LG Aachen, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 3 T 128/93

September 26, 2020

LG Aachen, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 3 T 128/93
Erforderlichkeit eines Ergänzungspflegers für den Erwerb der Gesellschafterstellung eines Minderjährigen; vormundschaftsgerichtliche Genehmigung

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind als Miteigentümer zu je 1/2 Anteil des eingangs genannten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Es handelt sich um ein Miethausgrundstück, bestehend aus 4 Wohneinheiten.

Der Beteiligte zu 1. ist der Vater der Beteiligten zu 3. und 4., der Beteiligte zu 2. der Vater der Beteiligten zu 5. und 6..

Am 28. Dezember 1992 schlossen die Beteiligten zu 1. — 6. zu notarieller Urkunde des Notars … in … — UR.-Nr. 1470/1992 — einen Gesellschafts- und Schenkungsvertrag. Der Beteiligte zu 2. handelte dabei mit Vollmacht für die — volljährige — Beteiligte zu 3.. Die Beteiligten zu 4. — 6. waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses minderjährig.

Unter Teil I. der notariellen Urkunde schlossen die Beteiligten zu 1. und 2. einen Gesellschaftsvertrag, der unter anderem folgende Regelungen enthält:

㤠1 gemeinsamer Zweck

1.

Gemeinsamer Zweck der Gesellschaft ist die gewinnbringende Nutzung und Verwaltung des Hausgrundbesitzes … und sonstiger Vermögenswerte, die noch gemeinsam mit der Vereinbarung der Einbringung in diese Gesellschaft erworben werden sollten, sowie die Anlage der Erträge und Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen.

2.

Zu diesem Zweck bringen Herr … und Herr … ihre jeweiligen Miteigentumsanteile von 1/2 an dem vorbezeichneten Grundbesitz in die Gesellschaft ein (siehe Teil II).

§ 3 Gesellschafter, Beteiligungsquoten

1.

An der Gesellschaft und an ihrem Vermögen sind beteiligt:

a) Herr … zu 50 v.H.

b) Herr … zu 50 v.H.

2.

Diese Beteiligungsquoten sind maßgebend für die Verteilung von Gewinn und Verlust der Gesellschaft, für erforderliche Beiträge zur Erhaltung des Grundbesitzes und für die Verteilung des Gesellschaftsvermögens bei einer Auseinandersetzung.

§ 4 Gesellschafterkonten

1.

Für jeden Gesellschafter wird ein Verrechnungskonto als Privatkonto geführt, auf dem die Gewinnanteile, Verlustanteile und Entnahmen jedes Gesellschafters verbucht werden.

2.

Für jeden Gesellschafter wird außerdem ein Beitragskonto geführt, auf dem seine Beiträge und sonstigen der Gesellschaft darlehensweise überlassenen Beträge verbucht werden. Der Saldo des Verrechnungskontos wird zum Ende eines Geschäftsjahres auf das Beitragskonto des Gesellschafters übertragen.

§ 6 Gewinn- und Verlustverteilung

1.

Vorab jeder Gewinnverteilung werden folgende Aufwendungen der Gesellschaft — ungeachtet ihrer steuerlichen Behandlung — unter den Gesellschaftern als Kosten behandelt:

a) Alle Kosten, die die geschäftsführenden Gesellschafter im Interesse der Gesellschaft aufwenden,

b) Vergütungen an geschäftsführende Gesellschafter, soweit die Gesellschafterversammlung dies beschließt,

c) Zinsen, soweit die Gesellschafter solche für ihre Guthaben auf Beitragskonten erhalten oder soweit ihnen Zinsen für negative Salden belastet werden.

§ 7 Geschäftsführung, Vertretung

1.

Zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft sind stets alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. Soweit einzelne Gesellschafter minderjährig sind, werden diese durch ihre jeweiligen gesetzlichen Vertreter bei der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft vertreten.

4.

Die Geschäftsführer und Vertreter dürfen die übrigen Gesellschafter nur mit dem Gesellschaftsvermögen verpflichten oder haftbar machen. Sie sind verpflichtet, bei jedem Rechtsgeschäft auf diese Beschränkung ihrer Vertretungsmacht hinzuweisen und Rechtsgeschäfte nur mit der eindeutigen Einschränkung, daß die Haftung der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist, abzuschließen. Außerdem haben die Geschäftsführer auf allen geschäftlichen Briefbögen oder sonstigen Schreiben der Gesellschaft auf die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter hinzuweisen.

