OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.08.2020 – 21 W 105/20

November 24, 2020

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.08.2020 – 21 W 105/20

Zur Höhe der Nachlasspflegervergütung nach § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB
Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 29. Mai 2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2) trägt der Beteiligte zu 1).

Der Beschwerdewert wird auf 310 € festgesetzt.
Gründe

I.

Die am XX.XX.2019 zuletzt in Stadt1 wohnhafte Erblasserin war geschieden und hatte einen vorverstorbenen Sohn, dessen Tochter am 15. Juli 2019 vor dem Amtsgericht Kassel die Ausschlagung der Erbschaft erklärt hat. Eine Verfügung von Todes wegen hinterließ die Erblasserin nicht.

Mit Beschluss vom 22. August 2019 bestellte das Nachlassgericht den Beteiligten zu 1) zum Nachlasspfleger und stellte die Berufsmäßigkeit der Amtsausübung fest. Der Wirkungskreis des Nachlasspflegers umfasste die Ermittlung der Erben sowie die Verwaltung des Nachlasses.

Mit Schreiben vom 12. März 2020 hat der Beteiligte zu 1) die Festsetzung seiner Gebühren auf 1.950,11 € beantragt. Er ist dabei von einem Zeitaufwand von insgesamt 1.035 Minuten ausgegangen und hat bei der Pflegschaft einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad angenommen. Den angemessenen Stundensatz hat der Beteiligte zu 1) mit 95,00 € netto veranschlagt. Zwar habe das Oberlandesgericht im Jahr 2017 einen Stundensatz von 80,00 € für angemessen erachtet. Der Betrag sei jedoch nicht statisch zu verstehen, sondern unterliege einer regelmäßigen Anpassung, die jedenfalls jetzt aufgrund der erheblichen Erhöhung der nach dem Betreuungsvergütungsgesetz zu zahlenden Stundensätze bei vermögenslosen Nachlässen geboten sei.

Die vom Nachlassgericht bestellte Verfahrenspflegerin, die Beteiligte zu 2), ist dem Antrag mit Blick auf den geltend gemachten Stundensatz entgegengetreten.

Das Nachlassgericht hat sodann mit dem angefochtenen Beschluss die Vergütung auf 1.642,20 € festgesetzt und die Beschwerde zugelassen (Bl. 77 d. A.). Weder die Einstufung der Pflegschaft als mittelschwer noch der geltend gemachte Zeitaufwand seien zu beanstanden. Jedoch sei lediglich ein Stundensatz von 80 € angemessen. Eine Erhöhung des bisherigen Stundensatzes aufgrund der Vergütungsanhebung bei mittellosen Nachlässen sei nicht veranlasst, da die vorangegangene Anhebung der Stundensätze nach dem Betreuervergütungsgesetz über 14 Jahre zurückliege, die vom Beschwerdeführer angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts hingegen deutlich jüngeren Datums sei.

Gegen die ihm am 5. Juni 2020 (Bl. 81 d. A.) zugestellte Entscheidung hat der Beteiligte zu 1) mit am 2. Juli 2020 beim Nachlassgericht eingegangenem Schriftsatz (Bl. 85 ff. d. A.) Beschwerde eingelegt und begehrt, die Vergütung wie beantragt festzusetzen. Eine Erhöhung des Stundensatzes von 80,00 € auf 95,00 € sei aufgrund der Änderung der Sätze bei mittellosen Nachlässen geboten. So habe das Oberlandesgericht Frankfurt am Main bereits im Jahr 2013 einen Stundensatz von 100,00 € für Tätigkeiten im Jahr 2012 für angemessen erachtet. Zwar habe das Beschwerdegericht in einer späteren Entscheidung insoweit eine Differenzierung vorgenommen, als ein Satz von 100,00 € nur im Ballungsraum Frankfurt am Main angemessen sei. Eine Differenzierung in der Vergütungshöhe abhängig von dem Kanzleisitz sei jedoch nicht zu rechtfertigen. Eine solche Unterscheidung finde im Gesetz keine Grundlage, da nach §§ 1915 Abs. 1 Satz 2, 1836 Abs. 1 BGB nur nach dem Umfang und dem Schwierigkeitsgrad der Pflegegeschäfte zu differenzieren sei. Zudem sei nicht allein auf den Ballungsraum abzustellen, da die Kosten des Nachlasspflegers etwa auch durch die Größe der Anwaltssozietät bestimmt werde. Die Kostenlast größerer Sozietäten würden sich deutlich von denen kleinerer Praxen unterscheiden. Schließlich werde auch von anderen Oberlandesgerichten bei der Vergütungshöhe nicht zwischen unterschiedlichen Gerichtssprengeln differenziert.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Der zulässigen Beschwerde bleibt der Erfolg versagt. Die vom Nachlassgericht auf 1.642,20 € festgesetzte Vergütung begegnet keinen Bedenken.

1. Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die einmonatige Beschwerdefrist gewahrt und kommt es auf die Erreichung des Beschwerdewertes aufgrund der Zulassung des Rechtsmittels nicht an.

2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, da für die vom Beschwerdeführer begehrte Heraufsetzung der Stundensätze für eine Pflegschaft durchschnittlichen Schwierigkeitsgrades außerhalb des Ballungsraumes Frankfurt am Main von 80,00 € auf 95,00 € netto auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Beteiligten zu 1) keine Veranlassung besteht.

a) Die Vergütungsfestsetzung erfolgt gemäß § 168 Abs. 5 FamFG entsprechend § 168 Abs. 1 bis 4 FamFG. Die Nachlasspflegschaft ist eine Unterart der Pflegschaft, so dass über die Verweisung des § 1915 BGB die Regeln für die Vormundschaft entsprechend gelten. An die Stelle des Familien-/Betreuungsgerichts tritt gemäß § 1962 FamFG das Nachlassgericht. Gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB richtet sich bei berufsmäßiger Führung der Nachlasspflegschaft die Vergütung grundsätzlich nach dem Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG). Für die Vergütung gilt § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG, wonach bei Mittellosigkeit der Nachlasspfleger die wegen berufsmäßiger Führung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VBVG zu bewilligende Vergütung aus der Staatskasse verlangen kann. Die Vergütungshöhe richtet sich beim mittellosen Nachlass nach § 3 Abs. 1 bis 3 VBVG. Hiervon abweichend bestimmt sich gemäß § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB bei einem vermögenden Nachlass die Höhe der zu bewilligenden Vergütung nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte. Kommt es hierbei darauf an, ob dem Nachlasspfleger eine Vergütung nach den Sätzen für vermögende Nachlässe zusteht oder ob der Nachlass als gemäß § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB als mittellos anzusehen ist, so dass sich die Vergütungshöhe nach den Sätzen des § 1 Abs. 1 bis 3 VBVG richtet, beurteilt sich dies nach dem Nachlassbestand zum Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraums (vgl. Senat vom 29.06.2018, 21 W 75/18, FamRZ 2019, 393, juris Rn. 16, BayObLG NJW-RR 2000, 1392 Rn. 21 ff.).

b) Bei der Bemessung des Stundensatzes für die Pflegschaft eines hier vorliegenden bemittelten Nachlasses ist zu berücksichtigen, dass nach Ansicht des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/4874, S. 27) die Stundensätze des VBVG (im Normalfall nunmehr 39,00 € für einen Rechtsanwalt – § 3 Abs. 1 Nr. 2 VBVG) zu unangemessen niedrigen Vergütungen des Nachlasspflegers führen können und so die Bereitschaft zur Übernahme der Pflegschaft mindern (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 2020, § 1960 Rn. 23; Höger in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, 2020, § 1960 Rn. 23). Sie sind daher bei einem Rechtsanwalt und auch sonst bei entsprechender Qualifikation des Pflegers in der Regel deutlich zu überschreiten. Da kein schutzwürdiges Interesse des Erben besteht, dass der Nachlasspfleger Leistungen zu einem besonders günstigen Stundensatz erbringt, ist der Stundensatz regelmäßig so zu bemessen, dass der Rechtsanwalt eine kostendeckende Vergütung erhält (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 14. Juni 2013 – 6 W 397/12 -, zitiert nach juris Rn. 11 m.w.N.).

Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob ein Ballungsraum betroffen ist, in dem ein Rechtsanwalt höhere Kosten für den Betrieb seines Büros (Miete, Löhne) aufwenden muss (vgl. Senat, Beschluss vom 24.04.2015 – 21 W 45/15, juris; OLG Schleswig FamRZ 2012, 1903; OLG Jena, Beschluss vom 14. Juni 2013 – 6 W 397/12 -, zitiert nach juris Rn. 13; Höger in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, 2020, § 1960 Rn. 25).

