OLG Frankfurt am Main, 06.10.2016 – 16 U 261/15

März 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 06.10.2016 – 16 U 261/15
Leitsatz:

1. Die Haftungsregeln des Zivilrechts sind grundsätzlich auch im Bereich des zivilrechtlichen Nachbarschaftsrechts bei nicht planfestgestellten Eisenbahnstrecken aus dem 19. Jh. heranzuziehen.

2. Die Geräuschemissionen, die von nicht planfestgestellten Eisenbahnstrecken aus dem 19. Jahrhundert ausgehen, können zivilrechtliche Haftungsansprüche begründen, wenn nach § 41 BlmSchG durch Umbau- oder Ertüchtigungsmaßnahmen eine wesentliche Änderung des Bahnbetriebes erfolgt ist, die sich als erheblicher baulicher Eingriff im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. BlmSchVO darstellt und dies zu schädlichen Umweltwirkungen i. S. des hierfür gültigen Maßstabes der §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BlmSchVO geführt hat. Dabei können die in der 16. BlmSchVO festgelegten Grenzwerte als Entscheidungshilfe für die Festlegung der Wesentlichkeitsgrenze i. S. des § 906 BGB herangezogen werden und haben indizielle Wirkung.
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 12. November 2015 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden (Az.: 9 O 70/15) wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Wiesbaden sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten aus dem Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.400,- EUR festgesetzt.
Gründe

A.

Die Kläger machen mit ihrer Klage Schmerzensgeldansprüche gegen die Beklagte wegen der Lärmemissionen aus dem Betrieb der rechtsrheinischen Eisenbahnstrecke im Gebiet1 geltend.

Der Kläger zu 1) ist seit 1998 als Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in der Straße1 in Stadt1 eingetragen. Das Wohnhaus stand vorher über etwa 50 Jahre im Familienbesitz des Klägers zu 1), er ist dort aufgewachsen. Der Eigentumsübergang an den Kläger zu 1) erfolgte aufgrund notariellen Vertrages vom 13. Mai 1996 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge u.a. von seiner Mutter, der im Gegenzug ein dingliches Wohnrecht zu Lebzeiten eingeräumt wurde. Der Kläger zu 1) lebt in dem Haus mit seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2) und der Tochter wieder seit dem Jahr 2004, die Mutter lebt weiterhin im Erdgeschoß. Das Haus liegt etwa 40 m von den Gleisen der Bahnstrecke der Beklagten, wie in Anlagen B 6, Bl. 179 und B 2, Bl. 165 d.A. und dem Foto Bl. 574 d.A. ersichtlich, in einem Mischgebiet etwa bei km 57,100 bis 57,225. Es handelt sich dabei um die am rechten Rheinufer verlaufende Bahnstrecke von Stadt2 nach Stadt3 über Stadt4, Stadt5 und Stadt1 nach Stadt3 (Kursbuchstrecke KBS, Nr. …). Die Bahnstrecke wurde am 11. August 1856 im Herzogtum Nassau eröffnet. Die Genehmigung für den Bau und Betrieb der Strecke ist in einer Kopie des Verordnungsblatts vom 26. September 1853 des Herzogtums Nassau zugunsten der Stadt3 Eisenbahngesellschaft ausgewiesen. Auf Anlage B 3, Blatt 166 ff. d.A. nimmt der Senat Bezug. Die Beklagte führte den Betrieb nach deren Elektrifizierung im Jahr 1961 und als Rechtsnachfolgerin u.a. der Deutschen Reichsbahn ununterbrochen fort. Im Jahr 2007 wurde an der Strecke das Stellwerk erneuert. Im Jahr 1976 wurden Holzschwellen gegen Betonschwellen ausgetauscht. Im Jahr 2006 wurde aufgrund eines freiwilligen Lärmsanierungsprogramms des Bundes auf der Grundlage der „Richtlinie zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes“ entlang auch des Wohnhauses der Kläger eine Lärmschutzwand auf der Grundlage einer Plangenehmigung des Eisenbahnbundesamtes vom 12. Juli 2006 errichtet. Wegen des Inhaltes der Plangenehmigung wird auf Anlage B 4, Bl. 168 bis 176 d.A. Bezug genommen. Im Rahmen dieses Verfahrens war der Belastungspegel mit Schall auf der Grundlage der Berechnungsmethoden der 16. BImSchVO Anlage 2 (Schall 03) für das Wohnhaus der Kläger nach Errichtung der Lärmschutzwand in Höhe von 2,0 m durch das Ingenieurbüro A/B im Rahmen einer schalltechnischen Untersuchung am 24. August 2008 mit Werten von