§ 15 Güterstand der Gesellschafter

1.

Jeder künftige Gesellschafter ist verpflichtet, mit seinem vorhandenen oder künftigen Ehegatten durch notariellen Ehevertrag entweder den Güterstand der vollständigen Gütertrennung zu vereinbaren oder für den Fall einer Scheidung seiner Ehe den Ausschluß des Anspruchs seines Ehegatten auf Zugewinnausgleich bezüglich seiner Beteiligung an der Gesellschaft zu vereinbaren.

2.

Sollte ein Gesellschafter eine solche güterrechtliche Vereinbarung mit seinem Ehegatten innerhalb von sechs Monaten ab seiner Eheschließung oder ab der Aufforderung durch die Geschäftsführung nicht nachweisen, so sind die übrigen Gesellschafter berechtigt, ihn gemäß § 11 zum nachfolgenden Jahresende ohne seine Zustimmung aus der Gesellschaft auszuschließen, und zwar nur gegen Zahlung seiner bis dahin erbrachten Einlagen oder Beiträge, ohne eine Abfindung gemäß § 14.

…“

Unter Teil II. der notariellen Urkunde haben die Beteiligten zu 1. und 2. zum Zwecke der Einbringung ihrer Miteigentumsanteile an dem betreffenden Grundstück folgende Auflassung erklärt:

„Wir sind darüber einig, daß der im Grundbuch von … eingetragene Grundbesitz … auf uns beide als Gesellschaft bürgerlichen Rechts übergeht.

Wir bewilligen und beantragen die Eintragung dieser Rechtsänderung in das Grundbuch.

…“

Unter Teil III. der notariellen Urkunde haben die Beteiligten zu 1. — 6. einen Schenkungsvertrag geschlossen, der u.a. folgende Regelungen enthält:

㤠1 Schenkung

1.

Herr … schenkt seine Beteiligung an der in Teil I. dieser Urkunde gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts von 50 v.H. je zur Hälfte an seine Töchter:

a) an … eine Quote von 25 v.H.,

b) an … eine Quote von 25 v.H.

Eine Gegenleistung behält sich der Veräußerer nicht vor.

2.

Diese Beteiligten sind darüber einig, daß die Gesellschaftsbeteiligung an Herrn … von 50 v.H. je zur Hälfte auf seine vorgenannten Töchter übergeht. Sie bewilligen und beantragen die Eintragung dieser Rechtsänderung in das Grundbuch.

§ 2 Schenkung

1.

Herr … schenkt seine Beteiligung an der in Teil I. dieser Urkunde gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts von 50 v.H. je zur Hälfte an seine Kinder:

a) an … eine Quote von 25 v.H.,

b) an … eine Quote von 25 v.H.

Eine Gegenleistung behält sich der Veräußerer nicht vor.

2.

Diese Beteiligten sind darüber einig, daß die Gesellschaftsbeteiligung von Herrn … von 50 v.H. je zur Hälfte auf seine vorgenannten Kinder übergeht. Sie bewilligen und beantragen die Eintragung dieser Rechtsänderung in das Grundbuch.

§ 3 Wirksamkeit, Genehmigungen

1.

Etwa zu diesem Vertrag erforderliche Genehmigungen bleiben vorbehalten und sollen wirksam werden mit Eingang bei dem Notar.

2.

Die Beteiligten gehen davon aus, daß eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu diesem Vertrag, soweit die Minderjährigen beteiligt sind, nicht erforderlich ist, da die mit ihnen vereinbarten Schenkungen der Gesellschaftsbeteiligungen frei von jeder Gegenleistung und Auflage sind und damit als völlig freigiebige Zuwendung nach dem Umkehrschluß aus § 107 BGB allein aufgrund der Willenserklärungen der Minderjährigen wirksam sind.

3.

