Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil verkündet am 24.03.2009 Aktenzeichen: 8 U 29/08 – zur Pflichtteilsergänzung, § 2329 BGB

Mai 27, 2018

Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 24.03.2009
Aktenzeichen: 8 U 29/08

Verkündet am: 24. März 2009

In dem Rechtsstreit wegen Duldung der Zwangsvollstreckung (Pflichtteilsergänzung) hat der 8. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Schunck, die Richterin am Oberlandesgericht Jahn-Kakuk und den Richter am Oberlandesgericht Süs auf die mündliche Verhandlung vom 3. März 2009 für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 8. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

 

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Wiedereinsetzung zu tragen.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in derselben Höhe Sicherheit leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

V.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30 604,07 € festgesetzt.

 

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Duldung der Zwangsvollstreckung in mehrere Grundstücke wegen einer ihm nach seiner Ansicht zustehenden Forderung auf Pflichtteilsergänzung in Anspruch.

Die Parteien sind Geschwister und die einzigen Abkömmlinge ihrer am 18. Januar 2002 verstorbenen Mutter H… F…. Diese hatte zunächst mit Testament vom 18. Dezember 1993 die Beklagte zu ihrer Alleinerbin eingesetzt. Sodann setzte sie mit Testament vom 25. März 1999 den Kläger zu ihrem Alleinerben ein (vgl. VI 309/02 AG Pirmasens, Bl. 8, 67). Die Erblasserin hatte bereits zu Lebzeiten Grundstückseigentum an die Parteien übertragen (wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die notariellen Urkunden Bl. 11 ff.; 16 ff. und 23 ff. d. A.).

Die Werte der übertragenen Grundstücke sind zwischen den Parteien streitig. Der verbliebene Nachlass der Erblasserin ist notdürftig.

Die Erbfallkosten und Nachlassverbindlichkeiten übersteigen den noch vorhandenen Wert der Aktiva des Nachlasses (Bl. 141 und 142 sowie 152 d. A.). Nach dem Tod der Erblasserin gingen die Parteien zunächst davon aus, dass die Beklagte Alleinerbin geworden und der Kläger enterbt worden sei.

Das spätere Testament vom 25. März 1999 war zunächst nicht bekannt.

Der Kläger erhob am 16./21. Mai 2002 beim Amtsgericht Pirmasens (2 C 281/02) gegen die Beklagte eine Stufenklage, mit welcher er zunächst Auskunft verlangte über den Bestand des Nachlasses und zwar durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses, welches folgende Punkte umfassen sollte:

– alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva), – alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Passiva),

– alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen, die die Erblasserin zu Lebzeiten getätigt hat (Bl. 2 d. BA. 2 C 281/02 Amtsgericht Pirmasens).

In der Zahlungsstufe kündigte der Kläger den Antrag auf Zahlung von einem Viertel des sich aus der zu erteilenden Auskunft ergebenden Betrages an.

Zur Begründung führte der Kläger u.a. aus, seinen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen, gegebenenfalls auch Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen ausgleichspflichtiger Schenkungen.

Das Verfahren kam beim Amtsgericht Pirmasens über die Auskunftsstufe nicht hinaus. Nach einem längeren Ruhen wurde es – nachdem sich inzwischen die Existenz des Testaments aus dem Jahre 1999 herausgestellt hatte – von den Parteien nicht mehr weiterbetrieben und nach der Aktenordnung beendet.

Eine Sachentscheidung ist in dem Verfahren nicht ergangen.

Das Amtsgericht Pirmasens hat am 23. August 2005 einen Erbschein erteilt, wonach der Kläger Alleinerbe der Mutter der Parteien ist (Bl. 197 d. BA. VI/309/02 Amtsgericht Pirmasens).

Den zuvor der Beklagten erteilten Erbschein hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 3. März 2004 eingezogen (Bl. 149 der Nachlassakte).

