BGH, Beschluss vom 4. 7. 2013 – V ZB 151/12;
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juli 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1, werden der Beschluss des 2. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 18. Juli 2012 und die Beschlüsse des Amtsgerichts Reinbek – Grundbuchamt – vom 26. Juni 2012, und 4. Juli 2012 aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag des Beteiligten zu 1 nicht aus den Gründen der Beschlüsse vom 26. Juni 2012 und 4. Juli 2012 und – sofern der Antrag nach § 867 Abs. 2 ZVG ergänzt wird – auch nicht aus den Gründen des Beschlusses des 2. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 18. Juli 2012 zurückzuweisen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 40.000 €.
Gründe:
Der Beteiligte zu 1 ist der Sohn des im Juni 2003 verstorbenen C. H. B. (im Folgenden: Erblasser). Die Beteiligte zu 2 lebte mit dem Erblasser in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen.
Der Erblasser und die Beteiligte zu 2 waren Miteigentümer der im Beschlusseingang bezeichneten Grundstücke und zwar zu je ½ Anteil an einem Hausgrundstück (Grundbuchblatt 298) und zu je 1/6 Anteil an einer Wegeparzelle (Grundbuchblatt 299). Mit notariellem Vertrag vom 30. März 2003 übertrug der Erblasser seine Miteigentumsanteile auf die Beteiligte zu 2, die nach den im September 2003 erfolgten Eintragungen nunmehr Alleineigentümerin des Hausgrundstücks und zu 1/3 Miteigentümerin der Wegeparzelle ist.
Der Beteiligte zu 1, der infolge der Erbausschlagung durch die Beteiligte zu 2 Alleinerbe ist, machte gegen diese als Beschenkte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2329 BGB geltend. Die Beteiligte zu 2 wurde verurteilt, zum Zwecke der Befriedigung des Anspruchs des Beteiligten zu 1 auf Pflichtteilsergänzung in Höhe von 153.854,26 € nebst Zinsen die Zwangsvollstreckung in die von dem Erblasser übertragenen Miteigentumsanteile zu dulden, und für den Fall, dass und soweit der Vollstreckungserlös nicht ausreicht, Zahlung an den Beteiligten zu 1 zu leisten. Der Beteiligten zu 2 wurde gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Zahlung von 153.854,26 € nebst Zinsen abzuwenden. Das noch nicht rechtskräftige Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beteiligte zu 1 hat unter Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils sowie eines Zustellungsnachweises bei dem Grundbuchamt beantragt, im Wege der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO wegen „der Ansprüche“ in Höhe von 153. 854. 26 € nebst Zinsen und Kosten eine Sicherungshypothek an den von dem Erblasser an die Beteiligte zu 2 übertragenen Miteigentumsanteilen einzutragen. Das Grundbuchamt hat den Antrag zurückgewiesen, weil auf Grund des Duldungstitels eine Zwangshypothek nicht eingetragen werden könne. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 seinen Antrag weiter.
III. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 78 Abs. 1 GBO statthaft und gemäß § 78 Abs. 3 GBO i. V. m. § 71 FamFG auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel ist begründet. Der angefochtene Beschluss beruht auf einer Rechtsverletzung.
Das gilt ebenso, wenn – wie hier – die Eintragung einer Zwangshypothek im Wege der Sicherungsvollstreckung nach § 720a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b ZPO beantragt wird. Auch die nach dieser Vorschrift zulässigen Maßnahmen sind solche der Zwangsvollstreckung, für welche die gesetzlich bestimmten Voraussetzungen vorliegen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2005 – VII ZB 14/05, Rpfleger 2005, 547, 548; Fölsch, NJW 2009, 1128, 1129; MünchKomm-ZPO/Götz, 4. Aufl., § 720a Rn. 3; Wieczorek/Schütze/Heß, ZPO, 3. Aufl., § 720a Rn. 6); deren Vorliegen hat das Grundbuchamt festzustellen.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich der allgemeine Grundsatz, dass ein früherer Miteigentumsanteil in der Zwangsvollstreckung als fortbestehend fingiert wird, wenn die Haftung des jetzigen Alleineigentümers auf den früheren Miteigentumsanteil beschränkt ist. So verhält es sich auch bei dem hier vorliegenden Titel zur Durchsetzung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs gegen den Beschenkten nach § 2329 Abs. 1 BGB. Der Beschenkte ist nach dieser Vorschrift verpflichtet, das Geschenk zum Zwecke der Befriedigung des Pflichtteilsberechtigten wegen des Geldbetrags, den dieser nicht nach § 2325 BGB von dem Erben beanspruchen kann, nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben. Er hat – wie in den Fällen einer auf den Nachlass beschränkten Erbenhaftung nach §§ 1973, 1990 BGB – die Zwangsvollstreckung in den geschenkten Vermögensgegenstand, um den er bereichert ist, wegen des dem Pflichtteilsberechtigten zustehenden Geldbetrags zu dulden (BGH, Urteile vom 4. Juni 1955 – IV ZR 183/54, BGHZ 17, 336, 339 und vom 10. November 1982 – IVa ZR 29/81, BGHZ 85, 274, 282). Die Durchsetzung dieses Anspruchs kann auch hier nur dadurch erfolgen, dass der von dem Erblasser geschenkte Miteigentumsanteil für die Befriedigung des Pflichtteilsberechtigten als noch bestehend fingiert wird.
