Oberlandesgericht Frankfurt am Main — Urt. v. 09.06.2017 Az.: 8 U 233/16 Neubeginn der Verjährung im Falle eines Anerkenntnisses, das den Anspruch in seinem Grund zum Gegenstand hat

Februar 3, 2018

Oberlandesgericht Frankfurt am Main — Urt. v. 09.06.2017

Az.: 8 U 233/16
Neubeginn der Verjährung im Falle eines Anerkenntnisses, das den Anspruch in seinem Grund zum Gegenstand hat

Ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB im Hinblick auf den Grund des Anspruchs, führt zum Neubeginn der Verjährung im Hinblick auf den gesamten Anspruch, auch wenn in der Höhe Einwendungen bestehen.

 

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21. Oktober 2016 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Gießen wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 21. Oktober 2016 sind vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Anwaltsvertrages.

Die Klägerin ist die Tochter der am … 2010 verstorbenen Frau A (im Folgenden: Erblasserin). Die Verstorbene hatte durch notarielles Testament die Schwester der Klägerin als Alleinerbin eingesetzt. Die Klägerin hat ihrer Schwester in der vorliegenden Sache den Streit verkündet.

Durch Schreiben vom 22. August 2010, vom 13. September 2010 sowie vom 24. September 2010 forderte die Klägerin die (hiesige) Streitverkündungsempfängerin zur Auskunftserteilung hinsichtlich des Nachlassbestandes auf. Nachdem diese Bemühungen fruchtlos geblieben waren, suchte die Klägerin am 6. Oktober 2010 den Beklagten auf. Sie erteilte ihm Anwaltsvollmacht, wobei der genaue Gegenstand des zugrunde liegenden Auftrages zwischen den Parteien im Streit steht. Unstreitig ist jedenfalls, dass zwischen den Parteien Übereinstimmung bestand, im Bedarfsfalle gegen die hiesige Streitverkündungsempfängerin zur Kostenschonung zunächst allein Auskunftsklage, nicht aber Stufenklage zu erheben. Unstreitig ist auch, dass der Klägerin im Zeitpunkt der Mandatserteilung bereits bekannt war, dass ihr Pflichtteilsanspruch grundsätzlich mit Ablauf des 31. Dezember 2013 verjähren würde.

Der Beklagte führte im Weiteren namens und im Auftrage der Klägerin außergerichtliche Korrespondenz mit der Streitverkündungsempfängerin, wobei er den der Klägerin gebührenden Pflichtteilsanspruch dem Grunde nach geltend machte und Auskunft über den Nachlassbestand sowie über die lebzeitigen Zuwendungen der Erblasserin an Dritte begehrte.

Am 14. Oktober 2010 reichte der Beklagte namens und im Auftrage der Klägerin gegen die (hiesige) Streitverkündungsempfängerin eine Klageschrift bei dem Landgericht Frankfurt am Main ein, die dort unter dem Aktenzeichen … eingetragen wurde. Gegenstand des Klageantrages war allein die Erteilung von Auskunft über die Aktiva und Passiva des Nachlasses der Erblasserin. In jenem Verfahren nahm die (hiesige) Streitverkündungsempfängerin, anwaltlich vertreten durch Herrn Rechtsanwalt RA1, u. a. mit den Anwaltsschriftsätzen vom 9. März 2011 sowie vom 16. Januar 2012 Stellung. Wegen der Einzelheiten dieser Anwaltsschriftsätze wird auf die als Anlagen B 6 (Bl. 39 ff. d. A.) und B 7 (Bl. 47 ff. d. A.) zu den Akten gereichten Kopien verwiesen. Jener Rechtsstreit (Aktenzeichen …) endete durch klagestattgebendes Urteil vom 9. November 2012, das nicht mit der Berufung angegriffen wurde.

Nach Urteilsverkündung forderte der Beklagte die (hiesige) Streitverkündungsempfängerin fruchtlos zur Auskunftserteilung auf. Im Weiteren betrieb er die Durchsetzung des titulierten Auskunftsanspruchs nicht. Auf Nachfrage erklärte er der Klägerin, dass die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt noch nicht rechtskräftig sei, da es an einer Entscheidung über eine Streitwertbeschwerde fehle. Befragt nach verjährungsrechtlichen Konsequenzen, erklärte der Beklagte der Klägerin, dass aufgrund der eingereichten Klage die Verjährung gehemmt sei.

Spätestens im August 2014 nahm die Klägerin Kontakt zu Herrn Rechtsanwalt RA2 – dem jetzigen Streithelfer der Klägerin – auf, schilderte den vorstehenden Sachverhalt und erhielt die Auskunft, dass ihr Pflichtteilszahlungsanspruch aller Voraussicht nach verjährt sei, da die von dem Beklagten eingereichte Auskunftsklage die Verjährung des Zahlungsanspruches nicht hemme und bis zum 31. Dezember 2013 offenbar auch keine Maßnahmen ergriffen worden seien, die eine solche Hemmungswirkung herbeigeführt hätten. Der Beklagte wurde mit dieser Rechtsauffassung konfrontiert und erklärte hierzu, dass er irrtümlich davon ausgegangen sei, auch eine bloße Auskunftsklage führe eine Hemmung der Verjährung des Zahlungsanspruches herbei.