Rein vorsorglich und für den Fall, daß diese Rechtsauffassung nicht haltbar sein sollte und die hier vereinbarte Schenkung von den minderjährigen Beteiligten nicht wirksam abgeschlossen werden kann, sollen für die drei minderjährigen Beteiligten jeweils Ergänzungspfleger zur Wahrnehmung ihrer Interessen vormundschaftsgerichtlich bestellt werden, die danach die Erklärungen der minderjährigen Beteiligten genehmigen und erforderlichenfalls Ergänzungsvereinbarungen mit den Schenkern treffen sollen. Für diesen Fall bleiben die Einwilligungen der noch zu bestellenden Ergänzungspfleger der minderjährigen Beteiligten vorbehalten und sollen diese mit Eingang beim Notar wirksam werden.

4.

Für diesen Fall soll weiter die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu diesem Vertrag vorbehalten und soll vom Notar eingeholt werden …“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesellschafts- und Schenkungsvertrages wird auf den Inhalt der notariellen Urkunde vom 28. Dezember 1992 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 8. Februar 1993 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten unter Vorlage einer Ausfertigung der vorgenannten Urkunde sowie einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes im Namen aller Antragsberechtigten beantragt, folgende Eintragungen im Grundbuch vorzunehmen:

1.

„Die Eigentumsumschreibung auf … und … als Gesellschaft bürgerlichen Rechts,

2.

den Rechtsübergang der Gesellschaftsbeteiligung des Herrn … auf seine Kinder … und … und der Beteiligung des Herrn … auf seine Kinder … im Wege der Grundbuchberichtigung.“

Mit an den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten gerichteter Zwischenverfügung vom 16. Februar 1993 hat der Rechtspfleger des Grundbuchamtes mitgeteilt, der Erledigung des Antrags vom 8. Februar 1993 stünden folgende Hindernisse entgegen:

Der Rechtsübergang der Gesellschaftsbeteiligungen könne nicht in das Grundbuch eingetragen werden, da eine Grundbuchunrichtigkeit mangels wirksamer Anteilsübertragung nicht vorliege und auch nach Eintragung der Beteiligten zu 1. und 2. als Gesellschafter bürgerlichen Rechts nicht gegeben sein werde. Beim Abschluß des Übertragungsvertrages hätten nämlich für die drei minderjährigen Beteiligten Ergänzungspfleger mitwirken müssen: darüber hinaus sei eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich. Der Erwerb der Gesellschaftsbeteiligungen sei für die drei minderjährigen Beteiligten nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da die Mitgliedschaft in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Bündel von Rechten, Pflichten und schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern in sich berge. Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung sei im Hinblick auf § 1822 Nr. 3 BGB erforderlich, da die drei minderjährigen Beteiligten durch die Anteilsübertragung Mitglieder einer Gesellschaft würden, deren Zweck der Betrieb eines Erwerbsgeschäfts sei; die insoweit vorausgesetzte Absicht der Gewinnerzielung werde durch § 1 des Gesellschaftsvertrages unterstrichen.

Der Rechtspfleger hat den Notar abschließend gebeten, die von ihm für erforderlich gehaltenen Maßnahmen binnen drei Monaten zu erledigen.

Gegen diese Zwischenverfügung hat sich für die Beteiligten deren Verfahrensbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 1. April 1993 gewandt mit der Bitte, die beantragten Maßnahmen zu vollziehen oder die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorzulegen. Er vertritt die Auffassung, die vereinbarte Schenkung der Geschäftsanteile stelle ein für die Schenkungsempfänger ausschließlich rechtlich vorteilhaftes Geschäft dar und bedürfe deshalb keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, sondern könne von den Minderjährigen in eigener freier Mitwirkung rechtswirksam vereinbart werden. Der Fall der Schenkung von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts an Minderjährige sei nicht anders zu behandeln als die Schenkung von Miteigentumsanteilen an einer Bruchteilsgemeinschaft. Vielmehr schaffe eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Vergleich zu einer Miteigentümergemeinschaft sogar eine vorteilhafte Rechtslage, was insbesondere im Hinblick auf die hier konkret gewählten Vertragsbestimmungen gelten müsse. Außerdem sei festzustellen, daß die hier gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine Gesellschaft zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts darstelle, so daß eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung gemäß § 1822 Nr. 3 BGB nicht erforderlich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 1. April 1993 verwiesen.

