Oberlandesgericht Köln, 16 U 82/17
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 30.5.2017 – 24 O 353/15 – durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Erbfolge nach dem am 23.10.2014 verstorbenen B F.
Der Kläger ist der Bruder des Erblassers. Der Beklagte zu 1.) ist der Ehemann der bereits 2009 verstorbenen Schwester des Erblassers. Der Beklagte zu 2.) ist der gemeinsame Sohn des Beklagten zu 1.) und der vorverstorbenen Schwester des Erblassers. Am 14.11.2014 erschien der Kläger beim Nachlassgericht und übergab ein handschriftliches Testament mit Datum 23.05.2014. Mit nichtdatiertem Schreiben, das am 14.01.2015 beim Nachlassgericht einging, bat der Beklagte zu 1. im Namen seiner beiden Kinder um Einsicht in das Testament. Auf einen Erbscheinsantrag des Klägers vom 9.7.2015 hin forderte das Nachlassgericht mit Schreiben vom 09.07.2015 unter anderem beide Beklagten zur Stellungnahme auf. Mit Schriftsatz vom 14.8.2015 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, den Antrag zurückzuweisen. Dabei stellte er die Echtheit des Testaments in Abrede. Das Nachlassgericht wies mit Schreiben an den Prozessbevollmächtigten vom 17.08.2015 darauf hin, dass lediglich die bereits volljährigen Kinder als gesetzliche Erben „unmittelbar Beteiligte“ an dem Nachlassverfahren seien, da der Beklagte zu 1. nicht antragsberechtigt sein dürfte. In einem Schreiben an den Beklagten zu 1. persönlich entschuldigte sich das Nachlassgericht für das versehentlich an ihn übersandte Anhörungsschreiben. Für den Beklagten zu 1. teilte sein Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 19.08.2015 „im Hinblick auf die Antragsberechtigung“ mit, „dass dieser gesetzlicher Erbe der verstorbenen G. geb. F ist“ und fügte zum Nachweis einen notariellen Erbvertrag zwischen ihm und seiner Ehefrau bei. Diesen Hinweis wiederholte er mit Schriftsatz vom 28.9.2015. Das Amtsgericht Köln vernahm Zeugen und nahm Schriftproben. Schließlich erteilte es aufgrund des Testaments vom 23.05.2014 einen gemeinschaftlichen Erbschein für den Kläger und seinen Sohn sowie für Frau H und Herrn N. Mit Schreiben vom 08.10.2015 forderte der Kläger den Beklagten zu 1. auf, die Wirksamkeit des Testaments anzuerkennen, was der Beklagte zu 1. zurückwies. Auf entsprechende Aufforderungen vom 09.10. und vom 03.11.2015 reagierte der Beklagte zu 2. nicht.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass er aufgrund des wirksam errichteten Testamentes des am 23.10.2014 in Köln verstorbenen Erblassers BF vom 23.05.2014 Erbe zu 88,5% neben den weiteren gewillkürten Erben Lukas F, H und N geworden ist und keine gesetzliche Erbfolge eingetreten ist;
hilfsweise:
festzustellen, dass er aufgrund des wirksam errichteten Testamentes des am 23.10.2014 in L verstorbenen Erblassers B F vom 23.05.2014 Erbe neben den weiteren gewillkürten Erben M F, H und N geworden ist und keine gesetzliche Erbfolge eingetreten ist.
Die Beklagten haben das Feststellungsinteresse für die Feststellungsklage in Abrede gestellt. Hilfsweise haben sie die Wirksamkeit des Testaments vom 23.05.2014 bestritten.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, hat über die Wirksamkeit des Testaments Beweis erhoben und der Klage gegen den Beklagten zu 2. mit dem Hilfsantrag stattgegeben. Die Klage gegen den Beklagten zu 1. hat es als unzulässig verworfen, weil insoweit kein Feststellungsinteresse bestehe.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger den vom Landgericht abgewiesenen Hilfsantrag gegen den Beklagten zu 1. weiter. Zur Begründung führt er im wesentlichen aus, der Beklagte zu 1. habe das testamentarische Erbrecht des Klägers von Anfang ernstliche bestritten und nicht nur für seinen Sohn, den Beklagten zu 2., sondern auch ausdrücklich im eigenen Namen. Dies ergebe sich aus den Schreiben seines Prozessbevollmächtigen an das Nachlassgericht vom 19.8. und 28.9.2015, in denen er auf seine Erbenstellung nach seiner Ehefrau, der Schwester des Erblassers, hingewiesen habe und zum Nachweis den notariellen Erbvertrag beigefügt habe. Auch der Beklagte zu 1. habe durch sein gesamtes vorgerichtliches Verhalten, aber auch sein anschließendes Verhalten im Erbscheinsverfahren und im vorliegenden Prozess die testamentarische Miterbenstellung des Klägers nicht nur bestritten, sondern sich auch eines eigenen Rechts gegenüber dem Kläger berühmt. Die quotenmäßige Miterbenstellung des Klägers habe er dadurch in Gefahr gebracht.