Daraufhin entzog die Klägerin dem Beklagten das Mandat zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gegenüber der Streitverkündungsempfängerin und erteilte den entsprechenden Auftrag stattdessen dem Streithelfer der Klägerin. Dieser forderte die Streitverkündungsempfängerin durch Anwaltsschreiben vom 29. August 2014 dazu auf, einen Pflichtteilsanspruch der Klägerin in Höhe von € 141.250,00 zu bedienen. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass der Nachlass jedenfalls aus hälftigen Miteigentumsanteilen an den Stadt1 Grundstücken Straße1 und Straße2 bestand. Den Wert der Liegenschaften nahm die Klägerin mit insgesamt € 1.130.000,00 an. Eine Reaktion der Streitverkündungsempfängerin erfolgte jedoch nicht.

Der Streithelfer schlug dem Beklagten daraufhin vor, wie folgt zu verfahren: Die Klägerin werde Zahlungsklage gegen ihre Schwester – die hiesige Streitverkündungsempfängerin – erheben, jedoch zur Risikominimierung nur in Höhe eines Hauptsachebetrages von € 10.000,00; der Beklagte solle sich darüber erklären, welche Position er einer Streitverkündung ihm gegenüber einnehme. Der Beklagte teilte durch Schreiben vom 19. November 2014 mit, eine Streitverkündung wäre untunlich, da die Schwester der Erblasserin hierdurch auf die Verjährungsproblematik hingewiesen würde. Er bot jedoch an, sich im Verhältnis zu der Klägerin so behandeln zu lassen, als sei ihm der Streit verkündet worden. Durch weiteres Schreiben vom 6. Februar 2015 erklärte der Beklagte darüber hinaus, dass die faktische Streitverkündungswirkung sich auf den gesamten Pflichtteilsanspruch der Klägerin erstrecken solle, nicht nur auf den Gegenstand der Zahlungsklage.

Zwischenzeitlich hatte die Klägerin bei dem Landgericht Frankfurt am Main am 25. September 2014 eine Klage gegen die hiesige Streitverkündungsempfängerin wegen Zahlung eines Teilbetrages ihres Pflichtteils in Höhe von € 10.000,00 anhängig gemacht. Das Verfahren wurde dort unter dem Geschäftszeichen … geführt. In diesem Rechtsstreit erhob die Streitverkündungsempfängerin durch Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 die Einrede der Verjährung. Die Klägerin ließ dem Beklagten dies durch Anwaltsschreiben vom 9. Februar 2015 mitteilen und bat um Rückmeldung, ob im Interesse einer kostenschonenden Behandlung der Sache die Klage gegen die Streitverkündungsempfängerin nunmehr zurückgenommen werden solle. Auch nach erneuter Anfrage vom 11. März 2014 erfolgte keine klare Stellungnahme des Beklagten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Frankfurt vom 24. März 2015 wies die zuständige Kammer darauf hin, dass sie die dort streitgegenständliche Forderung als verjährt betrachte, und riet dringend zur Klagerücknahme. Dem folgte die Klägerin noch im Termin.

Die Klägerin hat behauptet, dass sie den Beklagten nicht isoliert mit dem Einreichen einer Auskunftsklage beauftragt habe. Vielmehr habe der Auftrag ohne Einschränkung dahin gelautet, die Pflichtteilsansprüche der Klägerin gegen die Streitverkündungsempfängerin durchzusetzen. Vorgaben, auf welchem prozessualen Wege dies zu erreichen sei, habe die Klägerin nicht gemacht. Es sei Aufgabe des Beklagten gewesen, das Ziel einer Auszahlung der Pflichtteilsforderung auf dem schnellsten und sichersten Wege zu erreichen. Die Entscheidung des Beklagten für eine isolierte Auskunftsklage sei grundsätzlich nicht falsch gewesen. Anders liege es hingegen hinsichtlich der damaligen Annahme der Beklagten, die isolierte Auskunftsklage hemme die Verjährung in gleichem Umfange wie eine Stufenklage.

Der Beklagte habe Rechtsangelegenheit der Klägerin hiernach fehlerhaft bearbeitet. Nachdem er anstelle einer Stufenklage die isolierte Auskunftsklage erhoben habe, hätte er – so die Klägerin weiter – die Verjährungsfrist überwachen und den Eintritt der Verjährung auf geeignete Weise verhindern müssen. Infolge des fehlerhaften Unterlassens dieser gebotenen Maßnahmen sei der Klägerin ein Vermögensschaden in Höhe des ihr zustehenden Pflichtteils entstanden. Dieser betrage mindestens € 141.250,00, nämlich 1/4 des hälftigen Werts der Stadt1 Liegenschaften.

