OLG Frankfurt am Main, 06.03.2018 – 20 W 360/16
Leitsatz:
Der Ausschließungsbeschluss nebst Aufgebot ist auf Beschwerde eines zu spät anmeldenden Gläubigers ohne Weiteres aufzuheben, wenn in dem Aufgebot bezüglich des in § 434 Abs. 2. S.2 Nr. 2 FamFG normierten Anmeldungsadressaten lediglich Bezug genommen ist auf „§ 434 FamFG“.
Der Erlassvermerk nach § 38 Abs. 3 S. 3 FamFG ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausschließungsbeschluss.
Tenor:
Der angefochtene Ausschließungsbeschluss des Amtsgerichts vom 18.09.2015 wird einschließlich des diesem zugrundeliegenden Aufgebots vom 13.07.2015 aufgehoben.
Das Amtsgericht hat das Aufgebotsverfahren aufgrund des Antrages des Beteiligten zu 3) vom 29.12.2014 erneut unter Beachtung der Rechtsausführungen des Senats durchzuführen.
Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde ergeht diese Entscheidung gerichtskostenfrei.
Eine Erstattung der den Beteiligten im Verfahren der Beschwerde gegebenenfalls entstandenen notwendigen Aufwendungen erfolgt nicht.
Gründe
I.
Mit Schreiben an das Amtsgericht vom 29.12.2014, auf das nebst Anlagen Bezug genommen wird (Bl. 1-11 der Akte), hat der Beteiligte zu 3) einen Antrag auf Aufgebot der Nachlassgläubiger der A gestellt. Ausweislich der dem Antrag in Kopie beigefügten Bestellungsurkunde vom 26.07.2013 ist er zum Nachlasspfleger für deren unbekannte Erben bestellt worden. Der Wirkungskreis der Nachlasspflegschaft umfasst die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses, die Ermittlung der Erben sowie Vertretung der unbekannten Erben im Zwangsversteigerungsverfahren betreffend ein genau bezeichnetes Grundstück. Dem Antrag ist eine mit „Bekannte Nachlassgläubiger“ überschriebene Liste beigefügt. In dieser Liste sind unter der laufenden Nr. 10 der Gläubiger das Sanitätshaus B GmbH (KU/Re. Nr. …), also die Beschwerdeführerin zu 2) und unter der laufenden Nr. 5 C, Straße1, Stadt1 (Ku/Re. Nr. …) als Gläubiger angeführt.
Unter dem 13.07.2015 hat das Amtsgericht das Aufgebot zum Zwecke der Ausschließung von Nachlassgläubigern hinsichtlich des Nachlasses der oben genannten Erblasserin erlassen. Darin hat es insbesondere erklärt: „Die Gläubiger des vorbezeichneten Nachlasses werden gemäß §§ 434, 458, 459 FamFG aufgefordert, spätestens bis zum 15.09.2015 ihre Rechte als Nachlassgläubiger anzumelden, da sie andernfalls von den Erben Befriedigung nur insoweit verlangen können, als sich nach Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger noch ein Überschuss ergibt. Das Recht, vor den Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen berücksichtigt zu werden, bleibt unberührt.“
Die Rechtspflegerin hat sodann die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots durch Aushang an der Gerichtstafel bis 15.09.2015 (Vermerk Bl. 39 der Akte: „zum Aushang am 15.07.2015 Abgenommen am 21.09.2015“) und durch einmalige Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger (Beleg Bundesanzeiger mit Veröffentlichungsdatum 20.07.2015, Bl. 43 f der Akte) verfügt und weiterhin eine Zustellung durch Aufgabe zur Post an die in der Anlage zum Aufgebotsantrag genannten Nachlassgläubiger, so auch an C (Bl. 20 der Akte) und die Beteiligte zu 2) (Bl. 25 der Akte).
