AG Bad Segeberg 17 C 160/11
Rückforderung nach dem Tod des Berechtigten gezahlter Renten: Bereicherungsanspruch gegen den Erben als Nachlassverbindlichkeit; Schätzung von Mahnkosten
Bei dem Bereicherungsanspruch gegen den Erben, wegen nach dem Tod des Berechtigten geleisteter Rentenzahlungen, handelt es sich nicht um eine Nachlassverbindlichkeit i.S. des § 1967 BGB, weshalb die von dem Erben erhobene Dürftigkeitseinrede gemäß § 1990 BGB nicht durchgreift.
Die Bestimmung des § 814 BGB findet auf einen Bereicherungsanspruch wegen der Rückforderung irrtümlich gezahlter Renten nach dem Tod des Rentenberechtigten keine Anwendung, weil der Empfänger Kenntnis hat, dass ein Rentenbezug nach dem Tod des Berechtigten ohne Rechtsgrund erfolgt und nicht damit rechnen darf, das Geld behalten zu dürfen (BGH, Urteil vom 18. Januar 1979, VII ZR 165/78, BGHZ 73, 292 = NJW 1979, 763 f.).
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 222,05 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 220,05 € seit dem 06.11.2010 sowie auf einen Betrag in Höhe von 2,00 € seit dem 05.06.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf bis zu 300,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1 (unter Verzicht auf den Tatbestand gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
I.
2 Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB die Zahlung von 220,05 € für die Überweisung der Betriebsrente der am 23.11.2009 verstorbenen Mutter des Beklagten für den Monat Dezember 2009 durch die Klägerin am 30.11.2009 verlangen.
3 Der Beklagte hat hiergegen keine durchgreifenden Einwendungen erhoben. Soweit der Beklagte vorgetragen hat, er sei durch die Zahlung nicht bereichert, folgt aus seinem eigenen Vorbringen das Gegenteil. Der Beklagte hat vorgetragen, das auf dem Konto seiner verstorbenen Mutter befindliche Guthaben sei für Rückforderungsansprüche anderer Rentenversicherer aufgewandt worden. Damit aber ist der Beklagte als Erbe (§ 1922 Abs. 1 BGB) von diesen Rückforderungsansprüchen durch die Zahlung der Klägerin in dieser Höhe befreit worden, weshalb er auch etwas i.S. des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erlangt hat. Dass der Beklagte die Erbschaft ausgeschlagen hat, hat er selbst nicht behauptet.
4 Soweit der Beklagte die Dürftigkeitseinrede gemäß § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB erhebt, dringt er damit nicht durch, weil die Klägerin hinsichtlich ihres bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruches nicht Nachlassgläubigerin ist. Bei dem Bereicherungsanspruch handelt es sich nicht um von der Erblasserin herrührende Schulden i.S. des § 1967 Abs. 2 BGB (Erblasserschuld), weil ein Bereicherungsanspruch gegenüber der verstorbenen Mutter des Beklagten nicht bestand. Auch handelt es sich nicht um eine sog. Erbfallschuld, weil der Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten nicht aus Anlass des Erbfalls entstanden ist, sondern deshalb, weil die Klägerin trotz des Erbfalls die Leistung noch bewirkt hat. Es handelt sich damit um einen gegen den Beklagten persönlich bestehenden Bereicherungsanspruch.
5 Auch soweit sich der Beklagte auf § 814 BGB beruft, dringt er damit nicht durch, wobei dahinstehen kann und demnach auch nicht im Wege der Beweisaufnahme Beweis darüber zu erheben ist, wann die Klägerin von dem Verstreben der Mutter des Beklagten erfahren hat. Denn diesbezüglich hat die Klägerin zu Recht bereits in ihrer Klagschrift darauf hingewiesen, dass die Bestimmung des § 814 BGB auf einen Bereicherungsanspruch wegen der Rückforderung irrtümlich gezahlter Renten nach dem Tod des Rentenberechtigten keine Anwendung findet, weil der Empfänger Kenntnis hat, dass ein Rentenbezug nach dem Tod des Berechtigten ohne Rechtsgrund erfolgt und nicht damit rechnen darf, das Geld behalten zu dürfen (BGH, Urt. v. 18.01.1979 – VII ZR 165/78, BGHZ 73, 292 = NJW 1979, 763 f.). Darüber hinaus findet § 814 BGB vorliegend keine Anwendung, weil es sich um einen Fall der Bereicherung „in sonstiger Weise“ handelt (vgl. hierzu Palandt/Sprau, BGB, § 814 Rn. 2), die Klägerin hat nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit des Beklagten ohne Rechtsgrund geleistet.