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat den Inhalt des vorgenannten Schriftsatzes als Erinnerung aufgefaßt und dieser unter dem 5. April 1993 nicht abgeholfen mit der Begründung, die Argumentation des Notars verkenne, daß der Erwerb der Anteile an der BGB-Gesellschaft für die Minderjährigen nicht nur rechtlich vorteilhaft sei.

Der Richter des Amtsgerichts hat der Erinnerung unter dem 6. April 1993 ebenfalls nicht abgeholfen und die Sache unter Benachrichtigung des Notars der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt.

Auf den Hinweis der Beschwerdekammer, die Auffassung des Amtsgerichts sei zu teilen, hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten mit Schriftsatz vom 17. Mai 1993, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, sein Vorbringen ergänzt und vertieft, dabei insbesondere nochmals seine Auffassung zum Ausdruck gebracht, der Erwerb der Beteiligungen an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei für die Minderjährigen nicht rechtlich nachteilig.

II.

Die Erinnerung der Beteiligten vom 1. April 1993 gegen die Zwischenverfügung des Rechtspflegers des Amtsgerichts vom 16. Februar 1993 ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 RPflG statthaft und auch im übrigen zulässig. Sie ist gemäß §§ 11 Abs. 2 Sätze 2 — 5 RPflG, 71 GBO als Beschwerde zu behandeln, nachdem ihr Rechtspfleger und Richter des Amtsgerichts nicht abgeholfen haben. Die Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache selbst keinen Erfolg.

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat in seiner Zwischenverfügung zu Recht und mit zutreffender Begründung darauf hingewiesen, daß — nach Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligten zu 1. und 2. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts — der Rechtsübergang der Gesellschaftsbeteiligungen auf die drei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses minderjährigen Beteiligten nicht ins Grundbuch eingetragen werden könne, da mangels insoweit wirksamer Anteilsübertragung eine Grundbuchunrichtigkeit nicht vorliegen werde.

Mit ihrem Antrag zu 2. begehren die Beteiligten eine berichtigende Eintragung gemäß § 22 GBO. Denn sind — wie es hier nach Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligten zu 1. und 2. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts der Fall sein wird — im Grundbuch als Eigentümer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen, so vollzieht sich im Falle der (wirksamen) Übertragung der Gesellschaftsanteile auf andere Personen eine abgeschlossene Rechtsänderung außerhalb des Grundbuchs, die dessen nachträgliche Unrichtigkeit im Sinne von § 894 BGB herbeiführt und daher Veranlassung zu einer Berichtigung des Grundbuchs gibt (vgl. OLG Hamm, Rechtspfleger 1985, 289; BayObLG, MittRhNotK 1989, 13; vgl. auch den Kammerbeschluß vom 13. Juli 1992 — 3 T 168/92 –).

Im hier zu entscheidenden Fall fehlt es jedenfalls in Bezug auf die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschafts- und Schenkungsvertrages vom 28. Dezember 1992 minderjährigen Beteiligten zu 4. — 6. an der Wirksamkeit der schenkweisen Übertragung der Gesellschaftsanteile. Wie der Rechtspfleger in seiner Zwischenverfügung zutreffend ausgeführt hat, sind die Schenkungen an die Minderjährigen zum einen deshalb unwirksam, weil es an der — wegen des Vertretungsausschlusses der Eltern der Minderjährigen nach §§ 181, 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB — erforderlichen Mitwirkung eines Ergänzungspflegers (§ 1909 BGB) auf Seiten der Minderjährigen fehlt, und zum anderen auch deshalb, weil die gemäß § 1822 Nr. 3 BGB erforderliche vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht vorliegt.

