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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Kündigung des Beklagten vom 22. April 2013 wegen Mängeln im Verfahren nach § 17 KSchG unwirksam ist. Darauf, ob im Vorfeld dieser Kündigung noch eine funktionsfähige Personalvertretung gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG bestand, mit der das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG durchgeführt werden konnte und durchzuführen war, kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob der Kläger mit der Rüge, die Kündigung sei unwirksam, weil der Massenentlassungsanzeige entgegen § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG keine Stellungnahme dieses Gremiums beigefügt gewesen sei, nach § 6 Satz 1 KSchG präkludiert ist. Die Kündigung des Beklagten vom 22. April 2013 ist nämlich jedenfalls deshalb unwirksam, weil sie im zeitlichen Zusammenhang mit einer Massenentlassung erfolgte und deshalb einer (erneuten) Massenentlassungsanzeige bedurfte. Eine solche Anzeige ist nicht erfolgt. Die Massenentlassungsanzeige vom 8. April 2013 war durch die Kündigung vom 9. April 2013 verbraucht. |
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I. Die Revision macht allerdings mit Recht geltend, das Landesarbeitsgericht sei bei seiner Annahme, sein Prüfprogramm sei nicht nach § 6 Satz 1 KSchG beschränkt, von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen. Bei seiner Auffassung, Mängel im Konsultationsverfahren könnten erstmals im Berufungsrechtszug gerügt werden, sofern erstinstanzlich Rügen hinsichtlich des Anzeigeverfahrens erhoben worden seien, weil es nicht darauf ankomme, welcher konkrete einzelne Mangel letztlich durchschlage, hat es nicht ausreichend berücksichtigt, dass das Verfahren nach § 17 KSchG in zwei getrennt durchzuführende Verfahren mit jeweils unterschiedlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen unterfällt. |
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1. Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift des § 6 Satz 1 KSchG dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eröffnen, auch nach Ablauf der Frist des § 4 KSchG noch andere Unwirksamkeitsgründe in den Prozess einzuführen, auf die er sich zunächst nicht berufen hat. Diese Rügemöglichkeit hat er jedoch auf die Zeit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz beschränkt, um dem Arbeitgeber alsbald Klarheit über den Bestand oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verschaffen. Dieser soll sich nicht erstmals in zweiter Instanz auf einen bis dahin in das gerichtliche Verfahren nicht eingeführten anderen Unwirksamkeitsgrund einlassen müssen und soll nicht die dafür erheblichen Tatsachen ermitteln und die entsprechenden Beweise beibringen müssen (vgl. BAG 24. Mai 2012 – 2 AZR 206/11 – Rn. 50). Der Arbeitnehmer muss darum alle weiteren Unwirksamkeitsgründe spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz in den Prozess einführen. Geschieht dies nicht, ist er mit diesen Unwirksamkeitsgründen grundsätzlich ausgeschlossen (BAG 18. Januar 2012 – 6 AZR 407/10 – Rn. 13, BAGE 140, 261). Insofern hat § 6 Satz 1 KSchG mit der zum 1. Januar 2004 erfolgten Neufassung durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) einen Bedeutungswandel erfahren: Die Norm ermöglicht nicht mehr, wie § 6 KSchG aF, nur die Erweiterung der aus anderen Gründen erhobenen Klage auf die Feststellung der Sozialwidrigkeit der Kündigung (zum Bedeutungsgehalt des § 6 KSchG aF Zeuner NZA 2012, 1414, 1415), sondern beschränkt auch die Möglichkeit des Arbeitnehmers, nach Ablauf der Klagefrist weitere Unwirksamkeitsgründe nachzuschieben (BAG 8. November 2007 – 2 AZR 314/06 – Rn. 16, BAGE 124, 367; Eylert NZA 2012, 9, 10; aA Zeuner NZA 2012, 1414, 1416). |
