LAG Hamm, Beschluss vom 02.10.2009 – 10 TaBV 189/08

Oktober 14, 2020

LAG Hamm, Beschluss vom 02.10.2009 – 10 TaBV 189/08

Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 16.10.2008 – 1 BV 47/08 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über einen Freistellunganspruch des Betriebsrats von Rechtsanwaltskosten aus einem vorangegangenen arbeitsgerichtlichen Verfahren.
Im Betrieb der Arbeitgeberin, einem Betrieb der Polstermöbelherstellung, sind ca. 95 Arbeitnehmer beschäftigt. Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der im Betrieb gebildete fünfköpfige Betriebsrat.
Am 21.12.2004 schlossen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin eine Betriebsvereinbarung mit folgendem Wortlaut ab:
1. Ab 01.01.2005 wird die Arbeitszeit von 36 auf 38 Std./Woche ohne Lohnausgleich verlängert.
2. Die Arbeitszeit wird aufgeteilt für den Zeitraum von Januar bis März und Oktober bis Dezember auf 40 Std./Woche und von April bis September auf 36 Std./Woche. Der Zeitraum kann auf Rücksprache mit dem Betriebsrat und unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse zeitlich variieren.
3. Für die gesamte Belegschaft gibt die Firma B2 bis zum 31.03.2006 eine Arbeitsplatzgarantie und nimmt keine betriebsbedingten Kündigungen vor.
4. Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld ist für das Jahr 2005/2006 garantiert. Grundsätzlich handelt es sich beim Weihnachts- und Urlaubsgeld um eine freiwillige jederzeit kündbare Sonderzahlung des Arbeitgebers.
5. Die Betriebsvereinbarung gilt bis zum 31.12.2006 und kann mit einer Frist von 3 Monaten zum 31.12.2006 gekündigt werden. Die Punkte eines und zwei bleiben so lange bestehen, bis eine neue Vereinbarung getroffen wird.
Die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 wurde im Jahre 2005 angewendet, bis Ende des Jahre 2005 Unstimmigkeiten wegen der Gewährung der Sonderzahlungen auftraten und der Betriebsrat zur der Auffassung gelangte, die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 sei wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam. In den Lohn- und Gehaltsabrechnungen für November 2005 hatte die Arbeitgeberin die gewährten Sonderzahlungen ausdrücklich unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt. Mit Schreiben vom 02.11.2005 (Bl. 4 d. A.) teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin daraufhin mit:

Betr. Freiwillige Sonderzahlung
Sehr geerte Hr. A1, wir bieten Sie um der neuer Satz aus unserem Lohnabrechnungen rauszunehmen.
Das spricht für alle gezeichnete Zahlungen mit Sternen (*).

Mit Schreiben vom 03.11.2005 (Bl. 5 d. A.) teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat daraufhin mit, dass der gerügte Passus aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 wie gehabt bestehen bleibe.
Im November 2005 fanden zwischen dem Betriebsrat und der Arbeitgeberin Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung statt, die die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 ablösen sollte. Auf den von der Arbeitgeberin vorgelegten Entwurf einer Betriebsvereinbarung (Bl. 6 d. A.) wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 23.11.2005 (Bl. 7 d. A.) lud der damalige Betriebsratsvorsitzende die Betriebsratsmitglieder zu einer Betriebsratssitzung vom 30.11.2005 ein. Als Tagesordnung war vorgesehen:

1.) Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004
2.) Beauftragung der Interessenvertretung des BR
3.) Honorarangelegenheit

Auf der Betriebsratssitzung vom 30.11.2005, die in Anwesenheit aller fünf ordentlicher Betriebsratsmitglieder stattfand, fasste der Betriebsrat daraufhin mehrere Beschlüsse. Das Protokoll der Betriebsratssitzung (Bl. 8 R. d. A.) enthält dazu folgende Feststellungen:

Tagesordnung 1:
Im Betrieb existiert eine Betriebsvereinbarung vom 21.12`04
Der Betriebsrat ist nicht mehr sicher, ob die Betriebsvereinbarung wirksam ist, weil Angelegenheiten geregelt wurden, die unter Umständen gegen § 77 Betriebsverfassungsgesetz verstoßen.
Nach Absprache und Beratung hat der Betriebsrat mit 5 von 5 Stimmten folgenden Beschluss:
Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass er diese rechtliche Frage nicht alleine klären kann und eine Beratung bzw. Vertretung benötigt.
Tagesordnung 2:
Der Betriebsrat möchte eine Interessenvertretung beauftragen und fast aus diesem Grund, nach Aussprache und Beratung mit 5 von 5 Stimmen folgenden Beschluss:
Der Betriebsrat beauftragt Frau Rechtsanwältin H1 ihn in der Frage: Klärung der Rechtmäßigkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 außergerichtlich und gerichtlich in allen Instanzen zu vertreten.