Nachdem verschiedene Gläubiger sich nachfolgend bei dem Amtsgericht gemeldet haben (Bl. 46-108 der Akte), hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts unter dem 18.09.2015 den Ausschließungsbeschluss erlassen, auf den Bezug genommen wird (Bl. 111 der Akte). Die Beteiligte zu 2) hat sich vor Erlass des Ausschließungsbeschlusses nicht zur Akte gemeldet und ist folglich in dem Ausschließungsbeschluss als Gläubigerin, die ihre Rechte angemeldet hat, auch nicht benannt; gleiches gilt für C und auch für die Beteiligte zu 1).
Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat sodann die öffentliche Zustellung des Ausschließungsbeschlusses durch Aushang an der Gerichtstafel für 2 Monate (Aushang und Abnahmevermerk Bl. 172 der Akte, Aushang am 21.09.2015, Abnahme am 04.04.2016) und durch einmalige Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger (Veröffentlichungsnachweis mit Veröffentlichungsdatum vom 28.09.2015, Bl. 154 ff der Akte) sowie dessen Zustellung durch Aufgabe zur Post an die in der dem Antrag beigefügten Liste genannten Gläubiger verfügt.
Mit am selben Tag bei dem Amtsgericht eingegangenen Schreiben vom 30.09.2015 (Bl. 137 ff der Akte) hat die Beteiligte zu 2) eine Kopie einer an die Erblasserin gerichteten Rechnung Nr. … vom 21.06.2012 über 379,90 € sowie die Kopie eines Schreibens an den Beteiligten zu 3) vom 11.08.2015 übersandt, in dem die Beteiligte zu 2) den Beteiligten zu 3) unter Hinzusetzung von Mahngebühren in Höhe von 25,00 € auf diese dem Schreiben beigefügte Kopie der noch offenen Rechnung der Erblasserin mit der Bitte um Erledigung hingewiesen hat. Die Beteiligte zu 2) weist darauf hin, man sei der Meinung gewesen, der Beteiligte zu 3) leite das ihm übersandte Schreiben an das Amtsgericht weiter, man habe keine weiteren Informationen von diesem erhalten. Es werde hiermit der Antrag gestellt, in die Aufgebotsliste aufgenommen zu werden.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 29.09.2015, vorab eingegangen bei dem Amtsgericht per Telefax am selben Tag (Bl. 135 f der Akte), hat die Beteiligte zu 1) Beschwerde gegen den Ausschließungsbeschluss vom 18.09.2015 eingelegt soweit sie dort mit ihren Forderungen ausgeschlossen wurde. Wegen der Begründung nebst Anlagen wird auf Bl. 140 – 152 der Akte Bezug genommen.
Sie hat ausgeführt, mit Schreiben vom 20.07.2015, das der Beschwerde in Kopie beigefügt ist (Bl. 142 d der Akte), seien zwei Forderungen der Beteiligten zu 1) gemäß den ebenfalls in Kopie beigefügten Rechnungen des C (Rechnungsnummer …) sowie vom 24.07.2012 (Rechnungsnummer …) zuzüglich Zinsen und Verfahrenskosten dem Beteiligten zu 3) bekannt gegeben worden und die Beteiligte zu 1) sei dabei eindeutig als Gläubigerin benannt worden. Gleichwohl sei der Beteiligten zu 1) keine Gelegenheit zur Anmeldung der Forderung im Aufgebotsverfahren gegeben worden. Stattdessen seien Aufgebot und Ausschließung dem Zedenten C übermittelt worden. Vorsorglich würden bereits jetzt die Rechte der Beteiligten zu 1) als Gläubigerin unter Bezugnahme auf das vorgelegte Schreiben vom 20.07.2015 nebst anliegenden Rechnungskopien angemeldet.