Das Grundstück …straße … in N…, an dem die Parteien nach dem Tod der Erblasserin zu unterschiedlichen Teilen beteiligt waren, ist auf Antrag der Beklagten im Wege der Teilungsversteigerung zwangsversteigert worden. Den Zuschlag erhielt die Beklagte (Bl. 135 ff. d. A.).

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, wegen eines Betrages von 30 604,07 € die Zwangsvollstreckung in die ihr zu Lebzeiten von der Erblasserin geschenkten Grundstücke zu dulden.

Da der Nachlass (unstreitig) ohne positiven Wert sei, stehe ihm als Erben gegen die Beklagte als Beschenkte ein entsprechender Anspruch in Höhe von 1/4 des maßgeblichen Schenkungswertes zu.

Der Gesamtwert der Schenkungen (Anteil von 3/4 am Grundstück …straße …, Alleineigentum an den Grün- und Ackerflächengrundstücken) belaufe sich auf 122 416,29 €, sodass ihm ein Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe von 30 604,70 € zustehe.

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie an dem Grundstück …straße … aufgrund des Zuschlagsbeschlusses Alleineigentum erworben habe, da ihr aus dem vorausgegangenen Rechtsstreit bekannt gewesen sei, dass er – der Kläger – an diesem Grundstück Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen der Schenkung geltend mache, weshalb sie die Zwangsversteigerung nicht habe betreiben dürfen. Seine Ansprüche seien auch nicht verjährt, da die Verjährung durch das Verfahren vor dem Amtsgericht Pirmasens gehemmt worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, wegen einer Forderung von 30 604,087 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über den Basiszinssatz seit dem 14. März 2007 die Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch des Amtsgerichts Pirmasens

– für die Gemarkung N… Bl. 6… eingetragene Grundstück …straße … in N… – Plan-Nr. 2…/13- in Höhe eines Anteils von 3/4,

– für die Gemarkung N… Bl. 1… eingetragene Grundstück Grünland in Michelderdell – Plan-Nr. 2… -,

– für die Gemarkung N… Bl. 1… eingetragene Grundstück Acker unten am B… – Plan-Nr. 2…/2 -,

– für die Gemarkung T… Bl. 2… eingetragenen folgenden Grundstücke

– Acker unter der Meisenbach, Plan-Nr. 3…,

– Acker auf dem Brückenberg jenseits des Wegs, Plan-Nr. 4…,

– Acker auf dem Brückenberg, Plan-Nr. 5…,

– Grünland im Meisenbacher Tälchen, Plan-Nr. 5…,

– Wald am Brückenbergerhang, Plan-Nr. 5..,

– Acker am Brückenbergerhang, Plan-Nr. 6… + 6…,

– Grünland im Langental, Plan-Nr. 9.. + 9..,

– Wiese unten am Rodalber Weg, Plan-Nr. 1…,

– Acker und Wald, Plan-Nr. 1…,

– Landwirtschaftliche Weidstein, Plan-Nr. 3…,

in Höhe eines Anteils von 1/22,

– für die Gemarkung T… Bl. 2… eingetragene Grundstücke

– in den Meisenäckern, Plan-Nr. 2…/2,

– Grünland in der Meisenbach, Plan-Nr. 2…/2,

in Höhe eines Anteils von 1/2,

zu Gunsten des Klägers zu dulden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, dem Kläger stünden Ansprüche aus §§ 2325, 2329 BGB nicht zu.

Dessen Wertangaben zu den Grundstücksübertragungen seien unzutreffend.

Hinzu komme, dass sie das Grundstück – …straße – inzwischen nicht mehr aufgrund (anteiliger) Schenkungen, sondern aufgrund des Zuschlagsbeschlusses erhalten habe.

Der geltend gemachte Anspruch sei zudem verjährt. Der beim Amtsgericht Pirmasens eingeleitete Rechtsstreit habe den Lauf der Verjährung nicht gehemmt, weil jenem Verfahren ein anderer Streitgegenstand zugrunde gelegen habe.

