BGH – Geburtsort im Sterberegister II

August 15, 2018

BGH, 25.04.2018 – XII ZB 155/17

  1. a)

Der nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 PStG im Sterberegister zu beurkundende Geburtsort eines Verstorbenen ist so einzutragen, dass er jederzeit zweifelsfrei aufgefunden werden kann.

  1. b)

Bei einem ausländischen Geburtsort ist zum Zwecke seiner eindeutigen Kennzeichnung grundsätzlich ein Zusatz zur Ortsbezeichnung erforderlich. Je konkreter der gewählte Zusatz den Ort erfasst, desto eher kann einer Verwechslungsgefahr begegnet werden. Die Hinzufügung von Verwaltungsbezirken oder geographischen Landschafts- bzw. Gebietsbezeichnungen (hier: Oberschlesien) trägt dem Ziel der zweifelsfreien Ortskennzeichnung in der Regel besser Rechnung als ein Länderzusatz (hier: Polen).

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 4 wird der Beschluss des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 28. Februar 2017 aufgehoben.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 4 wird der Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 15. März 2016 aufgehoben.

Das Standesamt Völklingen wird angewiesen, den Sterbeeintrag betreffend E. K. – Register-Nummer – dahin zu berichtigen, dass der Geburtsort des Verstorbenen statt „Rosdzin, Polen“ „Rosdzin, Oberschlesien“ lautet.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der Berichtigung eines Eintrags im Sterberegister.

Sie ist die Witwe des 1914 in Rosdzin geborenen und am 2. November 2008 verstorbenen Betroffenen. Zum Zeitpunkt der Geburt des Verstorbenen gehörte der Ort Rosdzin zum Gebiet des damaligen Deutschen Reichs und lag im Landkreis Kattowitz in Oberschlesien. Heute befindet er sich auf polnischem Staatsgebiet. Im Sterberegister des Standesamts wurde als Geburtsort des Verstorbenen „Rosdzin, Polen“ eingetragen.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt, den Sterberegistereintrag dahingehend zu berichtigen, dass der Länderzusatz „Polen“ entfällt und dem Ortsnamen Rosdzin entweder „Oberschlesien/OS“ oder „Landkreis/Ldkrs. Kattowitz“ hinzugefügt wird. Das Standesamt hat den Eintrag verteidigt und auf seine übliche Praxis, bei ausländischen Orten einen Länderzusatz aufzunehmen, verwiesen. Die Untere Standesamtsaufsicht hat sich dafür ausgesprochen, den Länderzusatz zu streichen, während der die Rechtsbeschwerde führende Beteiligte zu 4 als Oberste Standesamtsaufsicht befürwortet hat, dem Geburtsort anstelle des Länderzusatzes die Bezeichnung „Landkreis Kattowitz“ hinzuzufügen.

Das Amtsgericht hat den Berichtigungsantrag zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 4 hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Beteiligte zu 4 weiterhin die Berichtigung des Sterberegistereintrags dahingehend, dass der Geburtsort des Verstorbenen als „Rosdzin, Landkreis Kattowitz“ bezeichnet wird und die Länderbezeichnung „Polen“ entfällt.

II.

Die Rechtsbeschwerde des nach § 53 Abs. 2 PStG i.V.m. § 59 Abs. 3 FamFG beschwerdebefugten Beteiligten zu 4 ist gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 PStG i.V.m. § 70 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Anordnung der Berichtigung des Registereintrags.

  1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts ist die gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 PStG erfolgte Eintragung des Geburtsorts des Verstorbenen im Sterberegister nicht zu berichtigen, weil die Hinzufügung des Länderzusatzes „Polen“ zum Ortsnamen vorliegend nicht unrichtig im Sinne von § 48 PStG sei.