für das Erdgeschoß mit tags 53 dB (A) und nachts mit 53 dB (A)

für das 1. Obergeschoß mit tags 57 dB (A) und nachts mit 58 dB (A)

für das 2. Obergeschoß mit tags 60 dB (A) und nachts mit 61 dB (A)

berechnet worden. Die vorgenannte Lärmsanierungsrichtline des Bundes benennt die Immissionsgrenzwerte der Lärmsanierung für Kern-, Dorf- und Mischgebiete mit Werten von tags 70 dB (A) und nachts 62 dB (A). Die Kläger hatten vor ihrem Einzug das Wohnhaus im Jahr 2003 umfangreich umgebaut und dabei u.a. mit Wärme- und Schallschutzglasfenstern der Firma C (Schallschutzglas der Klasse 3) versehen und große Dachgauben eingebaut. Sie nutzen mehrere Schlafzimmer, davon eines im Erdgeschoss und weitere im Dachgeschoss. Auf das Foto Bl. 574 d.A. nimmt der Senat Bezug.

Die Kläger haben im Verfahren vor dem Landgericht behauptet, die Strecke werde über die Zeit von 24 Stunden von etwa 180 bis 200 Güterzüge genutzt, was im Durchschnitt zu einer Vorbeifahrt eines Zuges alle 7 bis 9 Minuten führe. Die Taktfrequenz auf der Strecke habe sich in der Zeit von 2004 bis heute erheblich gesteigert, dies besonders in der Nacht. Das Eisenbahnbundesamt habe die Zugdichte im Jahr 2008 mit insgesamt 63.984 Zügen im Jahr angegeben, darunter 42.705 Güterzügen pro Jahr. Bei Planung der Schallschutzwand sei das Eisenbahnbundesamt im Jahr 2005 von 48.545 Güterzügen pro Jahr ausgegangen. Bis zum Jahr 2015 habe sich die Zahl der Güterzüge noch weiter erhöht, mit Eröffnung des D-Basistunnels werde sich diese Frequenz nochmal um 50 % steigern. Beim Umbau des Hauses im Jahr 2003 hätten die Betriebsimmissionen der Bahnstrecke aber noch nicht die Schwelle zur Gesundheitsrelevanz überschritten gehabt. Für das Jahr 2013 legen sie in Anlage K 14, Anlagenband eine Verkehrslärmmessung des Eisenbahnbundesamtes vor, die monatlich Werte für die Durchfahrt von Zügen in Stadt5 angeben.

Die Kläger haben ferner behauptet, durch den Betriebslärm in ihrer Gesundheit verletzt worden zu sein. Sie seien beide als Folge der Exposition durch den Bahnlärm oberhalb der erlaubten Schwellenwerte erkrankt, bestehende Erkrankungen würden infolge des nächtlichen Bahnlärms verstärkt. Bei der Klägerin zu 2) bestehe – nach einer ausgeheilten Herzmuskelentzündung – seit Mitte der 1990er Jahre eine arterielle Hypertonie, die sich lärmbedingt verschlechtert habe und inzwischen dauerhaft mit einer Zweifach-Medikation behandelt werden müsse. Der Kläger zu 1) leide ebenfalls an Bluthochdruck, die Werte hätten sich seit 2005 verschlechtert, so dass auch dieser dauerhaft Medikamente nehmen müsse. Ferner bestehe bei ihm eine Diabetes-Erkrankung, die ein hohes Herz-Kreislauf-Erkrankungs-Risiko bedinge. Sie behaupten weiter, die dauerhafte Einwirkung von vor allem nächtlicher Geräuschentwicklung würde den Krankheitsverlauf nachteilig beeinflussen, da dies ein erheblicher Risikofaktor sei. Jegliche Stressfaktoren mit einer erhöhten Adrenalin-Ausschüttung wirkten sich ungünstig auf diese Erkrankungen aus. Wegen der Einzelheiten zu ihren Erkrankungen wird auf die vorgelegten ärztlichen Atteste ihres behandelnden Arztes F vom 4. Mai 2014, 6. Februar 2014 und 14. August 2015 (Anlagen K 27 und K 28, Bl. 132 f. und Bl. 204 d.A) Bezug genommen.