Mit Schreiben vom 21.10.2015, auf das Bezug genommen wird (Bl. 157 f), hat der durch das Amtsgericht zu den Beschwerden angehörte Beteiligte zu 3) hinsichtlich der Beschwerde der Beteiligten zu 2) mitgeteilt, er habe das Schreiben dieser Gläubigerin vom 11.08.2015 erhalten. Darin habe sie die Zahlung ihrer Forderung bei ihm angemahnt. Nach dem ihr zugegangenen Aufgebotsbeschluss des Gerichts vom 13.07.2015 hätte sie ihre Forderung aber bis zum 15.09.2015 bei dem Amtsgericht Fürth anmelden müssen, um nicht mit ihrer Forderung gemäß Beschluss des Amtsgerichts vom 18.09.2015 ausgeschlossen zu werden. Ein Nachlasspfleger sei nicht verpflichtet, eine bei ihm eingegangene Aufforderung zum Ausgleich der Forderung an das „Nachlassgericht“ weiterzuleiten; er vertrete nicht die Interessen der Nachlassgläubiger, sondern sei den unbekannten Erben verpflichtet. Hinsichtlich der Beschwerde der Beteiligten zu 1) gelte dasselbe wie zur Beschwerde der Beteiligten zu 2). Außerdem habe nach den ihm vorliegenden und seiner Beschwerdeschrift beigefügten Unterlagen die Beteiligte zu 1) lediglich die Rechnungen im Auftrag des behandelnden Arztes erstellt und deren Begleichung überwacht. Eine Abtretung der Forderung, die einen Wechsel der Inhaberschaft der Forderung bedeuten würde, könne er darin nicht erkennen.
Die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) haben mit Schriftsatz vom 27.10.2015 an das Amtsgericht nebst Anlage (Bl. 159 ff der Akte) eine weitere dem Beteiligten zu 3) angeblich bekannt gegebene Rechnung übersandt. Es handelt sich um die Rechnung Nummer … vom 20.09.2012 an die Erblasserin, die von der Beteiligten zu 1) dem Beteiligten zu 3) mit deren Schreiben vom 17.01.2013 übersandt worden sein soll, verbunden mit der Bitte um Erledigung.
Mit Schriftsatz vom 28.10.2015 haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) erklärt, es sei nicht Aufgabe des Beteiligten zu 3), den zu Grunde liegenden Sachverhalt durch eigene Interpretation frei zu erfinden. Auch komme es nicht auf das Erachten des Beteiligten zu 3) an, wie die Beteiligte zu 1) ihr Geschäft betreibe, sondern allein auf die objektiv mitgeteilten Fakten. Die nach der Einlassung des Beteiligten zu 3) „angebliche“ Gläubigerin und Beschwerdeführerin zu 1) habe die Forderungen mit Schreiben vom 20.07.2015 deutlich erkennbar als Gläubigerin und nicht im Auftrag des behandelnden Arztes mitgeteilt. Vorsorglich werde die seitens des behandelnden Arztes im Rahmen der laufenden Geschäftsbeziehung mit der Beteiligten zu 1) abgegebene Abtretungserklärung in Kopie beigefügt (Kopie der Abtretungserklärung vom 26.07.2008, Bl. 166 der Akte).
Mit Beschluss vom 24.11.2016, auf den Bezug genommen wird (Bl. 187 der Akte), hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts den beiden Beschwerden nicht abgeholfen und hat diese mit Verfügung vom 12.12.2016 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Aus den Anlagen der Beschwerdeschreiben lasse sich entnehmen, dass beide Beschwerdeführer die Aufforderung zur Anmeldung ihrer Forderungen, also das Aufgebot vom 13.07.2015 erhalten hätten. In diesem Aufgebot heiße es unter anderem, dass die Gläubiger gemäß § 434 FamFG bis spätestens 15.09.2015 anzumelden hätten. § 434 Abs. 2 Nr. 2 FamFG sage ausdrücklich, dass Ansprüche bei dem Gericht anzumelden seien. Beide Beschwerdeführerinnen hätten erst mit der Beschwerde, also nach dem Ausschließungsbeschluss vom 18.09.2015, ihre Ansprüche bei Gericht angemeldet, somit verspätet. Eine Anmeldung der Ansprüche bei dem Nachlasspfleger sei unwirksam. Es könne auch nicht von einer schwer verständlichen Aufforderung ausgegangen werden, da weitere acht Gläubiger in der Lage gewesen seien, ihre Anmeldungen an das Gericht zu übersenden. Auch sei es nicht Aufgabe des Nachlasspflegers, die Interessen der Gläubiger zu vertreten und ihre Anmeldungen an das Gericht weiterzuleiten, da er ausschließlich den unbekannten Erben verpflichtet sei. Den Beschwerden habe daher nicht abgeholfen werden können.