Die Klägerin hat weiter behauptet, sie habe den Beklagten hinsichtlich des Rechtsstreits … vor dem Landgericht Frankfurt am Main ständig auf dem Laufenden gehalten. Spätestens nach Erhalt des Anwaltsschreibens vom 9. Februar 2015 wäre es – so die Klägerin weiter – Aufgabe des Beklagten gewesen wäre, die Argumente vorzutragen, die aus seiner Sicht gegen einen Verjährungseintritt gesprochen hätten. Jedenfalls aber sei aufgrund der zwischen den Parteien vereinbarten „faktischen Streitverkündung“ die von dem Landgericht Frankfurt am Main getroffene Feststellung, der Pflichtteilszahlungsanspruch der Klägerin sei verjährt, auch für den Beklagten bindend. Mit gegenteiligen Ausführungen könne er daher nicht mehr gehört werden.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 144.857,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 2.743,43 zu zahlen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, die Klägerin habe ihn am 6. Oktober 2010 ausschließlich mit der Erhebung einer Auskunftsklage beauftragt. Eine außergerichtliche Tätigkeit habe sie dagegen nicht gewollt. Grund dafür, eine Stufenklage nicht anhängig zu machen, sei auch gewesen, dass im Zuge eines bloßen Auskunftsverfahrens sich möglicherweise ein Einigungspotential betreffend die (anderweitige) Abgeltung von Pflichtteilsansprüchen der Klägerin hätte ergeben können. Ein Interesse an der Durchsetzung der Pflichtteilsansprüche selbst habe die Klägerin nämlich nicht gehabt. Vielmehr sei es ihr darum gegangen, die beiden Stadt1 Immobilien zu Alleineigentum zu erhalten.

Da der Klägerin die dreijährige Regelverjährung gemäß den §§ 195, 199 BGB bekannt gewesen sei, habe den Beklagten auch keine akzessorische Nebenpflicht getroffen, sie hierüber zu beraten. Zudem habe die Klägerin solche Maßnahmen ergriffen, die teils eine Hemmung, teils einen Neubeginn der Verjährung bewirkt hätten. Während der Dauer des streitgegenständlichen Mandatsverhältnisses sei eine Verjährung des Pflichtteilszahlungsanspruchs daher nicht eingetreten. Dies gelte insbesondere in Hinblick darauf, dass die (hiesige) Streitverkündungsempfängerin in dem Rechtsstreit … vor dem Landgericht Frankfurt am Main den Pflichtteilsanspruch mehrfach anerkannt habe.

Demgemäß sei bei Erhebung der Zahlungsklage vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Aktenzeichen …) am 25. September 2014 Verjährung des Zahlungsanspruches noch nicht eingetreten gewesen. Der Beklagte habe keine Möglichkeit gehabt, die von den dortigen Prozessbeteiligten in dem Termin vom 24. März 2015 vorgenommene rechtliche Fehlbewertung zu korrigieren und die an jenem Tage erfolgte Klagerücknahme zu verhindern. Absprachewidrig habe die Klägerin den Beklagten nicht über die prozessualen Schritte in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankfurt am Main unterrichtet. Ebenso wenig habe sie vor dem Landgericht Frankfurt am Main auf einen weiträumigen Verkündungstermin hingewirkt, um sich so vor einer etwaigen Klagerücknahme mit dem Beklagten darüber abstimmen zu können.

Soweit der Beklagte in der Vergangenheit die Verjährung des klägerischen Anspruches selbst unrichtig beurteilt haben sollte, müsse sich die Klägerin die fehlerhafte Einschätzung ihres späteren Prozessbevollmächtigten als anspruchsausschließendes Mitverschulden zurechnen lassen. Dagegen sei es nicht Aufgabe des Beklagten gewesen, auf eine zutreffende rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin – den Streithelfer – hinzuwirken.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Mit dem angegriffenen Urteil vom 21. Oktober 2016 (Bl. 167 ff. d. A.) hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Gießen die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, die Klägerin habe einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Anwaltsvertrag nicht schlüssig dargelegt.

Ein Anspruch der Klägerin sei nur denkbar, wenn der Beklagte schuldhaft Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verletzt hätte und der Klägerin hierdurch ein Vermögensschaden entstanden wäre. Als Vermögensschaden komme hier nur die fehlende Durchsetzbarkeit des Pflichtteilszahlungsanspruchs der Klägerin gegen deren Schwester – die Streitverkündungsempfängerin – aufgrund eines von dem Beklagten zu vertretenden Verjährungseintritts in Betracht. Ein derartiger Schaden sei jedoch nicht eingetreten, solange das Mandat des Beklagten angedauert habe, sondern erst nach dessen Kündigung und Erteilung eines neuen Auftrags an den Streithelfer der Klägerin. Dessen Verschulden an dem Eintritt der Verjährung müsse sich die Klägerin anspruchsausschließend zurechnen lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angegriffene Urteil (Bl. 167 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihrem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten – dem Streithelfer – am 31. Oktober 2016 (Bl. 187 d. A.) zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem hier per Fax am 28. November 2016 eingegangenen Schriftsatz vom 25. November 2016 Berufung eingelegt (Bl. 204 f. d. A.). Die Klägerin hat die Berufung sodann mit Anwaltsschriftsatz vom 28. Dezember 2016 begründet, der hier per Fax noch am selben Tage eingegangen ist (Bl. 215 ff. d. A.).

