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A. Gegenstand des Ausgangsverfahrens |
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Die Parteien streiten über Vergütung für November und Dezember 2013. |
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Der 1948 geborene Kläger war seit 1986 bei der Beklagten als Flugkapitän beschäftigt, zuletzt auf dem Flugzeugmuster Embraer. Daneben wurde er aufgrund einer Zusatzvereinbarung auch in der Ausbildung anderer Piloten eingesetzt. Der Kläger vollendete im Oktober 2013 das 65. Lebensjahr und schied kraft tarifvertraglicher Altersbefristung mit Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung, die bei ihm 65 Jahre und zwei Monate betrug, zum 31. Dezember 2013 aus. Im Streitzeitraum verfügte er weiterhin über die allgemeine Lizenz zum Führen von Verkehrsflugzeugen (ATPL) einschließlich der Musterberechtigung für das Flugzeugmuster Embraer, die Berechtigung als Type Rating Instructor (TRI) zur Ausbildung von Flugzeugführern auf dem Flugzeugmuster Embraer im Flugzeug und im Simulator, die Berechtigung als Type Rating Examiner (TRE) zur Abnahme von Überprüfungen im Flugzeug und im Simulator zum Erhalt oder zur Verlängerung von Lizenzen auf dem Flugzeugmuster Embraer und die Anerkennung als Senior Examiner (SEN) zur Abnahme der Überprüfung von Type Rating Examinern (TREs) unabhängig vom Flugzeugmuster. |
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Die Beklagte forderte den Kläger auf, die ihm überlassenen Arbeitsmittel zum 31. Oktober 2013 zurückzugeben, und beschäftigte ihn nach diesem Zeitpunkt nicht mehr. Auf den Protest des Klägers berief sie sich darauf, dieser dürfe seit Vollendung des 65. Lebensjahres nach FCL.065 b des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011 nicht mehr als Pilot eines Luftfahrzeugs im gewerblichen Luftverkehr tätig sein. |
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Für das Bundesarbeitsgericht ist es erheblich, ob FCL.065 b des Anhangs I der genannten Verordnung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) vereinbar ist. Wird dies bejaht, kommt es weiter darauf an, wie der Begriff „gewerblicher Luftverkehr“ in FCL.065 b bzw. der Bestimmung dieses Begriffs in FCL.010 des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 auszulegen ist. |
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Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das auch auf Arbeitsverhältnisse Anwendung findet, enthält in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung ua. folgende Regelungen: |
„§ 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis |
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. |
§ 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung |
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. |
Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. |
§ 297 Unvermögen des Schuldners |
Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots (…) außerstande ist, die Leistung zu bewirken. |
§ 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko |
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.“ |
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C. Erforderlichkeit der Entscheidung des EuGH |
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Der Arbeitgeber kommt nach § 293 BGB in Annahmeverzug, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm vom Arbeitnehmer ordnungsgemäß angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Obwohl er nicht arbeitet, kann der Arbeitnehmer in diesem Falle nach § 615 Satz 1 BGB die vereinbarte Vergütung verlangen, hat also Anspruch auf die Vergütung, die er erhalten hätte, wenn der Arbeitgeber im Verzugszeitraum die Arbeitsleistung angenommen hätte. |
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Doch ist Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 297 BGB ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Unerheblich ist die Ursache für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Das Unvermögen kann auf tatsächlichen Umständen (wie zB Arbeitsunfähigkeit) beruhen oder seine Ursache im Rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht oder eine erforderliche Erlaubnis für das Ausüben der geschuldeten Tätigkeit fehlt (st. Rspr., zuletzt BAG 21. Oktober 2015 – 5 AZR 843/14 – Rn. 23 mwN). |
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Ist es dem Arbeitnehmer unmöglich, die arbeitsvertraglich vereinbarte Leistung in Gänze oder zum Teil zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers nach § 241 Abs. 2 BGB gebieten, den Arbeitnehmer mit anderen Arbeiten, für die er leistungsfähig ist, zu beschäftigen. Verletzt der Arbeitgeber diese Rücksichtnahmepflicht, kann er sich schadensersatzpflichtig machen (BAG 19. Mai 2010 – 5 AZR 162/09 – Rn. 24 ff., BAGE 134, 296). |