Sie haben weiter behauptet, das Hausgrundstück sei nächtlich mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von außen Leq 65 dB (A) und am Ohr der Schläfer von Leq 50 dB (A) ausgesetzt. Beide Kläger würden lärmbedingt nur mit Zeitverzögerung Schlaf finden, mehrfach nachts mit Herzrasen aufwachen und schließlich auch morgens vorzeitig mit erhöhtem Blutdruck aufwachen. Sie sind der Ansicht, die Schwelle des zulässigen Lärms liege in den Nachtstunden von 22:00 Uhr bis 6:00 bei Leq 45 dB (A) und nehmen hierzu Bezug auf eine Karte des Eisenbahn-Bundesamtes (Anlage K 25 und K 25a (Bl. 34 und 35 d.A.). Ferne ergebe sich aus einer Schienenlärmmessung des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie vom 9. April 2004 (Anlage K 13, Anlagenband) in der Nachbarschaft der Kläger in der Straße2 und Straße3 ein äquivalenter Lärmschallpegel gemittelt deutlich über Leq 70 dB(A). Dieser Wert werde bestätigt durch die Messwerte der gleichen Behörde in Stadt6 im Jahr 2012, die als Anlage K 15 vorgelegt wird. Die Kläger legen hierzu weiter ein selbst erstelltes Lärmtagebuch für die Zeit vom 31. März 2014 bis 8. April 2014 vor, wegen dessen Inhalt auf Anlage K 14, Anlagenband Bezug genommen wird. Die Eröffnung der jetzigen Intensität des Bahnverkehrs auf dem Grundstück läge auch über den maßgeblichen Werten von LDen 70 dB (A) am Tag und während der Nachtstunden bei LNight 65 dB (A).

Die Kläger haben weiter behauptet, die gesundheitsschädlichen Wirkungen von Lärm, insbesondere bei Nacht, seien nach dem Stand der Wissenschaft im Jahr 2013 erwiesen. Hierzu legen sie umfangreiche Stellungnahmen und Gutachten vor, wegen deren Einzelheiten der Senat z.B. auf Anlagen K 26 (Bl. 41 ff. d.A.), K 8, K 9, K 11 Bezug nimmt.

Die Kläger haben vor dem Landgericht die Ansicht vertreten, für den Betrieb der Strecke sei nach dem damals gültigen preußischem Recht eine Planfeststellung erforderlich gewesen, die nie durchgeführt worden sei. Bei Genehmigung der Strecke im Jahr 1853 sei kein nächtlicher Betrieb mit Güterzügen vorgesehen gewesen. Eine Planfeststellung sei auch bei Elektrifizierung der Strecke im Jahr 1961 erforderlich gewesen, schließlich auch bei der Umstellung auf Betonschwellen, der Erhöhung der Tragfähigkeit der Strecke, des Wegfalls von unbeschrankten Bahnübergängen, des Wegfalls lokaler Stellwerke zugunsten des Zentralstellwerks Rechter Rhein und der Umstellung auf einen jetzt dominierenden Betrieb von Güterfernverkehr.

Die Beklagte hat im Verfahren vor dem Landgericht behauptet, die Strecke werde ununterbrochen auf der Grundlage der Betriebsgenehmigung aus dem 19. Jahrhundert betrieben, es seien über die Zeit regelmäßig Modernisierungs- und Unterhaltungsmaßnahmen an der Strecke durchgeführt worden, die aber keine wesentlichen Veränderungen der Bahnstrecke insgesamt bewirkt hätten. Sie hat die Ansicht vertreten, der Bahnbetrieb erfolge rechtmäßig, es bestehe Bestandsschutz für den Betrieb der Strecke, die am 26. September 1853 genehmigt worden und am 27. November 1993 in Rechtsnachfolge übernommen worden sei. Eine Verpflichtung zur Durchführung eines neuen Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahrens habe aufgrund der Fortdauer der Betriebsgenehmigung nie bestanden. Die Grenzwerte der 16. BImSchVO seine auf Altbestandsstrecken nicht anwendbar, die Strecke werde im Rahmen der bestehenden Vorschriften rechtmäßig betrieben.

Das Landgericht Wiesbaden hat mit dem, dem Klägervertreter am 25. November 2015 zugestellten Urteil vom 12. November 2015 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Klage sei unschlüssig, da das Vorliegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Kläger und die Kausalität zwischen Lärm und den Erkrankungen der Kläger nicht dargelegt seien. Auch wenn man diese als gegeben unterstelle, liege kein rechtswidriger Eingriff durch die Beklagte vor, da die Bahnstrecke rechtmäßig seit Eröffnung betrieben werde. Die Regelungen des § 41 BImSchG i.V.m. der 16. VO zur Durchführung des BImSchG fänden keine Anwendung, da sich aus dem Vortrag der Kläger keine wesentlichen Änderungen der Eisenbahnstrecke ergeben haben. Zur Erhöhung der Zugfrequenz seit dem Einzug der Kläger in das Haus im Jahr 2004 liege kein ausreichend substantiierter Vortrag vor. Die Kläger seien auch in Kenntnis der Lärmvorbelastungen freiwillig in das Haus eingezogen, sie hätten beim Umbau den technisch möglichen Lärmschutz verbauen müssen, was ihnen als Eigenverschulden zuzurechnen sei. Die bestehende Geräuschvorbelastung erhöhe auch die Zumutbarkeitsschwelle für Lärmemissionen. Die künftigen Auslastungen der Rheinstrecke wegen der Eröffnung des D-Basistunnels seien unerheblich.