Das Kriterium der Schwierigkeit der Pflegschaft ist zudem durch eine Staffelung von einfacher, mittelschwerer und schwieriger Abwicklung zu berücksichtigen. Der Vergütungssatz bestimmt sich nach grundsätzlich festen Sätzen, die diesen Schwierigkeitsstufen zugeordnet sind.

Kriterien, die es rechtfertigen, von einer schwierigen Pflegschaft auszugehen, können das Auftauchen komplexer Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Abwicklung des Nachlasses bzw. der Erbenermittlung (z.B. Erben im Ausland, schwierige Urkundenlage), größere Haftungsgefahren bei großem, differenziert angelegtem Vermögen, problematische Immobilien, Gesellschaftsanteile, Auslandsvermögen, ausstehende Steuererklärungen, Verbindlichkeiten in erheblichem oder unübersichtlichem Umfang, Wertpapieranlagen, die Verwaltung nicht hinterlegungsfähigen Vermögens (Mietshaus, Handelsgeschäft) oder etwa die Beteiligung des Erblassers an einer Erbengemeinschaft sein (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 14. Juni 2013 – 6 W 397/12 -, zitiert nach juris Rn. 15 m.w.N.; ihm folgend Senat, Beschluss vom 27.01.2014 – Az. 21 W 54/13, unveröffentlicht).

Den Normalfall einer mittelschweren Abwicklung stellt ein Nachlass dar, der sich aus Bargeld, Bankguthaben und beweglichem Vermögen zusammensetzt und nicht in ungewöhnlichem Maße mit Verbindlichkeiten belastet ist (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 14. Juni 2013 – 6 W 397/12 -, zitiert nach juris Rn. 15 m.w.N.; ihm folgend Senat, Beschluss vom 27.01.2014 – Az. 21 W 54/13; Beschluss vom 24.04.2015 – Az. 21 W 45/15, juris).

Von einer einfachen Pflegschaft kann man nur ausnahmsweise ausgehen, etwa wenn nur ein ganz geringer Nachlass vorhanden ist, der Wirkungskreis des Nachlasspflegers deutlich eingeschränkt ist oder der Nachlass vor Entfaltung einer umfangreichen Tätigkeit an die Erben herausgegeben werden kann, etwa weil im Zuge der Nachlasssicherung durch den Pfleger ein Testament aufgefunden wurde (vgl. Senat, Beschluss vom 26.10.2017 – 21 W 104/17 m.w.N., unveröffentlicht).

Nach diesen Grundsätzen kommt der Nachlasspflegschaft – wovon auch beide Beteiligte ausgehen – allenfalls ein mittlerer Schwierigkeitsgrad zu. Der Nachlassbestand umfasst keine nennenswerten Vermögensgegenstände. Auch die Abwicklung des Nachlasses hat sich weder mit Blick auf die Anzahl der Beteiligten noch unter dem Gesichtspunkt der zu erledigenden Geschäfte als überdurchschnittlich schwierig dargestellt. Dies findet seine Bestätigung auch in dem eher überschaubaren Zeit- und Tätigkeitsumfang von etwa 17 Stunden, der sich aus der von dem Nachlasspfleger dazu vorgelegten Auflistung (Bl. 62 d. A.) ergibt.

c) Für den konkreten Stundensatz der festzusetzenden Vergütung gelten nach der Rechtsprechung des Senats die folgenden Grundsätze:

Handelt es sich um den Ausnahmefall einer Nachlasspflegschaft einfachen Schwierigkeitsgrads, hält der Senat für den Ballungsraum Frankfurt am Main einen Stundensatz in Höhe von 70,00 € für angemessen (vgl. Senat, Beschluss vom 26.10.2017 – 21 W 104/17). Handelt es sich um eine Nachlasspflegschaft mittleren Schwierigkeitsgrads, sieht der Senat für im Bereich des Ballungsraums Frankfurt geführte Nachlasspflegschaften einen Stundensatz in Höhe von 100,00 € als angemessen an (vgl. Senat, Beschluss vom 24.04.2015 – 21 W 45/15, juris). Liegt eine Nachlasspflegschaft überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrades vor, ist dieser Betrag um 30,00 € auf 130,00 € zu erhöhen (vgl. Senat, Beschluss vom 16.09.2016 – 21 W 38/16, unveröffentlicht).