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2. Der in § 17 KSchG geregelte besondere Kündigungsschutz bei Massenentlassungen unterfällt in zwei getrennt durchzuführende Verfahren mit jeweils eigenen Wirksamkeitsvoraussetzungen, nämlich die in § 17 Abs. 2 KSchG normierte Pflicht zur Konsultation des Betriebsrats einerseits und die in § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG geregelte Anzeigepflicht gegenüber der Agentur für Arbeit andererseits. Das Konsultationsverfahren steht selbständig neben dem Anzeigeverfahren. Beide Verfahren dienen in unterschiedlicher Weise der Erreichung des mit dem Massenentlassungsschutz verfolgten Ziels (BAG 21. März 2013 – 2 AZR 60/12 – Rn. 28, BAGE 144, 366; 13. Dezember 2012 – 6 AZR 752/11 – Rn. 62). Das bringt die Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (Massenentlassungsrichtlinie – MERL -, ABl. EG L 225 vom 12. August 1998 S. 16) deutlicher zum Ausdruck als § 17 KSchG, mit dem diese Richtlinie umgesetzt worden ist. Dort ist das Konsultationsverfahren in Teil II (Information und Konsultation), die Anzeigepflicht dagegen in Teil III (Massenentlassungsverfahren) geregelt. Im Konsultationsverfahren soll der Betriebsrat konstruktive Vorschläge unterbreiten können, um die Massenentlassung zu verhindern oder jedenfalls zu beschränken (BAG 20. September 2012 – 6 AZR 155/11 – Rn. 60, BAGE 143, 150). Erfolgt gleichwohl eine Massenentlassung, soll die Agentur für Arbeit durch die Anzeige der Massenentlassung in die Lage versetzt werden, Maßnahmen zur Vermeidung oder zum Aufschub von Belastungen des Arbeitsmarkts einzuleiten, die Folgen der Entlassungen für die Betroffenen zu mildern und für deren anderweitige Beschäftigung zu sorgen (BAG 21. März 2013 – 2 AZR 60/12 – Rn. 28, 44, aaO). |
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3. Jedes dieser beiden Verfahren stellt ein eigenständiges Wirksamkeitserfordernis für die im Zusammenhang mit einer Massenentlassung erfolgte Kündigung dar. § 17 Abs. 2 KSchG einerseits und § 17 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 KSchG andererseits sind zwei unterschiedliche Verbotsgesetze, die bei Verstößen gegen die gesetzlichen Anforderungen jeweils unabhängig voneinander zur Unwirksamkeit der Kündigung führen (für das Anzeigeverfahren BAG 22. November 2012 – 2 AZR 371/11 – Rn. 39 ff., BAGE 144, 47; für das Konsultationsverfahren BAG 21. März 2013 – 2 AZR 60/12 – Rn. 21 ff., BAGE 144, 366). Darum reicht es entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts zur Vermeidung der Präklusion nach § 6 Satz 1 KSchG nicht aus, erstinstanzlich Mängel aus dem einen Verfahren zu rügen, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu eröffnen, auch Mängel des anderen Verfahrens und die daraus folgende Unwirksamkeit der Kündigung erstmals im Berufungsverfahren geltend zu machen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Arbeitnehmer bereits in der ersten Instanz Mängel rügt, die sich eindeutig erkennbar dem Verfahren hinsichtlich der Anzeigepflicht und/oder dem Konsultationsverfahren zuordnen lassen. Hinsichtlich der Mängel, die bezüglich des nicht bereits in erster Instanz angesprochenen Verfahrens bestehen, ist er in zweiter Instanz bei ordnungsgemäß erteiltem Hinweis durch § 6 Satz 1 KSchG präkludiert (zur Möglichkeit der Präklusion mit Rügen nach § 17 KSchG vgl. bereits BAG 13. Dezember 2012 – 6 AZR 5/12 – Rn. 57). |