Mit Schriftsatz an den Senat vom 05.01.2017 (Bl. 194 der Akte) haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) erklärt, es bleibe bei ihren Ausführungen gemäß Schriftsatz vom 29.09.2015. Die Beschwerdeführerin zu 1) sei nicht unter Fristsetzung zur Anmeldung der Forderung beim Nachlassgericht aufgefordert worden. Der Adressat der Aufforderung sei nicht Forderungsinhaber gewesen, was im Nachhinein wohl durch frei erfundene Ausführungen des Beteiligten zu 3) zur Art der Geschäftstätigkeit der Beteiligten zu 1) habe „geheilt“ werden sollen.
II.
Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) sind statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Ein Ausschließungsbeschluss in einem Aufgebotsverfahren der Nachlassgläubiger nach den §§ 433 ff, 454 ff FamFG, der in § 439 Abs. 2 FamFG als Endentscheidung im Sinne von § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG bezeichnet ist, kann von jedem, der durch diesen in seinen Rechten beeinträchtigt wird, mit der Beschwerde nach § 58 ff FamFG angefochten werden, somit also auch durch die Beteiligten zu 1) und 2), deren Forderungen gegen den Nachlass in dem angefochtenen Beschluss nicht vorbehalten worden sind, so dass sie mit Erschwernissen bei der Durchsetzung der von ihnen behaupteten Forderungen rechnen müssen (zur Beschwerdebefugnis vergleiche u.a. OLG Köln, Beschluss vom 25.09.2015, Az. 2 Wx 191/15, zitiert nach beck- online; OLG München, Beschluss vom 26.08.2015, Az. 34 Wx 247/15, zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.01.2012, Az. 3 Wx 301/11, zitiert nach juris; Holzer in Prütting/ Helms, FamFG, 4. Auflage 2018, § 439, Rn. 7; Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 11. Aufl. 2015, § 439 Rn. 6; Waldner in Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017,§ 439 Rn. 4).
Abweichend von § 45 Abs. 1 FamFG tritt die Wirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses gemäß § 439 Abs. 2 FamFG erst mit der formellen Rechtskraft nach § 45 FamFG ein, wodurch ausweislich der Gesetzesmaterialien dem rechtsgestaltenden Charakter der Ausschließungsbeschlüsse Rechnung getragen werden soll (Bundestagsdrucksache 16/6308, Seite 295; vergleiche u. a. Holzer in Prütting/Helms, a.a.O.; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 68. Aufl., 2010, § 439 Rn. 3; Waldner in Bahrenfuss, a.a.O., § 439, Rn. 3).
Die Beschwerdefrist gegen den Ausschließungsbeschluss begann im Hinblick auf die in § 441 FamFG normierte Verpflichtung des Amtsgerichts zur öffentlichen Zustellung des Ausschließungsbeschlusses nicht vor dessen öffentlicher Zustellung zu laufen (vergleiche u.a. OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.; Schick in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 5. Aufl. 2016, § 439, Rn. 12). Da die entsprechende Veröffentlichung hier zum einen am 28.09.2015 im elektronischen Bundesanzeiger und zum anderen am 21.09.2015 durch Aushang an der Gerichtstafel erfolgt ist, haben die am 29.09.2015 – Beschwerde der Beteiligten zu 1) – und am 30.09.2015 – Beschwerde der Beteiligten zu 2) – eingegangenen Beschwerden die Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG in jedem Fall gewahrt.