Hiergegen richten sich die Kläger mit ihrer am 15. Dezember 2015 eingelegten und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 22. Mai 2016 an diesem Tag begründeten Berufung. Sie rügen Rechtsfehler und Fehler bei der Tatsachenfeststellung des Landgerichts und machen geltend:

Das Landgericht habe den Vortrag der Kläger, beider Vorerkrankungen hätten sich verschlimmert, weil die Grenze der VerkehrslärmschutzVO für Mischgebiete von tags 64 und nachts 54 dB (A) überschritten sei, nicht ausreichend berücksichtigt. Sie behaupten, eine Rekonvaleszenz der Erkrankungen werde verzögert oder verhindert. Die Blutdruckwerte hätten sich durch Anstieg des Güterverkehrs weiter verschlechtert. Das Gericht habe hierzu die angebotenen Beweise erheben müssen.

Sie sind der Ansicht, die Kausalität zwischen der Lärmbelastung und ihren Erkrankungen ergebe sich aus den vorgelegten lärmmedizinischen Unterlagen. Danach sei es epidemiologisch nachgewiesen, dass die Schwelle für Herzerkrankungen und Bluthochdruck bei einer nächtlichen Lärmbelastung im Bereich von 40 bis 50 dB (A) liege. Hiermit befasse sich das Urteil des Landgerichts rechtsfehlerhaft nicht.

Das Gericht gehe unter Verkennung der Rechtsgrundlagen zu Unrecht von einer Genehmigung des Bahnbetriebes seit dem Jahr 1853 aus. Es sei eine Planfeststellung erforderlich gewesen, jedenfalls jetzt erforderlich.

Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass vorliegend die dargelegten summierten Teiländerungen beim Ausbau der Strecke über die Zeit eine „wesentliche bauliche Änderung“ ergeben habe, die nach § 1 Abs. 2, § 2 der VerkehrslärmschutzVO zur Anwendung der dort genannten Grenzwerte für Lärmemissionen führe. Die vom Kläger hierzu benannten Baumaßnahmen, insbesondere die statische Ertüchtigung des Gleisbettes habe das Landgericht zu Unrecht nicht in seine Bewertung einbezogen. Der 1976 vollzogene Austausch von Holz- zu Betonschwellen und die Elektrifizierung der Strecke hätten bereits eine Lärmsteigerung von 2 dB bewirkt. Zur Auslegung der Begriffe der 16. LärmschutzVO legen sie ein Schreiben des Eisenbahn-Bundesamtes vom 23. Juli 2014 (Bl. 495 d.A.) vor.

Die Kläger sind weiter der Ansicht, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei die Verkehrslärmschutzverordnung analog für Lärmemissionen von Bestandstrecken nach § 906 BGB anwendbar.

Das Landgericht überspanne die Darlegungslast zur Steigerung der Güterverkehrszahlen, die Kläger könnten hierzu über die vorgelegten Zahlen hinaus nichts darlegen, da ihnen die Zahlen über die Streckennutzung nicht vorlägen. Die Beweislast hierfür läge deshalb bei der Beklagten. Das Landgericht habe die Kläger auch nicht darauf hingewiesen, dass hierzu weiterer Vortrag erforderlich sei.

Das Landgericht würdige auch die vorgetragenen Indizien für eine Lärmsteigerung nicht. Hierzu gehöre die zunehmende Rauigkeit der Schienenoberflächen, die Erhöhung der Zuglängen und -zahlen, die mangelnde Pflege des Gleisunterbaus.

Insgesamt greife die Beklagte mit dem Maß der betrieblichen Nutzung in Grundrechte der Kläger aus Art. 14 und Art. 2 GG ein.

Die Kläger hätten auch in die erhebliche Lärmvorbelastung nicht eingewilligt. Bei Einzug im Jahr 2004 sei eine normale Nutzung zu Wohnzwecken noch möglich gewesen, die Lärmverhältnisse hätten sich eklatant beginnend seit 2006 verschlechtert. Es treffe die Kläger auch kein Mitverschulden wegen Unterlassung geeigneter Schallschutzmassnahmen beim Umbau. Die im Jahr 2003 eingebauten Doppelglasfenster hätten dem damaligen Stand der Technik entsprochen.