Mit der Berufung rügt die Klägerin u. a., das Landgericht habe verkannt, dass wegen einer dem Beklagten zuzurechnenden Pflichtwidrigkeit der der Klägerin gegenüber der Streitverkündungsempfängerin zustehende Pflichtteilzahlungsanspruch infolge eingetretener Verjährung verloren gegangen sei, so dass der Beklagte der Klägerin den hierdurch entstandenen Schaden ersetzen müsse.

Die vom Landgericht zitierte Erklärung der Streitverkündungsempfängerin vom 9. März 2011 in dem Klageverfahren … sei in einem Verfahren abgegeben worden, in welchem es ausschließlich um die Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses gegangen sei.

Zwar sei richtig, dass in dem Anerkenntnis der Auskunftspflichtigkeit grundsätzlich auch ein Anerkenntnis der sich aus der Auskunft ergebenden Zahlungspflicht liegen könne. Ob ein solches Anerkenntnis im Einzelfall vorliege, hänge von den Umständen des Einzelfalles ab.

Das Landgericht habe sich lediglich auf die Feststellung beschränkt, dass in dem Anerkenntnis einer Auskunftspflicht zwangsläufig auch das Anerkenntnis der sich aus der Auskunft ergebenden Zahlungspflicht liege. Ein solcher „Automatismus“ sei jedoch nicht anzunehmen. Vielmehr müssten weitere Umstände hinzutreten, wie etwa die Erfüllung des Auskunftsanspruches oder die Zahlung aufgrund erteilter Auskunft. Hier mangele es bereits an einem verwertbaren Anerkenntnis der Auskunftspflicht durch die Streitverkündungsempfängerin.

Die vom Landgericht in Bezug genommene Passage in dem Schriftsatz der Streitverkündeten stelle gerade kein Anerkenntnis der Auskunftspflicht dar. Der Erklärungsinhalt gehe letztendlich dahin, dass die Streitverkündungsempfängerin eine Auskunftspflicht – aus welchen Gründen auch immer – negiert habe. Der „insoweit floskelhafte Vorspann, grundsätzlich einzuräumen, gegenüber der Klägerin auskunftspflichtig zu sein“, erschöpfe sich in Beliebigkeit und stelle kein Anerkenntnis im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB dar. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, dass die Streitverkündungsempfängerin vorprozessual auf entsprechende Aufforderungen seitens der Klägerin, ihren Pflichtteilsanspruch anzuerkennen und Auskunft zu erteilen, nicht reagiert habe. Vielmehr habe die Streitverkündungsempfängerin bis zur letzten mündlichen Verhandlung in dem mit der Klägerin geführten Vorverfahren eine Auskunftspflicht verneint.

Selbst in der Folgezeit sei die Streitverkündungsempfängerin de facto „bei ihrer Verneinung der Auskunftspflicht“ geblieben, denn trotz erfolgter (rechtskräftiger) Verurteilung zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses der verstorbenen Mutter habe die Streitverkündungsempfängerin auch danach (bis heute) keine Auskunft über den Bestand des Nachlasses erteilt, geschweige denn Zahlungen geleistet. Unabhängig davon, dass schon kein Anerkenntnis des Auskunftsanspruchs vorliege, fehle es somit an wesentlichen Umständen, aus denen geschlussfolgert werden könne, dass die Streitverkündungsempfängerin auch einen Zahlungsanspruch zumindest dem Grunde nach habe anerkennen wollen.

Doch selbst wenn man dem Schriftsatz der Streitverkündungsempfängerin vom 9. März 2011 ein Anerkenntnis hinsichtlich des Pflichtteilszahlungsanspruches entnehme, führe dies lediglich zu einer Unterbrechung der Verjährung. Die vom Landgericht vertretene Auffassung, die verjährungsunterbrechende Wirkung dieses vermeintlichen Anerkenntnisses vom 9. März 2011 wirke bis zur letzten mündlichen Verhandlung des (Vor-)Prozesses am 21. September 2012 fort, sei falsch. Die Annahme, die Streitverkündungsempfängerin habe in dieser (letzten) mündlichen Verhandlung das Anerkenntnis durch Anbringen des Sachantrages wiederholt, sei eine Verdrehung des Sachverhaltes. In dieser (letzten) mündlichen Verhandlung am 21. September 2012 habe die Streitverkündungsempfängerin nach wie vor den von der Klägerin geltend gemachten Auskunftsanspruch negiert und Klageabweisung beantragt. Hierin die Wiederholung eines verjährungsunterbrechenden Anerkenntnisses zu sehen, sei rechtsirrig.

