LG Bielefeld, Urteil vom 17.04.2007 – 20 S 123/06

Mai 5, 2021

LG Bielefeld, Urteil vom 17.04.2007 – 20 S 123/06

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 24.8.2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Halle/W. (2 C 11/05) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe

Gründe :

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO abgesehen.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt.

Hinsichtlich der ursprünglichen Klageanträge zu Ziff. 1) u. 2) vertritt der Kläger die Ansicht, das Amtsgericht hätte darüber Beweis erheben müssen, dass jedenfalls im Zeitpunkt der Klageerhebung eine Videoüberwachung seines Grundstücks und besonders geschützten Privatbereichs stattgefunden habe. Wenn auch zum Zeitpunkt des Ortstermins keine Überwachung des Grundstücks des Klägers mehr festgestellt worden sei, ändere dies jedoch nichts daran, dass der Beklagte das Grundstück des Klägers zumindest in der Vergangenheit bereits in unzulässiger Weise überwacht habe. Da der Beklagte dies auch keinesfalls eingeräumt, sondern die Überwachung des klägerischen Grundstücks permanent in Abrede gestellt und sich damit nicht einsichtig gezeigt habe, müsse er, der Kläger, damit rechnen, dass die Kameraeinstellungen jederzeit erneut so ausgerichtet werden könnten, dass wiederum sein Grundstück betroffen werde. Er meint, dass ihm daher ein Anspruch auf Unterlassung einer Videoüberwachung zustehe. Außerdem sei die vom Amtsgericht vorgenommene Rechtsgüterabwägung fehlerhaft, da von falschen Grundlagen ausgegangen worden sei. Der Kläger könne keinesfalls ohne weiteres feststellen, ob sein Grundstück nunmehr doch überwacht werde, da bereits geringfügige, mit bloßem Auge kaum feststellbare Änderungen der Einstellung ausreichten um die aufgezeigten Bildausschnitte entscheidend zu verändern, beziehungsweise zu vergrößern. Zum anderen bedürfe es keinesfalls einer Verstellung der Kameragehäuse, sondern es genüge eine Neuausrichtung der in dem feststehenden Kameragehäuse befindlichen, verstellbaren Kameras, was von außen nicht erkennbar sei. Derartige Veränderungen seien auch in der Vergangenheit bereits vom Beklagten vorgenommen worden, ohne dass dies für ihn, den Kläger, erkennbar gewesen sei. Auch sei das Amtsgericht fehlerhaft von einer besonderen Schutzbedürftigkeit des Beklagten ausgegangen, da es sich bei dem fraglichen Wohngebiet um ein sogenanntes Mischgebiet handele, in dem sich schon auf dem Grundstück des Klägers zwei Privatwohnungen befänden. Das Amtsgericht habe ferner verkannt, dass der Beklagte sein Grundstück auch dann hinreichend überwachen könne, wenn er die

Überwachungskameras auf Pfeilern an der entlang der Grenze verlaufenden Mauer installiere. Da bei jetzt bestehender Kameraausrichtung zumindest der Anschein einer Überwachung bestehe, so dass er sich subjektiv dem Risiko einer potentiellen Überwachung ausgesetzt sehe, habe er einen Anspruch auf komplette Entfernung der Kameras. Insoweit beantragt der Kläger nunmehr hilfsweise eine vollständige Entfernung der Kameras.

Hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags zu 3) ist der Kläger der Ansicht, das Amtsgericht habe verkannt, dass es sachgerecht und üblich sei, eine Einfriedigung in Form eines Maschendrahtzaunes mitten auf die Mauer zu setzen, da der Beklagte die Mauer unmittelbar entlang der Grenze errichtet habe. Es entspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben, bei den konkreten örtlichen Verhältnissen eine gemeinsame Einfriedigung wenige Zentimeter versetzt neben der Grundstücksgrenze zu errichten. Außerdem solle auch verhindert werden, dass bei Anbringung einer Einfriedigung an der zum Grundstück des Klägers liegenden Seite der Betonwand eine zusätzliche Gefahrenquelle geschaffen werde. Er meint, jedenfalls stehe ihm aber ein Anspruch auf Mitwirkung zur Errichtung einer ortsüblichen Einfriedigung entlang der Grenze in Höhe von 1,80 m bis 2 m zu und stützt hierauf einen weiteren, erstmals mit der Berufung geltend gemachten, Hilfsantrag.