1. Abgesehen vom hier nicht gegebenen Fall des Erwerbs der Gesellschafterstellung durch Vererbung, ist für den Erwerb der Stellung eines Gesellschafters bürgerlichen Rechts durch einen beschränkt Geschäftsfähigen, insbesondere einen Minderjährigen, der das 7. Lebensjahr vollendet hat, grundsätzlich die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters bzw. — wenn, wie hier, dieser oder sein Ehegatte selbst Gesellschafter ist (§§ 181, 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB) — die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers erforderlich. Entbehrlich ist diese — hier fehlende — Mitwirkung ausnahmsweise unter anderem nur dann, wenn der beschränkt Geschäftsfähige den Anteil unentgeltlich erwirbt und sich hiermit für ihn keine Pflichten oder Risiken verbinden; nur dann bringt nämlich das Geschäft „lediglich einen rechtlichen Vorteil“ mit der Konsequenz, daß der Minderjährige gemäß § 107 BGB ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters den Erwerbsvertrag selbst wirksam schließen könnte. Ein derartiger Ausnahmefall ist indes nur gegeben bei einer im Wege der Schenkung erfolgenden Beteiligung des Minderjährigen an einer Innengesellschaft, in der er nicht am Verlust teilnimmt und ihm keine besonderen Tätigkeits- oder Treuepflichten obliegen (vgl. hierzu Ulmer in Münchener Kommentar zum BGB, 2. Auflage, § 705 Rn. 57; Soergel/Hadding, BGB, 11. Auflage, § 705 Rn. 19). Eine derartige Konstellation sieht im vorliegenden Fall der Gesellschaftsvertrag vom 28. Dezember 1992 jedoch nicht vor. Vielmehr ist mit der — wenn auch unentgeltlichen — Zuwendung der Gesellschaftsanteile und dem damit verbundenen Eintritt in die Gesellschaft bürgerlichen Rechts der Erwerb eines Bündels von Rechten, Pflichten und schuldrechtlichen Beziehungen für die Minderjährigen verbunden (vgl. hierzu BGHZ 68, 225, 232; LG Köln, Rechtspfleger 1970, 245; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Auflage, § 107 Rn. 24).

So trifft hier jeden Gesellschafter die Pflicht zur Tragung der seiner Beteiligungsquote entsprechenden Verlustanteile (vgl. § 3 Nr. 2, § 4 Nr. 1, § 6 des Gesellschaftsvertrages vom 28. Dezember 1992). Nach § 3 Nr. 2 i. V. m. § 4 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages hat jeder Gesellschafter die zur Erhaltung des Grundbesitzes erforderlichen Beiträge zu entrichten. Soweit der Notar in diesem Zusammenhang darauf hinweist, besondere Beiträge seien tatsächlich nicht vorgesehen, da der verschenkte Grundbesitz sich aus den hohen Mieteinnahmen selbst trage, ist dem entgegenzuhalten, daß bereits allein die theoretische Möglichkeit, daß aufgrund irgendwelcher Umstände in Zukunft die Kosten des Mietobjektes die Einnahmen übersteigen können mit der Folge, daß jeder Gesellschafter die Verluste anteilig zu tragen hat, einen rechtlichen Nachteil beinhaltet. Denn bei der Frage, ob im Sinne von § 107 BGB ein rechtlicher Vorteil oder aber ein Nachteil gegeben ist, ist keine wirtschaftliche Betrachtung anzustellen, sondern es kommt allein auf die rechtlichen Folgen des Geschäfts an (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 52. Auflage, § 107 Rn. 2).

Ferner ist die Erlangung der Mitgliedschaft in der Gesellschaft auch deshalb nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, weil nach § 7 Nr. 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages vom 28. Dezember 1992 alle Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft verpflichtet sind, und zwar gemäß Satz 2 ab Erlangung der Volljährigkeit auch persönlich. Mit der Pflicht zur Geschäftsführung und Vertretung sind Nebenpflichten verbunden, die u.a. in § 7 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages geregelt sind. Auch solche Nebenpflichten sind bei der Frage, ob ein Geschäft lediglich vorteilhaft ist oder auch nachteilige rechtliche Folgen für einen Minderjährigen hat, zu berücksichtigen (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O.).

Ein rechtlicher Nachteil ist ferner verbunden mit der sich aus § 15 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages ergebenden Verpflichtung jedes Gesellschafters, mit seinem vorhandenen oder künftigen Ehegatten durch notariellen Ehevertrag entweder den Güterstand der vollständigen Gütertrennung zu vereinbaren oder für den Fall einer Scheidung seiner Ehe den Ausschluß des Anspruchs des Ehegatten auf Zugewinnausgleich bezüglich der Beteiligung an der Gesellschaft zu vereinbaren; gemäß § 15 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages hat eine Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung die Konsequenz der Möglichkeit des Ausschlusses des betreffenden Gesellschafters aus der Gesellschaft ohne Zahlung einer Abfindung. Diese Regelungen stellen eine Beschränkung der güterrechtlichen Dispositionsfreiheit des einzelnen Gesellschafters dar und bilden damit praktisch eine Auflage, unter der die Schenkung der Gesellschaftsanteile erfolgt. Eine Schenkung unter einer Auflage begründet aber eine persönliche Verpflichtung, ist also nicht lediglich vorteilhaft im Sinne von § 107 BGB (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 6 m.N.).