Rein hilfsweise sei auch der in dem angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung zu widersprechen, die vom Landgericht angenommene Pflichtverletzung des Streithelfers sei so überwiegend, dass dies zu einer völligen Entlastung des Beklagten führe. Vielmehr hafteten hier beide Anwälte der Auftraggeberin als Gesamtschuldner.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 28. Dezember 2016 Bezug genommen (Bl. 220 ff. d. A.).

Die Klägerin beantragt,

in Abänderung des Urteils des Landgerichts Gießen vom 21. Oktober 2016 den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 144.857,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins aus € 141.250,00 seit dem 23. September 2010 und aus weiteren € 3.607,00 seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 2.743,43 zu zahlen.

Der Streithelfer der Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Gießen vom 21. Oktober 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 144.857,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins aus € 141.250,00 seit dem 23. September 2010 und aus weiteren € 3.607,00 seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 2.743,43 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Nicht zu folgen sei dem Landgericht allein insoweit, als es auf den S. 10ff. des Urteils einen Mandatsauftrag an den Beklagten nicht nur zur Erhebung einer Auskunftsklage, sondern auch zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen angenommen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 7. Februar 2017 verwiesen (Bl. 233 ff. d. A.).

II.

  1. Die Berufung der Klägerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
  2. In der Sache hat die Berufung der Klägerin hingegen keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (vgl. § 513 Abs. 1 ZPO).
  3. Der erkennende Einzelrichter des Senats nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die gründlichen und in jeder Hinsicht zutreffenden Erwägungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug und macht sich diese zu Eigen.
  4. Die gegen die Beurteilung des Landgerichts erhobenen Einwände der Klägerin greifen nicht durch.
  5. Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass eine Verjährung des Zahlungsanspruchs gegen die Streitverkündungsempfängerin nicht eingetreten war, solange das Mandat des Beklagten bestand.

Die Forderung der Klägerin entstand mit dem Erbfall, § 2317 Abs. 1 BGB. Gemäß Art. 229 § 23 Abs. 2 EGBGB ist im Streitfall das neue Verjährungsrecht anzuwenden, nach dem der Auskunfts- wie der Zahlungsanspruch bezüglich des Pflichtteils nach Maßgabe der §§ 195, 199 BGB verjähren. Hieraus folgte eine Verjährung zunächst zum Ablauf des Jahres 2013. Das Erheben der isolierten Auskunftsklage wirkte sich auf die Verjährung des Pflichtteilszahlungsanspruchs nicht aus (vgl. etwa Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 204 BGB, Rdnr. 13 m. w. N.).

Unabhängig von dem von der Klägerin und der Streitverkündungsempfängerin betriebenen Mediationsverfahren schied eine Verjährung hier jedoch zunächst wegen § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB aus. Nach dieser Bestimmung beginnt die Verjährung erneut, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt.

Ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB liegt vor, wenn sich aus dem tatsächlichen Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger klar und unzweideutig ergibt, dass dem Schuldner das Bestehen der Schuld bewusst ist, und angesichts dessen der Gläubiger darauf vertrauen darf, dass sich der Schuldner nicht auf den Ablauf der Verjährung berufen wird. Der Schuldner muss dabei sein Wissen, zu etwas verpflichtet zu sein, klar zum Ausdruck bringen, wobei ein eindeutiges schlüssiges Verhalten genügen kann (vgl. BGH, Urteil vom 27.01.1999 – XII ZR 113/97, NJW 1999, 1101, 1103; Urteil vom 13.01.2005 – VII ZR 15/04, NJW-RR 2005, 605, 606; Beschluss vom 23.08.2012 – VII ZR 155/10, NJW 2012, 3229, 3230; Urteil vom 04.06.2014 – IV ZR 348/13, NJW 2014, 2574, 2575; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 212 BGB, Rdnr. 2).

Für den Neubeginn der Verjährung reicht dabei ein Anerkenntnis oder ein diesem gleichstehendes Verhalten aus, das den Anspruch dem Grunde nach zum Gegenstand hat (vgl. BGH, Urteil vom 22.01.1974 – VI ZR 26/73, VersR 1974, 571; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 212 BGB, Rdnr. 5 m. w. N.). Ein Anerkenntnis im Hinblick auf den Grund des Anspruchs führt daher zum Neubeginn der Verjährung im Hinblick auf den gesamten Anspruch, auch wenn in der Höhe Einwendungen bestehen (vgl. etwa Meller-Hannich, in: Gsell u. a. (Hrsg.), beck-online Grosskommentar, 2017, § 212, Rdnr. 8; Grothe, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 212, Rdnr. 7 m. w. N.).

Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass ein solches Anerkenntnis hier in dem Prozessverhalten der hiesigen Streitverkündungsempfängerin in dem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main mit dem Aktenzeichen … liegt.

Zunächst räumte die hiesige Streitverkündungsempfängerin auf S. 2 der Klageerwiderung vom 9. März 2011 ausdrücklich ein, über den Nachlassbestand auskunftspflichtig zu sein (vgl. Bl. 40 d. A.). Auf S. 5 dieses Anwaltsschriftsatzes heißt es sodann: „Da diese Auskünfte zur Vorbereitung und letztlichen Bezifferung der Pflichtteilsansprüche der Klägerin ebenso maßgeblich sind […]“ (Bl. 43 d. A.; Hervorhebung hinzugefügt). Auf S. 6 formuliert die hiesige Streitverkündungsempfängerin in Bezug auf eine Vermögenszuwendung: „Diese beeinflusst gem. § 2316 BGB den Pflichtteilsanspruch der Klägerin ebenfalls erheblich […]. Die Klägerin hat also Auskunft über den Wert […] zu erteilen, weil sie sich dies […] pflichtteilsmindernd anrechnen lassen muss“ (Bl. 44 d. A.; Hervorhebung hinzugefügt). Auf S. 7 ist ferner die Rede von der Berechnungsgrundlage „für den mit der hiesigen Klage vorzubereitenden Pflichtteilsanspruch der Klägerin“ (Bl. 45 d. A.; Hervorhebung hinzugefügt). Auf S. 8 wird zudem davon gesprochen, dass die „Pflichtteilsansprüche der Klägerin“ maßgeblich vom Ergebnis eines weiteren Verfahrens abhingen, „weil erst dann die Pflichtteils- und ggf. Pflichtteilsergänzungsansprüche der Klägerin ermittelt werden können“ (Bl. 46 d. A.; Hervorhebung hinzugefügt). Schließlich unterbreitete die hiesige Streitverkündungsempfängerin auf S. 8 noch den Vorschlag eines „gegenseitigen Pflichtteilsverzichts“ (a. a. O.).

In dem von Herrn Rechtsanwalt RA1 für die hiesige Streitverkündungsempfängerin verfassten Anwaltsschriftsatz vom 16. Januar 2012 ist zudem von einer unentgeltlichen Wohnraumüberlassung an die Klägerin die Rede, „die gem. § 2316 BGB ihren Pflichtteilsanspruch nach der Erblasserin ganz erheblich beeinflusst […]“ (Bl. 50 d. A.; Hervorhebung hinzugefügt)

Die hiesige Streitverkündungsempfängerin hat u. a. mit den hier auszugsweise wiedergegebenen Formulierungen mehrfach deutlich gemacht, dass der Klägerin ihr gegenüber dem Grunde nach Pflichtteilsansprüche zustehen. Nach den oben skizzierten Maßstäben liegt darin jeweils ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang auch zu Recht betont, dass der Annahme eines Anerkenntnisses nicht etwa entgegensteht, dass die Streitverkündungsempfängerin vor dem Landgericht Frankfurt am Main die Abweisung der Klage beantragt hatte. Denn die Begründung des Abweisungsantrages erschöpfte sich darin, dass die hiesige Streitverkündungsempfängerin zur Auskunft derzeit nicht imstande sei, da sie zur Erfüllung Informationen benötige, die ihr allein die Klägerin verschaffen könne. Diese Verteidigung stellte das Bestehen eines Pflichtteilsanspruchs gerade nicht in Frage, sondern baute im Gegenteil – wie das Landgericht nicht verkannt hat – auf dessen Bestehen auf.

Für die Frage der Einordnung des Prozessverhaltens der hiesigen Streitverkündungsempfängerin als Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist es im Übrigen unerheblich, ob die Streitverkündungsempfängerin eine freiwillige Erfüllung des Zahlungs- oder auch nur des Auskunftsanspruches beabsichtigte. Denn die Erfüllungsbereitschaft ist kein konstitutives Element eines Anerkenntnisses. Vielmehr muss der Schuldner sich an dem objektiven Erklärungsgehalt seiner Äußerung festhalten lassen, ohne dass es hierbei auf den Gehalt seines subjektiven Willens ankäme (vgl. etwa Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 212 BGB, Rdnr. 2).

Nach alledem begann die Verjährung mit Zugang der beiden Schriftsätze vom 9. März 2011 und vom 16. Januar 2012 bei der Klägerin jeweils erneut, also zunächst am 21. März 2011 (vgl. den auf Bl. 39 d. A. ersichtlichen Eingangsstempel) und sodann noch einmal zu einem anhand der vorliegenden Unterlagen nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt am oder nach dem 16. Januar 2012.