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Annahmeverzug der Beklagten in den Monaten November und Dezember 2013 wäre nach § 297 BGB ausgeschlossen, wenn der Kläger aufgrund von FCL.065 b des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 nach Erreichen des Alters von 65 Jahren nicht mehr als Pilot eines Luftfahrzeugs im gewerblichen Luftverkehr tätig sein durfte. Weil Verordnungen der Union in allen ihren Teilen verbindlich sind und in jedem Mitgliedstaat unmittelbar gelten (Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV), wäre Unvermögen des Kläger (§ 297 BGB) jedenfalls ab dem 1. November 2013 ohne weitere Voraussetzungen eingetreten und hätte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses angedauert. |
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Es erscheint dem Senat aber zweifelhaft, ob die Beschränkung der Lizenz älterer Piloten nach der genannten Verordnung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), insbesondere dem in Art. 21 Abs. 1 GRC enthaltenen Verbot der Diskriminierung wegen des Alters und dem in Art. 15 Abs. 1 verbürgten Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben, vereinbar ist. |
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Der Unionsgesetzgeber ist nach Art. 51 Abs. 1 GRC an die Charta der Grundrechte der Europäischen Union gebunden. Einschränkungen der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten dürfen gemäß Art. 52 Abs. 1 GRC unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen (EuGH 8. April 2014 – C-293/12 – [Digital Rights Ireland] Rn. 38; 22. Mai 2014 – C-356/12 – [Glatzel] Rn. 42). |
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Das Diskriminierungsverbot des Art. 21 Abs. 1 GRC stellt eine besondere Ausprägung des Grundsatzes der Gleichbehandlung dar, der ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts und in Art. 20 GRC niedergelegt ist. Er verlangt entsprechend den Anforderungen von Art. 52 Abs. 1 GRC vom Unionsgesetzgeber, vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich zu behandeln, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (EuGH 14. September 2010 – C-550/07 P – [Akzo Nobel Chemicals] – Rn. 54 f. mwN, Slg. 2010, I-8301; 22. Mai 2015 – C-356/12 – [Glatzel] Rn. 43). Nach FCL.065 b des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 erfahren Inhaber einer Pilotenlizenz, die das Alter von 65 Jahren erreicht haben, eine schlechtere Behandlung als diejenigen, die jünger sind. Ob diese unterschiedliche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist, obliegt der Entscheidung des Gerichtshofs, Art. 267 Abs. 1b AEUV. |
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Außerdem schränkt FCL.065 b des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 das in Art. 15 Abs. 1 GRC jeder Person verbürgte Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben, ein, indem ein Pilot, obwohl er Inhaber einer entsprechenden Lizenz ist, nicht mehr als Pilot im gewerblichen Luftverkehr tätig werden darf, wenn er das Alter von 65 Jahren erreicht hat. Dabei nimmt die Vorschrift keine Rücksicht darauf, ob der Pilot alle Voraussetzungen für den Bezug einer Altersrente erfüllt. So wird in der Bundesrepublik Deutschland die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung von Versicherten ab dem Geburtsjahr 1964 erst mit der Vollendung des 67. Lebensjahrs erreicht, für Versicherte der Geburtsjahre 1947 bis 1963 liegt die Regelaltersgrenze zwischen 65 Jahre und ein Monat und 66 Jahre und zehn Monate. |
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Ist FCL.065 b des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 wirksam, könnte der Kläger seine Forderung allenfalls als Schadensersatz nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB geltend machen. Grund und Höhe eines solchen Anspruchs hängen für den Senat ua. davon ab, ob der Kläger nach Erreichen des Alters von 65 Jahren noch sog. Leerflüge hätte durchführen dürfen und/oder als Ausbilder und Prüfer im Flugzeug hätte tätig werden können. Dafür kommt es auf die Auslegung des Begriffs „gewerblicher Luftverkehr“ in FCL.065 b des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 an, die auch unter Berücksichtigung der Bestimmung dieses Begriffs in FCL.010 des Anhangs I der genannten Verordnung nicht offenkundig ist. |
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