Der Einzelrichter der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken hat die Klage mit Urteil vom 8. Februar 2008 abgewiesen, da dem geltend gemachten Anspruch aus § 2329 Abs. 1 Satz 2 BGB der erhobene Verjährungseinwand entgegenstehe.

Etwaige Ansprüche des Klägers aus dieser Vorschrift seien mit Ablauf des 18. Februar 2005 verjährt.

Die Klageerhebung in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Pirmasens (2 C 281/02) habe keine Hemmung des hier geltend gemachten Anspruchs bewirkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 166 – 172 d. A.).

Das Urteil ist dem Kläger am 12. Februar 2008 zugestellt worden (Bl. 174 d. A.).

Dieser hat mit einem am 12. März 2008 beim Senat eingegangenen Antrag um Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Berufung nachgesucht (Bl 183 ff. d. A).

Der Senat hat dem Kläger mit Beschluss vom 31. Juli 2008 antragsgemäß Prozesskostenhilfe bewilligt (Bl. 210 f. d. A.).

Der Beschluss ist dem Kläger am 6. August 2008 zugestellt worden (Bl. 213 d. A.).

Der Kläger hat mit am 7. August 2008 eingegangenen Schriftsätzen vom 6. August 2008 beantragt, ihm gegen die Versäumung der Berufungsfrist sowie der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (Bl. 214/215 d. A.).

Mit weiterem Schriftsatz vom selben Tag hat der Kläger Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel begründet (Bl. 216 ff. d. A.).

Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, dass die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 2332 Abs. 2 BGB durch die in dem Verfahren 2 C 281/82 Amtsgericht Pirmasens erhobene Klage gehemmt worden sei.

Der Bundesgerichtshof habe mehrfach ausgesprochen, dass zwischen den Ansprüchen aus § 2325 BGB und § 2329 BGB dem Grunde und der Natur nach kein Unterschied bestehe. Die wesensmäßige Gleichheit der Ansprüche müsse hinsichtlich der Unterbrechung der Verjährung den Ausschlag geben.

Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass sich sowohl die beim Amtsgericht Pirmasens eingereichte Klage als auch der vorliegende Rechtsstreit jeweils gegen die Beklagte richte. Die vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung geforderte Personenidentität liege somit vor. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (FamRZ 1996, 445 ff.) stütze die Auffassung des Landgerichts nicht. Der in jenem Verfahren entschiedene Fall unterscheide sich von der vorliegenden Konstellation im Wesentlichen dadurch, dass keine Personenidentität zwischen den Beklagten vorgelegen habe.

Der Kläger beantragt,

auf die Berufung das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 8. Februar 2008 – 1 O 133/07 – zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, wegen einer Forderung von 30 604,07 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit 14. März 2007 die Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch des Amtsgerichts Pirmasens

– für die Gemarkung N… Bl. 6… eingetragene Grundstück …straße 6 in N… – Plan-Nr. 2…/13- in Höhe eines Anteils von 3/4,

– für die Gemarkung N… Bl. 1… eingetragene Grundstück Grünland in Michelderdell – Plan-Nr. 2… -,

– für die Gemarkung N… Bl. 1… eingetragene Grundstück Acker unten am Bohnseiters – Plan-Nr. 2…/2 -,

– für die Gemarkung T… Bl. 2… eingetragenen folgenden Grundstücke

– Acker unter der Meisenbach, Plan-Nr. 3…,

– Acker auf dem Brückenberg jenseits des Wegs, Plan-Nr. 4…,

– Acker auf dem Brückenberg, Plan-Nr. 5…,

– Grünland im Meisenbacher Tälchen, Plan-Nr. 5…,

– Wald am Brückenbergerhang, Plan-Nr. 5…,

– Acker am Brückenbergerhang, Plan-Nr. 6…,

– Acker am Brückenbergerhang, Plan-Nr. 6…,

– Grünland im Langental, Plan-Nr. 9…,

– Grünland im Langental, Plan-Nr. 9…,

– Wiese unten am Rodalber Weg Plan-Nr. 1…,

– Acker und Wald Plan-Nr. 1…,

– Landwirtschaftliche Weidstein, Plan-Nr. 3…, in Höhe eines Anteils von 1/22,

– für die Gemarkung T… Bl. 2… eingetragene Grundstück

– in den Meisenbacher Äckern – Plan-Nr. 2…/2, in Höhe eines Anteils von 1/2,

– für die Gemarkung T… Bl. 2… eingetragene Grundstück

– Grünland in der Meisenbach – Plan-Nr. 2…/2, in Höhe eines Anteils von 1/2,

zu Gunsten des Klägers zu dulden.