Eine mit dem Eintritt in die Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundene persönliche Verpflichtung des einzelnen Gesellschafters stellt schließlich die allgemeine Treuepflicht dar.

Ob darüber hinaus der mit der Schenkung der Gesellschaftsanteile verbundene Erwerb eines Eigentumsanteils an dem vermieteten Hausgrundstück auch im Hinblick auf die Vorschrift des § 571 BGB bereits als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft anzusehen ist (so OLG Oldenburg NJW-RR 1988, 839), kann angesichts der sonstigen mit dem Eintritt in die Gesellschaft verbundenen Pflichten dahingestellt bleiben.

Soweit der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten darauf hinweist, die Schenkung von Anteilen an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts an Minderjährige biete — insbesondere im vorliegenden Fall — im Vergleich zu einer Schenkung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück keinen rechtlichen Nachteil, sondern sogar rechtliche Vorteile, vermag dies die Wirksamkeit der Schenkung an die minderjährigen Beteiligten nicht zu begründen. Denn das Geschäft eines Minderjährigen ist auch dann gemäß § 107 BGB zustimmungsbedürftig, wenn dem rechtlichen Nachteil rechtliche Vorteile gegenüberstehen, selbst wenn die Vorteile die Nachteile erheblich überwiegen (Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 2). Dies gilt insbesondere beim Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Insoweit ist es verfehlt, die zu übertragende Rechtsposition als Ganzes zu sehen, also die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit davon abhängig zu machen, ob die mit dem Erwerb des Anteils verbundenen Vorteile größer als die Nachteile sind. Denn eine Typizität, was das Verhältnis von Vor- und Nachteilen betrifft, ist bei der Unübersehbarkeit der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse in Personengesellschaften ebensowenig feststellbar, wie es auch keine allgemein gültigen Maßstäbe für die Bewertung gesellschaftsrechtlicher, nicht unmittelbar in Geld ausdrückbarer Pflichten gibt, um diese gegen die „Vorteile“ abwägen zu können (vgl. BGHZ 68, 225, 232).

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat mithin zu Recht festgestellt, daß die Schenkung der Gesellschaftsanteile an die drei minderjährigen Beteiligten bereits deshalb unwirksam ist, weil es an der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers auf deren Seite fehlt.

2. Darüber hinaus ergibt sich die Unwirksamkeit der Schenkung der Gesellschaftsanteile an die drei Minderjährigen auch aus dem Fehlen der gemäß § 1822 Nr. 3 BGB erforderlichen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungen.

Nach dieser Vorschrift bedarf der Vormund zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Nach § 1915 Abs. 1 BGB findet diese Vorschrift entsprechende Anwendung auf die Pflegschaft, also auch auf die Ergänzungspflegschaft nach § 1909 BGB.

Im vorliegenden Fall sind die drei beteiligten Minderjährigen zwar nicht am Abschluß des Gesellschaftsvertrages vom 28. Dezember 1992 beteiligt. Zutreffend hat der Rechtspfleger jedoch ausgeführt, daß vom Zweck der Norm her nicht nur die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch Abschluß des Gesellschaftsvertrages, sondern auch der Akt, durch den ein Minderjähriger Anteile an einer — bereits bestehenden — Gesellschaft erwirkt, der Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB zu unterstellen ist (vgl. Schwab in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Auflage, § 1822 Rn. 12; Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1822 Rn. 14).

