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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. |
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I. Die Klage ist sowohl im Leistungs-, als auch im Feststellungsantrag zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. |
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Mit dem Feststellungsantrag begehrt der Kläger bei der gebotenen Auslegung (vgl. BAG 23. März 2016 – 5 AZR 758/13 – Rn. 26 mwN, BAGE 154, 337) die Feststellung der Vergütungspflicht der Beklagten für die streitgegenständlichen, nach Auffassung des Klägers zur Arbeitszeit zählenden Fahrten. Mit diesem Inhalt ist der Feststellungsantrag als Zwischenfeststellungklage nach § 256 Abs. 2 ZPO statthaft. Die zur gerichtlichen Entscheidung gestellte Feststellung ist über den Streitzeitraum hinaus für den Vergütungsanspruch des Klägers ab dem 1. Dezember 2016 von Bedeutung. |
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II. Die Klage ist unbegründet. Mit den streitgegenständlichen Fahrten erbringt der Kläger zwar Arbeit. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landesarbeitsgericht indes angenommen, dass eine (gesonderte) Vergütung hierfür nach § 5.1 Abs. 1 Satz 2 BMTV ausgeschlossen ist. |
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1. Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach der im Streitzeitraum geltenden Regelung des § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an. |
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a) Zu den „versprochenen Diensten“ iSd. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Weisungsrechts abverlangt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (st. Rspr., vgl. nur BAG 6. September 2017 – 5 AZR 382/16 – Rn. 12; 26. Oktober 2016 – 5 AZR 168/16 – Rn. 10 mwN, BAGE 157, 116). |
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b) Grundsätzlich erbringt der Arbeitnehmer mit der – eigennützigen – Zurücklegung des Wegs von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück keine Arbeit für den Arbeitgeber (BAG 22. April 2009 – 5 AZR 292/08 – Rn. 15; 21. Dezember 2006 – 6 AZR 341/06 – Rn. 13, BAGE 120, 361). Anders ist es jedoch, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit außerhalb des Betriebs zu erbringen hat. In diesem Falle gehört das Fahren zur auswärtigen Arbeitsstelle zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten, weil das wirtschaftliche Ziel der Gesamttätigkeit darauf gerichtet ist, verschiedene Kunden aufzusuchen – sei es, um dort wie im Streitfall Dienstleistungen zu erbringen, sei es, um Geschäfte für den Arbeitgeber zu vermitteln oder abzuschließen. Dazu gehört zwingend die jeweilige Anreise. Nicht nur die Fahrten zwischen den Kunden, auch die zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück bilden mit der übrigen Tätigkeit eine Einheit und sind insgesamt die Dienstleistung iSd. §§ 611, 612 BGB. Das ist unabhängig davon, ob Fahrtantritt und -ende vom Betrieb des Arbeitgebers oder von der Wohnung des Arbeitnehmers aus erfolgen (BAG 22. April 2009 – 5 AZR 292/08 – Rn. 15), und gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer bei An- und Abreise ein Fahrzeug mit den für die auswärtige Tätigkeit erforderlichen Werkzeugen, Ersatzteilen uä. führen muss. |
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2. Die Einordnung der streitgegenständlichen Fahrten als Arbeit und der dafür aufgewendeten Zeit als Arbeitszeit klärt indes noch nicht die Frage ihrer Vergütung. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Fahrten der vorliegenden Art getroffen werden (zu Fahrten vom Betrieb zur auswärtigen Arbeitsstelle sh. BAG 26. Oktober 2016 – 5 AZR 226/16 – Rn. 23; 12. Dezember 2012 – 5 AZR 355/12 – Rn. 18; vgl. auch zu Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten BAG 6. September 2017 – 5 AZR 382/16 – Rn. 23 mwN). |
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a) Dem steht Unionsrecht nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann unter bestimmten Umständen die Fahrzeit für die täglichen Fahrten zwischen dem Wohnort des Arbeitnehmers und dem Standort des ersten und letzten Kunden eines Arbeitstags Arbeitszeit iSd. Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sein. Doch hat der Gerichtshof mehrfach betont, dass die Arbeitszeitrichtlinie nicht Fragen des Arbeitsentgelts für Arbeitnehmer regelt, weil dieser Aspekt nach Art. 153 Abs. 5 AEUV außerhalb der Zuständigkeit der Union liegt (EuGH 21. Februar 2018 – C-518/15 – [Matzak] Rn. 49 ff.; 10. September 2015 – C-266/14 – [Federación de Servicios Privados del sindicato Comisiones obreras] Rn. 48 mwN). Deshalb kann der Kläger entgegen seiner Auffassung das Klagebegehren nicht auf Unionsrecht stützen. |
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b) Eine (gesonderte) Vergütung für die Fahrten des Klägers von seiner Wohnung zum ersten Kunden des Arbeitstags und vom letzten zurück zur Wohnung ist nach § 5.1 Abs. 1 Satz 2 BMTV ausgeschlossen. |
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aa) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der BMTV Anwendung. Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Bezugnahme ist dynamisch zu verstehen, denn Hinweise, die für eine statische Bezugnahme sprechen würden, fehlen (vgl. BAG 12. Dezember 2012 – 4 AZR 65/11 – Rn. 25; 23. März 2011 – 10 AZR 831/09 – Rn. 16). |
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bb) Der BMTV ist nach seinem § 1 „einschlägig“ iSd. Ziff. 6 Arbeitsvertrag. Die außerbetrieblichen Arbeitsstellen des Klägers liegen in der Bundesrepublik Deutschland, sie unterfallen dem räumlichen und fachlichen Anwendungsbereich des BMTV. Auch dessen persönlicher Geltungsbereich ist eröffnet. Der Kläger ist Montagestammarbeiter, weil er aufgrund seines Arbeitsvertrags verpflichtet ist, auf Weisung des Arbeitgebers auf Montagen zu arbeiten, § 1.3, § 2.2.1 BMTV. |