Dabei ist das entsprechende Schreiben der Beteiligten zu 2) vom 30.09.2015, auch wenn es im Unterschied zu dem Schreiben der Beteiligten zu 1) vom 29.09.2019 nicht ausdrücklich als Beschwerde bezeichnet ist, mit dem dort gestellten Antrag, in die Aufgebotsliste aufgenommen zu werden, als einzig zulässiges Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Ausschließungsbeschluss auszulegen. Eine selbständige Beschwerde gegen das zunächst durch das Amtsgericht 13.07.2015 erlassene Aufgebot, bei dem es sich nicht um eine Endentscheidung im Sinne von § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG handelt, ist nämlich nach allgemeiner Auffassung nicht zulässig; das Aufgebot alleine ist vielmehr nicht anfechtbar (vgl. Bundestagsdrucksache 16/6308, S. 294; Zimmermann in Keidel, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 434, Rn. 9; Schick in Schulte-Bunert/Weinreich, a.a.O., § 434 Rn. 21; Holzer in Prütting/Helms, a.a.O., § 434, Rn. 10; Haußleiter in Haußleiter, FamFG, 2. Aufl. 2017, § 434, Rn. 8; Dutta, in Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 2. Aufl. 2013, § 434, Rn. 14). Eine Auslegung im Sinne eines unzulässigen Rechtsmittels kommt aber nicht in Frage.
Auch eine Auslegung des Schreibens der Beteiligten zu 2) vom 30.09.2015, letztlich aber auch des Schreibens der Beteiligten zu 1) vom 29.09.2015, mit dem ebenfalls „vorsorglich“ benannte Rechte angemeldet werden, als Anträge auf Wiedereinsetzung in die mit dem 15.09.2015 abgelaufene Aufgebotsfrist kommt nicht in Frage. Der Bundesgerichtshof hat nämlich mit Beschluss vom 05.10.2016 (Az. IV ZB 37/15, zitiert nach juris) letztinstanzlich den zuvor bestehenden Streit darüber, ob im Aufgebotsverfahren zur Ausschließung von Nachlassgläubigern nach § 1970 BGB eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung des Anmeldezeitpunktes möglich ist, entgegen der bis dato überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur entsprechend der dort vorinstanzlichen Entscheidung des OLG Köln (Beschluss vom 25.09.2015. a.a.O.) dahingehend entschieden, dass eine derartige Wiedereinsetzung in diesem Fall nicht möglich ist (wegen des entsprechenden damaligen Meinungsstandes wird auf den zitierten Beschluss des Bundesgerichtshof, dort Rn. 23, Bezug genommenen). Der Senat sieht keine durchgreifenden Gründe, die dafür sprechen, diese Rechtsfrage nun wiederum entgegen der vom Bundesgerichtshof getroffenen Grundsatzentscheidung zu entscheiden. Eine Auslegung der beiden Schreiben der Beschwerdeführerinnen vom 29. und 30.09.2015 als Anträge auf Wiedereinsetzung in die jeweils abgelaufenen Anmeldefristen ist somit nicht angezeigt.
Da gemäß § 439 Abs. 3 FamFG der in § 61 Abs. 1 FamFG normierte Beschwerdewert von über 600,00 € nicht erreicht sein muss, bestehen auch im Übrigen gegen die Zulässigkeit der Beschwerde der Beteiligten zu 2), deren geltend gemachte Forderung diesen Betrag nicht erreicht, keine Bedenken.
Die Beschwerden sind auch begründet.
