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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Zahlung eines Jubiläumsgeldes aufgrund einer durch die S AG erteilten Gesamtzusage, auf die die Klägerin ihr Begehren allein stützt, besteht nicht. Dabei muss der Senat nicht abschließend darüber befinden, ob es sich bei den Rundschreiben 46/99 und 67/99 um eine Gesamtzusage handelt. Dies unterstellt, ist eine Gesamtzusage durch die GBV 2008/27 abgelöst worden. |
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I. Eine Gesamtzusage der S AG kann nur aus dem Inhalt der beiden Rundschreiben 46/99 und 67/99 und nicht – wie die Revision meint – allein aus dem letztgenannten Rundschreiben folgen. |
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1. Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Willenserklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Dabei wird die Gesamtzusage wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart wird, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an (ausf. BAG 22. März 2017 – 5 AZR 425/16 – Rn. 13 mwN). |
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2. Vorliegend können allenfalls beide Rundschreiben in ihrer Gesamtheit einen vertraglichen Anspruch der Klägerin überhaupt begründen. In den „Richtlinien für die Ehrung von Mitarbeitern mit 25, 40 und 50 Dienstjahren“ (Richtlinie) im Anhang zum Rundschreiben 67/99 werden lediglich die Voraussetzungen näher beschrieben, nach denen Arbeitnehmer ein Jubiläumsgeld beanspruchen können. Dazu gehören nach Nr. 6 der Richtlinie auch Beschäftigte wie die Klägerin, die nach 24 Dienstjahren bei der Beklagten aufgrund einer „Richtlinie für ältere Mitarbeiter vorzeitig“ ausscheiden. Demgegenüber wird die Höhe der jeweiligen Jubiläumszahlung, wie Nr. 2, Unterpunkt 1 der Richtlinie zeigt, „in einem gesonderten ZP-Rundschreiben geregelt“. Dies erfolgte durch das Rundschreiben 46/99, welches durch das Rundschreiben 67/99 auch nicht aufgehoben wurde. Erst durch dieses werden die Arbeitnehmer anhand der Lohn- und Gehaltsgruppen zu bestimmten Jubilargruppen zusammengefasst und die Höhe des jeweiligen Jubiläumsgeldes festgelegt. |
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3. Ob diese Rundschreiben gegenüber den Arbeitnehmern entgegen dem Vorbringen der Beklagten verlautbart wurden, kann dahinstehen. Selbst in diesem Fall könnte die Klägerin ihr Begehren nicht auf die behauptete Gesamtzusage stützen. |
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II. Eine etwaige Gesamtzusage ist jedenfalls durch die GBV 2008/27 abgelöst worden. |
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1. Eine Gesamtzusage auf Grundlage der beiden Rundschreiben konnte durch nachfolgende Betriebsvereinbarungen abgelöst werden. |
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a) Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Das kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen und ist namentlich bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich. Eine solche konkludente Vereinbarung ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und – wie stets bei Gesamtzusagen – einen kollektiven Bezug hat. Mit deren Verwendung macht der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar deutlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gelten sollen. Eine betriebsvereinbarungsfeste Gestaltung der Arbeitsbedingungen stünde dem entgegen. Da Allgemeine Geschäftsbedingungen ebenso wie Bestimmungen in einer Betriebsvereinbarung auf eine Vereinheitlichung der Regelungsgegenstände gerichtet sind, kann aus Sicht eines verständigen und redlichen Arbeitnehmers nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei den vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsbedingungen um solche handelt, die einer, möglicherweise auch verschlechternden Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausdrücklich Vertragsbedingungen vereinbaren, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollen (BAG 5. März 2013 – 1 AZR 417/12 – Rn. 60). |
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b) Nach diesen Maßstäben musste die Klägerin davon ausgehen, dass eine Gesamtzusage über eine Jubiläumszuwendung betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet und damit einer Abänderung durch betriebliche Normen zugänglich ist. Es handelt sich erkennbar um eine betriebseinheitlich gewährte Leistung. Den Inhalten der beiden Rundschreiben kann auch nicht entnommen werden, sie sollten unabhängig von einer betriebsverfassungsrechtlichen Normenregelung anwendbar sein. Für einen entsprechenden Änderungsvorbehalt spricht weiter der Zusatz im Rundschreiben 46/99, wonach die Regelung im Einvernehmen mit dem Gesamtbetriebsrat erfolgt ist. |