Tagesordnung 3:
Für den Fall, dass der Arbeitgeber sich weigert, die durch die Interessevertretung entstehenden Kosten zu bezahlen, wird folgender Beschluss nach Aussprache und Beratung mit 5 von 5 Stimmen gefasst:
Rechtsanwältin H1 wird beauftragt in einem gesonderten Verfahren die Freistellungsansprüche des Betriebsrates hinsichtlich der Honorare in allen Instanzen durchsetzen.
Dies gilt auch für Honorare, die sich aus den Verfahren der Durchsetzung der Freistellungen ergeben.

Das Protokoll vom 30.11.2005 ist von allen fünf Betriebsratsmitgliedern unterzeichnet.
Noch am 30.11.2005 erteilte der Betriebsrat durch seinen Vorsitzenden seiner Verfahrensbevollmächtigten eine Vollmacht (Bl. 9 d. A.) wegen „Klärung der Rechtmäßigkeit der BV vom 21.12.2004, Beauftragung der Interessenvertretung und Honorarangelegenheiten“. Ob die auf der Betriebsratssitzung vom 30.11.2005 gefassten Beschlüsse ordnungsgemäß zustande gekommen und wirksam sind, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Mit dem am 02.12.2005 durch die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren – 1 BV 61/05 Arbeitsgericht Paderborn – machte der Betriebsrat daraufhin die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 geltend und verlangte ferner die Freistellung von Honorarkosten für ein – hier nicht interessierendes – Verfahren 3 BV 8/05 Arbeitsgericht Paderborn -.
Mit der Antragserwiderung vom 16.01.2006 (Bl. 12 d. A. 1 BV 61/05 Arbeitsgericht Paderborn) beantragte die Arbeitgeberin, den Antrag des Betriebsrates zurückzuweisen, und führte zur Begründung aus, dass seinerzeit aus betriebswirtschaftlichen Gründen geplant gewesen sei, die bestehende Näherei zu schließen, was zwangsläufig betriebsbedingte Kündigungen zur Folge gehabt hätte; zur Vermeidung der Schließung der Näherei sei die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 abgeschlossen worden. Der Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 16.01.2006 enthält ferner folgenden Hinweis:

Sollte gerichtlicherseits tatsächlich festgestellt werden, dass die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 unwirksam ist, wird sich die Beteiligte zu 2) daran halten.

Durch Beschluss vom 09.02.2006 – 1 BV 61/05 Arbeitsgericht Paderborn – stellte das Arbeitsgericht rechtskräftig fest, dass die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 unwirksam ist und im Betrieb nicht angewendet werden darf. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam ist.
Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wurde der Gegenstandswert durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 03.03.2006 für das Verfahren 1 BV 61/05 auf 4.071,63 Euround für den hinsichtlich des geltend gemachen Freistellungsanspruches abgeschlossenen gerichtlichen Teilvergleich auf 71,73 Eurofestgesetzt. Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates setzte das Beschwerdegericht durch Beschluss vom 17.08.2006 – 13 Ta 179/06 – den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren im allgemeinen auf 120.878,67 Euround für den Teilvergleich vom 09.02.2006 auf 71,73 Eurofest. Zur Begründung des Beschlusses vom 17.08.2006 wurde u. a. ausgeführt, dass von der Entscheidung im Verfahren 1 BV 61/05 ca. 95 Arbeitnehmer betroffen seien.
Mit Rechnungen vom 30.08.2006 (Bl. 16, 34 d. A.) machte die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats sowohl gegenüber der Arbeitgeberin wie auch gegenüber dem Betriebsrat ihre Kosten für das Verfahren 1 BV 61/05 – Arbeitsgericht Paderborn – in Höhe von 4.202,10 Eurogeltend. Gleichzeitig wurde zur Begleichung der Rechnungssumme eine Zahlungsfrist bis zum 11.09.2006 gesetzt.
Nachdem die Arbeitgeberin die streitige Rechnung nicht beglichen hatte, verlangte der Betriebsrat mit dem am 19.05.2008 beim Arbeitsgericht Paderborn eingeleiteten Beschlussverfahren die Freistellung von den Kosten seiner anwaltlichen Vertretung im Verfahren 1 BV 61/05.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, ihn von den Kosten seiner anwaltlichen Vertretung in Höhe von 4.202,10 Eurofreizustellen.