Orte seien stets so zu bezeichnen, dass sie später jederzeit ohne Schwierigkeiten ermittelt werden könnten. Im Interesse der Wahrheit und Klarheit der Personenstandsführung könne ein Zusatz zum Ortsnamen geboten sein, wenn die Sach- oder Rechtslage andernfalls nicht ausreichend klargestellt sei, wie z.B. bei gleichnamigen Städten oder Gemeinden. Die Ansicht des Amtsgerichts, die bloße Angabe des Geburtsorts ohne jeden weiteren Zusatz sei hier zur Kennzeichnung nicht ausreichend, begegne keinen Bedenken. Zahlreiche Ortsbezeichnungen kämen in mehreren Staaten vor, weshalb eine Verwechslungsgefahr generell nicht ausgeschlossen werden könne.

Die von der Bundesregierung erlassene Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz vom 29. März 2010 (im Folgenden: PStG-VwV) sehe in Nr. A 2.1.3 den Länderzusatz als eine Möglichkeit zur näheren Kennzeichnung eines Ortes vor, so dass ein solcher Zusatz personenstandsrechtlich nicht unzulässig sei. Soweit der Beteiligte zu 4 den Wortlaut der Verwaltungsvorschrift dafür anführe, dass der Name des Staates nur dann „hilfsweise“ hinzugefügt werden dürfe, wenn anders – nämlich durch Hinzufügung des Verwaltungsbezirks oder einer geografischen Bezeichnung (z.B. Gebirge, Fluss) – der zu vermerkende Ort nicht eindeutig benannt werden könne, sei dieses Verständnis keineswegs zwingend. Aber selbst wenn der Länderzusatz „Polen“ der Verwaltungsvorschrift zuwider liefe, wäre er noch nicht unrichtig im Sinne von § 48 PStG, weil eine Verwaltungsvorschrift die Gerichte nicht binde.

Bei der Bezeichnung des Staates sei auf die zum Zeitpunkt der Eintragung (und nicht der Geburt) geltende völkerrechtliche Zugehörigkeit des näher zu kennzeichnenden Ortes abzustellen. Dagegen würde die erstrebte Anknüpfung an eine nicht mehr existente „historische“ innerstaatliche Zuordnung – wie etwa einen preußischen Landkreis – im Regelfall Anlass zu Zweifeln und Nachforschungen geben und damit dem Interesse an einer möglichst eindeutigen und zweifelsfreien Kennzeichnung zuwiderlaufen.

  1. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
  2. a) Die Berichtigung eines abgeschlossenen Registereintrags nach 48 Abs. 1 PStG setzt eine von Anfang an bestehende Unrichtigkeit voraus. Unrichtig in diesem Sinne ist jeder Eintrag, dessen Inhalt auf der Verletzung materiell- oder verfahrensrechtlicher Vorschriften beruht (Gaaz/Bornhofen Personenstandsgesetz 4. Aufl. § 47 Rn. 7 mwN). Der Begriff der Unrichtigkeit ist weit zu verstehen und umfasst sowohl tatsächlich oder rechtlich unrichtige als auch unvollständige Registereinträge (OLG Saarbrücken StAZ 2004, 297 [OLG Saarbrücken 27.02.2004 – 9 W 170/03-2] mwN). Eine Eintragung kann auch dann unrichtig sein, wenn sie zwar sachlich richtige Angaben enthält, eine Beurkundung dieser Angaben aber nicht vorgesehen ist (OLG Frankfurt StAZ 2004, 132; BayObLG StAZ 2000, 338, 339 mwN). Denn Gegenstand und Inhalt der Eintragungen in die Personenstandsregister werden vom Personenstandsgesetz und der Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (im Folgenden: Personenstandsverordnung) grundsätzlich abschließend geregelt, so dass nicht ausdrücklich vorgesehene Angaben im Allgemeinen nicht zulässig sind. Jedoch können erklärende Zusätze im Interesse der Wahrheit und Klarheit der Personenstandsführung geboten sein. Maßgebend ist dabei, ob im Einzelfall ohne einen Zusatz die Sach- oder Rechtslage nicht so klargestellt wäre, wie es der Sinn und Zweck der Personenstandsregister gebietet, so dass der Eintrag ohne den Zusatz zu falschen Schlussfolgerungen führen könnte (OLG Frankfurt, StAZ 2004, 132 [BGH 14.01.2004 – XII ZB 30/02]; BayObLG StAZ 2000, 338, 339 mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 15. Februar 1984 – IVb ZB 701/81 – FamRZ 1984, 576, 578).
  3. b) Gemessen hieran ist der Sterberegistereintrag entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts wegen Unrichtigkeit gemäß 48 Abs. 1 PStG zu berichtigen.
  4. aa) Nach 31 Abs. 1 Nr. 1 PStG ist im Sterberegister u.a. der Ort der Geburt des Verstorbenen zu beurkunden. Zur konkreten Fassung der Eintragung eines Geburtsorts enthalten allerdings weder das Personenstandsgesetz noch die Personenstandsverordnung nähere Regelungen.