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4. Die von § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG verlangte Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats bzw. die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Anzeige (BAG 28. Juni 2012 – 6 AZR 780/10 – Rn. 52, BAGE 142, 202). Zum Anzeigeverfahren gehört darum auch die in der MERL nicht vorgesehene (vgl. dazu EUArbR/Spelge RL 98/59/EG Art. 3 Rn. 11) Pflicht des Arbeitgebers, der Anzeige die Stellungnahme des Betriebsrats beizufügen bzw. diese nach den in § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG geregelten Grundsätzen zu ersetzen. Diese Pflicht ist Teil der nationalen Ausgestaltung des Anzeigeverfahrens. Darum kann zB ein Arbeitnehmer, der in der ersten Instanz nur rügt, die vom Betriebsrat erteilte Stellungnahme sei der Anzeige nicht beigefügt worden, bei ordnungsgemäß erteiltem Hinweis Mängel des Konsultationsverfahrens in der Berufungsinstanz nicht mehr geltend machen, weil sich diese Rüge allein auf das Anzeige-, nicht aber auf das Konsultationsverfahren bezieht. |
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II. Es kann dahinstehen, ob nach vorstehenden Grundsätzen der Kläger mit der Rüge des § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG präkludiert ist, weil er in der Klageschrift ausdrücklich vorgetragen hat, seines Wissens bestehe kein Betriebsrat, und so zu erkennen gegeben hat, dass er eine ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats bzw. der Personalvertretung nach § 117 Abs. 2 BetrVG nicht als Voraussetzung für die Wirksamkeit des Anzeigeverfahrens ansehe. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geltendmachung iSd. § 6 Satz 1 KSchG zu klären (offengelassen auch von BAG 4. Mai 2011 – 7 AZR 252/10 – Rn. 21, BAGE 138, 9). Insbesondere besteht kein Anlass, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es insoweit genügt, einen möglichen Unwirksamkeitsgrund erstinstanzlich pauschal anzusprechen und sich der Arbeitgeber bereits deswegen umfassend darauf einstellen muss, zu allen insoweit in Betracht kommenden Gesichtspunkten vortragen zu müssen, oder ob er sich jedenfalls dann darauf einrichten darf, mit einem erstinstanzlich gerügten Unwirksamkeitsgrund in der Berufungsinstanz nicht mehr konfrontiert zu werden, wenn er diesem Grund mit schlüssigem Tatsachenvortrag entgegengetreten ist, den der Arbeitnehmer nicht bestritten hat. Ebenso wenig ist die vom Landesarbeitsgericht umfangreich erörterte Frage, ob überhaupt noch ein nach § 17 Abs. 2 KSchG zu beteiligendes Gremium bestand und deshalb die Beifügung einer Stellungnahme der Personalvertretung Wirksamkeitserfordernis der Massenentlassungsanzeige war, entscheidungserheblich. Die Kündigung vom 22. April 2013 ist nämlich bereits deshalb unwirksam, weil die dafür erforderliche erneute Massenentlassungsanzeige nicht erfolgt ist. |
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1. Der Senat ist nicht gehindert, das Berufungsurteil darauf zu überprüfen, ob die Kündigung vom 22. April 2013 unwirksam ist, weil es an der erforderlichen Massenentlassungsanzeige fehlt. Ist die Revision zulässig und ordnungsgemäß begründet, hat das Revisionsgericht das angefochtene Urteil innerhalb desselben Streitgegenstands ohne Bindung an die erhobenen Sachrügen unter allen rechtlichen Gesichtspunkten auf seine materielle Richtigkeit und mögliche Rechtsfehler hin zu prüfen (§ 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO). |
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2. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass es sich bei der Kündigung vom 22. April 2013 um eine neue, eigenständige Kündigungserklärung handelte. Diese Auslegung der Kündigungserklärung, bei der es sich um eine atypische Willenserklärung handelt, durch das Landesarbeitsgericht kann in der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat. Derartige Fehler zeigen die von der Revision mit Schriftsatz vom 18. Januar 2016 geführten Angriffe nicht auf. |