Die anwaltliche Vertretung im Verfahren 1 BV 61/05 – Arbeitsgericht Paderborn – sei erforderlich und notwendig gewesen. Der Erforderlichkeit der Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten und der Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 stehe nicht entgegen, dass der Betriebsrat die Arbeitgeberin nicht vor Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 auf die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 hingewiesen habe. Insoweit sei das Vorbringen der Arbeitgeberin unzutreffend. Bevor das Beschlussverfahren eingeleitet worden sei, habe sich der Betriebsrat über die Frage beraten lassen. Die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrates habe diesem mehrere Fundstellen aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bekannt gegeben. Es hätten auch mehrere Gespräche zu diesem Thema mit der Arbeitgeberin stattgefunden. Dennoch habe der Arbeitgeber einen neuen Entwurf einer erneut ungültigen Betriebsvereinbarung vorgelegt und vom Betriebsrat den Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung begehrt. Nachdem erneut der Abschluss einer unwirksamen Betriebsvereinbarung von der Arbeitgeberin begehrt worden sei, habe der Betriebsrat keine Möglichkeit mehr gesehen, sich mit der Arbeitgeberin zu verständigen.
Der Betriebsrat habe daraufhin auch sämtlichen Mitarbeitern empfohlen, die von der Arbeitgeberin nicht gewährten Zahlungen schriftlich geltend zu machen. Die Arbeitgeberin habe im Verfahren 1 BV 61/05 darüber hinaus beantragt, den Antrag des Betriebsrates abzuweisen. Auch diese zeige, dass die Durchführung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 erforderlich gewesen sei.
Die Arbeitgeberin befinde sich auch bereits seit dem 12.09.2006 in Verzug, insoweit seien Verzugszinsen zu zahlen.
Schließlich liege der Einleitung des vorliegenden Verfahrens auch ein ordnungsgemäß gefasster Betriebsratsbeschluss zugrunde. Selbst wenn an der Einladung formelle Zweifel bestünden, seien diese durch die Teilnahme sämtlicher Betriebsratsmitglieder an der Betriebsratssitzung vom 30.11.2005 und durch die jeweilige Unterschrift eines jeden Betriebsratsmitglieds geheilt. Protokoll und die Einladung seien von dem damaligen Betriebsratsmitglied und heutigen Betriebsratsvorsitzenden L1 eigenhändig geschrieben worden. Möglichweise habe Herr L1 zur Abfassung des Protokolls der Betriebsratssitzung vom 30.11.2005 ein Muster verwendet oder sich durch ein Handbuch für Betriebsräte die notwendige Kenntnis über die ordnungsgemäße Beschlussfassung verschafft.
Insgesamt zeige das Verhalten der Arbeitgeberin, dass eine anwaltliche Vertretung mehr als notwendig gewesen sei. Selbst nach gerichtlicher Entscheidung habe die Arbeitgeberin von sämtlichen Mitarbeitern weiter die Ableistung einer 38-Stunden-Woche sowie ungenehmigte Überstunden abverlangt.
Der Betriebsrat hat beantragt,
die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Betriebsrat von den Kosten sein anwaltlichen Vertretung in Höhe von 4.202,10 Euroaus der Rechnung Nr. 164/2006 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2006 freizustellen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, zur Kostenerstattung nicht verpflichtet zu sein. Die Einschaltung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates sei nicht erforderlich gewesen. Zwar habe das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 09.02.2006 die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 für unwirksam erklärt. Vor Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 sei die Unwirksamkeit bei der Arbeitgeberin aber nicht bekannt gewesen. Der Betriebsrat habe sie auch zu keinem Zeitpunkt auf die mögliche Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung und den möglichen Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG hingewiesen. Hätte der Betriebsrat die Arbeitgeberin vor Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 darauf hingewiesen, dass die Betriebsvereinbarung vom 21.012.2004 seiner Auffassung nach unwirksam sei, hätte sie ihren Arbeitgeberverband beauftragt, eine Stellungnahme dazu abzugeben. Die Arbeitgeberin wäre sodann auf die Problematik und auf die Tatsache hingewiesen worden, dass gegen die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 erhebliche Bedenken bestünden. Die sofortige Einschaltung eines Anwalts sei ebenso wenig wie die Einleitung eines Beschlussverfahrens erforderlich gewesen. Dies ergebe sich auch daraus, dass gegen den arbeitsgerichtlichen Beschluss vom 09.02.2006 kein Rechtsmittel eingelegt worden sei.
Im Übrigen liege der Einleitung des vorliegenden Verfahrens kein rechtswirksamer Betriebsratsbeschluss zugrunde. Es gebe schon erheblich Zweifel, dass der damalige Betriebsratsvorsitzende am 23.11.2005 die Betriebsratsmitglieder schriftlich zu der Betriebsratssitzung vom 30.11.2005 eingeladen habe. Es werde auch bestritten, dass alle Betriebsratsmitglieder die Einladung erhalten hätten. Zweifelhaft sei auch, dass die im Protokoll vom 30.11.2005 befindlichen Beschlüsse tatsächlich mit diesem Inhalt und mit der vorliegenden Formulierung gefasst worden seien. Dies ergebe sich aus einem Vergleich des Schreibens des Betriebsratsvorsitzenden vom 02.11.2005 mit dem Inhalt des Protokolls vom 30.11.2005. Insoweit sei auffällig, dass das Protokoll orthografisch fast fehlerlos sei, dies wiese auf eine spätere Erstellung, möglicherweise für den vorliegende Verfahren, hin. Auch die inhaltlichen Ausführungen wiesen daraufhin, dass das Protokoll unmöglich vom Betriebsratsvorsitzenden selbst verfasst worden sei. Die Formulierungen der dort gefassten Beschlüsse könnten unmöglich aus der Feder des damaligen Betriebsratsvorsitzenden M2 stammen.