Hinsichtlich des Klageantrags zu 4) ist der Kläger der Ansicht, das Amtsgericht habe verkannt, dass aus zwei großen Rissen mittlerweile Wasser auf das klägerische Grundstück dringe, was zu Rinnsalen und Pfützen führe und schon optisch eine nicht hinzunehmende Beeinträchtigung sei, da sich unter anderem grünliche und weißliche Abschwemmungen und Ablagerungen gebildet hätten, sowie eine Pilz- und möglicherweise auch Schimmelbildung erfolgt sei. Zur Veranschaulichung der gerügten Beeinträchtigungen hat der Kläger von ihm selbst gefertigte Fotos sowie ein von ihm in Auftrag gegebenes Privatgutachten des Dipl-Ing. B. vorgelegt, das ebenfalls Fotos enthält. Der Kläger meint, da sein Grundstück sowohl gewerblich als auch privat genutzt werde und die Art der Bebauung insgesamt hochwertig sei, wiege die in ihrem Ausmaß stets zunehmende optische und funktionale Grundstücksbeeinträchtigung aufgrund der Wasserrinnsale und Pfützen umso stärker. Er, der Kläger, befürchte durch den optischen Eindruck die Abschreckung von Kunden seines mit Fußbodenbeschichtungen befassten Unternehmens. Im übrigen rechtfertige bereits seine Sorge, dass Giftstoffe oder gesundheitsschädliche Keime austreten würden, welche aufgrund von Ausblühungen und Verfärbungen gerechtfertigt sei, einen Sanierungsanspruch. Es sei in keiner Weise zumutbar, dass er, der Kläger, sich subjektiv um die Gesundheit seiner dort spielenden Kinder sorgen müsse, weil der Beklagte eine marode Mauer gebaut habe. Hilfsweise zu seinem erstinstanzlichen Klageantrag gerichtet auf „Sanierung der Mauer“ beantragt er nun, den Beklagten zu verurteilen, dafür zu sorgen, dass kein Wasser mehr durch die Mauer tritt.

Im einzelnen beantragt der Kläger:

Das Urteil des Amtsgerichts Halle vom 24.8.2006 abzuändern und den Beklagten gem. den erstinstanzlich gestellten Klageanträgen zu verurteilen.

Ferner stellt er folgende Hilfsanträge:

1. Hilfsantrag zum Klageantrag zu 1):

Der Beklagte wird verurteilt, die in die Richtung des Grundstücks des Klägers ausgerichteten Überwachungskameras auf den Dachträgern des Gebäudes X zu entfernen.

2. Hilfsantrag zum Klageantrag zu 3):

Der Beklagte wird verurteilt, bei der Herstellung einer Einfriedigung des Grundstücks des Klägers in Y., entlang der Grenze zum Grundstück des Beklagten in X., mitzuwirken.

3. Hilfsantrag zum Klageantrag zu 4):

Der Beklagte wird verurteilt, dafür Sorge zu tragen, dass von seinem Grundstück in X. kein Wasser durch die entlang der Grundstücksgrenze zum Kläger verlaufende Betonwand auf das Grundstück des Klägers dringen kann.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Hilfsanträge abzuweisen.

Er wiederholt im wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag und bestreitet, dass die auf den vom Kläger gefertigten Fotos abgebildete Pfütze natürlichen Ursprungs ist.

II. Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Ebenso sind die erstmals in der Berufung gestellten Hilfsanträge zulässig, haben in der Sache aber keinen Erfolg.

1.

a. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Unterlassung aus §§ 1004, 823 BGB zu, das Grundstück des Klägers Y per Videoüberwachung aufzunehmen, da dem Kläger nicht der Beweis gelungen ist, dass ein rechtswidriger Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dadurch erfolgt, dass sein Grundstück von den Videokameras des Beklagten aufgenommen wird. Unstreitig zeigten die Kameras bei der Augenscheinseinnahme im Rahmen beider Ortstermine am 11.2.2005 und am 1.8.2006 nicht das Grundstück des Klägers. Der Kläger hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass der Beklagte die nur aufwändig manuell zu verstellenden Kameras nachträglich wieder umgestellt hat. Soweit der Kläger in der Berufung behauptet, in der Vergangenheit seien von dem Beklagten Veränderungen an der Stellung der Kameras innerhalb der feststehenden Gehäuse vorgenommen worden, jedenfalls bei Klageerhebung hätten die Kameras auch sein Grundstück aufgenommen, so ist auch dieses Vorbringen unsubstantiiert, da der Kläger in keiner Weise darlegt, woher er bzw. sein von ihm als Zeuge benannter Vater ihre Kenntnisse über angebliche Veränderungen beziehen. Da derartige Veränderungen von außen nicht wahrnehmbar sind, hätte der Kläger konkret darlegen müssen, aus welchen Umständen er auf eine derartige nachträgliche Veränderungen schließt.

b.

Auch der Hilfsantrag des Klägers zum Klageantrag zu Ziff. 1) war abzuweisen. Der erstmals in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag ist zwar zulässig gem. § 533 ZPO, weil er als sachdienlich anzusehen ist (§ 533 Nr. 1 ZPO) und auf Tatsachen gestützt wird, die ohnehin zu berücksichtigen sind (§ 533 Nr. 2 ZPO), der Antrag ist aber unbegründet, da dem Kläger kein Anspruch gegen den Beklagten auf Entfernung der in die Richtung des Grundstücks des Klägers ausgerichteten Überwachungskameras an den Dachträgern des Gebäudes X. aus einer entsprechenden Anwendung von §§ 1004, 823 BGB zusteht.

In der instanzgerichtlichen Rechsprechung wird zwar teilweise vertreten, dass schon die Anbringung von bloßen Kameraattrappen einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen kann, weil ein sog. „Überwachungsdruck“ erzeugt werde (LG Bonn NJW-RR 2005, 1067; LG Berlin, GE 1991, 405; AG Charlottenburg, MM 2004, 77; AG Aachen, NZM 2004, 339 [340]; AG Wedding, WuM 1998, 342).

Anders als die o.g. Instanzgerichte haben das LG Koblenz (NJW-RR 2006, 1200) und das LG Itzehoe (NJW-RR 1999, 1394) in vergleichbaren Fällen dagegen entschieden, dass die verbleibende theoretische Möglichkeit der mechanischen Veränderung der Kameraeinstellung von außen keine allgemeine Persönlichkeitsrechtsverletzung i.S. des § 823 Abs.1 BGB darstellt und von dem Grundstücksnachbarn in Abwägung mit dem berechtigten Interesse des Grundstückseigentümers an einer Überwachung seines Grundstücks, nachdem dort unstreitig zuvor mehrfach Sachbeschädigungen stattgefunden hätten, hinzunehmen ist. Das Recht am eigenen Bild schützt als allgemeines Persönlichkeitsrecht nur vor tatsächlich erfolgten missbräuchlichen Bildaufzeichnungen, nicht aber vor der bloßen Möglichkeit, unzulässige Abbildungen anzufertigen.

Die Kammer schließt sich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles der überzeugenden Argumentation des Landgerichts Itzehoe (aaO) an. Danach ist hinsichtlich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zwischen drei Sphären zu unterscheiden, innerhalb derer das Persönlichkeitsrecht betroffen sein kann: „Die Individualsphäre schützt das Selbstbestimmungsrecht und bewahrt die persönliche Eigenart des Menschen in seinen Beziehungen zur Umwelt, seinem öffentlichen, wirtschaftlichen, beruflichen Wirken. Die Privatsphäre umfaßt das Leben im häuslichen und Familienkreis und das sonstige Privatleben. Die Intimsphäre umfaßt die innere Gedanken- und Gefühlswelt mit ihren äußeren Erscheinungsformen wie vertraulichen Briefen, Tagebuchaufzeichnungen sowie die Angelegenheiten, für die ihrer Natur nach Anspruch auf Geheimhaltung besteht…“ (vgl. auch Palandt/Thomas, BGB, 66. Aufl. [1997], § 823 Rdnr. 87 m. Nachw. aus der Rspr.). Während die Intimsphäre unbedingt geschützt ist, muss die Individual- und Privatsphäre, die vorliegend als schützenswert in Betracht kommt, in Beziehung gesetzt werden zu den berechtigten Belangen desjenigen, der in diese Sphären eingreift.