(1) Aus dem Grundsatz der Registerklarheit, welcher auch in Nr. A 2.1.1 PStG-VwV zum Ausdruck kommt, folgt das Erfordernis der zweifelsfreien Identifizierbarkeit eines Ortes. Orte im Inland können durch ihre amtlichen Gemeindebezeichnungen jederzeit über das Ortsbuch der Bundesrepublik Deutschland ausfindig gemacht werden. Daher genügt zur eindeutigen Kennzeichnung eines inländischen Ortes in der Regel die bloße Eintragung der Gemeindebezeichnung. Lediglich bei gleichnamigen Gemeinden ist zur Unterscheidung ein Zusatz hinzuzufügen (vgl. Nr. A 2.1.2 PStG-VwV).

(2) Uneinigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur darüber, wie zu verfahren ist, wenn der Geburtsort des Verstorbenen bei Eintragung des Sterbefalls einem ausländischen Staat zugehört, zum Zeitpunkt der Geburt des Verstorbenen aber noch zum Gebiet des damaligen Deutschen Reichs gehörte. Anders als bei im Inland belegenen Orten gelingt das Auffinden von Orten im Ausland in Ermangelung eines vollständigen weltweiten Ortsverzeichnisses nicht ohne weiteres. Auch lässt sich bei ausländischen Orten in der Regel nicht mit Bestimmtheit ausschließen, dass es noch einen weiteren Ort mit demselben Ortsnamen gibt.

(a) Nach einer auch vom Beschwerdegericht vertretenen Auffassung sollen in diesen Fällen Länderzusätze zulässig sein, welche die zum Zeitpunkt der Eintragung in das Sterberegister bestehende Rechtslage und damit die Zugehörigkeit des Geburtsorts zu einem ausländischen Staat wiedergeben (OLG Zweibrücken StAZ 2016, 312; OLG Saarbrücken StAZ 2004, 297 [OLG Saarbrücken 27.02.2004 – 9 W 170/03-2]; OLG Frankfurt, StAZ 2004, 132 f. [BGH 14.01.2004 – XII ZB 30/02]; AG Gießen StAZ 2003, 272; Jauß StAZ 1996, 309; Meyer StAZ 1986, 107, 108). Zur Begründung wurde u.a. die früher geltende Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz, die Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden (im Folgenden: DA), herangezogen. Danach sollte bei einer geänderten Zugehörigkeit einer Gemeinde zu einem Verwaltungsbezirk nur der Name des neuen Bezirks verwendet werden (§ 60 Abs. 3 Satz 2 DA). Dieser Rechtsgedanke ist auf die Fälle der geänderten Staatszugehörigkeit eines Ortes übertragen worden.