Dies ergibt sich jedoch nicht daraus, dass die beiden in den Schreiben der Beschwerdeführerinnen vom 29. und 30.09.2015 enthaltenen Forderungsanmeldungen etwa doch rechtzeitig erfolgt sind. Allerdings sind gemäß § 438 FamFG Anmeldungen, die nach dem hier am 15.09.2015 abgelaufenen Anmeldezeitpunkt, jedoch vor dem Erlass des Ausschließungsbeschlusses erfolgten, als rechtzeitig anzusehen. „Erlassen“ gemäß § 438 FamFG ist ein Ausschließungsbeschluss, sobald er in fertig abgefasster und unterschriebener Form an die Geschäftsstelle zur Bekanntgabe übergeben worden ist (so auch Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.10.2016, a.a.O., zu dieser bislang streitigen Frage; vgl. dort auch den Nachweis zu den insoweit bislang vertretenen wesentlichen Auffassungen, dort Rn. 16, 17). Erlassen in diesem Sinne war der Ausschließungsbeschluss vorliegend entsprechend dem sich auf der Verfügung der Rechtspflegerin vom 18.09.2015, mit der der vollständig abgefasste und unterschriebene Ausschließungsbeschluss vom selben Tag zum Zwecke der Vornahme der Zustellungen der Geschäftsstelle vorgelegt worden ist, befindlichen Erledigungsvermerk der Geschäftsstelle vom 21.09.2015, also spätestens an diesem Tag. Somit sind die Anmeldungen in den Schreiben der Beschwerdeführerinnen vom 29. und 30.09.2015 nicht rechtzeitig erfolgt (zu einer vergleichbaren Konstellation vergleiche OLG Hamm, Beschluss vom 27.12.2013, Az. 15 W 299/12, zitiert nach juris, Rn. 3). Dass im vorliegenden Fall der nach § 38 Abs. 3 S. 3 FamFG auf dem Ausschließungsbeschluss anzubringende Vermerk über das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle („Erlassvermerk“) fehlt, führt nicht zur Unwirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses und damit zur Rechtzeitigkeit der Forderungsanmeldungen der Beschwerdeführerinnen, da dieser Vermerk keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Erlass des Ausschließungsbeschlusses ist, sondern lediglich dessen Übergabe dokumentieren soll (vgl. u.a. OLG München, Beschluss vom 17.10.2016, Az. 34 Wx 252/16, zitiert nach juris, Rn. 14; so auch im oben zitierten Fall OLG Hamm, a.a.O.; Ulrici in Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 38, Rn. 30; Feskorn, in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 38 FamFG, Rn. 16; a.A. soweit ersichtlich lediglich OLG Bremen, Beschluss vom 01.04.2015, Az. 4 UF 33/15, zitiert nach juris, Rn. 7, allerdings ohne Angabe jeglicher Begründung).
Die Begründetheit der Beschwerde folgt – wie oben bereits dargelegt – auch nicht aus einem Anspruch der Beschwerdeführerinnen auf Wiedereinsetzung in die abgelaufene Anmeldefrist. Somit ist es auch unerheblich ist, ob die beiden Beschwerdeführerinnen möglicherweise unverschuldet entweder aufgrund des Verhaltens des Beteiligten zu 3) oder aber aufgrund eines Verfahrensfehlers des Amtsgerichts die Einhaltung der Anmeldefrist versäumt haben.
Die Beschwerde ist aber deswegen begründet, weil das dem Ausschließungsbeschluss vorausgehende Verfahren des Amtsgerichts einen Verfahrensfehler aufweist, der ohne Weiteres die Aufhebung des Ausschließungsbeschlusses und des Aufgebots zur Folge hat.
Dabei unterliegen das Aufgebotsverfahren und damit auch das Aufgebot im Rahmen einer Beschwerde gegen den Ausschließungsbeschluss als dieser Endentscheidung vorausgegangene Entscheidung, die – wie oben dargelegt – nicht selbständig anfechtbar ist, der Beurteilung des Senats als Beschwerdegericht (§ 58 Abs. 2 FamFG; in diesem Sinne auch Dutta in Bork/Jacoby/Schwab, a.a.O., § 434, Rn. 14; Schick in Schulte-Bunert/Weinreich, a.a.O., § 433 Rn. 24 und § 439, Rn. 13; davon ausgehend auch Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.10.2016, a.a.O., Rn. 27,28; OLG Köln, a.a.O., [22] und Waldner in einer Anmerkung zu dem vorgenannten Beschluss des OLG Köln, ZEV 2016,199,200 sowie in Bahrenfuss, a.a.O., § 434, Rn. 3 mit dem Hinweis darauf, dass Mängel des Aufgebots die Beschwerde begründen).
Der entsprechende Verfahrensfehler des Amtsgerichts liegt hier darin, dass dieses das Aufgebot nicht mit dem gesetzlich in § 434 Abs. 2, S. 2 Nr. 2 FamFG ausdrücklich vorgesehenen Inhalt erlassen hat. Danach ist in das Aufgebot insbesondere die Aufforderung aufzunehmen, die Ansprüche und Rechte bis zu einem bestimmten Zeitpunkt „bei dem Gericht“ anzumelden (Anmeldezeitpunkt).