In der Berufungsduplik vom 17. Mai 2016 vertiefen die Berufungskläger ihren Tatsachenvortrag zu den Erkrankungen und behaupten unter Vorlage eines weiteren Attests des behandelnden Arztes F vom 21. April 2016, (Bl. 551 d. A.), der Bahnlärm sei jedenfalls mitursächlich für die Verschlechterung ihrer Krankheitswerte. Bei der Klägerin zu 2 hätten sich – nach erfolgreicher Behandlung der Herzmuskelentzündung aus dem Jahr 1995 – die Blutdruckwerte durch Einnahme von Betablockern lange Zeit normalisiert. Im Jahr 2000 seien nur leicht erhöhte Werte gemessen worden, erstmals im Rahmen einer Langzeit-Blutdruckmessung im Jahr 2007 habe sich ergeben, dass ein ACE Hemmer eingesetzt werden müsse, da die Werte gestiegen seien und die bisherige Medikation nicht ausreiche.

Der Kläger zu 1) habe seit Mitte der 1990er Jahre unter erhöhten Blutzuckerwerten gelitten. Erhöhter Blutdruck sei erstmals im Jahr 2004 gemessen worden, der ab 2005 medikamentös behandelt werde. Ab 2006 sei auch die Diabeteserkrankung medikamentös behandelt worden.

Sie bestreiten die Erteilung der Genehmigung durch das Herzogtum Nassau im Jahr 1853 mit Nichtwissen. Sie sind ferner weiter der Ansicht, es sei nach preußischem Recht jedenfalls eine Planfeststellung erforderlich gewesen und kein singulärer Genehmigungsakt und beantragen hierzu die Einholung eines historischen eisenbahnrechtlichen Sachverständigengutachtens.

Sie sind der Ansicht, die Gesetzeslage zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Strecke sei nicht maßgeblich, die heutigen Lärmwerte von – wie sie behaupten – LDen 70 dB (A) und LNight von 65 dB (A) sei durch eine Genehmigung von vor 150 Jahren nicht legitimiert. Die Strecke sei damals nur mit Geschwindigkeiten von etwa 60 km/h auf freier Strecke und in Höhe des Wohnhauses mit 40 km/h befahren worden. Ein Vergleich der Bahnstrecke aus dem Jahr 1974 und heute zeige, dass die in der Summe zahlreiche Einzelmaßnahmen umgesetzt worden seien, welche die Leistungsfähigkeit der Strecke in den vergangenen vier Jahrzehnten erheblich gesteigert hätten. Holzschwellen könnten z.B. nur mit bis zu 160 km/h befahren werden, Betonschwellen dagegen mit bis zu 230 km/h. Ferner könnten z.B. höhengleiche Bahnübergänge mit max. 160 km/h überfahren werden, eine Unter-/Überführung dagegen mit bis zu 200 km/h. Auch die Ersetzung der Oberleitung des Typs RE 160 durch den Typ RE 200 führe zu einer höheren Auslastung der Strecke. In der Vielzahl der Ertüchtigungsmaßnahmen liege ein planvolles Konzept zur Steigerung der Leistungsfähigkeit. Zur Zugfrequenz legen sie eine Videodokumentation zur Vorbeifahrt am Wohnhaus der Kläger vor, die die behauptete Taktfrequenz über 24 h belege.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils,

1.

Die Berufungsbeklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Berufungskläger für die Schädigung des körperlichen Wohlbefindens und der Gesundheit der Berufungskläger durch die Imissionen des Bahnbetriebes zeitlich vom 1. Dezember 2013 bis zum 22. September 2016, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2013 zu verurteilen;
2.

festzustellen, dass dem Berufungsklägern gegen die Berufungsbeklagte dem Grunde nach Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld für Schädigungen ihres körperlichen Wohlbefindens und insbesondere ihrer Gesundheit durch die Imissionen des Bahnbetriebs in der Zukunft zeitlich nach dem 22. September 2016 bis zu zukünftig wirksamen Maßnahmen der Immissionsminderung auf ein Maß des äquivalenten Dauerschallpegels von Leq außen 6:00 bis 22:00 Uhr von 45 dB (A) und Leq innen 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr von 30 dB (A) zustehen;und hilfsweise zu Ziffer 2.,
3.

festzustellen, dass den Berufungsklägern gegen die Berufungsbeklagte dem Grunde nach Ansprüche auf Schmerzensgeld für die Zuführung von Schallimmissionen des Bahnbetriebes oberhalb einer Schwelle eines Beurteilungspegels von
a)

Leq außen 54 dB (A) tags
b)

B) Leq innen 35 dB (A) nachts
c)

