Landesarbeitsgericht Köln, 5 Ta 381/10
Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Handelsvertreter
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.10.2010 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
G r ü n d e
Der Beklagte war zunächst für die Klägerin in der Zeit vom 01.10.2005 bis zum 30.11.2006 als angestellter Außendienstmitarbeiter zur Ausbildung als Vertriebsassistent tätig. Grundlage hierfür war der Vertrag vom 24.10.2005 (Bl. 13 ff. d. A.).
Vom 01.12.2006 bis zum 31.12.2007 war der Kläger alsdann als selbständiger Handelsvertreter für das Unternehmen der Beklagten tätig. Maßgebende Grundlage hierfür war der Agenturvertrag vom 11.12.2006 (Bl. 20 ff. d. A.), in dem der Beklagte als Generalvertreter bezeichnet wurde und ihm eine Agentur der Beklagten im Gebiet der Vertriebsdirektion Köln übertragen wurde.
Aus vorzeitigen Stornierungen verschiedener vermittelter Versicherungsverträge begehrt die Klägerin Rückzahlungsansprüche in Höhe von insgesamt 6.292,77 €, davon 621,96 € aus der Tätigkeit als Vertriebsassistent und der Rest in Höhe von 5.670,81 € aus der selbständigen Tätigkeit als Handelsvertreter.
Nach vorangegangenem Hinweis hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 20.10.2010 den Rechtsstreit hinsichtlich der aus den Arbeitsverhältnis geltend gemachten Beträge von 621,96 € abgetrennt und den verbleibenden Rechtsstreit an das Landgericht Bonn verwiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, für die Rückzahlungsansprüche aus dem selbständigen Handelsvertreterverhältnis sei das Arbeitsgericht nicht zuständig. Die Zuständigkeit lasse sich auch nicht aus § 2 Abs. 3 ArbGG herleiten. Denn ein Zusammenhang zu einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit sei nicht gegeben. Ein einheitlicher Lebenssachverhalt liege nicht vor. Die Rückzahlungsansprüche beruhten auf unterschiedlichen Sachverhalten, da sie nach der Behauptung der Klägerin durch die jeweilige Stornierung unterschiedlicher Versicherungsverträge ausgelöst worden seien.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin. Die Klägerin macht geltend, es bestehe ein einheitlicher Lebenssachverhalt. Sowohl dem Arbeitsverhältnis als auch den Vertragsverhältnis als selbständiger Handelsvertreter sei eigen, dass von dem Beklagten Versicherungsverträge auf Provisionsbasis vermittelt worden seien. Der einheitliche Lebenssachverhalt ergebe sich auch schon daraus, dass die Vorschriften der §§ 87 ff. HGB auch auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fänden. Insbesondere bestehe bei gemischten Verträgen, von denen einer ein Arbeitsvertrag sei, der geforderte Zusammenhang.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Rechtssache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Der Beklagte kann auch nicht als Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG angesehen werden. Nach dieser Vorschrift gelten Handelsvertreter nur dann als Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92 a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmens festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten 6 Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000,00 € aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Dass der Beklagte unter diese Vorschrift gefallen wäre, hat die Klägerin nicht dargelegt.
Ein rechtlicher Zusammenhang kann daher nicht angenommen werden.
Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang liegt nicht vor. Es kann bereits nicht festgestellt werden, dass die Ansprüche auf demselben wirtschaftlichen Verhältnis beruhen. Vielmehr muss gerade angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falles festgehalten werden, dass die Parteien ihr Rechtsverhältnis ab dem 01.12.2006 komplett umgestellt haben. Während der Beklagte zunächst Arbeitnehmer war, und zwar nur Vertriebsassistent, und in diesem Rahmen eine Fachausbildung absolvieren sollte, wurde er durch den Agenturvertrag mit Wirkung vom 01.12.2006 an zum selbständigen Generalvertreter mit der Verantwortung für eine Agentur im Gebiet der Vertriebsdirektion Köln bestellt. Damit hatte sich das Vertragsverhältnis der Parteien nicht nur rechtlich sondern auch wirtschaftlich grundlegend geändert.
Ausdruck dieser grundlegenden Änderung ist auch, dass die Parteien in dem Arbeitsverhältnis ein monatliches Mindesteinkommen in Höhe von 1.580,00 € brutto vereinbart haben, wie dies in den Vergütungsrichtlinien für Vertriebsassistenten (Bl. 25 ff. d. A.) auch festgelegt war. Demgegenüber enthielt § 5 Nr. 1 des Agenturvertrages die Festlegung, dass der Beklagte als ausschließliche Vergütung für seine gesamte Tätigkeit nur die sich aus den Zusatzvereinbarungen zu diesem Vertrag ergebenen Leistungen und die in der Provisionsrichtlinie erläuterten Provisionen erhalte. Damit kann nicht mehr dasselbe wirtschaftliche Verhältnis angenommen werden. Dies äußert sich auch darin, dass die Klägerin hinsichtlich der Ansprüche, die aus der Zeit des Arbeitsverhältnisses datieren, im Einzelnen darlegen müsste, dass dem Beklagten trotz der geltend gemachten Rückforderungsansprüche die vertraglich vereinbarte Mindestvergütung für jeden Monat erhalten bleiben würde und nicht nachträglich durch die Rückforderungen unterschritten würde.
Schließlich ist das Argument des Arbeitsgerichts zutreffend, dass jeder einzelne Stornofall einen eigenen Lebenssachverhalt darstellt. Für jeden einzelnen Stornofall muss daher dargetan werden, aus welchen Gründen eine Stornierung vorgenommen wurde, dass und wann entsprechende Stornogefahrmitteilungen dem Beklagten zugegangen sind und welche Nachbearbeitungsmaßnahmen die Klägerin jeweils mit welchem Ergebnis ergriffen hat (s. Erfurter Kommentar/Oetker, 11. Auflage 2011, § 87 a HGB Randnummer 8; Küttner Personalbuch 17. Auflage 2010 Stichwort Provision Randziffer 16 f., 28 ff.).
Dabei reicht es nicht aus auf, Provisionsabrechnungen oder Kontokorrentsalden zu verweisen (s. BAG Urteil vom 23.03.1982 – 3 AZR 637/79, AP Nummer 18 zu § 87 c HGB; BGH Urteil vom 28.05.1991 – XI ZR 214/90, NJW 1991, Seite 2908).
Erst Recht fehlt es an einem wirtschaftlichen Zusammenhang, soweit in den Rückforderungsansprüchen Ansprüche für Nutzungsgebühren oder Ähnliches enthalten sind, wie beispielsweise die wiederholte Belastung mit der Nutzungsgebühr ABaKuS die die Beklagte mehrfach in Abzug gebracht hat (zum Beispiel Bl. 94 d. A., Bl. 98 d. A., Bl. 101 d. A., Bl. 105 d. A.) und die sie bisher überhaupt nicht begründet hat. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zu den Rückforderungsansprüchen die aus der Arbeitnehmertätigkeit resultieren, erschließt sich vor diesem Hintergrund nicht.
Abgesehen davon, dass diesbezüglich weder Anspruchsgrundlagen benannt noch eine schlüssige Klagebegründung geliefert worden ist, liegen diesen Nutzungsgebühren offenkundig andere Tatsachen und Lebenssachverhalte zugrunde.
Ein Zusammenhang im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbGG besteht folglich nicht.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss ist kein weiteres Rechtsmittel zugelassen.
Dr. Griese
Wetzlarer Straße 8a
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