Schließlich sei auch der angeblich unter TOP 3 gefasste Beschluss vom 30.11.2005 unwirksam. Dieser Beschluss sei jedenfalls am 30.11.2005 nicht notwendig gewesen. Die seinerzeit angeblich gefassten Beschlüsse seien viel zu weitgehend. Der Betriebsrat habe mit seinen Beschlüssen vom 30.11.2005 seine eigenen Aufgaben ohne Einschränkung an seine Verfahrensbevollmächtigten abgegeben. Diese habe daraufhin, ohne die Arbeitgeberin anzuschreiben, eigenmächtig und selbständig das Beschlussverfahren eingeleitet. Der Beschluss zu TOP 2 enthalte einen pauschalen Beschluss zur Beauftragung eines Rechtsanwalts für alle notwendig werdenden Verfahren. Dies sei unzulässig. Der Betriebsrat habe sich auch nicht vorbehalten, wie weiter vorgegangen werden solle, und ob und wie er gegenüber der Arbeitgeberin vorgehe. Dies gelte auch für den angeblich unter TOP 3 gefassten Betriebsratsbeschluss vom 30.11.2005 zur Durchsetzung etwaiger Freistellungsansprüche. Ob derartige Freistellungsansprüche überhaupt entstehen würden, sei seinerzeit überhaupt noch nicht feststellbar gewesen.
Das Arbeitsgericht hat im Anhörungstermin vom 16.10.2008 (Bl. 88 f. d. A.) den ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden M2 als Zeugen vernommen. Auf das Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme (Bl. 88 f. d. A.) wird Bezug genommen.
Durch Beschluss vom 16.10.2008 hat das Arbeitsgericht sodann den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass dem Betriebsrat ein Freistellungsanspruch nach § 40 BetrVG nicht zustehe, weil der Beschluss des Betriebsrates vom 30.11.2005 unter den Tagesordnungspunkt 2 und 3 eine pauschale Ermächtigung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats zur Einleitung von Beschlussverfahren enthalte. Der Betriebsrat könne nicht aufgrund sogenannter Vorratsbeschlüsse im Vorhinein die Einleitung aller möglichen Beschlussverfahren beschließen und eine Art Generalvollmacht erteilen, ohne dass zuvor überhaupt Verhandlungen mit dem Arbeitgeber stattgefunden hätten und das Ergebnis dieser Verhandlungen bekannt sei.
Gegen den dem Betriebsrat am 17.11.2008 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 16.12.2008 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 19.02.2009 mit dem am 16.02.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Beschluss begründet.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht sich in dem angefochtenen Beschluss undifferenziert auf eine Entscheidung der erkennenden Kammer bezogen habe, dem ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Im Verfahren 10 TaBV 101/06 – Landesarbeitsgericht Hamm – sei es um ein Einigungsstellenbesetzungsverfahren gegangen. Das vorliegende Verfahren liege anders. Durch Betriebsratsbeschluss vom 30.11.2005 sei gerade keine Generalvollmacht erteilt worden. Auch vor Einleitung des vorliegenden Verfahrens hätten Vorverhandlungen mit der Arbeitgeberin stattgefunden. Insoweit bezieht sich der Betriebsrat auf sein erstinstanzliches Vorbringen. Insgesamt sei jedenfalls bei Fassung des Betriebsratsbeschlusses vom 30.11.2005 die ablehnende Haltung der Arbeitgeberin zu der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 bekannt gewesen.
Der Betriebsratsbeschluss vom 30.11.2005 sei auch inhaltlich auf die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 begrenzt gewesen. Die Arbeitgeberin habe seinerzeit an der Rechtmäßigkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 festgehalten. Deshalb sei die Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 – Arbeitsgericht Paderborn – notwendig gewesen. Bereits mit Schreiben vom 03.11.2005 (Bl. 5 d. A.) habe die Arbeitgeberin klar und unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie an der Rechtmäßigkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 festhalte. Auch nach Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 habe die Arbeitgeberin mit Schriftsatz vom 16.01.2006 die Zurückweisung des Antrags des Betriebsrates beantragt und ausgeführt, dass sie sich daran halten werde, wenn gerichtlicherseits festgestellt werden, dass die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 unwirksam sei.
Selbst nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 09.02.2006 im Verfahren 1 BV 61/05 sei es notwendig gewesen, die Arbeitgeberin zur Rückkehr der rechtmäßigen Arbeitszeit anzumahnen. Dies ergebe sich aus den Schreiben vom 15.02.2006 (Bl. 57 d. A.) und vom 15.03.2006 (Bl. 59 d. A.).
