|
|
|
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Bei der Berechnung der Grundabfindung nach II. 2.2 Satz 3 Rahmensozialplan ist dasjenige Bruttomonatsgrundgehalt maßgebend, welches dem Kläger aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegen, im Monat Februar 2015 als Vollzeitbeschäftigter zugestanden hätte. Das ist nach II. 2.3 Rahmensozialplan, begrenzt durch die vorgesehene Beitragsbemessungsgrenze, ein Bruttomonatsgrundgehalt iHv. 6.050,00 Euro brutto. Dies ergibt den beanspruchten Differenzbetrag. |
|
|
I. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Sozialpläne als Betriebsvereinbarungen eigener Art wegen ihrer normativen Wirkungen (§ 77 Abs. 4 Satz 1, § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG) wie Tarifverträge auszulegen. Ausgehend vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Darüber hinaus sind Sinn und Zweck der Regelung von besonderer Bedeutung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG 5. Mai 2015 – 1 AZR 826/13 – Rn. 18 mwN). Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sind kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste, sondern sollen die künftigen Nachteile ausgleichen, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können (BAG 11. November 2008 – 1 AZR 475/07 – Rn. 19 mwN, BAGE 128, 275). Sie unterliegen der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle und sind daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht wie dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sind (BAG 11. November 2008 – 1 AZR 475/07 – Rn. 18, aaO). |
|
|
II. Nach diesen Maßstäben ist der Grundabfindungsanspruch des Klägers noch nicht vollständig erfüllt. Die Beklagte hat diesen unzutreffend berechnet. |
|
|
1. Der Anspruch des Klägers folgt allerdings nicht bereits aus einem vom Landesarbeitsgericht angenommenen Verstoß von II. 2.3 Rahmensozialplan gegen Paragraph 5 Nr. 2 der überarbeiteten Fassung der Rahmenvereinbarung vom 18. Juni 2009 im Anhang zur Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG (Rahmenvereinbarung). Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei dieser Bestimmung nicht um einen Teil des Primärrechts der Europäischen Union, der unmittelbar zwischen den Parteien Anwendung findet. Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 22. Oktober 2009 ausgeführt, dass Paragraph 6 Rahmenvereinbarung als Ausdruck eines Grundsatzes des Sozialrechts der Gemeinschaft verstanden werden müsse, dem eine besondere Bedeutung zukomme. Deshalb dürfe die Bestimmung „nicht restriktiv ausgelegt werden“ (- C-116/08 – [Meerts] Rn. 42; ebenso 7. September 2017 – C-174/16 – Rn. 44 mwN). Aufgrund dieser Ausführungen des Gerichtshofs kann es aber nicht als geklärt angesehen werden (acte éclairé), bei den Regelungen in Paragraph 5 Nr. 2 Rahmenvereinbarung handele es sich zugleich um einen Teil des Primärrechts der Europäischen Union, wie es das Landesarbeitsgericht gemeint hat, oder diesem Grundsatz des Sozialrechts komme zwischen den Vertragsparteien ein zwingender Charakter zu (vgl. EuGH 17. April 2018 – C-414/16 – [Egenberger] Rn. 76 mwN). |
|
|
2. Der Kläger kann die Sozialplangrundabfindung auf Basis des Bruttomonatsgrundgehalts verlangen, welches ihm bei einer Vollzeitbeschäftigung im Monat Februar 2015 zugestanden hätte. |
|
|
a) Der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht. Ob Paragraph 5 Rahmenvereinbarung zwischen den Vertragsparteien eine zwingende Wirkung entfaltet, bedarf keiner Klärung. Diese Rechtsfrage ist nicht entscheidungserheblich. |
|
|
b) Für die Berechnung der Grundabfindung nach II. 2.2 Satz 3 Rahmensozialplan ist nach deren II. 2.3 Satz 1 dasjenige Bruttomonatsgrundgehalt maßgebend, welches dem jeweiligen Arbeitnehmer nach den vertraglichen Vereinbarungen für den Monat Februar 2015 zusteht. Anders als die Arbeitgeberin meint, kommt es nicht darauf an, in welcher Höhe dem Arbeitnehmer in diesem Referenzmonat tatsächlich ein Gehalt geleistet wurde. |
|
|