Das Landgericht hat auch zutreffend herausgearbeitet, dass die hiesige Streitverkündungsempfängerin in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankfurt mit dem Aktenzeichen … das Anerkenntnis zum Anspruchsgrund bei der mündlichen Verhandlung wiederholt hat. In dem (vorbehaltlosen) Anbringen des Sachantrages und dem anschließenden Verhandeln liegt nämlich die Bezugnahme auf den gesamten bis dahin erfolgten schriftsätzlichen Vortrag (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12.03.2004 – V ZR 257/03, NJW 2004, 1876, 1879; Greger, in: Zöller, ZPO, § 137 ZPO, Rdnr. 3), was einer mündlichen Äußerung in freier Rede gleichsteht (§ 137 Abs. 3 und Abs. 2 ZPO).

Ihr Anerkenntnis zum Anspruchsgrund hat die Streitverkündungsempfängerin daher letztmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Frankfurt vom 21. September 2012 wiederholt. Jede Wiederholung des Anerkenntnisses bewirkte einen Neubeginn der Verjährung (vgl. etwa Budzikiewicz, in: Heidel/Hüßtege/Mansel (Hrsg.), BGB. Nomos Kommentar. Allgemeiner Teil, Band 1, 3. Aufl. 2016, § 212, Rdnr. 32; Grothe, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 212, Rdnr. 2). Zur Verjährung kam es daher hier nicht vor Ablauf des 21. September 2015.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin dem Beklagten das Mandat jedoch bereits längst entzogen; die Kündigung erfolgte zu einem nicht näher vorgetragenen Zeitpunkt vor dem 29. August 2014 und damit über ein Jahr vor dem möglichen Verjährungseintritt. Parallel dazu hatte die Klägerin bereits ihren Streithelfer, Herrn Rechtsanwalt RA2, mit der Wahrnehmung ihrer Interessen betraut.

Soweit dieser am 25. September 2014 eine Teilklage über € 10.000,00 anhängig gemacht hatte, ist die auf diesen Teilbetrag beschränkte verjährungshemmende Wirkung der Teilklage durch die spätere Klagerücknahme rückwirkend entfallen (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

  1. Auch die Einschätzung des Landgerichts, die Klägerin müsse sich den Fehler ihres späteren Bevollmächtigten – des Streithelfers – gemäß den §§ 254, 278 Satz 1 BGB anspruchsmindernd zurechnen lassen, was vorliegend zu einer völligen Entlastung des Beklagten führe, ist nicht zu beanstanden.

Zwar macht der Umstand, dass Verjährung erst nach Auftragserteilung an einen neuen Rechtsanwalt eintrat, einen Pflichtenverstoß des früheren Bevollmächtigten nicht per se unbeachtlich. Denn der von einer früheren Pflichtverletzung eines Rechtsanwalts ausgehende Zurechnungszusammenhang wird grundsätzlich nicht dadurch unterbrochen, dass nach dem sorgfaltswidrig handelnden Anwalt eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit befasst worden ist, die noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, aber die ihr obliegende Sorgfaltspflicht gleichfalls nicht beachtet hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 07.04.2005 – IX ZR 132/01, NJW-RR 2005, 1146, 1147).

Rechtsanwälte, die nacheinander derselben Auftraggeber Schaden zugefügt haben, haften dieser grundsätzlich als Gesamtschuldner. Die Anrechnung eines Mitverschuldens der Mandantin wegen eines Fehlers des Zweitanwalts kommt in diesem Falle nur in Betracht, wenn die Mandantin sich des Zweitanwalts gerade zu dem Zweck bedient hat, eine im eigenen Interesse gebotene Obliegenheit zur Abwehr oder Minderung des Schadens zu erfüllen, der durch den in Anspruch genommenen Erstanwalt herbeigeführt wurde. Gegenstand des Auftrages an den Zweitanwalt muss daher gerade die Behebung von Fehlern des zunächst tätig gewesenen Bevollmächtigten sein (vgl. BGH, Urteil vom 07.04.2005 – IX ZR 132/01, NJW-RR 2005, 1146, 1147 m. w. N.; Beschluss vom 20.12.2012 – IX ZR 72/11, juris).

So liegt es hier. Die Klägerin war erst durch ihren neuen Bevollmächtigten – den Streithelfer – überhaupt darauf hingewiesen worden, dass der Beklagte die Rechtslage unzutreffend beurteilt hatte; es war gerade Hauptzweck von dessen Tätigkeit, mögliche nachteilige Folgen des Fehlers des Beklagten zu beheben. Das Landgericht hat zu Recht betont, dass dies nicht zuletzt aus dem ausführlichen Schriftverkehr zwischen dem neuen Bevollmächtigten (dem Streithelfer) und dem Beklagten einschließlich der Verhandlungen um einen Streitverkündungsvertrag hervorgeht.

Dem neuen Bevollmächtigten der Klägerin – dem Streithelfer – sind Fehler bei der Bearbeitung des Mandats unterlaufen. Über den zurückliegenden Prozess vor dem Landgericht Frankfurt hatte ihn in die Klägerin unstreitig informiert. Der Streithelfer der Klägerin hätte daher erkennen müssen, dass gemäß den obigen Ausführungen Verjährung noch nicht eingetreten war, und geeignete Maßnahmen zur Verjährungshemmung ergreifen müssen.