Die Betroffenheit des Klägers in seiner Privatsphäre allein vermag daher nicht dazu zu führen, wegen der bloßen Möglichkeit eines Missbrauchs der Überwachungsanlagen durch den Beklagten diesem das Recht aus der Hand zu nehmen, jegliche Überwachung seines Grundstückes zu unterlassen. Auf Seiten des Klägers liegt bloß ein (vermeintliches) subjektives Befürchten von Aufnahmen vor, während objektiv klargestellt ist, dass derzeit dort jedenfalls nicht gefilmt wird und die Kameras unstreitig auch nicht ohne erheblichen und äußerlich wahrnehmbaren Aufwand umgestellt werden können. Insbesondere letzterem Umstand kommt vorliegend erhebliches Gewicht zu.

Auf Seiten des Beklagten ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass es unstreitig bereits Übergriffe auf sein Grundstück gegeben hat. Es liegen auch keine ernsthaften Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte ein Interesse an der Aufnahme des Grundstücks des Klägers hat. Ein etwaiger Dieb wird aufgrund der topographischen Lage der Grundstücke auch kaum vom Grundstück des Klägers aus zu erwarten sein, so dass es nicht nahe liegt, der Beklagte werde dorthin seine Kameras ausrichten.

Soweit der Kläger geltend macht, eine Überwachung sei genauso gut zu gewährleisten, wenn die Kameras auf den Pfählen der entlang der Grenze verlaufenden Betonwand installiert würden, ist der Einwand des Beklagten gerechtfertigt, dass die Kameras dort leicht zu demontieren sind. Schließlich hat der Beklagte erklärt, er werde die vom Amtsgericht in Augenschein genommene Kameraeinstellung beibehalten. Anhaltspunkte dafür, dass er diese Zusage nicht einhält, liegen nicht vor.

2.

a. Dem Kläger steht gegen den Beklagten auch kein Anspruch auf Mitwirkung an der Errichtung einer Einfriedigung auf der Mitte der Mauer zu.

Der Klageantrag zu Ziff. 3 ist zwar zulässig, aber unbegründet.

aa. Trotz fehlender Durchführung des Schlichtungsverfahrens gem. § 10 Abs. 1 GüSchlG NW ist dieser im Wege der Klageerweiterung anhängig gemachte Klageantrag zulässig. Insoweit kann dahinstehen, ob die Anwendung von § 10 Abs. 1 GüSchlG NW nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich ev. um Einwirkungen handelt, die von einem gewerblichen Betrieb ausgehen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 e GüSchlG NW), da es sich bei dem ursprünglichen Klageantrag zu Ziff. 3) nicht um den klageeinleitenden Klageantrag gehandelt hat, sondern der Antrag im Wege der Klageerweiterung in den Rechtsstreit eingeführt wurde. Ziel des den Landesschlichtungsgesetzen zu Grunde liegenden Gesetzes zur Förderung der außergerichtlichen Streitschlichtung vom 15. 12. 1999 (BGBl I, 2400) ist aber die Entlastung der Zivilgerichte (BGH, NJW-RR 2005, 501 unter Hinweis auf BT-Dr 14/980, S. 5). Zu diesem Zweck ist es den Ländern durch die Öffnungsklausel des § 15a EGZPO ermöglicht worden, die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Klage in bestimmten Fällen von der vorherigen Durchführung eines außergerichtlichen Schlichtungsversuchs abhängig zu machen. Hierdurch sollen geeignete Streitigkeiten ohne Einschaltung der Gerichte beigelegt werden. Dieses Ziel lässt sich indessen nicht erreichen, wenn bereits eine Streitigkeit bei Gericht anhängig geworden ist und zulässigerweise von der klagenden Partei erweitert (§ 264 Nr. 2 ZPO) oder nach Maßgabe von § 263 ZPO geändert worden ist. Hierdurch entfällt die Zulässigkeit der Klage nachträglich nicht. Im übrigen ermächtigt § 15a EGZPO die Länder in den in Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 genannten Fällen nur dazu, die Klageerhebung, nicht aber auch eine Klageerweiterung oder -änderung, von der vorherigen Durchführung eines Schlichtungsverfahrens abhängig zu machen. Ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn sich eine Klageänderung als rechtsmissbräuchlich darstellt (vgl. LG Kassel, NJW 2002, 2256; LG München I, MDR 2003, 1313, für den Fall, dass der Klageerhebung kein Schlichtungsverfahren vorausging), bedarf keiner Entscheidung, weil eine solche Annahme hier fern liegt.