Hingegen ist ansonsten, also außerhalb des Ballungsraums Rhein-Main ein Stundensatz in Höhe von 80,00 € für eine Pflegschaft durchschnittlichen Schwierigkeitsgrades als angemessen anzusehen (vgl. Senat, Beschluss vom 07.12.2017 – 21 W 94/17; Beschluss vom 25.04.2018 – 21 W 20/18, jeweils unveröffentlicht). Handelt es sich um eine Pflegschaft überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrads, ist dieser Stundensatz für außerhalb des Ballungsgebiets Rhein-Main geführte Pflegschaften von 80,00 € auf 110,00 € heraufzusetzen; dies entspricht dem Aufschlag von 30,00 €, den der Senat bei überdurchschnittlicher Schwierigkeit auch für im Ballungsgebiet Frankfurt kanzleiansässige Nachlasspfleger als angemessen ansieht (vgl. Senat, Beschluss vom 25.04.2018 – 21 W 20/18).

Die höheren Vergütungssätze für die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main im Vergleich zu Kassel und Nordhessen sind deshalb gerechtfertigt, weil in ersterer u.a. ein deutlich höheres Mietniveau zu verzeichnen ist, welches zu höheren Kosten für den dortigen Betrieb einer Kanzlei führt als für eine Kanzlei mit Sitz außerhalb der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main. Der räumliche Bereich des Ballungsraums Rhein-Main ist dabei an der räumlichen Abgrenzung aus § 2 Abs. 1 MetropolG vom 08.03.2011 (GVBl. I 2011, 153) zu orientieren und erfasst allein die in diesem Bereich kanzleiansässigen Pfleger (vgl. Senat, Beschluss vom 07.12.2017 – 21 W 94/17; Senat, Beschluss vom 24.04.2015 – 21 W 45/15, juris).

d) Der Senat sieht auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Beteiligten zu 1) derzeit keine Veranlassung, von den vorstehenden Grundsätzen abzuweichen und insbesondere die Vergütungshöhe heraufzusetzen. Ob dies anders zu beurteilen sein wird, sofern – wie derzeit in der Diskussion – der Gesetzgeber die Gebührensätze für Rechtsanwälte nach dem RVG einer Anhebung unterzieht, bedarf zum jetzigen Zeitpunkt keiner Klärung.

aa) Die vorgenannten Vergütungssätzen sind weiterhin als angemessen anzusehen. Zutreffend weist der Beschwerdeführer zwar daraufhin, dass es sich bei den vorgenannten Vergütungssätzen um keine vollkommen starren, keinerlei Veränderungen unterliegenden Werte handelt. Vielmehr bedarf die Angemessenheit einer tendenziell in großzügig bemessenen Zeitabständen durchzuführenden Überprüfung, die sich nicht zuletzt an der Anpassung der Stundensätze für vergleichbare Tätigkeiten seitens des Gesetzgebers zu orientieren hat. Insoweit gibt die Erhöhung der Vergütungshöhe für die Pflegschaft mittelloser Nachlässe von 33,50 € auf 39,00 € Anlass für eine Überprüfung. Gleichwohl hält der Senat eine entsprechende Anpassung der derzeit gewährten Stundensätze für die Pflegschaft bemittelter Nachlässe für nicht sachgerecht.

Die vom Senat für angemessen erachteten Sätze entsprechen in etwa den in anderen OLG Bezirken zugesprochenen Stundensätzen, liegen jedenfalls nicht merklich darunter, sondern bewegen sich eher im oberen Drittel. Dies gilt auch mit Blick auf neuere Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 01.11.2018 – 1 W 144/16: 60,00 € bis 120,00 €; OLG Celle BeckRS 2018, 905: 130,00 € allenfalls ganz ausnahmsweise; OLG Saarbrücken NJW-RR 2015, 844: 125,00 € bei überdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad; OLG Karlsruhe, NJW 2015, 2051: 90,00 €; OLG Hamm FG Prax 2014, 165: 80,00 € bei einfachem Schwierigkeitsgrad, OLG Jena NJW-RR 2013, 1229: idR 33,50 € bis 115,00 €; vgl. ergänzend die Übersicht bei Höger in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB; 2020, § 1960 Rn. 25 mwNachw).

Dieser Befund entspricht der allgemeinen Wirtschaftslage. Eine inflationsbedingte, merkliche Kostensteigerung ist seit Jahren nicht zu verzeichnen. Vielmehr liegt die Inflationsrate deutlich unter dem von der Europäischen Zentralbank angesteuertem Zielkorridor von etwa 2 % p.a.. Demgemäß hat auch das Nachlassgericht in dem angefochtenen Beschluss festgestellt, dass eine merkliche Kostensteigerung in den letzten Jahren nicht zu verzeichnen gewesen sei, ohne dass der Beschwerdeführer dieser Feststellung entgegengetreten wäre. Gerade die derzeitige pandemiebedingte tiefe Rezession mit den damit verbundenen erheblichen Einkommenseinbußen weiter Berufsschichten spricht gegen eine Erhöhung der Stundensätze für die Pfleger bemittelter Nachlässe.