Vorsorglich rege er an, die Revision zuzulassen.

 

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 28. August 2008 (Bl. 228 ff. d. A.), mit welcher sie im Wesentlichen ihr Vorbringen erster Instanz wiederholt.

Die beigezogenen Akten 2 C 281/02 Amtsgericht Pirmasens sowie VII 309/02 Amtsgericht Pirmasens waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

 

  1. Die Berufung ist zulässig.

Dem Kläger war auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Berufungsfrist sowie der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren.

Der Wiedereinsetzungsantrag des Klägers ist zulässig und begründet.

Wird Prozesskostenhilfe bewilligt, so beginnt die Frist für das Wiedereinsetzungsgesuch und die Nachholung der versäumten Prozesshandlung gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Mitteilung des Prozesskostenhilfebeschlusses an den für die versäumte Prozesshandlung bereits beigeordneten und bevollmächtigten Rechtsanwalt (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 234 Rdnr. 7).

Der Beschluss über die Prozesskostenbewilligung ist dem Kläger am 6. August 2008 zugestellt worden. Das Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers ist am 7. August 2008 beim Senat und damit fristgerecht im Sinne von § 234 Abs. 1 ZPO eingegangen. Der Kläger hat mit ebenfalls am 7. August 2008 eingegangenem Schriftsatz die versäumten Prozesshandlungen, nämlich Berufungseinlegung und Berufungsbegründung nachgeholt, § 236 Abs. 2 ZPO. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist auch begründet. Gemäß § 233 ZPO ist einer Partei, die ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten, auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Rechtsmittelführer, der – wie hier – vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe beantragt hat, bis zur Entscheidung über den Antrag so lange als ohne sein Verschulden an der Fristwahrung verhindert anzusehen, als er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste, weil er sich für bedürftig im Sinne des § 114 ZPO halten durfte und aus seiner Sicht alles getan hatte, damit aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein Prozesskostenhilfegesuch entschieden werden konnte (Greger, aaO., § 233 Rdnr. 23, Stichwort: Prozesskostenhilfe m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, sodass dem Gesuch des Klägers stattzugeben war.

 

In der Sache führt das Rechtsmittel des Klägers nicht zu dem erstrebten Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung zu Gunsten des Klägers. Der im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2329 Abs. 1 Satz 2 BGB war bereits am 18. Januar 2005 (die Mutter der Parteien ist am 18. Januar 2002 verstorben) und damit lange vor Einreichen des Prozesskostenhilfeantrags am 27. Mai 2007 und erst Recht der Klageerhebung im vorliegenden Verfahren verjährt. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, wonach die Klageerhebung in dem Verfahren 2 C 281/02 Amtsgericht Pirmasens keine Hemmung der Verjährung des im vorliegenden Verfahren verfolgten Anspruchs bewirkt hat, weil die Klageerhebung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nur die Verjährung für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch hemmt (BGH NJW 2005, 2004 ff., 2005).

Der hier geltend gemachte Ergänzungsanspruch gemäß § 2329 Abs. 1 Satz 2 BGB war indessen – wie das Landgericht ebenfalls mit zutreffenden Erwägungen dargelegt hat – nicht Gegenstand des Vorprozesses.