bb. Der Antrag ist aber schon deshalb unbegründet, weil gem. § 32 NachbarG NW der Eigentümer eines innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils gelegenen bebauten oder gewerblich genutzten Grundstücks auf Verlangen des Eigentümers des Nachbargrundstücks nur verpflichtet ist, sein Grundstück an der gemeinsamen Grenze einzufriedigen, bzw. dann, wenn beide Grundstücke bebaut oder gewerblich genutzt sind, die Eigentümer verpflichtet sind, die Einfriedigung gemeinsam zu errichten, wenn auch nur einer von ihnen die Einfriedigung verlangt. Da unstreitig die Mitte der Mauer nicht die Grundstücksgrenze darstellt, steht dem Kläger ein entsprechender Anspruch nicht zu.

b.

Soweit der Kläger mit dem Hilfsantrag zu 3) die Verurteilung des Beklagten zu Mitwirkung an der Errichtung einer Einfriedigung „entlang der Grundstücksgrenze“ begehrt, ist der Antrag zwar zulässig gem. § 533 ZPO, ebenso ist die vorherige Durchführung eines Schlichtungsverfahrens gem. § 10 GüSchlG NW entbehrlich (s.o), in der Sache steht ihm ein solcher Anspruch aber ebenfalls nicht zu.

Insoweit kann er sein Verlangen ebenfalls nicht auf § 32 NachbG NW stützen, da er mit seinem Hilfsantrag die Mitwirkung des Beklagten an der Errichtung eines Zaunes am oberen Rand der Mauer, die er als solche offensichtlich akzeptiert, verlangt, nicht aber die Errichtung eines Zaunes genau auf der Grenze. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger mit der Begründung zu seinem Hilfsantrag letztlich nur die Höhe des vom Beklagten an der Mauerwand errichteten Zaunes rügt, nicht aber die Tatsache, dass dieser nicht genau auf der Grenze steht. Es ist nämlich als unstreitig anzusehen, dass die zum klägerischen Grundstück hingewandte Mauerkante nicht unmittelbar auf der Grenze steht, sondern die Mauer sich vollständig auf dem Grundstück des Beklagten befindet. Der Beklagte hat sowohl erstinstanzlich als auch in der Berufung mehrfach vorgetragen, dass die Mauer nicht vollständig an die Grenze herangebaut ist. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat er konkret dargelegt, dass die Mauer im vorderen (zur Straße hinweisenden) Teil ca. 10 cm von der Grenze zurück bleibt und sich dann im hinteren Teil immer weiter der Grenze nähert, so dass an der hintersten Stelle die dem klägerischen Grundstück zugewandte Mauerkante genau auf der Grenze steht mit der Folge, dass der so entstehende Streifen zwischen Mauerkante und Grenze nach hinten hin immer schmaler wird. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass dem Kläger aber auch kein Anspruch auf Mitwirkung an der Errichtung einer Einfriedigung genau auf der Grenze zusteht, da ein solches Verlangen rechtsmissbräuchlich wäre, weil der Beklagte mit Anbringung des Zaunes am Rand der Mauer bereits einen Einfriedigung errichtet hat, die die Interessen des Klägers vollständig wahrt, ohne hinsichtlich ihres Standortes vollständig dem NachbG NW zu entsprechen (vgl. Schäfer, NachbG NW, 14. Aufl., § 32, 12). Der Eigentümer, der sein Grundstück von sich aus an der Grenze in ortsüblicher Weise einfriedigt, soll nämlich nicht Gefahr laufen, die Einfriedigung bei einem späteren Verlangen des Nachbarn auf die Grenze setzen zu müssen. Dem Verlangen nach § 32 Abs.2 NachbG NW ist bereits dadurch Genüge getan, dass er eine (ortsübliche) Einfriedigung erstellt hat (BGH NJW 1997, 16, 17).