Die Arbeitgeberin könne es auch nicht bestreiten, die Rechnung der Verfahrensbevollmächtigten vom 30.08.2006 erhalten zu haben. Die Rechnung vom 30.08.2006 habe die Arbeitgeberin vorab per Fax erhalten. Im Übrigen sei sie auch an den Betriebsrat gerichtet worden mit der Bitte, sie an die Arbeitgeberin weiterzuleiten.
Der Betriebsrat beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 16.10.2008 – 1 BV 47/08 – abzuändern und die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Betriebsrat von den Kosten seiner anwaltlichen Vertretung in Höhe von 4.202,10 Euroaus der Rechnung Nr. 164/2006 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2006 freizustellen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ist sie nach wie vor der Auffassung, dass gegen den Betriebsratsbeschluss vom 30.11.2005 erhebliche rechtliche Bedenken bestünden. Die angeblichen Beschlüsse vom 30.11.2005 beinhalteten eine Generalvollmacht für die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrates, der seiner Verfahrensbevollmächtigten alle Freiheiten gelassen habe, wie sie weiter vorgehen solle. Am 30.11.2005 habe der Betriebsrat gar nicht wissen können, wie die Arbeitgeberin auf etwaige Bedenken gegen die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.11.2004, wäre sie denn vom Betriebsrat oder seiner Verfahrensbevollmächtigten daraufhin gewiesen worden, reagieren würde.
Zu keinem Zeitpunkt sei die Arbeitgeberin seinerzeit im November 2005 vor Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 daraufhin gewiesen worden, dass der Betriebsrat der Auffassung sei, die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 sei unwirksam. Die Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 sei für die Arbeitgeberin seinerzeit völlig überraschend gekommen. Ihr, der Arbeitgeberin, sei jegliche Möglichkeit genommen worden, dass Beschlussverfahren zu vermeiden. Unstreitig sei lediglich, dass im November 2005 Verhandlungen mit dem Betriebsrat über eine neue Betriebsvereinbarung geführt worden seien, die die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 habe ersetzen sollen. Auch im Rahmen dieser Verhandlungen habe sich der Betriebsrat nicht auf die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 berufen. Wäre sie, die Arbeitgeberin, im Rahmen dieser Verhandlungen auf die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 hingewiesen worden, hätte sie dem Betriebsrat nicht einen Entwurf einer neuen für das Jahr 2006 geltenden Betriebsvereinbarung mit ähnlich lautenden Inhalten vorgelegt. Bis zur Einleitung des Verfahrens 1 BV 61/05 habe sich der Betriebsrat zu keinem Zeitpunkt auf die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 berufen. Die Geltendmachung von Restlohnforderungen durch die Mitarbeiter sei erst im Februar 2006 erfolgt. Betriebsrat und Arbeitgeber hätten jedenfalls im November 2005 über die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 noch nicht gesprochen. Weder die Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 noch die Einschaltung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates sei erforderlich gewesen. Eine notwendige Erforderlichkeitsprüfung durch den Betriebsrat sei gerade nicht erfolgt. Sowohl der Betriebsrat wie auch die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrates hätten zunächst die Arbeitgeberin auf die Bedenken gegen die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 hinweisen müssen. Dies sei nicht erfolgt. Der Betriebsrat habe sich über sein Vorgehen überhaupt keine Gedanken gemacht. Die Geschäftsführung des Betriebsrates habe praktisch seine Verfahrensbevollmächtigte übernommen, sie habe sogar nach der gerichtlichen Entscheidung vom 09.02.2006 ohne Rücksprache mit dem Betriebsrat sofort mit Vollstreckung gedroht, obgleich dies weder notwendig noch rechtlich möglich gewesen sei.
Die Beschwerdekammer hat die Akten 1 BV 61/05 – Arbeitsgericht Paderborn – informationshalber beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze im vorliegenden Verfahren.
B.
Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.
I.
Der vom Betriebsrat geltend gemachte Freistellungsanspruch ist zulässig.
1. Zu Recht verfolgt der Betriebsrat seine Ansprüche im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist ein Kostenerstattungsanspruch i. S. d. § 40 Abs. 1 BetrVG streitig.
Die Antragsbefugnis des Betriebsrats und die Beteiligung der Arbeitgeberin am vorliegenden Verfahren ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.
2. Der Antrag des Betriebsrats ist auch nicht wegen nicht ordnungsgemäßer Beschlussfassung des Betriebsrats zur Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten mit der Durchführung des vorliegenden Beschlussverfahrens unzulässig.