Lmax innen 40 dB (A) nachts

zeitlich nach dem 22. September 2016 bis zukünftig wirksamen Maßnahmen der Immissionsminderung auf ein Maß von Leq außen 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr von 45 dB Leq und Leq innen 22:00 bis 6:00 Uhr von 30 dB zusteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und auch den Hilfsantrag abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung. Sie ist ferner der Ansicht, bei den an der Strecke über die Zeit durchgeführten Arbeiten handele es sich um die im Schienenverkehr allgemein üblichen Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten, die keinen erheblichen baulichen Eingriff darstellen würden. Auch die Grenze zur wesentlichen Änderung der Strecke i.S. des § 41 BImSchG sei nicht erreicht, denn die durchgeführten Maßnahmen hätten nicht darauf abgezielt, die planerisch gewollte Leistungsfähigkeit der Bahnstrecke zu erhöhen. Auch die Einbeziehung der Strecke in das freiwillige Lärmsanierungsprogramm des Bundes zeige, daß keine erheblichen baulichen Eingriffe vorgenommen worden seien, da dieses Programm auf Aus- und Neubaustrecken nicht anwendbar sei, sondern nur für Bestandsstrecken gelte. Hierzu verweisen sie auf den Bundeshaushaltsplan 2016, einzelplan 12 des BMVI, Kapitel 1222 Eisenbahnen des Bundes, Titel 891.05-742. Schließlich weisen sie in der Berufungserwiderung darauf hin, daß die Kläger es versäumt hätten, darzulegen, dass der Bahnlärm die einzig mögliche Ursache für das Krankheitsbild sei.

B.

I.

Die Berufung ist mit dem Antrag zu 1. zulässig (§§ 511, 517 ff. ZPO). Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt.

Die Berufung ist mit dem im Antrag zu 2. und im Hilfsantrag zu 3. unzulässig. Denn die Klage auf Feststellung des Bestehens von Schmerzensgeld- oder Schadensersatzansprüchen dem Grunde nach für die Zeit nach dem Erlass des Berufungsurteils in der Zukunft genügt mit den gestellten Anträgen nicht den in § 256 Abs. 1 ZPO gestellten Anforderungen an eine Feststellungsklage. Nach dieser Vorschrift kann eine Feststellungsklage nur auf das Bestehen eines hinreichend bestimmten Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Dieses kann zwar grundsätzlich auch in der Zukunft liegen, setzt dann aber voraus, dass die Grundlagen der begehrten Feststellung bestimmbar sind und nicht Veränderungen unterliegen, die von den das Urteil tragenden Feststellungen nicht erfasst sind. Sowohl im Hauptantrag zu Ziffer 2. als auch im in der mündlichen Verhandlung auf den Hinweis des Senats hierzu gestellten Hilfsantrag zu Ziffer 3. liegt – gemessen an diesen Grundsätzen – kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Denn die Begriffe der „Bahnimmissionen der Zukunft“, des „Wohlbefindens und der Gesundheit der Kläger“ und die „zukünftig wirksamen Maßnahmen der Immissionsminderung“ sind völlig unbestimmte Begriffe; deren Feststellbarkeit von Faktoren abhängen, die nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits sind. Sie bedürfen zudem wertender Ausfüllung durch zukünftige völlig ungewisse Umstände.

II.

Die Berufung zum Antrag zu 1. Ist in der Sache unbegründet. Das Landgericht Wiesbaden hat im Ergebnis insgesamt zutreffend die Klage der Kläger abgewiesen und einen Schmerzensgeldanspruch verneint. Die hiergegen erhobenen Rügen bleiben ohne Erfolg.