Angesichts der konkreten Gegebenheiten der Grundstücke ist der vom Beklagten auf seinem Grundstück errichtete Zaun auch dann als ortsüblich anzusehen, wenn die sonstigen Grundstückseinfriedigungen in der Nachbarschaft zwischen 1,80 m und 2,00 m hoch sein sollten, so dass insoweit auch dahinstehen kann, ob der entsprechende Vortrag des Klägers überhaupt hinreichend substantiiert ist, da dieser lediglich vorgetragen hat, „üblicherweise hätten Grundstückseinfriedigungen eine Höhe von 1,80 m bis 2,00 m“. Vorliegend ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Zaunoberkante auch von der Geländeoberfläche des Beklagten aus gemessen ca. 1,50 m hoch ist, da der Zaun auf der Mauer steht, die ihrerseits gegenüber dem Grundstück des Beklagten ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Fotos eine Höhe von ca. 10 cm hat. Vom Grundstück des Klägers aus gesehen ist die Zaunoberkante bereits an der zur Straße hin zeigenden Teil deutlich höher und am entgegengesetzten Ende der Grundstücksgrenze aufgrund des Geländeverlaufs über 3 m hoch. Das Erfordernis der „Ortsüblichkeit“ im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 NachbG NW soll den Belangen der Nachbarn an einer ihnen auch optisch und ästhetisch zumutbaren Beschaffenheit der Einfriedung Rechnung tragen (BGH NJW 1992, 2570 m.w.Nachw). Aufgrund der topographischen Besonderheiten der Grundstücke der Parteien und im Hinblick darauf, dass weder ersichtlich noch vorgetragen ist, welches Interesse der Kläger an einem (noch) höheren Zaun hätte, den er in seiner Art (Metallgitterzaun) offensichtlich akzeptiert, ist der Zaun auch dann noch als ortsüblich anzusehen, wenn die sonstigen Zäune in der Nachbarschaft eine Höhe von 1,80 – 2 m hätten.

3.

a. Ein Anspruch auf „fachgerechte Sanierung der Risse in der entlang der gemeinsamen Grenze verlaufenden Betonmauer“ steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, da nicht dargelegt ist, dass ausschließlich durch eine „Sanierung der Mauer“ der Wasserübertritt auf das klägerische Grundstück zu verhindern wäre. Selbst für den Fall, dass dem Kläger insoweit ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB zustünde – was nicht der Fall ist, s.u. – läge es in der Entscheidungsfreiheit des Beklagten, durch welche konkrete Maßnahme er den Wasserübertritt verhindern würde. Da der Kläger aus § 1004 BGB auch keinen Anspruch auf eine „optisch ansprechende Gestaltung der Nachbarmauer“ hat (vgl. BGH NJW 1975, 170), kann er auch unter diesem Gesichtspunkt nicht „Sanierung“ verlangen.

b.

Auch der Hilfsantrag zum Klageantrag zu Ziff. 4) ist aber unbegründet, da dem Kläger kein Anspruch gegen den Beklagten aus § 1004 BGB auf Unterlassung der Zuführung von Wasser durch die Betonwand zusteht.

Auch insoweit ist der im Wege der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz geltend gemachte Hilfsantrag zulässig gem. § 533 ZPO, sachlich jedoch unbegründet, da der Beklagte nicht Störer i.S.v. § 1004 BGB ist.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts könnte sich ein derartiger Anspruch nur aus § 1004 BGB ergeben, da sich § 906 BGB nur auf sog. unwägbare Stoffe bezieht. Der BGH hat § 906 BGB nur für den Fall für (entsprechend) anwendbar erklärt, als es um den Abwehranspruch eines Nachbarn wegen der Zuführung von wild abfließendem Niederschlagswasser, das mit Unkrautvernichtungsmittel verseucht war, ging (vgl. BGH NJW 1984, 2207). Dafür, dass das durchtretende Wasser tatsächlich mit irgendwelchen „Giftstoffen“ versetzt ist, hat der Kläger keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen.

Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Kammer an die Feststellungen, die das Amtsgericht aufgrund der Beweisaufnahme getroffen hat, gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist, da dem Kläger bereits nach seinem eigenen, in der Berufungsinstanz durch Vorlage von Fotos konkretisierten Sachvortrag kein Unterlassungsanspruch zusteht. Grds. kann sich der Eigentümer eines Grundstücks gegen Einwirkungen auf sein Grundstück, die von einem Nachbargrundstück ausgehen und sein Eigentum (§ 903 BGB) beeinträchtigen, zur Wehr setzen, insbesondere auch durch Geltendmachung des auf Beseitigung und Unterlassung der Beeinträchtigung gerichteten Abwehranspruchs aus § 1004 BGB. Inhalt und Umfang des Anspruchs im einzelnen ergeben sich aus der gesetzlichen Regelung des Nachbarrechts, das durch einen Ausgleich der einander widerstreitenden Interessen der Nachbarn gekennzeichnet ist und sich nicht nur, als Bundesrecht, im Bürgerlichen Gesetzbuch selbst findet (§§ 906 ff. BGB), sondern auch in den die allgemeinen nachbarrechtlichen Bestimmungen ändernden und ergänzenden Rechtsvorschriften enthalten ist, die nach Art. 1 II, 65, 124 S. 1 EGBGB dem Landesgesetzgeber vorbehalten sind (BGH, NJW 1991, 2770). Die jeweilige Eigentümerstellung wird durch die Zusammenschau aller sie regelnden gesetzlichen Vorschriften bestimmt, die zugleich ihren Inhalt wie ihre Schranken ausmachen. Nur in dem hiernach gegebenen Rahmen kann der Eigentümer sich gegen Beeinträchtigungen seines Eigentums zur Wehr setzen (vgl. BGH, LM NRW LandeswasserG Nr. 3 = Warn 1971 Nr. 271; OLG Hamm, Urt. v. 24.10.1977 – 5 U 143/77, zit. nach juris).

Soweit der Kläger behauptet, das durchtretende Wasser sei auch „verschmutzt“, fehlt schon jeglicher substantiierte Sachvortrag, inwieweit die Verschmutzung über den natürlichen Versatz von auf dem Boden laufendem bzw. in diesem versickerten Wasser hinausgeht. Verschmutzungen seines Grundstücks durch im Wasser enthaltene Fremdstoffe hat der Kläger in keiner Weise dargelegt. Erhebliche Verschmutzungen seines Grundstücks sind auf den Fotos auch nicht zu erkennen. Eine etwaige Veralgung der Mauer und der Pflastersteine ist lediglich Folge des Wasserzuflusses und vom Kläger hinzunehmen, da er für den überirdischen Wasserübertritt auf sein Grundstück selbst verantwortlich ist.

Zwischen den Parteien unstreitig ist der Umstand, dass vom Grundstück des Beklagten durch die Mauer Wasser auf das Grundstück des Klägers dringt. Soweit der Umfang dies durchtretenden Wassers streitig ist, so wird die auf den Fotos des Privatgutachtens zu sehende Feuchtigkeit vom Beklagten nicht bestritten. Soweit auf den vom Kläger selbst gefertigten Bildern eine stärkere Pfützenbildung zu sehen ist, ist sein Vortrag unsubstantiiert, da er trotz des ausdrücklichen Bestreitens durch den Beklagten, dass die gezeigte Feuchtigkeit natürlichen Ursprungs ist, nicht dargelegt hat, wie es zu der Abweichung gegenüber den ebenfalls von ihm vorgelegten Bildern des Privatgutachtens kommt. Nach den Bildern des Privatgutachters Dipl-Ing. B. tritt aber nur in relativ geringem Umfang Wasser durch die Mauer. Dieses durchtretende Wasser würde aber auf dem Grundstück des Beklagten versickern, wenn der Kläger nicht seinerseits bis an die Mauer auf das Grundstück des Beklagten herangepflastert und damit die Versickerungsmöglichkeit verbaut hätte.

Wie bereits ausgeführt, ist nach dem Parteivortrag davon auszugehen, dass die Mauer unstreitig nicht genau bis an die Grenze herangebaut ist (s.o.). Da auch der Beklagte nicht vorgetragen hat, dass das Wasser aus der Wand herausspritzt, sondern nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass es langsam durch die Risse der Mauer dringt und dann gegebenenfalls an der Mauer herunterläuft, würde es aber noch auf dem Grundstück des Beklagten versickern, wenn nicht der Kläger seinerseits diese Versicherungsmöglichkeit durch das Heranpflastern beseitigt hätte. Damit ist der Beklagte aber bereits nicht Störer i.S.v. § 1004 BGB, sondern der Kläger selbst hat den störenden Zustand durch seinen Überbau geschaffen.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

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