Ein Erwerbsgeschäft im Sinne der genannten Vorschrift, das auch von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben werden kann (vgl. Ulmer in Münchener Kommentar zum BGB, 2. Auflage, vor § 705 Rn. 59, § 705 Rn. 58), ist jede berufsmäßig ausgeübte, auf selbständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit, gleichgültig, ob es sich um Handel, Fabrikationsbetrieb, Handwerk, Landwirtschaft, wissenschaftliche, künstlerische oder sonstige Erwerbstätigkeit handelt, sofern der Zweck des Unternehmens nur auf Erzielung von Gewinn gerichtet ist (vgl. RGZ 133, 7, 11; Kammergericht, NJW 1976, 1946; Schwab, a.a.O., Rn. 133; Palandt/Diederichsen, a.a.O., Rn. 11). Ausgehend von dieser Definition ist unter Berücksichtigung des in § 1 festgelegten Gesellschaftszweckes sowie der sonstigen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages vom 28.12.1992 davon auszugehen, daß dieser zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen worden ist. Nach § 1 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages ist gemeinsamer Zweck der Gesellschaft die gewinnbringende Nutzung und Verwaltung des — aus einem Miethaus mit vier Wohneinheiten bestehenden — Hausgrundbesitzes in … sowie darüber hinaus sonstiger Vermögenswerte, die noch gemeinsam mit der Einbringung in die Gesellschaft erworben werden sollten, sowie ferner die Anlage der Erträge und Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen. Die Absicht der Gewinnerzielung ergibt sich unmittelbar aus dieser Formulierung des Gesellschaftszweckes. Auch das Merkmal der Selbständigkeit kann angesichts dessen, daß die Gesellschafter ihre durch Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft zu entfaltenden Aktivitäten ausschließlich für eigene Rechnung tätigen sollen, nicht in Frage gestellt werden.

Schließlich ist auch davon auszugehen, daß die Gesellschaft zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks eine berufsmäßig ausgeübte Tätigkeit entwickeln soll, ohne daß es darauf ankäme, ob und inwieweit der einzelne Gesellschafter seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft zum Inhalt seines eigenen Berufs macht. Ausreichend ist vielmehr, daß die Verwaltung von Wohnanlagen, die — wie hier — aus mehreren Wohneinheiten besteht, im Hinblick auf die Vielfalt der hiermit zusammenhängenden Einzeltätigkeiten (Vertragsschlüsse, Kündigungen, Unterhaltungsmaßnahmen, Erstellungen von Gesamt- und Einzelabrechnungen) durchaus berufsmäßigen Charakter hat, was auch dadurch unterstrichen wird, daß sie in der Praxis vom Eigentümer häufig in die Hände eines professionellen Verwaltungsunternehmens gegeben wird. Im vorliegenden Fall spricht für den berufsmäßigen Charakter der im Zusammenhang mit der Verwaltung des betreffenden Mietwohnobjekts anfallenden Tätigkeiten insbesondere, daß jeder Gesellschafter in Form der Teilnahme an möglichen Verlusten ein eigenes unternehmerisches Risiko trägt, ferner, daß gemäß § 5 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages die Gesellschafter in der Geschäftsführung die Grundsätze kaufmännischer Buchführung zu beachten haben und daß nach Schluß eines jeden Geschäftsjahres ein Jahresabschluß durch einen Steuerberater aufstellen zu lassen ist sowie schließlich auch der Umstand, daß § 6 Nr. 1 b) des Gesellschaftsvertrages die Möglichkeit der Zahlung von Vergütungen an geschäftsführende Gesellschafter vorsieht.

Der Umstand, daß derzeit lediglich ein — aus vier Wohneinheiten — bestehendes Mietwohnobjekt in die Gesellschaft eingebracht worden ist, nimmt der Verwaltungstätigkeit nicht ihren grundsätzlich berufsmäßigen Charakter. Denn § 1 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages läßt durchaus die Möglichkeit offen, daß durch die Einbringung weiterer Vermögenswerte der Umfang der Verwaltungstätigkeit sich zukünftig ausdehnt.

3. Nach alledem bedarf es zur Wirksamkeit der Schenkung der Gesellschaftsanteile an die drei minderjährigen Beteiligten zu 4. — 6. der Einschaltung eines Ergänzungspflegers sowie der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Rechtspflegers des Amtsgerichts vom 16. Februar 1993 ist mithin als unbegründet zurückzuweisen.

Für eine Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 FGG besteht keine Veranlassung.

Beschwerdewert: 40.000,– DM (§ 30 Abs. 1 KostO: 1/10 des angegebenen Grundstückswerts)

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