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a) Die Revision berücksichtigt bei ihrer Argumentation, der Kündigung vom 22. April 2013 habe keine neue Kündigungsabsicht zugrunde gelegen und aufgrund der vorsorglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt erklärten Kündigung vom 9. April 2013 habe es im Grunde genommen wegen der unzutreffenden Kündigungsfrist keiner Korrektur dieser Kündigung bedurft, nicht, dass sich der Beklagte für diesen Weg nicht entschieden hat. Er hat vielmehr im Schreiben vom 23. April 2013 ausdrücklich darum gebeten, das erste Kündigungsschreiben als „gegenstandslos“ zu betrachten und erklärt, in der Anlage werde ein „neues“ Kündigungsschreiben mit der richtigen Kündigungsfrist übersandt. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler darin den Willen des Beklagten erkannt, eine weitere, eigenständige Kündigung zu erklären. |
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b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass sich aus dem prozessualen Verhalten des Klägers die konkludente Annahme des Angebots des Beklagten aus dem Schreiben vom 23. April 2013 ergibt. Dagegen richtet die Revision keine Angriffe. |
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3. Für die Kündigung vom 22. April 2013 war eine erneute Massenentlassungsanzeige erforderlich. |
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a) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass alle 218 Mitarbeiter des fliegenden Personals entlassen worden sind und dass dies eine Massenentlassung iSv. § 17 KSchG darstellte. Es hat dabei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (st. Rspr. seit BAG 23. März 2006 – 2 AZR 343/05 – BAGE 117, 281) den unionsrechtlichen Entlassungsbegriff zugrunde gelegt und deshalb auf die Erklärung der Kündigungen abgestellt. Dagegen erhebt die Revision keine Rügen. Aus der vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Liste, die der Massenentlassungsanzeige vom 8. April 2013 beigefügt war, ergibt sich, dass sämtliche Kündigungen unter Beachtung der Kündigungsfristen des § 622 BGB bzw. der Höchstfrist des § 113 Satz 2 InsO frühestens zum 15. Mai 2013 und spätestens zum 31. Juli 2013 erfolgen sollten. Dies setzt die Erklärung sämtlicher Kündigungen noch im April 2013 voraus. |
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b) Damit war nicht nur die erste, am 9. April 2013 erklärte Kündigung anzeigepflichtig, sondern auch die zweite Kündigung vom 22. April 2013. Nach dem unzweideutigen Wortlaut des § 17 Abs. 1 KSchG, der dem des Art. 1 Abs. 1 Buchst. a lit i der MERL entspricht, sind alle nach § 17 Abs. 1 KSchG maßgeblichen Entlassungstatbestände, die innerhalb von 30 Kalendertagen erfolgen, zusammenzuzählen. Das gilt auch dann, wenn sie auf einem neuen, eigenständigen Kündigungsentschluss beruhen (ErfK/Kiel 16. Aufl. § 17 KSchG Rn. 17; APS/Moll 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 49a; vgl. BAG 25. April 2013 – 6 AZR 49/12 – Rn. 154 f.; 22. April 2010 – 6 AZR 948/08 – Rn. 19, BAGE 134, 176). Darum waren alle Kündigungserklärungen, die innerhalb von 30 Tagen vor oder nach der zweiten Kündigung erfolgten, mit dieser zusammenzuzählen. Wegen der im April 2013 erklärten Kündigungen von weiteren 217 Mitarbeitern des fliegenden Personals war auch die Kündigung des Klägers vom 22. April 2013 anzeigepflichtig (vgl. BAG 25. April 2013 – 6 AZR 49/12 – Rn. 154 f.). |
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c) Der Beklagte hat zwar am 8. April 2013 eine Massenentlassungsanzeige erstattet, die auch den Kläger erfasste. Diese Anzeige war jedoch mit der Erklärung der Kündigung vom 9. April 2013 verbraucht. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts reichte es zur Erfüllung der Anzeigepflicht nicht aus, dass die spätere Kündigung in einem – vom Standpunkt des Landesarbeitsgerichts betrachtet, demselben – „Massenentlassungskontext“ erfolgte. Ein derartiges Verständnis widerspricht Sinn und Zweck der Anzeigepflicht. |