Eine über den Streitgegenstand hinausreichende Hemmung der Verjährung durch die beim Amtsgericht Pirmasens erhobene Stufenklage kommt auch nach Auffassung des Senats in der hier gegebenen Konstellation nicht in Betracht. Eine Erweiterung des grundsätzlich durch den Streitgegenstand bestimmten und begrenzten Umfangs der Verjährungshemmung ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Ausnahmefälle beschränkt (BGHZ 132, 241 ff., 243). Die in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Mai 1974 – IV ZR 163/72, NJW 1974, 1327 aufgezeigte wesensmäßige Gleichheit der Ansprüche aus §§ 2325 und 2329 BGB, die in jenem Fall von ausschlaggebender Bedeutung war für die Annahme der Verjährungsunterbrechung, vermag die daraus zu seinen Gunsten hergeleitete Beurteilung des Klägers nicht zu stützen. Der genannten Entscheidung lag – worauf auch das Landgericht zu Recht abgehoben hat – ein anderer Sachverhalt zugrunde. Diese Entscheidung betraf die Klage gegen einen Erben, der sowohl als Schuldner eines Anspruchs aus § 2325 BGB als auch eines solchen aus § 2329 BGB in Betracht kam. Schuldner des Pflichtteilsergänzungsanspruchs aus § 2325 BGB ist der Erbe, im Falle einer Mehrheit von Erben sind es die Erben als Gesamtschuldner. Es handelt sich um eine Geldforderung, die eine Nachlassverbindlichkeit ist (Staudinger/Olshausen, BGB (2006) § 2325 Rdnr. 77; MünchKomm/Lange, BGB, 4. Aufl., § 2325 Rdnr. 10). Schuldner des Anspruchs aus § 2329 BGB ist der Beschenkte, der auch der Erbe sein kann. Ist der Beschenkte zugleich Erbe, haftet er zunächst als solcher gemäß § 2325 BGB und kann dann Anspruch auf Vorbehalt (§ 780 ZPO) haben. Erst wenn diese Haftung ausgeschlossen ist, haftet er nach § 2329 BGB. Die Haftung des Beschenkten ist subsidiär und setzt da ein, wo die Zahlungsverpflichtung des Erben aufhört und der Nachlass zur Befriedigung des Ergänzungsberechtigten nicht ausreicht (Palandt/Edenhofer, BGB, 68. Aufl., § 2329 Rdnr. 2). Demgemäß konnte die Klägerin in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall vom Geldanspruch des § 2325 BGB auf den Herausgabeanspruch gemäß § 2329 BGB gegen die beklagte Erbin übergehen.

Dieser Weg wäre dem Kläger indessen vorliegend, ungeachtet der tatsächlichen Personenidentität nicht eröffnet gewesen, da die Beklagte nie Erbin und deshalb nie Schuldnerin des Anspruchs aus § 2325 BGB war. Die rechtliche Stellung, die der Kläger im ersten Prozess für sich in Anspruch genommen hat, war auch eine völlig andere, als die nunmehr geltend gemachte. Im ersten Prozess klagte er als pflichtteilsberechtigter Nichterbe, im vorliegenden macht er seine Rechte als Erbe geltend. Demgemäß war auch die Rechtstellung der Beklagten in beiden Verfahren eine andere, sodass hier die Annahme einer über den Streitgegenstand hinausreichenden Wirkung der Verjährung lediglich auf der tatsächlichen Personenidentität der Beklagten beruhen würde.

Dieser tatsächliche Umstand allein reicht auch nach Auffassung des Senats nicht aus, um ausnahmsweise den grundsätzlich vom Streitgegenstand bestimmten Umfang der Verjährungshemmung infolge Klageerhebung zu durchbrechen. Damit erweist sich das Rechtsmittel des Klägers, ungeachtet der weiteren Streitpunkte der Parteien als unbegründet. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 97 Abs. 1, 238 Abs. 4 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 und 108 ZPO.

Die Revision war zuzulassen im Hinblick auf die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob auch in der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation die Wesensgleichheit der Ansprüche aus §§ 2325 und 2329 BGB die Erweiterung des Umfangs der Verjährungshemmung über den Streitgegenstand einer Klage hinaus rechtfertigt.

 

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