6 Auf einen etwaigen Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB – der vorliegend ohnehin nicht substantiiert dargetan ist – kann sich der Beklagte gemäß § 819 Abs. 1 BGB ebenfalls nicht berufen (BGH, Urt. v. 18.01.1979 – VII ZR 165/78, BGHZ 73, 292 = NJW 1979, 763 f.).
7 Der Anspruch auf die Verzugszinsen folgt hinsichtlich der Hauptforderung aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB und hinsichtlich der Nebenforderung aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Soweit die Klägerin beantragt hat, Zinsen in Höhe von „5 %“ und nicht „5 Prozentpunkten“ zuzuerkennen, war der Klagantrag so auszulegen, dass die Klägerin die Zahlung des gesetzlichen Zinssatzes begehrt (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 05.04.2005 – 21 U 149/04, NJW 2005, 2238 f.). Soweit die Klägerin die Zahlung von Zinsen hinsichtlich der Nebenforderung auch für den 04.06.2011 begehrt hat, war die Klage abzuweisen, weil Verzug gemäß § 187 Abs. 1 BGB analog erst mit Ablauf des Tages, an dem die Zustellung des Mahnbescheides erfolgte, eingetreten ist (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, BGB, § 187 Rn. 1 a.E. m.w.Nachw.).
8 Die geltend gemachten Mahnkosten sind als Teil des Verzugsschadens gemäß §§ 286 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB zu erstatten. Das Gericht schätzt diese gemäß § 287 ZPO der Höhe nach auf 1,00 € pro Mahnschreiben im Hinblick auf die für die Erstellung eines Mahnschreibens entstehenden Porto- und Materialkosten (vgl. BGH, Urt. v. 18.01.1979 – VII ZR 165/78, BGHZ 73, 292 = NJW 1979, 763, 764, juris Rn. 19; AG Meldorf, Urt. v. 04.12.2007 – 84 C 1075/07, WuM 2008, 99 f., juris Rn. 5). Weitergehende Kosten, die im Zusammenhang mit der Erstellung der Mahnung angefallen sein könnten, insbesondere anteilige Personalkosten und Kosten für das Vorhalten entsprechender EDV u.ä., können hierbei keine Berücksichtigung finden, weil solche im Zusammenhang mit der außergerichtlichen Abwicklung von Zahlungsansprüchen einer Partei anfallende Kosten keinen erstattungsfähigen (Verzugs-)Schaden darstellen (BGH, Urt. v. 09.03.1976 – VI ZR 98/75, BGHZ 66, 112 = NJW 1976, 1256; BGH, Urt. v. 18.01.1979 – VII ZR 165/78, BGHZ 73, 292 = NJW 1979, 763, 764; AG Meldorf, Urt. v. 04.12.2007 – 84 C 1075/07, WuM 2008, 99 f., juris Rn. 5 f.). Unter Zugrundelegung dessen kann die Klägerin für das Schreiben vom 04.11.2010 die Erstattung von 1,00 € verlangen. Ebenso kann die Klägerin für das Schreiben vom 22.04.2010 die Erstattung von 1,00 € verlangen. Zwar stellen die Kosten für die Verzugsbegründung selbst keinen erstattungsfähigen Schaden dar, jedoch befand sich der Beklagte gemäß § 819 Abs. 1 BGB bereits zuvor im Verzug. Hinsichtlich der weitergehend in Höhe von 8,00 € geltend gemachten Mahnkosten war die Klage abzuweisen.
II.
9 Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
10 Die Berufung gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, weil dem Rechtsstreit keine abstrakten und klärungsbedürftigen Rechtsfragen zugrunde liegenden, vielmehr geht es um die Rechtsanwendung im Einzelfall.
11 Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.
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