BGH, Urteil vom 15. Oktober 1987 – III ZR 235/86 Rechtsscheinhaftung aus Vollmachtsurkunde

Oktober 30, 2019

BGH, Urteil vom 15. Oktober 1987 – III ZR 235/86
Rechtsscheinhaftung aus Vollmachtsurkunde
1. BGB § 172 Abs 1 setzt voraus, daß der Vertreter dem Dritten die den Rechtsschein erzeugende Urkunde selbst, also in Urschrift oder – bei notariell beurkundeter Vollmacht – in einer Ausfertigung vorlegt; Abschriften genügen regelmäßig nicht.
2. Wer eine aus materiellen Gründen unwirksame notarielle Vollmacht erteilt, von der bei der notariellen Beurkundung eines Rechtsgeschäfts Gebrauch gemacht wird, kann dem im Beurkundungstermin nicht anwesenden oder vertretenen Geschäftsgegner gegenüber aus Gründen der Rechtsscheinhaftung an die beurkundete Erklärung gebunden sein, wenn der Notar das Vorliegen der Vollmacht ausdrücklich in die Verhandlungsniederschrift aufnimmt und deren Ausfertigung zusammen mit einer Abschrift der Vollmacht dem Geschäftsgegner zustellt.
vorgehend OLG Stuttgart, 29. Juli 1986, 10 U 234/85
vorgehend LG Stuttgart, 13. August 1985, 4 O 21/85
Tatbestand
Der Kläger entschloß sich im Jahre 1980 zum Kauf einer Eigentumswohnung im Rahmen eines Ersterwerbermodells in einem aus sogenannten Nato-Wohnungen bestehenden Projekt in O.. Durch privatschriftlichen „Betreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag“ vom 30. Dezember 1980 beauftragte er die BGA Betreuungsgesellschaft für Anlagevermögen mbH (im folgenden: BGA), die Wohnung in seinem Namen zu erwerben und alle dazu notwendigen Rechtshandlungen vorzunehmen. Die von ihm zu zahlenden Gesamtkosten sind im Vertrag mit 155.061,– DM angegeben. Der Kläger erteilte der BGA zur Durchführung des Vorhabens eine am 24. Februar 1981 notariell beurkundete unwiderrufliche Vollmacht. Dabei wurde der Betreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag „dieser Vollmacht als Anlage beigefügt, verlesen und von dem Vollmachtgeber gebilligt“. Am 22. Oktober 1981 beantragte die BGA zur Finanzierung des Erwerbs im Namen des Klägers bei der Beklagten ein Darlehen über 78.447,– DM, das die Beklagte am 6. November 1981 zusagte. Am 2. April 1982 ließ der Geschäftsführer der BGA unter Vorlage einer Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vom 24. Februar 1981 im Namen des Klägers ein „Persönliches Schuldanerkenntnis“ notariell beurkunden. Darin übernahm der Kläger nach Aufteilung der auf dem Objekt lastenden Gesamtgrundschuld für den auf seinen Eigentumsanteil entfallenden Betrag von 146.447,– DM gegenüber der Beklagten die persönliche Haftung und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. In der notariellen Niederschrift ist vermerkt, daß die Vollmacht vom 24. Februar 1981 in Ausfertigung vorgelegen habe. Der Notar heftete der Ausfertigung seiner Urkunde, die er der Beklagten in Höhe von 78.447,– DM zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilte, eine beglaubigte Abschrift (Fotokopie) der Vollmacht bei. Urschrift oder Ausfertigung der Vollmacht haben der Beklagten zu keiner Zeit vorgelegen.
Der Kläger, der inzwischen als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 2. April 1982 für unzulässig zu erklären. Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
A. Das Berufungsgericht führt im wesentlichen aus: Der Betreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag vom 30. Dezember 1980 sei nichtig, weil er der Form des § 313 Satz 1 BGB entbehre. Die Einbeziehung des Vertrages in die notarielle Beurkundung der Vollmacht habe daran nichts geändert. Die Nichtigkeit des Betreuungsvertrages erfasse nach § 139 BGB auch die Vollmacht. Demzufolge habe die BGA das persönliche Schuldanerkenntnis ohne Vertretungsmacht beurkunden lassen, so daß der Kläger daraus nicht verpflichtet sei. Die Vorschriften über den Rechtsschein (§§ 171 bis 173 BGB) fänden hier keine Anwendung, weil der Beklagten die Vollmacht nicht im Sinne des § 172 Abs. 1 BGB vorgelegt worden sei. Dazu hätte es der Vorlegung der Urschrift oder einer Ausfertigung bedurft. Aus demselben Grunde sei auch der Darlehensvertrag nicht wirksam zustandegekommen.
Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum. Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben.
B. Die Vollstreckungsabwehrklage bleibt ohne Erfolg.
I. Das „Persönliche Schuldanerkenntnis“ ist wirksam.
1. Das Schuldanerkenntnis stellte ein an die Beklagte gerichtetes Angebot zum Abschluß eines Anerkennungsvertrages dar. Die Annahme des Angebots bedurfte nach § 781 BGB nicht der Schriftform; die Beklagte konnte es durch schlüssiges Verhalten annehmen (§ 151 BGB). Das hat sie getan. Indem sie das vom Kläger nach Maßgabe der Darlehensbedingungen unstreitig geschuldete und von ihr gewünschte Anerkenntnis entgegennahm, hat sie ihren Annahmewillen mit der gebotenen Eindeutigkeit bekundet.
2. Die notarielle Vollmacht, von der die BGA bei Abgabe des Schuldanerkenntnisses im Namen des Klägers Gebrauch gemacht hat, war der Beklagten gegenüber wirksam.
a) Allerdings entbehrte der zwischen der BGA und dem Kläger geschlossene Betreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag der in § 313 Satz 1 BGB vorgeschriebenen Form; er war deshalb gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig (Senatsurteil vom 8. November 1984 – III ZR 132/83 – WM 1985, 10).
b) Die Nichtigkeit des Betreuungsvertrages erfaßte auch die notariell beurkundete Vollmacht (§ 139 BGB). Es ist anerkannt, daß mehrere rechtlich selbständige Rechtsgeschäfte nach dem Willen der Parteien zu einem einheitlichen Rechtsgeschäft im Sinne des § 139 BGB verbunden werden können (BGHZ 50, 8, 13; Senatsurteil vom 8. November 1984 aaO S. 11). Das gilt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch im Verhältnis der Vollmachtserteilung zu dem zugrunde liegenden Auftrag. Demgemäß kann im Einzelfall die besondere Verknüpfung beider Rechtsgeschäfte zur Nichtigkeit auch der Vollmacht führen (RGZ 81, 49, 51; BGH Urteil vom 19. Dezember 1963 – V ZR 121/62 – WM 1964, 182, 183; Senatsurteil vom 10. Januar 1985 – III ZR 146/83 – WM 1985, 596, 597). Den dazu erforderlichen sogenannten Einheitlichkeitswillen der Vertragspartner hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt.
c) Die Bindung des Klägers an das Schuldanerkenntnis läßt sich allerdings nicht aus einer unmittelbaren Anwendung der §§ 171 bis 173 BGB herleiten.
aa) Die in diesen Vorschriften begründete Haftung des Vertretenen knüpft an den durch die Vollmachtsurkunde erzeugten Rechtsschein an. Dieser ersetzt für den Gutgläubigen die Bevollmächtigung des Vertreters, wenn diese unwirksam oder erloschen ist. Der den Vertretenen bindende Rechtsschein einer wirksamen Bevollmächtigung entsteht mit der Vorlegung der Urkunde. Nur wenn diese dem Dritten präsentiert wird, ist sein Vertrauen in den Bestand der Vertretungsmacht, wie sie sich aus der Urkunde ergibt, geschützt. Anknüpfungspunkt für die Entstehung des Vertrauenstatbestandes ist also die Vorlegung der Vollmachtsurkunde (Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 172 Rn. 1; Staudinger/ Dilcher BGB 12. Aufl. § 172 Rn. 3; Thiele in MünchKomm 2. Aufl. § 172 Rn. 10).