(b) Nach anderer Auffassung wird dem Anliegen, den betroffenen Ort möglichst eindeutig und zweifelsfrei zu bezeichnen, durch Hinzufügung von Verwaltungsbezirken oder geografischen Bezeichnungen grundsätzlich besser Rechnung getragen (OLG Nürnberg StAZ 2017, 18; AG Düsseldorf StAZ 2002, 243, 244 [AG Düsseldorf 12.04.2002 – 94 III 27/01]; Degner StAZ 2016, 312, 313; Pagels StAZ 1997, 4, 6 f.; Geromiller StAZ 1994, 326; Reichard StAZ 1986, 260; vgl. auch Kraus StAZ 2015, 189).

(c) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.

(aa) Allerdings sind mehrere richtige Zusätze zur näheren Kennzeichnung eines Ortes denkbar, der zum Zeitpunkt der Geburt und zum Zeitpunkt des Todes eines Menschen zu jeweils unterschiedlichen Staaten gehörte. So könnte ein Länderzusatz eingetragen werden, der deutlich macht, dass der Ort zum Zeitpunkt der Sterberegistereintragung zu einem anderen Staat gehört als zum Zeitpunkt der Geburt (z.B. „heute Polen“). Da jedoch das Ziel der eindeutigen Identifizierbarkeit eines ausländischen Ortes umso eher erreicht werden kann, je konkreter der gewählte Zusatz den Ort erfasst, dürfte ein Länderzusatz in der Regel nicht ausreichend sein, um eine Verwechslungsgefahr möglichst auszuschließen. Denn ebenso wie im Inland kommen auch in ausländischen Staaten gleichnamige Orte vor. Zum Zwecke der eindeutigen Identifizierbarkeit eines ausländischen Ortes ist daher regelmäßig eine nähere Kennzeichnung durch Hinzufügung des Verwaltungsbezirks oder einer geografischen Bezeichnung erforderlich (vgl. Hepting/Gaaz Personenstandsrecht [Stand: 30. Ergänzungslieferung 1993] § 2 PStG Rn. 18 mwN; siehe auch Nr. A 2.1.3 PStG-VwV). Denn durch das Hinzufügen von geografischen Bezeichnungen oder Verwaltungsbezirken kann die Lage eines näher zu kennzeichnenden Ortes weitaus klarer eingegrenzt werden (vgl. AG Düsseldorf StAZ 2002, 243, 244 [AG Düsseldorf 12.04.2002 – 94 III 27/01] „Pommern“; Kraus StAZ 2015, 189 „Hinterpommern“, „Niederschlesien“; Pagels StAZ 1997, 4, 6 f.). Hinzu kommt, dass geografische Bezeichnungen seltener als politische Zuordnungen Veränderungen unterworfen sind, die einen klarstellenden Hinweis erfordern würden.

Demgemäß ist in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz in Nr. A 2.1.3 PStG-VwV geregelt, dass für die Eintragung von Orten im Ausland, sofern eine nähere Kennzeichnung durch Hinzufügung des Verwaltungsbezirks oder einer geografischen Bezeichnung nicht ausreicht, daneben der Staat zu vermerken ist. Auch wenn dieser Verwaltungsvorschrift kein normativer, sondern lediglich norminterpretierender Charakter zukommt (vgl. Pagels StAZ 1997, 4, 5; vgl. auch BVerfG NJW 1989, 666, 667 [BVerfG 31.05.1988 – 1 BvR 520/83]; BVerwG NVwZ 1999, 1114, 1115), spiegelt sie das Erfordernis der zweifelsfreien Identifizierbarkeit eines Ortes in nachvollziehbarer Weise wider. Die Gegenauffassung kann sich auch nicht (mehr) auf den – außer Kraft getretenen – § 60 Abs. 3 Satz 2 DA der früheren Verwaltungsanweisung berufen. Denn eine entsprechende Regelung findet sich in der aktuellen Verwaltungsvorschrift nicht mehr. Die Bestimmung der Nr. A 2.1.2 PStG-VwV sieht zwar weiterhin die Hinzufügung des Verwaltungsbezirks zur näheren Kennzeichnung gleichnamiger Gemeinden im Inland vor. Der Fall einer geänderten Bezirkszugehörigkeit ist hingegen nicht mehr geregelt.