Diese Auffassung widerspricht dem Inhalt des Vollstreckungstitels und der Systematik der Zivilprozessordnung. Das Duldungsurteil hat die Aufgabe, eine Vollstreckung zu ermöglichen, die in ihrem Umfang der vom materiellen Recht bestimmten Haftung für den Anspruch entspricht (Lent, ZZP 70 (1957), 401, 411). Dient der Duldungstitel der Befriedigung einer Geldforderung, so ist die Verurteilung des Schuldners zur Duldung (statt zur Zahlung) allein dem Umstand geschuldet, dass sich dessen Haftung auf bestimmte Gegenstände beschränkt. Da die Zivilprozessordnung zudem die Duldungs- und Zahlungsansprüche in ihrer Vollstreckbarkeit (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) weitgehend gleichstellt (vgl. Senat, Urteil vom 18. Dezember 1987 – V ZR 163/86, BGHZ 103, 30, 37 unter Verweisung auf RGZ 103, 137, 139), erfolgt auch die zwangsweise Durchsetzung eines Duldungsanspruchs, der auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, nach den §§ 803 ff. ZPO und nicht nach den nicht passenden §§ 883 bis 898 ZPO. Der Duldungsanspruch wird demzufolge bei der Vollstreckung in das bewegliche Vermögen durch Pfändung (§ 803 ZPO) und bei der in das unbewegliche Vermögen nach der Vorschrift in § 866 ZPO vollstreckt, was dem Gläubiger auch die Möglichkeit zur Pfändung durch Eintragung einer Zwangshypothek eröffnet (vgl. RGZ 103, 137, 139).
Zu Unrecht verneint das Beschwerdegericht auch die Möglichkeit einer Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO aus einem Titel, durch den der Schuldner wegen eines auf Zahlung gerichteten Anspruchs zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurteilt worden ist.
a) Das Beschwerdegericht beruft sich auf den Wortlaut der Vorschrift, nach dem der Gläubiger aus einem nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Urteil, durch das der Schuldner zur Leistung von Geld verurteilt worden ist, ohne Sicherheitsleistung Pfändungen ausbringen lassen darf. Nach seiner Ansicht, die auch im Schrifttum geteilt wird, muss ein zur Sicherungsvollstreckung geeignetes Urteil auf Leistung in Geld lauten (Fölsch, NJW 2009, 1128, 1129; MünchKomm-ZPO/Götz, 4. Aufl., § 720a Rn. 2). Titel auf Duldung der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück sollen daher nicht der Sicherungsvollstreckung unterliegen (PG/Kroppenberg, ZPO, 5. Aufl., § 720a Rn. 2). Dem steht die Ansicht gegenüber, dass die Sicherungsvollstreckung lediglich eine besondere, allein die Sicherung des Gläubigers durch rangwahrende Pfändung bezweckende Vollstreckungsmaßnahme sei, auf welche die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen (§§ 802a bis 882a ZPO) anzuwenden seien. Zu den Geldforderungen im Sinne des Zwangsvollstreckungsrechts gehörten auch bei der Sicherungsvollstreckung nicht nur die Forderungen auf Leistung in Geld, sondern ebenso auch die auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung gerichteten Ansprüche (BayObLG, Rpfleger 1995, 305; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 720a Rn. 3; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 720a Rn. 2; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 34. Aufl., § 720a Rn. 1; Wieczorek/Schütze/Heß, ZPO, 3. Aufl., § 720a Rn. 3; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 720a Rn. 2).