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Darüber hinaus ist auch deshalb von einem Änderungsvorbehalt durch betriebliche Normen auszugehen, weil die Regelungen im Rundschreiben 46/99 im Einvernehmen mit dem Gesamtbetriebsrat erfolgt sind. Dieser Umstand führt dazu, dass die vertraglich begründeten Leistungen in Abstimmung mit dem Betriebsrat umgestaltet und abgelöst werden können (vgl. BAG 17. Juli 2012 – 1 AZR 476/11 – Rn. 29, 32, BAGE 142, 294). Der im Rundschreiben 67/99 in einer mit A**) gekennzeichneten Fußnote enthaltene Hinweis, eine Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat sei nicht erfolgt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Weder das Rundschreiben noch die in dessen Anhang enthaltene Richtlinie lassen erkennen, die Bestimmungen sollten unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Geltung beanspruchen können. Zudem bildet allein das Rundschreiben 67/99 keine taugliche Anspruchsgrundlage für die beanspruchte Zahlung. Hierzu bedarf es Festlegungen über die Höhe der Jubiläumsgelder. Diese können allein dem mit dem Gesamtbetriebsrat abgestimmten Rundschreiben 46/99 entnommen werden, auf die das Rundschreiben 67/99 inhaltlich Bezug nimmt. Die Klägerin konnte auch deshalb nicht davon ausgehen, der Inhalt des Rundschreibens 67/99 sei anders als der des Rundschreibens 46/99 „betriebsvereinbarungsfest“ ausgestaltet. |
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2. Eine auf beiden Rundschreiben beruhende Gesamtzusage wurde durch die GBV 2008/27 abgelöst. |
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a) Mit der GBV 2008/27 haben die Betriebsparteien eine Neuregelung über die Auszahlung von Jubiläumsgeldern vereinbart, die auch für „Beschäftigte mit anerkannten Vordienstzeiten“ ua. bei der S AG gelten soll (II., vor 1. GBV 2008/27). Dementsprechend wurden die beiden Rundschreiben 46/99 und 67/99 durch die Gesamtbetriebsvereinbarung „aufgehoben“. |
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b) Die Ablösung etwaiger zukünftiger, vormals auf Grundlage einer Gesamtzusage bestehender Ansprüche ist mit höherrangigem Recht vereinbar. |
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aa) Nach § 75 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BetrVG sind die Betriebsparteien beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen zur Wahrung der grundrechtlich geschützten Freiheitsrechte verpflichtet. Sie haben dabei ua. die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsgarantie (BAG 17. Juli 2012 – 1 AZR 476/11 – Rn. 36 mwN, BAGE 142, 294) und den Grundsatz des Vertrauensschutzes (BAG 21. Februar 2017 – 1 AZR 292/15 – Rn. 19, BAGE 158, 142) zu beachten. |
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bb) Die Ablösung vormaliger Ansprüche auf ein Jubiläumsgeld greift schon nicht in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ein. |
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(1) Unter den Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG fallen grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass sie die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zum privaten Nutzen ausüben dürfen. Art. 14 Abs. 1 GG schützt jedoch nur bereits entstandene vermögenswerte Rechte oder dem Eigentumsrecht wesensgleiche Anwartschaften (BAG 17. Juli 2012 – 1 AZR 476/11 – Rn. 39 mwN, BAGE 142, 294). |
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(2) Ein erst künftig entstehender Anspruch auf Zahlung eines Jubiläumsgeldes nach den beiden Rundschreiben berührt diesen Schutzbereich nicht. Das Jubiläumsgeld ist keine Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung, sondern eine Gratifikation. Wesentliche Anspruchsvoraussetzung ist nach Nr. 1 der Richtlinie das Bestehen eines „Dienstverhältnisses“ am Jubiläumstag. Die Zahlung des Jubiläumsgeldes ist nach den Rundschreiben allein vom Bestand und der entsprechenden Dauer des Arbeitsverhältnisses abhängig. Das Erreichen weiterer quantitativer und qualitativer Ergebnisse ist ebenso wenig erforderlich wie eine erbrachte Arbeitsleistung. Es stellt, bezogen auf den Gesamtzeitraum, auch keinen wesentlichen Teil der Vergütung dar. Damit wird durch das Jubiläumsgeld lediglich die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt (vgl. BAG 18. Januar 2012 – 10 AZR 667/10 – Rn. 13, 15, BAGE 140, 239). Vor Erreichen des Jubiläumstags handelt es sich lediglich um eine rechtlich nicht geschützte Zahlungserwartung. |
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cc) Eine Ablösung verletzt auch keine Grundsätze des Vertrauensschutzes. |
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(1) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Arbeitnehmer nicht auf den unveränderten Fortbestand von betriebsvereinbarungsoffen ausgestalteten Leistungen vertrauen. Er muss ohne Hinzutreten von besonderen Umständen mit ihrer Verschlechterung oder ihrem völligen Fortfall rechnen. Dispositionen, die von Arbeitnehmern auf der Grundlage der ihnen zunächst erbrachten Leistungen getroffen werden, sind daher grundsätzlich nicht schutzwürdig. Der von den Betriebsparteien zu beachtende Vertrauensschutz geht nicht soweit, den normunterworfenen Personenkreis vor Enttäuschungen zu bewahren. Dessen Erwartung an den gleichbleibenden Fortbestand bisher gewährter Leistungen begrenzt die inhaltliche Ausgestaltung einer betrieblichen Regelung deshalb regelmäßig nicht. Etwas anderes kann allerdings gelten, wenn und soweit besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten (ausf. BAG 17. Juli 2012 – 1 AZR 476/11 – Rn. 53, BAGE 142, 294). |
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(2) Besondere Umstände, die ein regelmäßig nicht gegebenes schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin auf den Fortbestand der Jubiläumsgeldregelungen aus den Rundschreiben vorliegend ergeben könnten, hat die entgegen ihrer Auffassung dafür darlegungspflichtige Klägerin aber nicht dargetan. |
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