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aa) Hauptziel der MERL ist es, die sozioökonomischen Auswirkungen von Massenentlassungen aufzufangen, indem vor solchen Entlassungen Konsultationen mit Arbeitnehmervertretern erfolgen und die zuständige Behörde unterrichtet wird (vgl. EuGH 15. Februar 2007 – C-270/05 – [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 28, Slg. 2007, I-1499; 10. Dezember 2009 – C-323/08 – [Rodríguez Mayor ua.] Rn. 44, Slg. 2009, I-11621). Als ein selbständiger Teil dieses Massenentlassungsschutzes soll die Anzeigepflicht, wie ausgeführt, die Arbeitsverwaltung in die Lage versetzen, Maßnahmen einzuleiten, die die Belastungen des Arbeitsmarkts vermeiden oder zumindest verzögern, die Folgen der Entlassungen für die Betroffenen zu mildern und für deren anderweitige Beschäftigung zu sorgen (BAG 21. März 2013 – 2 AZR 60/12 – Rn. 28, 44, BAGE 144, 366; vgl. bereits 28. Juni 2012 – 6 AZR 780/10 – Rn. 44, BAGE 142, 202). |
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bb) Ausgehend von diesem Zweck ist entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts eine erneute Anzeige nicht nur erforderlich, wenn die Nachkündigung – wie es in dem der Entscheidung des Senats vom 22. April 2010 (- 6 AZR 948/08 – BAGE 134, 176) zugrunde liegenden Rechtsstreit der Fall war – im Zusammenhang mit einer weiteren Massenentlassung, etwa einer zweiten Kündigungswelle, erfolgt. § 17 Abs. 1 KSchG verpflichtet den Arbeitgeber bei richtlinienkonformem Verständnis dazu, die Anzeige vor der „beabsichtigten“ Entlassung, dh. Kündigungserklärung, zu erstatten. Die Kündigung kann daher erst erklärt werden, wenn die Massenentlassungsanzeige erfolgt ist (vgl. EuGH 27. Januar 2005 – C-188/03 – [Junk] Rn. 46 ff., Slg. 2005, I-885). Darum muss vor jeder Kündigungserklärung, die Teil einer Massenentlassung ist, für alle von dieser Entlassung erfassten Arbeitnehmer eine Anzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit erfolgen (vgl. BAG 22. April 2010 – 6 AZR 948/08 – Rn. 14, 19 f., aaO). Ist die Kündigungserklärung abgegeben, kann keine wirksame Anzeige mehr erstattet werden. Erfolgt im selben Betrieb iSv. § 17 KSchG eine weitere Kündigung wie die des Arbeitsverhältnisses des Klägers vom 22. April 2013 innerhalb der 30-Tages-Frist und damit in dem von der MERL und § 17 KSchG geforderten zeitlichen Zusammenhang mit der Massenentlassung, ist für sie vor Abgabe der Kündigungserklärung eine eigenständige Massenentlassungsanzeige erforderlich. In einem solchen Fall stellt auch die (Nach-)Kündigung eines einzelnen Arbeitnehmers einen anzeigepflichtigen Tatbestand dar. In der Praxis ist insoweit eine Nachmeldung des später gekündigten Arbeitnehmers an die zuständige Agentur für Arbeit erforderlich. Es handelt sich – anders als etwa bei der Kündigung eines einzelnen Arbeitnehmers in einem anderen, weit entfernten Betrieb (vgl. dazu EuGH 30. April 2015 – C-80/14 – [USDAW und Wilson] Rn. 64) – um einen Tatbestand, auf den die Anzeigepflicht zugeschnitten ist. Auch eine solche Kündigung eines einzelnen Arbeitnehmers löst wegen des zeitlichen Zusammenhangs mit anderen Entlassungen, die den Schwellenwert überschreiten, die sozioökonomischen Folgen aus, die die Anzeigepflicht auffangen soll. Dieses Verständnis liegt bereits den Ausführungen des Senats zur – im konkreten Fall wegen Verstreichens der 30-Tages-Frist dann verneinten – Anzeigepflicht zur Nachkündigung von Arbeitnehmern mit Sonderkündigungsschutz zugrunde (BAG 25. April 2013 – 6 AZR 49/12 – Rn. 154 f.). |
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cc) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts und der Revision gilt die Anzeigepflicht für die Nachkündigung auch dann, wenn wie im vorliegenden Fall die beabsichtigte Entlassung des Arbeitnehmers angezeigt und die durch diese Anzeige ermöglichte Kündigung erklärt worden, aber später im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer zurückgenommen worden ist. |