In Betracht gekommen wäre hier insbesondere das Erheben einer Zahlungsklage, zu deren Vorbereitung – wie oben bereits erwähnt – noch über ein Jahr Zeit geblieben wäre. Die tatsächlich erhobene Teilklage war von vornherein ungeeignet, hinsichtlich des nicht anhängigen Forderungsteils eine Verjährungshemmung zu bewirken (vgl. etwa BGH, Urteil vom 09.01.2008 – XII ZR 33/06, NJW-RR 2008, 521, 522). Wird nur ein Teil eines einheitlichen Anspruchs eingeklagt, wird nämlich die Verjährung auch nur insoweit gehemmt und die Rechtskraft beschränkt sich auf den eingeklagten Teilbetrag (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11.03.2009 – IV ZR 224/07, NJW 2009, 1950, 1951 f.; Urteil vom 23.06.2015 – II ZR 166/14, NJW 2015, 3040, 3041; Senat, Urteil vom 11.12.2015 – 8 U 279/12, juris).

Doch auch soweit die hemmende Wirkung der Teilklage reichte, entfiel diese – wie oben bereits erwähnt – mit der Klagerücknahme ersatzlos. An dem Verschulden des Streithelfers ändert es auch nichts, dass seine Beurteilung der Rechtslage mit derjenigen des Landgerichts Frankfurt übereinstimmte und dieses die Klagerücknahme anempfohlen hatte, denn Hinweise des Gerichts heben die Pflicht des Anwalts zur selbständigen Prüfung der Rechtslage nicht auf.

  1. Das Landgericht hat auch gemäß § 254 Abs. 1 BGB die Verursachungsbeiträge beider Seiten für den eingetretenen Schaden zutreffend gegeneinander abgewogen. Bei wertender Gesamtschau trifft die Verantwortlichkeit für den Verjährungseintritt hier hauptsächlich den Streithelfer als Zweitanwalt. In Fällen, bei denen der Schaden auf der Verjährung von Ansprüchen beruht, ist nämlich in besonderem Maße auf das Zeitmoment abzustellen. Je geringer der durch Fehler des Erstanwalts eingetretene Verjährungszeitverlust ist und je mehr Zeit dem Zweitbevollmächtigten für die Vorbereitung einer Klage oder anderer Hemmungstatbestände bleibt, desto geringer ist das Verschulden des zunächst tätig gewesenen Rechtsanwalts zu gewichten.

Im Streitfall stand bei Beendigung des Mandats des Beklagten eine Verjährung noch lange nicht bevor; zu einer sorgfältigen Prüfung der Rechtslage durch den spätestens am 26. August 2014 mandatierten Streithelfer der Klägerin wäre über ein Jahr lang Zeit gewesen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu dieser Frage auf den S. 14 f. des angegriffenen Urteils wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

  1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
  2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO.
  3. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), liegen nicht vor.

Der Sache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Sache eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.11.2008 – 1 BvR 2587/06, NJW 2009, 572, 573; Beschluss vom 27.05.2010 – 1 BvR 2643/07, FamRZ 2010, 1235, 1236; Beschluss vom 29.09.2010 – 1 BvR 2649/06, juris; BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02, NJW 2002, 3029; Ball, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Kommentar zur ZPO, 13. Aufl. 2016, § 543 ZPO, Rdnr. 5; Heßler, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 543, Rdnr. 11; Kessal-Wulf, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 01.09.2016, § 543, Rdnr. 19). Klärungsbedürftig sind dabei solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2007 – 1 BvR 650/03, NJW-RR 2008, 26, 29; Beschluss vom 27.05.2010 – 1 BvR 2643/07, FamRZ 2010, 1235, 1236; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.09.2013 – 15 U 92/12, ZEV 2013, 674, 677; Heßler, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 543, Rdnr. 11).

Nach diesen Maßstäben wirft die vorliegende Sache keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf. Es handelt sich vielmehr um eine von den tatsächlichen Besonderheiten des Sachverhalts geprägte Einzelfallentscheidung.

Die Zulassung der Revision ist im vorliegenden Fall auch nicht zur „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung“ (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) erforderlich. Dieser Zulassungsgrund ist insbesondere dann gegeben, wenn das Berufungsgericht von einer Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, namentlich des Bundesgerichtshofes, abweicht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt dann vor, wenn das Berufungsgericht ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, also einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit dem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten Rechtssatz nicht deckt (vgl. BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZR 75/02, NJW 2002, 2295; Beschluss vom 27.03.2003 – V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1945; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.10.2013 – 15 U 127/13, juris; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 543, Rdnr. 4b; Kessal-Wulf, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 01.09.2016, § 543, Rdnr. 26).

Eine so verstandene Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes findet im vorliegenden Fall nicht statt.

 

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