Darüber hinaus ist eine unmittelbare Koppelung der Vergütungssätze für die Pflegschaft mittelloser und bemittelter Nachlässe nicht geboten. Vielmehr entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, hier eine merkliche Differenzierung vorzunehmen, die auch nach der Erhöhung der Vergütungssätze nach dem Betreuervergütungsgesetz erhalten bleibt. Das vornehmlich mit der Differenzierung verfolgte Ziel, berufsmäßig handelnde Nachlasspfleger in ausreichender Anzahl zu gewinnen, bleibt weiterhin gewahrt. Jedenfalls sind dem Senat keine Schwierigkeiten der Amtsgerichte zur Kenntnis gelangt, qualifizierte Personen für die professionelle Übernahme von Nachlasspflegschaften zu den derzeitigen Stundensätzen zu gewinnen. Derartige Engpässe werden entsprechend auch von dem Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.

Ob eine neuerliche Überprüfung anlässlich der Umsetzung der diskutierten Erhöhung der Vergütungssätze nach dem RVG zu einer anderen Bewertung führt, bleibt abzuwarten.

bb) Darüber hinaus geben die Ausführungen der Beschwerde keine Veranlassung, von der bislang seitens des Senats vertretenen Differenzierung nach Ballungsräumen abzuweichen. Die damit verbundene Unterscheidung erweist sich trotz kritischer Stimmen in der Literatur (vgl. etwa Bestelmeyer, RPfleger 2015, 554) als sachgerecht. Zutreffend ist zwar, dass in § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB als Differenzierungskriterien für die Vergütungshöhe ausdrücklich nur die für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse des Pflegers sowie der Umfang und die Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte genannt sind. Unbestritten ist jedoch zugleich, dass hiermit das Ziel verfolgt wird, eine angemessene Vergütung zu sichern, mithin die genannte Aufzählung nicht abschließend zu verstehen ist. Dabei steht außer Zweifel, dass die angemessene Vergütung nicht zuletzt von den mit der Übernahme der Pflegschaft verbundenen Kosten beeinflusst wird. Diese Kosten wiederum differieren erheblich zwischen Ballungszentren wie dem Frankfurter Rheinmaingebiet und etwa Nordhessen, wie der Senat zuletzt im Beschluss vom 25. April 2018 (21 W 20/18) ausgeführt hat. Dass die Kostenstruktur der Pflegschaftsgeschäfte zudem von anderen Faktoren wie etwa der vom Beschwerdeführer angesprochenen Kanzleigröße bestimmt werden kann, dürfte zwar zutreffend sein. Im Gegensatz zur regionalen Anbindung des zu ernennenden Nachlasspflegers unterliegt die Kanzleigröße hingegen einer differenzierten Ausprägung, die vom berufsmäßig handelnden Nachlasspfleger und daran anknüpfend von dem die Ernennung durchführenden Nachlassgericht bewusst beeinflusst werden können, so dass eine unterschiedliche Vergütungshöhe insoweit zu ineffizienten Ergebnissen führen würde. Darüber hinaus ist auch mit Blick auf unbeeinflussbare Faktoren bereits aus Gründen der Handhabbarkeit nicht jeder Kostenunterschied zu berücksichtigen. Stattdessen ist – wie auch der vom Senat verfolgte Ansatz einer Orientierung an § 2 hess. MetropolG zeigt – eine nachvollziehbare Grenzziehung aus Gründen der Praktikabilität hinzunehmen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Insoweit sind Gründe, von der gesetzgeberischen Wertung, wonach der unterlegene Rechtsmittelführer in der Regel die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, nicht ersichtlich.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt, um eine Entscheidung auch der vorliegenden Sache zu ermöglichen.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 61 GNotKG. Sie richtet sich gemäß § 61 Abs. 1 GNotKG nach dem Wert der Interessen, denen das Rechtsmittel ausweislich des Antrags des Beschwerdeführers dient. Ziel des Antrags der Beteiligten zu 1) ist die Heraufsetzung seiner Vergütung von 1642,20 € auf 1.950,11 €. Aus der gerundeten Differenz ergibt sich der festgesetzte Beschwerdewert.

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