Der Rahmensozialplan regelt in II. 2.3 als Grundlage für die Abfindung das „Bruttomonatsgrundgehalt (fix salary) für den Monat Februar 2015“ und lässt weitere benannte Entgeltbestandteile unberücksichtigt. Die Regelung stellt nicht auf das tatsächlich im Referenzmonat geleistete Entgelt, sondern auf die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ab. Der Begriff „Bruttomonatsgrundgehalt“ beschreibt die dem Arbeitnehmer vertraglich im Monat zustehende Vergütung. Dem Wortlaut lässt sich keine Einschränkung entnehmen, es solle das im Monat Februar 2015 tatsächlich geleistete „Bruttomonatsgrundgehalt“ maßgebend sein. Die Systematik des Rahmensozialplans sowie Sinn und Zweck der Abfindungsregelung sprechen ebenso für diese Auslegung. Die Betriebsparteien haben in II. 2.3 Satz 1 Rahmensozialplan für die Berechnung einzelne Entgeltbestandteile – „ohne Zulagen, Sonderzahlungen, Prämien, variable Anteile und Boni“ – ausdrücklich ausgenommen, die entweder von der konkreten Durchführung des Arbeitsverhältnisses im Referenzmonat abhängig sind oder eine Entgeltzahlung gerade in diesem Monat erfolgte, obwohl sie von der Arbeitsleistung über einen längeren Zeitraum vergüten soll. Damit soll verhindert werden, dass sich die Abfindungshöhe anhand von „zufälligen“ im Referenzmonat zu leistenden Zahlungen bestimmt. Dieser Zielsetzung entspricht es, wenn die Betriebsparteien in II. 2.3 Rahmensozialplan auf das vertraglich vereinbarte Bruttomonatsgrundgehalt abstellen. Dadurch ist gewährleistet, dass ein (vorübergehendes) Ruhen der Hauptleistungspflichten im betreffenden Monat – sei es aufgrund einer in Anspruch genommenen Elternzeit, Pflegezeit oder Familienpflegezeit, einem ggf. nicht mehr bestehenden Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem EFZG oder bei der Vereinbarung von „unbezahltem Sonderurlaub“ – nicht zu einer Minderung der Grundabfindung führt. Allein ein solches Verständnis führt für die vorliegende Regelung zu einem gesetzeskonformen Auslegungsergebnis. Nur dann unterbleibt eine im Hinblick auf die zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion der Abfindungszahlung sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern, bei denen keine Ruhenstatbestände vorliegen gegenüber anderen, bei denen diese zu einem geringeren Bruttomonatsgrundgehalt im Monat Februar 2015 führen können. |
|
|
c) Für die Berechnung der Grundabfindung des Klägers ist nicht der für die Dauer der vorübergehenden Elternzeit nach der sog. Vereinbarungslösung über die Verringerung der Arbeitszeit nach § 15 Abs. 5 Satz 2 BEEG bestehende Teilzeitentgeltanspruch maßgebend, sondern dasjenige Bruttomonatsentgelt, welches ihm nach den – nach wie vor bestehenden – arbeitsvertraglichen Vereinbarungen als Vollzeitbeschäftigter im Monat Februar 2015 zugestanden hätte. |
|
|
aa) Eine in einem bestehenden Vollzeitarbeitsverhältnis während der Elternzeit ausgeübte Teilzeitbeschäftigung iSv. § 15 Abs. 5 BEEG begründet kein anderes Arbeitsverhältnis zusätzlich zu dem bereits bestehenden. Dies kann nur bei einer völligen Neuordnung der Rechtsbeziehungen durch die Arbeitsvertragsparteien angenommen werden (BAG 26. September 2017 – 1 AZR 717/15 – Rn. 55 mwN, BAGE 160, 237). |
|
|
bb) Ein Verständnis der Regelung des II. 2.3 Rahmensozialplan dahingehend, bei einer während der Elternzeit ausgeübten Teilzeitbeschäftigung mit einem sich anschließenden automatischen „Aufleben“ der ursprünglichen Arbeitsverpflichtung (vgl. BAG 5. Mai 2015 – 1 AZR 826/13 – Rn. 24 mwN) sei das aufgrund der Teilzeittätigkeit nach § 15 Abs. 5 Satz 2 BEEG vereinbarte Bruttomonatsgrundgehalt im Referenzmonat für die Berechnung der Grundabfindung maßgebend, führt zu keinem gesetzeskonformen Auslegungsergebnis. Es bewirkte eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung zwischen Arbeitnehmern, die in der beanspruchten Elternzeit beim betreffenden Arbeitgeber nicht erwerbstätig gewesen sind und deshalb das arbeitsvertraglich vereinbarte Bruttomonatsgrundgehalt für die Berechnung der Abfindung maßgebend ist, und solchen, die in Elternteilzeit tätig sind und bei denen das Teilzeitentgelt auf Grundlage der Vereinbarung nach § 15 Abs. 5 Satz 2 BEEG maßgebend wäre (ausf. BAG 26. September 2017 – 1 AZR 717/15 – Rn. 56 mwN, BAGE 160, 237). Soweit die Revision geltend macht, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Rahmensozialplans habe es keine Arbeitnehmer mit vollständig ruhendem Arbeitsverhältnis gegeben, handelt es sich um ein in der Revisionsinstanz unzulässiges, weil neues – und zudem pauschales – Tatsachenvorbringen. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht auch keine ihren Vortrag tragenden Feststellungen getroffen, an die der Senat gebunden wäre. Im Übrigen bleibt nach dem Vorbringen der Beklagten offen, wie die Betriebsparteien bereits bei Unterzeichnung von „Interessenausgleich und Rahmensozialplan“ am 11. Februar 2015 davon ausgehen konnten, für den restlichen Monat werde es in keinem Fall zu einem Ruhen von Hauptleistungspflichten kommen. |
|
|
cc) Die Beklagte kann sich für ihre Auffassung, eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in Elternteilzeit und solchen, deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Elternteilzeit vollständig ruht, sei im Hinblick auf die zu erwartenden geringeren Nachteile bei in Elternteilzeit befindlichen Arbeitnehmern möglich und eine solche hätten die Betriebsparteien in II. 2.3 Rahmensozialplan mit dem Referenzmonat Februar 2015 getroffen, nicht auf die Entscheidung des Senats vom 5. Mai 2015 (- 1 AZR 826/13 – Rn. 23) stützen. Dies zugunsten der Beklagten unterstellt, wäre II. 2.3 Rahmensozialplan nicht gesetzeskonform, weil inkohärent. Hätten die Betriebsparteien eine solche Differenzierung vornehmen wollen, die den „Vorteil des Erhalts der beruflichen Praxis berücksichtigt“, hätten sie aus Rechtsgründen eine andere Regelung treffen müssen. Allein eine Anknüpfung an die tatsächlichen Verhältnisse in lediglich einem Referenzmonat ohne jede Differenzierung nach der zeitlichen Dauer oder Lage einer Elternzeit oder Elternteilzeit lässt keine typisierende Aussage über Verlust oder Erhalt des beruflichen Wissens zu. Sie ist für eine Bewertung von künftigen Arbeitsmarktchancen nicht tauglich (vgl. BAG 26. September 2017 – 1 AZR 717/15 – Rn. 58 mwN, BAGE 160, 237). |
|
|
dd) Diese Auslegung der Sozialplanbestimmung verbietet sich nicht deshalb, weil sie zu einem Verstoß gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 Abs. 1 BetrVG aufgrund des Diskriminierungsverbots des § 4 Abs. 1 TzBfG führt. Das hat der Senat in der Entscheidung vom 5. Mai 2015 (- 1 AZR 826/13 – Rn. 25) ausführlich begründet, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. |
|
|
ee) Schließlich steht die vorstehende Begründung – anders als die Beklagte es meint – nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom 22. September 2009. Zwar befand sich die Klägerin in diesem Verfahren ursprünglich in Elternteilzeit. Sie hielt aber die Teilzeitbeschäftigung in diesem Umfang auch nach Ablauf der Elternzeit aufrecht. Die maßgebende Gruppenbildung war daher diejenige zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten. Darüber hinaus hatten die Betriebsparteien für Arbeitnehmer, bei denen sich in den letzten zwei Jahren vor Abschluss des maßgebenden Sozialplans wesentliche Änderungen der wöchentlichen Arbeitszeit ergeben hatten, eine Durchschnittsberechnung vereinbart, um Härten oder Privilegierungen zu vermeiden (- 1 AZR 316/08 – Rn. 17, 20 ff., BAGE 132, 132). |
|
|
d) Der Kläger kann die weitere Abfindungszahlung in der beanspruchten Höhe verlangen. Zwar hat er seiner Berechnung das für ihn maßgebende Bruttomonatsgrundgehalt für die Zeit vor Inanspruchnahme der ersten Elternzeit iHv. 6.135,25 Euro zugrunde gelegt. Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Verringerung des vertraglich vereinbarten Bruttomonatsentgelts – zudem unterhalb der Bemessungsgrenze des Rahmensozialplans – sind aber weder vorgetragen noch ergeben sich hierfür Anhaltspunkte. |
|