(bb) Zudem könnte ein reiner Länderzusatz den Eindruck erwecken, der Geburtsort des Verstorbenen habe zum Zeitpunkt seiner Geburt in dem angegebenen Land gelegen.

Zwar geht es bei der Eintragung des Geburtsorts nicht um die Feststellung der Staatsangehörigkeit des Verstorbenen. Denn diese ist von der Beweiskraft der Personenstandsregister nicht umfasst (vgl. § 54 Abs. 1 PStG; OLG Saarbrücken StAZ 2004, 297, 298; Gaaz/Bornhofen Personenstandsgesetz 4. Aufl. § 54 Rn. 4). Ebenso wenig kann aus der abweichenden passrechtlichen Eintragungspraxis, der zufolge neben dem Geburtsort grundsätzlich kein Staat angegeben wird, wegen der unterschiedlichen Zweckbestimmung von Identitätspapieren und Personenstandsurkunden auf eine personenstandsrechtliche Unzulässigkeit von Länderzusätzen bei Orten im Ausland geschlossen werden (vgl. OLG Saarbrücken StAZ 2004, 297, 298 [OLG Saarbrücken 27.02.2004 – 9 W 170/03-2]; Kraus StAZ 2015, 189 f.).

Weil es keine personenstandsrechtliche Regelung für die Fälle der geänderten Zugehörigkeit eines Ortes zu einem bestimmten Staat gibt, kann ein Sterberegistereintrag mit einem solchen Länderzusatz aber in der Weise missverstanden werden, der Verstorbene sei in dem angegeben Land geboren worden (vgl. auch Degner StAZ 2016, 312, 313; Pagels StAZ 1997, 4, 6). Wenn es aber zum Zeitpunkt der Geburt des Verstorbenen in dem betreffenden Land keinen solchen Ort gegeben hat, wäre das personenstandsrechtliche Ereignis der Geburt hinsichtlich des Geburtsorts nicht so wiedergegeben, wie es sich ereignet hat. Dies kann das zweifelsfreie Auffinden des Geburtsorts erschweren, wodurch der Grundsatz der Registerklarheit berührt wäre.

Ferner könnten sich Unstimmigkeiten ergeben, wenn im Rechtsverkehr sowohl die Sterbeurkunde als auch die Geburtsurkunde des Verstorbenen vorzulegen wären. Letztere würde den Geburtsort in Ermangelung eines Länderzusatzes als inländischen ausweisen, während nach der Sterbeurkunde von einem ausländischen Geburtsort auszugehen wäre. Dadurch könnten Zweifel an der Identität des Verstorbenen, jedenfalls aber Klärungsbedarf hinsichtlich seines Geburtsorts aufkommen. Im Interesse der Einheitlichkeit der Personenstandsregister muss daher bei Geburtsorten, die zum Zeitpunkt einer späteren Registereintragung zu einem anderen Staat gehörten als zum Geburtszeitpunkt, jedenfalls ein solcher Kennzeichnungszusatz gewählt werden, der jegliche Widersprüche vermeidet.

  1. bb) Unter Heranziehung dieser Maßstäbe ist der dem Ortsnamen Rosdzin beigefügte Länderzusatz „Polen“ unrichtig und durch den Zusatz „Oberschlesien“ zu ersetzen.

(1) Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die bloße Angabe des Ortsnamens „Rosdzin“ ohne einen weiteren Zusatz nicht hinreichend ist, um den – heute auf polnischem Staatsgebiet belegenen – Geburtsort des Verstorbenen eindeutig zu kennzeichnen. Ein solcher Zusatz ist hier auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Geburtsort des Verstorbenen bei dessen Geburt zum Gebiet des damaligen Deutschen Reichs gehörte. Denn wäre dieser Ort im Sterberegister ohne weiteren Zusatz nur mit seiner Gemeindebezeichnung beurkundet, spräche zunächst eine Vermutung dafür, dass es sich dabei um einen auch zum Zeitpunkt dieser Registereintragung inländischen Ort handelt. Im entsprechenden Ortsbuch ist ein inländischer Ort mit der Gemeindebezeichnung „Rosdzin“ nicht verzeichnet, so dass zum Auffinden des Ortes weitere Ermittlungen (z.B. Einsichtnahme in das Ortsbuch des Geburtsjahrs) angestellt werden müssten. Dies widerspräche dem Grundsatz der Registerklarheit.