b) Der Senat teilt die letztgenannte Auffassung. Richtig ist allerdings, dass der Wortlaut des Gesetzes nur die (gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren) Urteile nennt, durch die der Schuldner zur Leistung von Geld verurteilt worden ist. Der allein auf den Wortlaut der Vorschrift in § 720a ZPO gestützte Schluss des Beschwerdegerichts entspricht aber nicht dem von der Norm verfolgten Zweck; dieser gebietet eine entsprechende Anwendung auf Urteile, durch die der Schuldner zur Duldung der Zwangsvollstreckung wegen eines auf Zahlung gerichteten Anspruchs verurteilt worden ist. Mit der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO sollte für den Gläubiger bereits auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Urteils eine dem Arrest vergleichbare Sicherung geschaffen werden (BT-Drucks. 7/2729, S. 45 und 7/5250, S. 16). Die Vorschrift vervollständigt den Schutz des Gläubigers vor wirtschaftlichen Verlusten, die ihm durch ein Beiseiteschaffen der Haftungsmasse durch den Schuldner oder durch einen Vermögensverfall des Schuldners drohen (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – I ZB 113/05, NJW-RR 2007, 416). Der Gläubiger soll nach § 720a ZPO auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Titels – auch ohne vorherige Sicherheitsleistung – das Schuldnervermögen arrestieren können (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2005 – VII ZB 14/05, Rpfleger 2005, 547, 548). Das Bedürfnis, den Gläubiger, der einen vorläufig vollstreckbaren Titel erstritten hat, vor wirtschaftlichen Verlusten durch für ihn nachteilige Rechtshandlungen des Schuldners (Veräußerungen oder Verpfändungen des haftenden Grundstücks) oder durch andere Gläubiger des Schuldners (zwischenzeitliche Pfändungen des haftenden Grundstücks) zu schützen, besteht bei den Zahlungs- und bei den Duldungstiteln gleichermaßen. Vor dem Hintergrund des mit § 720a ZPO verfolgten Zwecks ist es für die Zulässigkeit der Eintragung einer Zwangshypothek im Wege der Sicherungsvollstreckung gleichgültig, ob der Schuldner nach dem vorläufig vollstreckbaren Urteil unmittelbar Zahlung schuldet oder nur die Vollstreckung in das ihm gehörende Grundstück wegen eines auf Geld gerichteten Anspruchs zu dulden verpflichtet ist.
Der Rechtsbeschwerde kann jedoch nicht durch eine Anordnung zur Eintragung der beantragten Zwangshypotheken unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse stattgegeben werden. Das Grundbuchamt konnte dem ihm vorliegenden Antrag schon deshalb nicht entsprechen, weil es an der nach § 867 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorgeschriebenen Bestimmung des Gläubigers fehlte, wie der im Urteil bestimmte Haftungsbetrag auf die mit Zwangshypotheken zu belastenden Miteigentumsanteile verteilt werden sollte. Eine solche Verteilung ist zwingend, weil das Gesetz eine Gesamtzwangshypothek nicht kennt (Senat, Beschluss vom 23. Mai 1958 – V ZB 12/58, BGHZ 28, 310, 314; BGH, Beschluss vom 14. März 1991 – IX ZR 300/90, NJW 1991, 2022). In diesen Fällen kommt auch eine rangwahrende Zwischenverfügung nach § 18 GBO durch das Grundbuchamt nicht in Betracht, weil nicht ein der Eintragung der Zwangshypotheken entgegenstehendes Hindernis vorliegt, sondern es an einer Voraussetzung für den Beginn der Zwangsvollstreckung fehlt, was zur Zurückweisung des Vollstreckungsantrags führt (Senat, Beschluss vom 23. Mai 1958 – V ZB 12/58, BGHZ 28, 310, 313 ff.).
Davon konnte das Beschwerdegericht hier von seinem Rechtsstandpunkt aus zwar absehen, weil ein solcher Hinweis bei einem bereits aus einem anderen Rechtsgrund zurückzuweisenden Antrag entbehrlich ist. Die Folgen eines unterbliebenen Hinweises, der – wäre er erteilt worden – nach dem Vorbringen in der Rechtsbeschwerde zu einer Beseitigung des Mangels geführt hätte, sind von dem Rechtsbeschwerdegericht aber dadurch zu beheben, dass die auf Rechtsfehlern beruhenden Entscheidungen des Beschwerdegerichts und des Grundbuchamts aufzuheben sind und die Sache an das Grundbuchamt zur nochmaligen Prüfung und Entscheidung auf der Grundlage eines von dem Gläubiger um die Aufteilung nach § 867 Abs. 2 ZPO ergänzten Antrags zurückzuverweisen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Mai 1958 – V ZB 12/58, BGHZ 27, 310, 317). Dies vermag zwar an dem – von dem Eingang eines zulässigen Vollstreckungsantrags abhängigen – Rang der einzutragenden Zwangshypothek nichts zu ändern, vermeidet aber die übrigen Härten aus der Zurückweisung des Rechtsmittels (vgl. Meyer-Stolte, Rpfleger 1983, 102).
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