Die ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats i. S. d. §§ 80, 81 ZPO ist vorliegend nicht gerügt worden. Der Betriebsrat hat auch eine entsprechende Vollmacht vom 30.11.2005 zu den Gerichtsakten eingereicht.
a) Die Arbeitgeberin hat dagegen erst- und zweitinstanzlich ausdrücklich bestritten, dass der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens ein wirksamer Beschluss des Betriebsrats zugrunde gelegen habe.
Ein solcher Beschluss ist sowohl zur Verfahrenseinleitung als auch zur wirksamen Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich (BAG, 05.04.2000 – 7 ABR 6/99 – AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 33; BAG, 18.02.2003 – 1 ABR 17/02 – AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 11; BAG, 20.04.2005 – 7 ABR 44/04 – AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 30; BAG, 30.09.2008 – 1 ABR 54/07 – AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 71; Germelmann/Matthes/Prütting/ Müller-Glöge, 7. Aufl., § 11 Rn. 45 m.w.N.). Fehlt es daran, ist der Betriebsrat gerichtlich nicht wirksam vertreten, ein Prozessrechtsverhältnis kommt nicht zustande; für den Betriebsrat gestellte Anträge sind als unzulässig abzuweisen.
b) Die Einwendungen der Arbeitgeberin greifen aber insoweit nicht durch, weil im Streitfall ein wirksamer Betriebsratsbeschluss vom 30.11.2005 vorgelegen hat. Hiervon ist auch das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss ausgegangen.
Ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss erfordert, dass der Beschluss nach § 33 Abs. 1 BetrVG mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst wird. Ein Betriebsrat ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt, § 33 Abs. 2 BetrVG. Betriebsratsbeschlüsse können auch grundsätzlich nur auf einer ordnungsgemäßen Sitzung des Betriebsrats gefasst werden. Die Beschlussfassung setzt insoweit eine ordnungsgemäße Ladung der Betriebsratsmitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung voraus, § 29 Abs. 2 und 3 BetrVG.
Durch die vom Arbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme ist nachgewiesen, dass die Mitglieder des Betriebsrats zu der Betriebsratssitzung vom 30.11.2005 ordnungsgemäß eingeladen worden sind. Die Einladung vom 23.11.2005 ist vorgelegt worden. Der damalige Betriebsratsvorsitzende hat hierzu bekundet, dass die Einladung von ihm und den Betriebsratskollegen L1 und E3 verfasst worden seien. Er habe die Einladungen an seine Betriebsratskollegen persönlich übergeben.
Zur Überzeugung der Beschwerdekammer steht auch fest, dass die Betriebsratsbeschlüsse, so wie sie sich aus dem Protokoll vom 30.05.2006 ergeben, einstimmig gefasst worden sind. Das Protokoll vom 30.11.2005 ist von allen fünf Betriebsratsmitgliedern unterzeichnet worden.
Der unter TOP 3 gefasste Beschluss vom 30.11.2005 kann auch inhaltlich nicht beanstandet werden. Zwar stand bei Beschlussfassung am 30.11.2005 überhaupt noch nicht fest, ob eine gerichtliche Durchsetzung der Honoraransprüche der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates notwendig werden würde. Dennoch ist die Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens durch den Beschluss des Betriebsrates vom 30.11.2005 unter TOP 3 gedeckt. Insoweit handelt es sich nicht um einen unzulässigen Vorratsbeschluss, wie er der Entscheidung der Beschwerdekammer vom 16.05.2007 – 10 TaBV 101/06 – zugrunde lag. Die auf der Betriebsratssitzung vom 30.11.2005 gefassten Beschlüsse betrafen nämlich lediglich die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 und die Einleitung des Verfahrens 1 BV 61/05 – Arbeitsgericht Paderborn – sowie die sich hieraus ergebenden etwaigen Kostenerstattungsansprüche. Weil bei der Abwägung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts durch den Betriebsrat vom Zeitpunkt des Betriebsratsbeschlusses auszugehen ist, der die Kosten auslöst (BAG, 19.04.1989 – 7 ABR 6/86 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 29; Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, 11. Aufl., § 40 Rn. 26), konnte der Betriebsrat auch bereits bei der Beschlussfassung über die Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten am 30.11.2005 einen Beschluss über die Durchsetzung der Honoraransprüche seiner Verfahrensbevollmächtigten, die durch seine Beauftragung entstehen würden, fassen.
II.
Der Freistellungsantrag des Betriebsrates ist jedoch unbegründet.
Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten seiner anwaltlichen Vertretung aus den streitigen Kostenrechnungen der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vom 30.08.2006.
Zwar ist der Betriebsrat von seiner Verfahrensbevollmächtigten wegen der Kosten für die Durchführung des Verfahrens 1 BV 61/05 – Arbeitsgericht Paderborn – mit Rechnung vom 30.08.2006 in Anspruch genommen worden.