(2) Jedoch ist der Länderzusatz gemessen an den aufgezeigten Grundsätzen schon nicht hinreichend eingrenzend. Die Hinzufügung des Verwaltungsbezirks bzw. einer geografischen Bezeichnung führt im Zweifel zu einer besseren Identifizierbarkeit des Geburtsorts des Verstorbenen. Darüber hinaus ist der Länderzusatz auch ungeeignet, um den Geburtsort des Verstorbenen bei gleichzeitiger Wahrung der Prinzipien der Registerwahrheit und -klarheit zutreffend zu konkretisieren. So könnte der unzutreffende Eindruck entstehen, dass der Verstorbene in Polen geboren wurde. Damit wäre das personenstandsrechtliche Ereignis der Geburt hinsichtlich des Geburtsorts nicht so wiedergegeben, wie es sich ereignet hat.

(a) Allerdings ist auch die von dem Beteiligten zu 4 angeregte Bezeichnung „Landkreis Kattowitz“ zur hinreichenden Identifizierung nicht geeignet.

Zwar kann ein Landkreiszusatz grundsätzlich eine eindeutige Kennzeichnung eines Ortes bewirken. Indessen ist der von der Antragstellerin und dem Beteiligten zu 4 benannte Landkreis Kattowitz als kommunale Gebietskörperschaft heute nicht mehr existent und kann daher auch nicht zur näheren Kennzeichnung des Geburtsorts des Verstorbenen herangezogen werden. Die Stadt Kattowitz ist zwischenzeitlich eine kreisfreie Stadt, so dass eine gegenwärtige Suche nach einem Landkreis Kattowitz erfolglos bliebe. Zwar könnte der Landkreiszusatz dahingehend ausgelegt werden, dass der Ort Rosdzin gemeint ist, der im früheren Landkreis Kattowitz belegen war. Allerdings ist wegen des Grundsatzes der Registerklarheit die Eintragung ausschließlich solcher Zusätze zu fordern, die aus heutiger Sicht ohne die Notwendigkeit einer Auslegung aus sich heraus unmissverständlich sind.

(b) Der unrichtige Länderzusatz kann jedoch durch den Zusatz „Oberschlesien“ ersetzt werden.

(aa) Allerdings existiert auch die frühere preußische Provinz Oberschlesien heute nicht mehr. Jedoch versteht man unter dem Begriff „Oberschlesien“ nicht nur diese frühere Gebietskörperschaft, sondern auch den südöstlichen Teil der Region Schlesien, welcher heute größtenteils in Polen liegt. Diese geografische Landschafts- bzw. Gebietsbezeichnung ist unabhängig vom Bestehen der Gebietskörperschaft Oberschlesien und der völkerrechtlichen Staatszugehörigkeit dieses Landstrichs (vgl. Pagels StAZ 1997, 4, 6; Geromiller StAZ 1994, 326; Reichard StAZ 1986, 260; aA Meyer StAZ 1986, 107, 108). Sie kann daher weiterhin zur näheren Kennzeichnung eines Ortes herangezogen werden (vgl. AG Düsseldorf StAZ 2002, 243, 244 [AG Düsseldorf 12.04.2002 – 94 III 27/01]). Da nicht ersichtlich ist, dass in dieser Region noch ein weiterer Ort namens Rosdzin existiert, ist der Geburtsort des Verstorbenen durch den Zusatz „Oberschlesien“ eindeutig identifizierbar.