Die Urkunde ist dem Dritten im Sinne des § 172 Abs. 1 BGB vorgelegt, wenn sie seiner sinnlichen Wahrnehmung unmittelbar zugänglich gemacht wird (BGHZ 76, 76, 78 m.w. Nachw.). Das ist grundsätzlich nur der Fall, wenn der Vertreter dem Dritten die Urkunde zeigt (Steffen aaO). Zumindest muß der Dritte in die Lage versetzt werden, sich unmittelbar Kenntnis von der Urkunde zu verschaffen, mag er dann auch von einer tatsächlichen Einsichtnahme absehen (BGH aaO). Eine bloße Bezugnahme oder Verweisung auf eine Vollmachtsurkunde, die beim Abschluß des Rechtsgeschäfts nicht vorgelegt werden kann, steht der Vorlegung nicht gleich (Steffen aaO Rn. 5; Thiele aaO Rn. 8).
Daraus folgt: § 172 Abs. 1 BGB setzt voraus, daß der Vertreter dem Dritten die den Rechtsschein erzeugende Urkunde selbst, also in Urschrift oder – bei notariell beurkundeter Vollmacht – in einer Ausfertigung (§ 47 BeurkG) vorlegt; Abschriften genügen regelmäßig nicht (RGZ 88, 430, 431; RG JW 1934, 2394, 2395; BGHZ 76, 76, 78; Steffen aaO Rn. 2; Staudinger/Dilcher aaO Rn. 4; Thiele aaO Rn. 8; Soergel/ Schultze-v. Lasaulx BGB 11. Aufl. § 172 Rn. 5; Erman/Brox BGB 7. Aufl. § 172 Rn. 7; Palandt/Heinrichs BGB 46. Aufl. § 173 Rn. 3 b; ebenso für § 174 BGB: BGH Urteil vom 4. Februar 1981 – VIII ZR 313/79 – NJW 1981, 1210). Sie können in unbeschränkter Zahl gefertigt werden, unterliegen nicht der Rückgabepflicht nach § 175 BGB und besagen nichts über den Verbleib der Vollmachtsurkunde und den Fortbestand der Vollmacht (RGZ 56, 63, 67; 88, 430, 431; Thiele aaO; vgl. ferner BGH Urteil vom 4. Februar 1981 aaO).
bb) Zu Recht hat danach das Berufungsgericht eine unmittelbare Anwendung der §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 BGB abgelehnt. Nach seinen unangegriffenen Feststellungen ist die Vollmachtsurkunde der Beklagten zu keiner Zeit in Urschrift oder Ausfertigung vorgelegt worden; die Beklagte hat vielmehr lediglich eine (beglaubigte) Abschrift erhalten.
d) Das schließt indessen nicht aus, die vom Kläger erteilte Vollmacht der Beklagten gegenüber in entsprechender Anwendung der §§ 171 bis 173 BGB oder unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Rechtsscheinhaftung für wirksam zu erachten.
aa) Die §§ 171 bis 173 BGB sind Anwendungsfälle des allgemeinen Rechtsgrundsatzes, daß derjenige, der (durch besonderen Kundgebungsakt) einem gutgläubigen Dritten gegenüber (wissentlich) den Rechtsschein einer Vollmacht setzt, im Verhältnis zu dem Dritten an diese Kundgabe gebunden ist (Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht S. 28ff; Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 171 Rn. 1). Auch wenn im Einzelfall die Voraussetzungen der §§ 171 bis 173 BGB nicht erfüllt sind, kann die nicht wirksam erteilte Vollmacht dem Geschäftsgegner gegenüber aus Gründen der Rechtsscheinhaftung als wirksam zu behandeln sein, sofern dem Rückgriff auf das allgemeine Prinzip gesetzgeberische Wertungen nicht entgegenstehen.
Danach vermag zwar die Vorlegung einer (beglaubigten) Abschrift der dem Vertreter ausgehändigten Vollmachtsurkunde für sich genommen die Haftung des Vertretenen auch nicht in entsprechender Anwendung des § 172 Abs. 1 BGB oder nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen auszulösen, weil die in der genannten Bestimmung zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung dies verbietet. Wohl aber kann eine Haftung aus wissentlich veranlaßtem Rechtsschein zu bejahen sein, wenn das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der Vollmacht an einen anderen Umstand als an die Erteilung einer Abschrift der Vollmacht anknüpft und nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften und allgemeiner Rechtsgrundsätze schutzwürdig erscheint.
bb) Ein solcher Fall ist hier gegeben.
