist.

Das Widerrufsrecht von Verbraucherverträgen nach § 355 BGB soll den Verbraucher vor vertraglichen Bindungen schützen, die er möglicherweise übereilt und ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen ist (vgl. Palandt/Grüneberg BGB § 355 Rn 3 mit weiteren Nachweisen).

Aus dem vorgerichtlichen Schreiben der Kläger vom 10.2.2014 (Anlage K 6 = Bl. 27 d.A.) ergibt sich, dass die Kläger eine von ihnen für möglich gehaltene Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrungen dazu benutzen wollen, die ursprünglich mit der Beklagten ausgehandelten Darlehenskonditionen, die im Laufe der Zeit für sie ungünstig geworden sind, nachträglich durch bessere Konditionen zu ersetzen.

Diese Motivation ist vom Gesetzgeber für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 BGB schlechthin nicht vorgesehen. Die nachträgliche Berufung auf eine – vermeintlich – fehlerhafte Widerrufsbelehrung Jahre nach dem Darlehensvertragsschluss, nach Inanspruchnahme der Darlehensvaluta und jahrlanger Rückzahlung der Darlehensvaluta allein zur Durchsetzung günstigerer Zinskonditionen stellt sich im Sinne von § 242 BGB als unzulässige Rechtsausübung dar.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob das Widerrufsrecht der Kläger auch daran scheitert, dass sich die Beklagte – soweit die Widerrufsbelehrungen gegen das Deutlichkeitsgebot verstoßen – auf die Schutzwirkung von Anlage 2 zu § 14 BGB Info-V berufen kann, wie das Landgericht meint.

Den Klägern bleibt nachgelassen, zum beabsichtigten Vorgehen binnen zweier Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Es wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren in nicht unerheblicher Höhe vermieden werden können.

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