Insoweit entspricht es allgemeiner Auffassung, dass die Anmeldeaufforderung zumindest mit den Worten des Gesetzes vorzunehmen ist – gegebenenfalls auch ausführlicher gestaltet werden kann -, insbesondere um auszuschließen, dass für potentielle Anmelder von Rechten erhebliche Zweifel entstehen können (vgl. u.a. Eickmann in Münchener Kommentar zum FamFG, a.a.O., § 434, Rn. 17; Geimer in Zöller, a.a.O., § 434 Rn. 5; dies ebenfalls voraussetzend, zum Teil noch mit dem Hinweis, dass bei fehlendem Hinweis auf die Erforderlichkeit der Anmeldung bei dem näher zu bezeichnenden Aufgebotsgericht und nicht etwa bei einem antragstellenden Nachlassverwalter die Versäumung der Anmeldefrist unverschuldet im Sinne von § 17 Abs. 1 FamFG – Wiedereinsetzung – sei: OLG Hamm, a.a.O., Rn. 5; Bumiller/Harders/Schwamb, a.a.O, § 438, Rn. 1; Waldner in Bahrenfuss, a.a.O., § 434, Rn. 3; Holzer in Prütting/Helms, a.a.O., § 434 Rn. 12; Holzer in Holzer, FamFG, 2011, § 434 Rn. 15). Entsprechend schlägt beispielsweise Zimmermann (in Keidel, a.a.O., § 460, Rn. 5) eine Formulierung dahingehend vor: „Die Anmeldung muss an das Aufgebotsgericht (genaue Adresse…) zu dem obigen Aktenzeichen gerichtet werden.“
Die demgegenüber vom Amtsgericht gewählte Formulierung des Aufgebots unter lediglich allgemeiner Bezugnahme auf „§ 434 FamFG“ (die §§ 458,459 FamFG sind insoweit von vornherein ohne Belang), die den Adressaten der Anmeldung nicht wörtlich benennt, genügt diesen gesetzlichen Anforderungen ersichtlich nicht.
Darauf, wie das Amtsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 24.11.2016 meint, dass es sich bei dem von ihm gewählten Aufgebotstext nicht um eine schwer verständliche Aufforderung gehandelt habe, da weitere acht Gläubiger in der Lage gewesen seien, ihre Anmeldung an das Gericht zu übersenden, kann es demgegenüber nicht ankommen. Die grundlegenden, ausdrücklich gesetzlich normierten Gebote zur Durchführung des Aufgebotsverfahrens sind von dem Amtsgericht unabhängig von möglicherweise zufällig richtigen Verfahrenshandlungen potentieller Anmelder schon deswegen genau zu beachten, da nur dann mögliche Zweifel und Fehlhandlungen eines potentiellen Anmelders von vorneherein ausgeräumt bzw. vermieden werden können. Alleine dadurch wird dann letztlich ein rechtsförmiges Verfahren gewährleistet, das dann auch die weitreichenden materiellen Folgen eines Ausschließungsbeschlusses rechtfertigt.
Somit kann es schon nach der gesetzlichen Regelung nicht die Aufgabe der potentiellen Anmelder sein, zunächst sämtliche, von einem Amtsgericht in einem Aufgebot lediglich unter Angabe der Paragrafen zitierte, gesetzliche Bestimmungen lesen zu müssen, um sich über den richtigen Verfahrensablauf klar werden zu können.
Insoweit übersieht das Amtsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 24.11.2016 auch, dass § 434 FamFG in dessen Abs. 2 Nr. 2 gerade nicht einfach „ausdrücklich sagt, dass Ansprüche bei dem Gericht anzumelden“ seien, sondern dass sich diese Norm gerade nicht an die Gläubiger, sondern an das Amtsgericht selbst wendet und diesem aufgibt, was dieses in das Aufgebot aufzunehmen hat. Erst der Inhalt dieses vom Amtsgericht zu erlassenden Aufgebots richtet sich dann an den potentiellen Gläubiger und gibt diesem vor, wo er seine Forderungen anzumelden hat.