Der Kläger hat nicht etwa nur – wie im Falle der Duldungsvollmacht – das Handeln eines Vertreters ohne Vertretungsmacht geduldet, sondern ausdrücklich eine (notarielle) Vollmacht erteilt, deren Nichtigkeit nach § 139 BGB für Außenstehende nicht erkennbar war. Er hat damit wissentlich die Ursache für einen Rechtsschein gesetzt, dessen besonderem Gewicht eine gesteigerte Schutzbedürftigkeit der gutgläubigen Beklagten entspricht.
Wäre bei der notariellen Beurkundung des Schuldanerkenntnisses ein Vertreter der Beklagten zugegen gewesen, so wäre der Kläger an das von der BGA in seinem Namen erteilte Schuldanerkenntnis auch dann nach § 172 Abs. 1 BGB gebunden gewesen, wenn der Notar in der Vertragsurkunde lediglich auf die ihm vorliegende Vollmacht Bezug genommen und der Vertreter der Beklagten von einer tatsächlichen Einsichtnahme abgesehen hätte (BGHZ 76, 76ff). Dem Umstand, daß der beurkundende Notar die Vollmacht nicht selbst aufgenommen hat, wäre dabei keine Bedeutung zugekommen. Es gibt aber keinen Grund, der im Beurkundungstermin nicht vertretenen gutgläubigen Beklagten diesen Schutz zu versagen, nachdem der Notar das Vorliegen der Vollmacht ausdrücklich in die Urkunde aufgenommen und deren Ausfertigung zusammen mit einer (beglaubigten) Abschrift der Vollmacht der Beklagten zugeleitet hat. Der für die Rechtsscheinhaftung maßgebende Anknüpfungspunkt ist in diesem Fall die beurkundete Erklärung des Notars, daß ihm die Vollmacht bei der Beurkundung des Schuldanerkenntnisses in Ausfertigung vorgelegen habe. Darin liegt die Beurkundung „sonstiger Tatsachen und Vorgänge“ im Sinne des § 36 BeurkG, die letztlich auf der unwirksamen Vollmachtserteilung beruht und auf deren Richtigkeit die Beklagte vertrauen durfte.
Allerdings bleibt in diesen Fällen die allgemeine Rechtsscheinhaftung insofern hinter der Regelung der §§ 171, 172 BGB zurück, als der Geschäftsgegner nicht vor Veränderungen im Bestand oder Inhalt der Vollmacht geschützt wird, die erst nach dem für die Entstehung des Rechtsscheins maßgebenden Zeitpunkt, nämlich zwischen dem Beurkundungstermin und dem Zugang der beurkundeten Erklärungen beim Geschäftsgegner, eintreten. Dieser trägt in dem genannten Zeitraum insbesondere das Risiko eines Widerrufs der Vollmacht.
cc) Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger an das von der BGA in seinem Namen erteilte Schuldanerkenntnis gebunden. Die Frage nach der Gutgläubigkeit der Beklagten ist dabei in Anlehnung an die Regelung in § 173 BGB zu beurteilen.
Der festgestellte Sachverhalt bietet keinen Anhalt, daß die Beklagte beim Abschluß des Anerkennungsvertrages von der auf der Formnichtigkeit des Betreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrages beruhenden Unwirksamkeit der Vollmacht Kenntnis gehabt hat. Daß dies der Fall gewesen sei, behauptet auch der Kläger nicht.