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung. Zur Begründung wiederholt und vertieft er hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage sein erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteile, die Schriftsätze der Parteien und die Nachlassakte AG Köln – 31 VI 79/15 – verwiesen.
II.
Die Berufung ist offensichtlich unbegründet. Das angefochtene Urteil entspricht der Sach- und Rechtslage. Die Berufungsbegründung rechtfertigt eine Abänderung der Entscheidung nicht. Sie gibt lediglich zu folgenden Hinweisen Anlass:
Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Bei einer Feststellungsklage liegt eine solche Gefährdung in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet oder er sich eines eigenen Rechts gegenüber dem Kläger berühmt (BGH ZEV 2010, 468 = FamRZ 2010, 1068; Münchener Kommentar/Becker-Eberhard, ZPO, 5. Aufl., § 256 Rn. 42; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 256 Rn. 7 m.w.N.). Gegenstand einer Feststellungsklage kann hierbei, wie sich auch aus § 27 ZPO ergibt, das Bestehen oder Nichtbestehen eines (Mit-)Erbrechts sein (BGH ZEV 2010, 468 = FamRZ 2010, 1068; OLG OLG Brandenburg ZEV 2010, 143 = FamRZ 2010, 1610; OLG Koblenz ZEV 2013, 557 = NJW-RR 2013, 965).
Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage gegen den Beklagten zu 1. zu Recht verneint. In den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen richtete sich die Klage gegen einen Erbprätendenten (BGH ZEV 2010, 468 = FamRZ 2010, 1068; OLG Brandenburg ZEV 2010, 143 = FamRZ 2010, 1610; OLG Koblenz ZEV 2013, 557 = NJW-RR 2013, 965). Der Beklagte zu 1. hat sich jedoch zu keiner Zeit einer Stellung als Erbprätendent berühmt. Die Berühmung muss – soll sie ein Feststellungsinteresse begründen – nicht nur ernsthaft gemeint sein, sondern auch nach objektiver Würdigung eine gegenwärtige Gefahr für den Kläger begründen (Münchener Kommentar/Becker-Eberhard § 256 Rn. 42 m.w.N.). Daran fehlt es. Der Beklagte zu 1. schied als gesetzlicher Erbprätendent objektiv aus, da ihm als Ehegatte der vorverstorbenen Schwester des Klägers kein gesetzliches Erbrecht zustand. Eines gesetzlichen Erbrechts hatte er sich auch nicht irrtümlich berühmt. Ebenso hat er sich keines gewillkürten Erbrechts berühmt. Er hat weder geltend gemacht, aus dem streitgegenständlichen Testament vom 23.5.2014 ergebe sich eine eigene Miterbenstellung, noch hat er sich auf eine andere Verfügung von Todes wegen berufen, die das testamentarische Erbrecht des Klägers hätte gefährden können. Im Hinblick hierauf hat das Nachlassgericht eine Beteiligung des Beklagten zu 1. am Erbscheinsverfahen verneint (vgl. § 345 Abs. 1 FamFG). Die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1. vom 19.8. und 28.9.2015 sind vor dem Hintergrund zu verstehen, dass das Nachlassgericht mit Schreiben vom 17.8.2015 darauf hingewiesen hatte, lediglich die volljährigen Kinder des Beklagten zu 2. seien „unmittelbar Beteiligte“ des Nachlassverfahrens. Ein ernsthaftes Berühmen einer eigenen Erbenstellung lässt sich den beiden Schreiben nicht entnehmen. Das Bestreiten der Wirksamkeit der Testamentes und der daraus abgeleiteten Miterbenstellung der Klägers erfolgte bei einer objektiven Betrachtung des Verhaltens des Beklagten zu 1. im Erbscheinsverfahren allein im Interesse und Namen des Beklagten zu 2. Soweit er im Rechtsstreit hilfsweise auch im eigenen Namen die Wirksamkeit des Testaments vom 23.5.2014 bestritten hat, war dies ersichtlich die Folge davon, dass die Klage auch gegen ihn gerichtet war. Da hierfür kein Feststellungsinteresse bestand, kann dies nicht zu Lasten des Beklagten zu 1. gehen.
III.
Da die Rechtssache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, eine Entscheidung des Senats durch Urteil auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, beabsichtigt der Senat, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
IV.
Der Kläger hat Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist. Die Frist kann nach § 224 Abs. 2 ZPO nur verlängert werden, wenn der Gegner zustimmt oder erhebliche Gründe glaubhaft gemacht werden. Auf die Möglichkeit einer kostengünstigeren Zurücknahme des Rechtsmittels wird hingewiesen (Nr.1222 Kostenverzeichnis zu § 3 Abs.2 GKG).
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