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(1) Die einvernehmliche Rücknahme der Kündigung vom 9. April 2013 führte nicht dazu, dass diese Kündigung als nicht erklärt anzusehen war und darum die zweite Kündigung vom 22. April 2013 noch von der Anzeige vom 8. April 2013 erfasst wurde. |
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(a) Die Gestaltungswirkung der Kündigungserklärung als rechtsvernichtendes (negatives) Gestaltungsrecht tritt zwar schon unmittelbar mit ihrem Zugang ein. Das Gestaltungsrecht wird durch seine Ausübung verbraucht. Die dadurch eingetretene Änderung des Rechtsverhältnisses kann grundsätzlich nicht einseitig ungeschehen gemacht, dh. nicht mit rückwirkender Kraft beseitigt, sondern nur durch rechtsgeschäftliches Zusammenwirken beider Parteien rückgängig gemacht oder abgeändert werden (BAG 21. März 2013 – 6 AZR 618/11 – Rn. 15). Auch dann wird die Kündigung jedoch nicht „gegenstandslos“ in dem Sinne, dass die Kündigung als von vornherein nicht erklärt gilt. Es werden lediglich ihre Rechtsfolgen – gegebenenfalls mit rückwirkender Kraft – beseitigt. |
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(b) Zudem muss nach den für das Verständnis des Entlassungsbegriffs des § 17 KSchG maßgeblichen Art. 3 Abs. 1 iVm. Art. 4 Abs. 2 der MERL die Anzeige vor Abgabe der anzeigepflichtigen Kündigungserklärung erstattet werden. Daran fehlt es bei Kündigungen der vorliegenden Art. Die Massenentlassungsanzeige vom 8. April 2013 war für die am 9. April 2013 umgesetzte Kündigungsentscheidung erstattet. Die durch diese Anzeige eröffnete Kündigungsmöglichkeit war durch die tatsächlich erklärte Kündigung vom 9. April 2013 verbraucht (vgl. BAG 22. April 2010 – 6 AZR 948/08 – Rn. 14, BAGE 134, 176). Hinsichtlich der neuen Kündigungsentscheidung war bereits darum eine erneute Anzeige erforderlich. |
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(2) Das Erfordernis einer erneuten Massenentlassungsanzeige (Nachmeldung) hinsichtlich des innerhalb von 30 Tagen nachgekündigten Arbeitnehmers ist auch dann keine unnütze Förmelei, wenn eine frühere beabsichtigte Kündigung der Arbeitsverwaltung angezeigt worden war. Ein Verständnis des § 17 Abs. 1 iVm. § 18 Abs. 4 KSchG, dass in einer solchen Situation eine erneute Anzeige bzw. Nachmeldung des Arbeitnehmers nicht erforderlich sei, verstieße gegen das Gebot der unionsrechtskonformen Auslegung dieser Vorschriften. Dann wären Vorratsmeldungen und -kündigungen möglich, die die Pflichten des Arbeitgebers bei Massenentlassungen verringerten und ihm das Risiko von Fehlern im Verfahren nach § 17 KSchG, die die Unwirksamkeit der Kündigung nach sich ziehen, weitgehend abnähmen. Das wäre mit dem Ziel eines einheitlichen Mindestschutzniveaus bei Massenentlassungen, das mit der MERL verfolgt wird, nicht zu vereinbaren. Die Unternehmen sollen nicht von unterschiedlichen Schutzstandards und sich daraus ergebenden niedrigeren Belastungen bei Massenentlassungen profitieren (vgl. EuGH 30. April 2015 – C-80/14 – [USDAW und Wilson] Rn. 62 f.). Genau solche Vorratsmeldungen und -kündigungen soll im Übrigen § 18 Abs. 4 KSchG verhindern (vgl. BAG 22. April 2010 – 6 AZR 948/08 – Rn. 18, 21, BAGE 134, 176; Ostermaier EWiR 2010, 683, 684). Darüber hinaus muss die Arbeitsverwaltung wissen, hinsichtlich welcher konkreten Kündigung sie ihre Bemühungen zu entfalten hat. |
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4. Die Fiktionswirkung des § 4 iVm. § 7 KSchG steht entgegen der Ansicht der Revision einer Entscheidung zugunsten des Klägers nicht entgegen. Die Kündigung vom 9. April 2013 ist nicht nach dieser Bestimmung rechtswirksam geworden, sondern entfaltet aufgrund ihrer einvernehmlichen Rücknahme keine Wirkung mehr. |
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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. |
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