Die für „Oberschlesien“ teilweise gebräuchliche Abkürzung „OS“ ist hingegen nicht klar genug, um als Kennzeichnungszusatz zu dienen.

(bb) Zwar hat der Beteiligte zu 4 als gemäß § 53 Abs. 2 PStG beschwerdebefugte Aufsichtsbehörde sowohl mit der Beschwerde als auch mit der Rechtsbeschwerde ausschließlich begehrt, dem Ortsnamen anstelle des Zusatzes „Polen“ den Zusatz „Landkreis Kattowitz“ hinzuzufügen. Hieran ist das Rechtsbeschwerdegericht indes nicht gebunden.

Gegenstand der rechtsbeschwerdegerichtlichen Entscheidung ist der in erster Instanz gestellte Berichtigungsantrag, soweit er in zweiter Instanz Verfahrensgegenstand war und nicht durch ein Rechtsmittel beschränkt wurde (Johansson/Sachse Anweisungs- und Berichtigungsverfahren in Personenstandssachen Rn. 1573 f. und 1742 f.). Dieser Antrag ist nicht nur Verfahrensvoraussetzung (§ 48 Abs. 2 Satz 1 PStG), sondern gleichzeitig Sachantrag. Er bindet das Gericht, das dem Antrag also nur stattgeben oder ihn abweisen kann. Es darf dem Antragsteller aber nicht mehr oder etwas anderes zusprechen, als er beantragt hat. Selbst bei festgestellter Unrichtigkeit eines Registereintrags kann einem Berichtigungsantrag nur dann stattgegeben werden, wenn er auf eine richtige Eintragung gerichtet ist; andernfalls bleibt es bei dem unrichtigen Eintrag (Hepting/Gaaz Personenstandsrecht [Stand: 34. Ergänzungslieferung 1997] § 47 PStG Rn. 18 ff.; Johansson/Sachse Anweisungs- und Berichtigungsverfahren in Personenstandssachen Rn. 675 ff. mwN).

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt, den Sterberegistereintrag dahingehend zu berichtigen, dass der Länderzusatz „Polen“ entfällt und dem Ortsnamen Rosdzin entweder „Oberschlesien/OS“ oder „Landkreis/Ldkrs. Kattowitz“ hinzugefügt wird. Der Verfahrensgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war damit begrenzt auf den Länderzusatz zum Ortsnamen und die von der Antragstellerin genannten Möglichkeiten für einen – aus ihrer Sicht richtigen – Kennzeichnungszusatz. Eine spätere Beschränkung dieses Verfahrensgegenstands ist nicht erfolgt. Zwar hat der Beteiligte zu 4 mit seinen Rechtsmitteln lediglich eine Berichtigung dahingehend beantragt, dass dem Ortsnamen der Zusatz „Landkreis Kattowitz“ hinzugefügt wird. Das Recht der Aufsichtsbehörde, unabhängig von einer Beschwer ein Rechtsmittel einzulegen, hat indes zur Folge, dass eine Entscheidung auch entgegen ihrem Begehren abgeändert werden kann. Denn das Rechtsmittel ist im öffentlichen Interesse eingelegt und kann daher – ungeachtet der Auffassung der Behörde – ohne Bindung an den Rechtsmittelantrag und gegebenenfalls über das angestrebte Beschwerdeziel hinaus nur auf die Erlangung einer richtigen Entscheidung gerichtet sein (OLG Zweibrücken StAZ 1993, 11, 12; BayObLG StAZ 1977, 187, 188 mwN). In den Rechtsmittelinstanzen konnten also weiterhin alle von der Antragstellerin benannten Zusätze für eine Berichtigung in Betracht gezogen werden.

  1. Gemäß § 74 Abs. 5 und 6 Satz 1 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die erforderlichen Feststellungen getroffen sind und die Sache daher zur Endentscheidung reif ist.

Dose

Schilling

Nedden-Boeger

Guhling

Krüger

 

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