Die Beschwerdekammer geht auch davon aus, dass der geltend gemacht Freistellungsanspruch nicht schon deshalb unbegründet ist, weil es an einem ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss hinsichtlich der Einleitung des Verfahrens 1 BV 61/05 und der Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats gefehlt hat. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen (s.o. B. I. 2. b) Bezug genommen werden.
Der geltend gemachte Freistellungsanspruch hinsichtlich der Kosten der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats für die Durchführung es Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 – Arbeitsgericht Paderborn – ist jedoch nach § 40 Abs. 1 BetrVG unbegründet.
1. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen.
Hierunter fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch solche Kosten, die im Zusammenhang mit der gerichtlichen Inanspruchnahme von Rechten des Betriebsrats anfallen (BAG, 03.10.1978 – 6 ABR 102/76 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 14; BAG, 16.10.1986 – 6 ABR 2/85 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 31; BAG, 20.10.1999 – 7 ABR 25/98 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 67 m.w.N.). Eine Verpflichtung des Arbeitsgebers zur Freistellung von Kosten, die dem Betriebsrat durch die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts entstanden sind, besteht grundsätzlich dann, wenn der Betriebsrat bei pflichtgemäßer Berücksichtigung der objektiven Begebenheiten und Würdigung aller Umstände, insbesondere auch der Rechtslage, die Führung eines Prozesses und die Beauftragung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten konnte. Die Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat nicht allein anhand seiner subjektiven Bedürfnisse vorzunehmen. Er ist vielmehr gehalten, die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander abzuwägen. Dabei hat er auch die Kostenbelange des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entfällt lediglich dann, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich aussichtslos ist. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann der Fall, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist und zu einem Unterliegen des Betriebsrats führen muss. Davon kann jedoch dann nicht ausgegangen werden, wenn über ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist und die Rechtsauffassung des Betriebsrats vertretbar erscheint (BAG, 20.10.1999 – 7 ABR 25/98 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 67; BAG, 19.02.2003 – 7 ABR 15/02 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 77; BAG, 17.08.2005 – 7 ABR 56/04 – AP InsO § 55 Nr. 10 m.w.N.).
Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist wie in den sonstigen Fällen des § 40 BetrVG auf die Prüfung beschränkt, ob die Hinzuziehung unter den konkreten Umständen der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrates diente und der Betriebsrat nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern bei seiner Entscheidung auch die berechtigten Interessen des Arbeitgebers, insbesondere an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht Rechnung getragen hat (BAG, 09.06.1999 – 7 ABR 66/97 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 66). Dabei ist die Frage der Erforderlichkeit vom Zeitpunkt des Beschlusses aus zu beurteilen, der die Kosten ausgelöst hat (BAG, 19.04.1989 – 7 ABR 6/88 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 29). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Betriebsrat in dem Gerichtsverfahren erfolgreich war oder nicht. Es kommt vielmehr allein darauf an, ob der Betriebsrat zur Zeit der Beauftragung des Rechtsanwalts eine anwaltliche Hilfe bei vernünftiger Betrachtung für erforderlich halten durfte (BAG, 19.04.1989 – 7 ABR 6/88 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 29).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Beschwerdekammer nicht erkennen können, dass die Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates zur Klärung der Frage der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 und die sofortige Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 beim Arbeitsgericht durch die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats erforderlich gewesen ist.
Richtig ist zwar, dass ein Betriebsrat berechtigt ist, einen Verfahrensbevollmächtigten einzuschalten, wenn in der Beurteilung einer rechtlichen Frage, insbesondere des Betriebsverfassungsrechts, Unsicherheiten auf Seiten des Betriebsrats bestehen (Fitting/Engel/Schmidt/ Trebinger/Linsenmaier, Betriebsverfassungsgesetz, 24. Aufl., § 40 Rn. 24; ErfK/Eisemann, 9. Aufl., § 40 BetrVG Rn. 4 m.w.N.). Insoweit hatte der unter TOP 1 vom Betriebsrat am 30.11.2005 durchaus seine Berechtigung.
Voraussetzung für eine Kostenerstattungspflicht des Arbeitgebers ist aber bei bestehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und dem Betriebsrat über den Bestand oder dem Umfang von betriebsverfassungsrechtlicher Rechte, dass eine vorherige innerbetriebliche Klärung nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nicht möglich ist. Die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens und die damit eingehende Kostenerstattungspflicht des Arbeitgebers ist nur dann erforderlich, wenn eine gütliche Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht möglich ist und die Meinungsverschiedenheit nicht anders als durch Einleitung eines Beschlussverfahrens geklärt werden kann (BAG, 03.10.1978 – 6 ABR 102/76 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 14). Die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens muss dann als nicht erforderlich angesehen werden, wenn zuvor kein Einigungsversuch zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber stattgefunden hat (LAG Schleswig-Holstein, 15.09.1988 – 4 TaBV 22/88 – LAGE BetrVG 1972 § 40 Nr. 24; vgl. auch LAG Köln, 08.03.2000 – 3 TaBV 61/99 – NZA-RR 2000, 640; LAG Schleswig-Holstein, 04.07.2000 – 3 TaBV 15/00 – NZA-RR 2000, 590; Fitting, a.a.O., § 40 Rn. 22; GK/Weber, BetrVG, 8. Aufl., § 40 Rn. 86; Wlotzke/Preis/Kreft, BetrVG, 4. Aufl., § 40 Rn. 13 m.w.N.).