Das Amtsgericht übersieht bei seinen Darlegungen in seinem Nichtabhilfebeschluss im Übrigen, dass neben den acht Gläubigern, die ihre Anmeldung an das Gericht übersandt haben, eben zumindest zwei Gläubiger – die Beschwerdeführerinnen – ihre Anmeldungen an den Beteiligten zu 3) als Nachlasspfleger, der im Aufgebot mit Name und Anschrift ausdrücklich genannt ist, gerichtet haben. Es kann nicht einmal ausgeschlossen werden, dass dies auch noch andere potentielle Gläubiger getan haben, ohne dass – wie in den Fällen der Beschwerdeführerinnen auch – eine Weiterleitung durch den Beteiligten zu 3) an das Amtsgericht erfolgt ist. Darauf kommt es letztlich für die Entscheidung des Senats aber auch nicht an.
Im Hinblick darauf, dass die fehlerhafte Aufforderung des Amtsgerichts somit die Grundlagen eines ordnungsgemäßen Aufgebotsverfahrens betrifft, ist der angefochtene Ausschließungsbeschluss sowie gleichzeitig auch das dessen Grundlage bildende Aufgebot vollständig aufzuheben; eine nur relative Unwirksamkeit etwa gegenüber den beiden Beschwerdeführerin ist somit ausgeschlossen.
Das Amtsgericht hat nunmehr das Aufgebotsverfahren aufgrund des Antrages des Beteiligten zu 3) vom 29.12.2014 unter Beachtung der zuvor dargelegten Ausführungen des Senats zu wiederholen.
Das Amtsgericht hat dabei auch zu beachten, dass es keiner neuerlichen Anmeldungen der bereits zur Verfahrensakte angemeldeten Forderungen nach Erlass des neuerlichen Aufgebots bedarf. Dies gilt nicht nur für die Forderungsanmeldungen der Beteiligten zu 4) bis 11) sondern auch für die erst im Beschwerdeverfahren erfolgten Forderungsanmeldungen der beiden Beschwerdeführerinnen. Es ist ohne weiteres zu unterstellen, dass diese Forderungsanmeldungen sämtlich auch für ein neuerliches Aufgebotsverfahren gelten sollen. Andernfalls ist es an den betreffenden Beteiligten, dies dem Amtsgericht nunmehr noch mitzuteilen.
Die lediglich deklaratorische Feststellung der Gerichtskostenfreiheit dieses Beschlusses folgt aus §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG.
Die Entscheidung über die notwendigen Aufwendungen folgt aus § 81 Abs. 1 FamFG. Der Senat hält es für angemessen, dass die Beteiligten ihre gegebenenfalls entstandenen notwendigen Aufwendungen selbst tragen. Dies gilt auch hinsichtlich der alleine rechtsanwaltlich vertretenen Beteiligten zu 1) schon deshalb, weil beschwerdeentscheidend vorliegend gerade nicht die Frage war, ob der Beteiligte zu 3) jedenfalls das Beschwerdeverfahren der Beteiligten zu 1) mit einer diese betreffenden falschen, dem Antrag gemäß § 456 FamFG beizufügenden Liste der Nachlassgläubiger erst notwendig gemacht hat. Aber auch in diesem Fall wäre dann aber nun an dieser Stelle zu berücksichtigen gewesen, dass die Beteiligte zu 1) bereits innerhalb der Aufgebotsfrist rechtsanwaltlich vertreten war und deren Forderungen seitens ihrer Rechtsanwälte bei zu unterstellender Rechtskenntnis zunächst nicht bei dem Amtsgericht, sondern nur bei dem Beteiligten zu 3) als Nachlasspfleger angemeldet wurde.
Der Festsetzung eines Geschäftswertes für das Verfahren der Beschwerde bedurfte es im Hinblick auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens der Beschwerde und der nicht angeordneten Erstattungen notwendiger Aufwendungen nicht.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.
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