Die Beklagte konnte nach der Rechtsprechung des Senats, ohne sich dem Vorwurf der Fahrlässigkeit auszusetzen, von der Wirksamkeit der Vollmacht ausgehen: Danach durfte eine mit der Finanzierung eines Bauherrenmodells beauftragte Bank im Jahre 1979 auf die Wirksamkeit einer ihr vom Betreuer vorgelegten und diesem aufgrund eines formnichtigen Betreuungsvertrages erteilten notariellen Vollmacht vertrauen (Urteil vom 8. November 1984 aaO; Urteil vom 10. Januar 1985 aaO S. 597f). Ferner ist die Schutzwürdigkeit der Bank nach § 173 BGB zu bejahen, wenn bei im übrigen gleichem Sachverhalt der Betreuer beim Ersterwerbermodell im Namen des Erwerbers zugunsten der Bank in notarieller Form ein persönliches Schuldanerkenntnis abgegeben hat (Nichtannahmebeschluß vom 30. Oktober 1986 – III ZR 262/85 – WM 1987, 307). Schließlich durfte die Bank in solchen Fällen auch noch im August 1982, also nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Abgabe des Schuldanerkenntnisses, darauf vertrauen, daß der Notar die Frage der Formbedürftigkeit des Betreuungsvertrages pflichtgemäß geprüft habe (Nichtannahmebeschluß vom 18. Dezember 1986 – III ZR 97/86 – BGHR BGB § 173 – Nichtigkeit (Vollmacht) 1). Zwar war damals bereits das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 1980 (V ZR 143/79 – NJW 1981, 1267) veröffentlicht. Dieses betraf jedoch die Erwerbspflicht des mit der Beschaffung eines Grundstücks im eigenen Namen Beauftragten und nicht – wie hier – diejenige des Auftraggebers. Zudem ergab sich im Streitfall eine Erwerbspflicht des Klägers nicht schon aufgrund einer ausdrücklichen Bestimmung des Betreuungsvertrages, sondern erst aus dessen Auslegung.
e) Hiernach kann unentschieden bleiben, ob der Betreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag durch nachträgliche Beurkundung wirksam geworden oder gemäß § 313 S. 2 BGB geheilt ist und wie sich dies auf die Beurteilung der Wirksamkeit der Vollmacht auswirken würde.
II. Gegen die Wirksamkeit des Darlehensvertrages, der die Verpflichtung des Klägers zur Abgabe des Schuldanerkenntnisses begründet, bestehen keine Bedenken. Der Abschluß des Darlehensvertrages liegt jedenfalls in der Abgabe des „Persönlichen Schuldanerkenntnisses“ durch den Kläger. Indem die Beklagte diesem das Darlehen zur Verfügung gestellt hat, hat sie ihm den Abschluß des Darlehensvertrages zu den in den Vertragsunterlagen genannten Bedingungen angeboten. Dieses Angebot hat der Kläger dadurch stillschweigend angenommen, daß er seine Darlehensschuld gegenüber der Beklagten nach Maßgabe der Darlehensbedingungen in notarieller Form anerkannt hat.
III. Nach Ansicht des Klägers ist die Beklagte ihm zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihn nicht darüber aufgeklärt habe, daß die von ihm erworbene Eigentumswohnung „zu 100% überteuert“ gewesen sei. Das Berufungsgericht ist hierauf – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht eingegangen. Das führt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils; denn das Vorbringen des Klägers vermag den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht zu rechtfertigen.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe an die BGA 155.061,– DM zahlen müssen, obwohl der Kaufpreis für die Eigentumswohnung nur 84.430,– DM betragen habe und die Wohnung insbesondere wegen des schlechten Zustandes des Objekts in Wirklichkeit höchstens 46.080,– DM wert gewesen sei; dieses Mißverhältnis sei für die Beklagte zumindest erkennbar gewesen. Damit ist indessen eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten nicht dargetan.
Der Kläger bringt keine Einzeltatsachen vor, welche die Annahme, die Beklagte habe mit der BGA zu seinem Nachteil zusammengewirkt, rechtfertigen könnten. Eine Haftung wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht könnte hier nur unter dem Gesichtspunkt eines konkreten Wissensvorsprungs der Beklagten in bezug auf spezielle Risiken des zu finanzierenden Vorhabens in Betracht kommen (Senatsurteil vom 9. Oktober 1986 – III ZR 127/85 – WM 1986, 1561, 1563). Zu diesen vom Kreditinstitut zu tragenden Risiken gehört nicht auch die Beurteilung, ob beim Ersterwerbermodell die dem Treuhänder geschuldeten „Gesamtkosten“ in angemessenem Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts stehen. Darüber muß sich der Erwerber in seinem eigenen Interesse, gegebenenfalls unter Beiziehung eines Fachberaters, in aller Regel selbst unterrichten. Die Beklagte durfte daher bei Abschluß des Darlehensvertrages und Entgegennahme des Schuldanerkenntnisses ohne Sorgfaltsverstoß davon ausgehen, daß der Kläger diese Prüfung vorgenommen habe.

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