Nach dem Vorbringen der Beteiligten im vorliegenden Verfahren konnte die Beschwerdekammer nicht annehmen, dass der Betriebsrat bei der Beschlussfassung am 30.11.2005 davon ausgehen durfte, dass ohne die Einschaltung seiner Verfahrensbevollmächtigten und die Einleitung des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 – Arbeitsgericht Paderborn – die Frage der Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 nicht geklärt werden konnte. Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin hatten nämlich über diese Frage vor Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 durch die Verfahrensbevollmächtigte der Betriebsrats überhaupt keine Klärungsversuche durchgeführt. Hiervon war auch nach dem zweitinstanzlichen Vorbringen des Betriebsrats auszugehen. Die Arbeitgeberin hat sowohl erstinstanzlich wie auch im Beschwerdeverfahren ausdrücklich bestritten, vom Betriebsrat vor Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 auf die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 hingewiesen worden zu sein. Sowohl erstinstanzlich wie auch im Beschwerdeverfahren hat der Betriebsrat aber lediglich unsubstantiiert vorgetragen, mit der Arbeitgeberin sei über die Frage der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 gesprochen worden. Wann und mit welchem Inhalt welche Gespräche stattgefunden haben, ist nicht substantiiert dargestellt worden. Der Schriftverkehr zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin vom 02./03.11.2005 betraf lediglich die Herausnahme des von der Arbeitgeberin in die Lohn- und Gehaltsabrechnungen eingefügten Freiwilligkeitsvorbehalts. Dass der Betriebsrat bereits Anfang November 2005 der Auffassung gewesen ist, dass die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam ist, ergibt sich aus diesem Schriftverkehr nicht. Aus dem Vorbringen des Betriebsrats geht auch nicht hervor, dass ein ausdrücklicher Hinweis des Betriebsrats darauf, dass seiner Auffassung nach die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 wegen Verstoßes gegen den Tarifvorrang unwirksam ist, gegenüber der Arbeitgeberin anlässlich der Verhandlungen über die neue, für 2006 geltende Betriebsvereinbarung erfolgt ist.
Auch die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats hat nach ihrer Beauftragung am 30.11.2005 keine außergerichtliche Klärung mit der Arbeitgeberin über die Frage der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 herbeizuführen versucht, obgleich sie nach dem Beschluss des Betriebsrats vom 30.11.2005 auch zur außergerichtlichen Vertretung des Betriebsrates ermächtigt worden war. Sie hat im Gegenteil umgehend nach der Beschlussfassung durch den Betriebsrat am 30.11.2005 bereits am 02.12.2005 das Verfahren 1 BV 61/05 eingeleitet. Auch der vom Betriebsrat beauftragte Anwalt hat den Grundsatz der Kostenschonung des Arbeitgebers zu beachten (Fitting, a.a.O., § 40 Rn. 29).
Auch der Umstand, dass die Arbeitgeberin im Verfahren 1 BV 61/05 den vom Betriebsrat geltend gemachten Anspruch nicht sofort anerkannt, sondern Abweisung des Antrags des Betriebsrats beantragt hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Arbeitgeberin hat nämlich im Verfahren 1 BV 61/05 bereits in der Antragserwiderung vom 16.01.2006 daraufhin hingewiesen, dass sie die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004, sollte sie vom Arbeitsgericht festgestellt werden, beachten werde. Zu keinem Zeitpunkt hat sich die Arbeitgeberin im Verfahren 1 BV 61/05 auf den Standpunkt gestellt, die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 sei wirksam, ein Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG liege nicht vor. Auch hieraus folgt, dass nicht angekommen werden kann, dass vor Einleitung des Verfahrens 1 BV 61/05 eine vorherige innerbetriebliche Klärung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin über die Frage der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 nicht zu einer Regelung zwischen den Beteiligten geführt hätte und die Einleitung des Beschlussverfahrens 1 BV 61/05 unumgänglich war.
Damit fehlt es insgesamt an der Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten für das Verfahren 1 BV 61/05 – Arbeitsgericht Paderborn. Die Frage ob die Arbeitgeberin auch seit dem 12.09.2006 Verzugszinsen hinsichtlich des Freistellungsanspruches zu erstatten hat (vgl. BAG, 21.11.1978 – 6 ABR 10/77 – AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 35; Fitting, a.a.O., § 40 Rn. 94), war nicht mehr zu entscheiden.
III.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand nach den §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

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