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(1) Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem nicht entgegen, dass er die Reihenfolge der zu wartenden Anlagen im Rahmen der monatlichen Sammelaufträge und seine Fahrtroute selbst bestimmen kann. Dieser ihm von der Beklagten eingeräumte Spielraum lässt seine Weisungsgebundenheit iSd. § 2.2.1 BMTV nicht entfallen. Der Kläger kann nicht selbst entscheiden, ob er auf Montage arbeitet, sondern nur, wann und in welcher Reihenfolge er die Kunden mit den zu wartenden Anlagen innerhalb des jeweiligen Monats aufsucht. |
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(2) Ebenso wenig kommt es für die Einordnung als Montagestammarbeiter darauf an, dass der Kläger im Streitzeitraum die Fahrten von seiner Wohnung aus begonnen und dort beendet hat. Denn Ausgangspunkt für die Nahmontage kann nicht nur der entsendende Betrieb, sondern auch die Wohnung des Montagestammarbeiters sein, § 4.4.1 BMTV. |
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cc) Bei der Nahmontage, das ist die Montage, bei der dem Montagestammarbeiter die tägliche Rückkehr zum Ausgangspunkt zuzumuten ist (§ 4.1.1 BMTV), schließt § 5.1 Abs. 1 Satz 2 BMTV eine – gesonderte – Vergütung der Fahrt von der Wohnung zum ersten Kunden des Arbeitstags und vom letzten zurück zur Wohnung aus. |
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(1) Das ergibt sich mit der erforderlichen Klarheit (zu dieser Voraussetzung sh. BAG 25. April 2018 – 5 AZR 245/17 – Rn. 35 mwN) bereits aus dem Wortlaut der Tarifnorm, wenn sie bestimmt, dass eine Vergütung für den Zeitaufwand der Hin- und Rückreise (zur Montagstelle) nicht erfolgt. Dies gilt nach § 5.2.3 BMTV auch dann, wenn der Montagestammarbeiter auf Anordnung des Arbeitgebers ein werkseitig gestelltes Fahrzeug lenkt. In diesem Falle erhöht sich lediglich die Nahauslösung um 25 % (Auslösungstafel II). |
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(2) Der systematische Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des BMTV bestätigt das aus dem Wortlaut des § 5.1 Abs. 1 Satz 2 BMTV hergeleitete Ergebnis. Während für die Anfahrt zur ersten Montagestelle des Arbeitstags und die Rückfahrt von der letzten nur die Nahauslösung vorgesehen ist, bestimmt § 5.3 BMTV, dass zurückgelegte „Reisewege“ von einer Montagestelle zu einer anderen „wie Arbeitszeit“ zu bezahlen sind. Desgleichen wird bei der Fernmontage die notwendige Reisezeit einschließlich der An- und Abmarschzeiten grundsätzlich „wie Arbeitszeit“ vergütet, § 6.1 BMTV. |
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dd) Nach den kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme für die Vergütung der Reisezeiten maßgeblichen tariflichen Regelungen des BMTV ist somit im Bereich der Nahmontage der Zeitaufwand des Montagestammarbeiters für die Fahrt zum ersten Kunden eines Arbeitstags und vom letzten zurück mit der Nahauslösung und dem Tarifentgelt für die „eigentliche“ Montagetätigkeit abgegolten. Dieses Vergütungskonzept haben die Gerichte für Arbeitssachen hinzunehmen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Tarifvertragsparteien mit dieser Vergütungsregelung den ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum überschritten hätten. |
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3. Außerhalb der Gestaltungsmacht der Tarifvertragsparteien läge allerdings eine Vergütungsregelung, durch die der jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer für tatsächlich geleistete vergütungspflichtige Arbeit nach § 1 Abs. 1 MiLoG zustehende Anspruch auf den Mindestlohn unterschritten würde. |
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a) Der gesetzliche Anspruch auf Mindestlohn tritt eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch; wird der gesetzliche Mindestlohn unterschritten, führt § 3 MiLoG zu einem Differenzanspruch (st. Rspr. seit BAG 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 – Rn. 22 mwN, BAGE 155, 202). Dabei ist der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn die vom Arbeitgeber für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden multipliziert mit – im Streitzeitraum – 8,50 Euro brutto ergibt (BAG 17. Januar 2018 – 5 AZR 69/17 – Rn. 24 mwN). |
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b) Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bei Berücksichtigung der streitgegenständlichen Fahrten als vergütungspflichtige Arbeit den Anspruch des Klägers auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht erfüllt hätte, bestehen indes nicht. Der Kläger hat nicht behauptet, er habe im Streitzeitraum in einem Umfang tatsächlich gearbeitet, der einen Differenzanspruch nach § 3 MiLoG begründet hätte. Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Bruttomonatsgehalt des Klägers von 4.376,00 Euro wären rechnerisch monatlich 514 Arbeitsstunden zum damaligen Mindestlohn „abgedeckt“. |
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4. Für den dem Leistungsantrag nachfolgenden, vom Feststellungsantrag erfassten Zeitraum kann der Kläger eine Vergütungspflicht für Fahrten von seiner Wohnung zum ersten Kunden des Arbeitstags und zurück vom letzten Kunden des Arbeitstags auch nicht mit Erfolg aus dem Spruch der Einigungsstelle vom 15. Dezember 2016 herleiten. Nach dessen Ziff. 2 ist der Regelungsgegenstand dieser Betriebsvereinbarung auf Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage und damit auf die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG beschränkt. Einen (zusätzlichen) Vergütungsanspruch begründet der Spruch der Einigungsstelle nicht. |
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III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. |
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