1. Im Ansatz zutreffend geht die Kammer des Landgerichts davon aus, dass den Klägern gegen die Beklagte grundsätzlich ein deliktischer Schadensersatzanspruch auf Schmerzensgeld als Anwohner der streitgegenständlichen Bahnstrecke zustehen kann. Dieser kann sich nach Auffassung des Senats grundsätzlich aus §§ 823 Abs. 1, 253 BGB i.V. m. §§ 906 Abs. 1 BGB, 41 BImSchG und §§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchVO ergeben. Denn im Rahmen der deliktischen Haftung für Gesundheitsverletzungen bilden die nachbarrechtlichen Sonderbestimmungen der §§ 906 ff. BGB in dem davon erfassten Regelungsbereich den Maßstab für die Frage, ob die von dem einen auf das andere Grundstück ausgehenden Einwirkungen rechtswidrig sind (BGH Urteil vom 23. Juli 2010 – V ZR 142/09 – Rn 11 zitiert nach iuris; BGHZ 90, S. 255 (257 f.)). Denn die Vorschrift regelt im Zivilrecht die Voraussetzungen, unter denen benachbarte Grundstückseigentümer Einwirkungen i. S. von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB noch als ortsüblich dulden müssen (BGH Urteil vom 23. Juli 2010 – V ZR 142/09 zitiert nach iuris Rn 11f; BGH Urteil vom 2. März 1984 V ZR 54/83 Rn 10 mwN. = BGHZ 90, 255-268 – „Atrazin“ Olea rustica 11E). Dies gilt nach Auffassung des Senats grundsätzlich auch für die Frage nach Art und Umfang der zivilrechtlichen Haftung für Bahnlärm von Altstrecken des Bahnbetriebes, die noch im 19. Jahrhundert errichtet wurden (vgl. zum Stand der Diskussion z.B. Hafner, NVwZ 2015, S. 648 – 650; Roth, NVwZ 2001, S. 34 ff.). Für den Bereich der Lärmemissionen bilden dabei die für den Emittenten von Lärm gültigen öffentlich-rechtlichen Normen den allgemeinen Rahmen, nach dem auch im Zivilrecht beurteilt werden kann, in welchem Umfang die Zunahme einer Belastung noch als ortsüblich hinzunehmen ist. Entgegen der Ansicht der Berufungskläger sind dabei die Grenzwerte der 16. BImSchVO für den Schienenlärm von im 19. Jahrhundert errichteten Bahnstrecken im Altbestand der Bahn aber nicht unmittelbar heranzuziehen (so aber Landgericht Bochum, Urteil vom 30. Juli 2014, 6 O 443/09, zitiert nach iuris, Rn 101 ff.). Denn der Gesetzgeber hat in den §§ 41 ff. BImSchG für Straßen- und Schienenwege ein abgestuftes Nutzungskonzept vorgegeben, das auch für die Beurteilung der zivilrechtlichen Haftung für Lärmemissionen heranzuziehen ist. Diese Regelungen bilden aufgrund der Sozialbindung des Eigentums den gesetzlichen Rahmen auch für den Bahnbetrieb der Beklagten. Danach kann die Geräuschemission auf der streitgegenständlichen rechtsrheinischen Bahnstrecke zum einen rechtswidrig sein, wenn diese ohne Genehmigung betrieben wird. Sie erweist sich ebenfalls als rechtswidrig, wenn nach § 41 BImSchG durch Umbau- oder Ertüchtigungsmaßnahmen eine wesentliche Änderung des Bahnbetriebes durch die Beklagte erfolgt ist, die sich als erheblicher baulicher Eingriff im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. BImSchVO darstellt und dies zu schädlichen Umweltwirkungen i.S. des hierfür gültigen Maßstabes der §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchVO im streitgegenständlichen Bahnstreckenabschnitt geführt hat. Dabei bilden entgegen der Ansicht der Berufungskläger die in der 16. BImSchVO festgelegten Grenzwerte zwar keine abschließend bindende Größe, können aber als Entscheidungshilfe für die Festlegung der Wesentlichkeitsgrenze i.S. des § 906 BGB herangezogen werden und haben jedenfalls indizielle Wirkung (BGH Urteil vom 27. Oktober 2006, Az.: V ZR 2/06 – Rn 9; BGHZ 161, S. 323 (335 f.)). Dies entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Bereich des zivilrechtlichen Umwelthaftungsrechts und ist auf den Schienenverkehr übertragbar. Ein solcher Anspruch wäre auch nicht bei bestehendem Bestandsschutz der Altbahnstrecke ausgeschlossen (BGH vom 27. Oktober 2006 – V ZR 2/06 – Rn 12 ff.), da nach dem für den Bahnbetrieb gültigen Regelungskonzept der § 41 BImSchG bestehende Bahnstrecken den hier öffentlich-rechtlich aufgestellten Grenzwerten jedenfalls dann unterliegen, wenn wesentliche Änderungen der Bahnstrecke i.S. der Vorschrift (hierzu BVerwG vom 18. Juli 2013 – Az.: 7 A 9.12, dort Rn 22 f) durchgeführt worden sind. Dabei ist es, da die vorliegenden öffentlich-rechtlichen Normen hinreichend klar gefasst sind, den erkennenden Zivilgerichten auch grundsätzlich nicht verwehrt, die für den Bahnbetrieb gültigen Vorschriften anhand der gültigen Richtwerte der 16. BImSchVO selbst auszulegen, ohne dass hierfür eine Neubescheidungsklage vor den Verwaltungsgerichten durchzuführen wäre (BGH Urteil von 25. März 1993, Az.: II ZR 60/91, Rn 8 und 13 ff. zitiert nach iuris). Allerdings muss sich ein Nachbar im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung die ungünstige Lage seines Grundstücks, durch die sein Eigentum situationsbedingt geprägt ist, zurechnen lassen (Staudinger- Roth, § 906 BGB Rn 254; Palandt-Bassenge § 906 BGB Rn 26). Schließlich sind bei der Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle alle Umstände zu berücksichtigen, die den Interessenkonflikt durch Maßnahmen des einen oder des anderen veranlasst oder verschärft haben, weil z.B. eine bestimmte Nutzung erst in Kenntnis der Störung aufgenommen worden ist (Staudinger- Roth, § 906 BGB Rn 260 mwN) oder eigene zumutbare Schutzvorkehrungen vorwerfbar unterlassen worden sind.

2. Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Berufung vorliegend allerdings dennoch als unbegründet. Denn eine deliktische Haftung der Beklagten für Schmerzensgeldleistungen würde zunächst voraussetzen, dass lärmbedingte Gesundheitsverletzungen der Kläger schlüssig vorgetragen sind. Dies ist – wie das Landgericht Wiesbaden im Ergebnis zutreffend entschieden hat – nicht der Fall. Der Vortrag wird auch nicht im Rahmen des Berufungsverfahrens ausreichend vertieft.

a. Die Gesundheit der Kläger ist verletzt, wenn die Beklagte durch den Betrieb der Bahnstrecke oder durch die Intensivierung ihrer Auslastung ab 2004 in die körperliche Integrität oder Befindlichkeit der Kläger eingegriffen und dadurch einen von den normalen körperlichen Funktionen nachteiligen Zustand hervorgerufen oder gesteigert hat. Die Kläger machen geltend, unter einer Bluthochdruckerkrankung zu leiden, die sich lärmbedingt seit dem Jahr 2004 nach Einzug in die in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene Immobilie verschlechtert haben soll. Der Kläger zu 1) macht daneben noch geltend, seit dem Jahr 2006 unter Diabetes zu leiden, die sich weiter verschlimmere. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, ergeben sich aber aus den von den Klägern hierzu vorgelegten ärztlichen Attesten, auf die sie schriftsätzlich Bezug nehmen, keine konkreten Tatsachen, die die behaupte Verschlechterung von Bluthochdruck oder Diabetes seit 2004 belegen können.

aa) Soweit die Klägerin zu 2) vorträgt, ihr vorbestehender erhöhter Blutdruck sei nach dem Einzug in das Haus im Jahr 2004 verschlechtert, ist dies nach ihrem Vortrag nicht nachvollziehbar. Denn es wird nicht weiter ausgeführt, von welchen Blutdruckwerten auszugehen ist. Da die Beklagte die Verschlechterung der Bluthochdruckerkrankung bestritten hat, wäre es für die Darlegung der Schwere und der Verschlechterung der Erkrankung seit dem Jahr 2004 jedenfalls erforderlich, konkrete Blutdruckwerte und deren Entwicklung über den für den Schmerzensgeldanspruch geltend gemachten Zeiträume von 2004 bis 2013 mitzuteilen. Denn ohne konkretere Angaben zur zeitlichen Entwicklung der Blutdruckwerte vor und nach dem Einzug in das Haus, können überhaupt keine Feststellungen zur Frage einer etwa lärmbedingten Erhöhung des Bluthochdrucks und einer Verschlechterung der Erkrankung nach 2004 getroffen werden. Die Klägerin zu 2) trägt zu ihren Blutdruckwerten und ihrer Entwicklung seit dem Einzug im Jahr 2004 überhaupt nichts vor, was aber – gerade wenn sie deshalb dauerhaft seit der Herzmuskelerkrankung im Jahr 1990 – in ärztlicher Behandlung gewesen ist, ihr ohne weiteres möglich sein dürfte. Die konkreten Blutdruckwerte über die Zeit bilden auch die grundlegenden Befundtatsachen für die von ihr behauptete Verstärkung der Medikation durch die von ihr mitgeteilten Medikamente.

Die hierzu erforderlichen grundlegenden Anknüpfungstatsachen ergeben sich auch nicht aus den von der Klägerin zu 2) vorgelegten ärztlichen Attesten ihres behandelnden Arztes F. Denn nach den Attesten vom 4. Mai 2014, 6. Februar 2014 und 14. August 2015 (Anlagen K 27 und K 28, Bl. 132 f. und Bl. 204 d.A) bestand für die Klägerin zu 2) vor Einzug in das Haus im Jahr 2004 Bluthochdruck als Vorerkrankung, möglicherweise infolge einer Herzmuskelentzündung. Zwar wird dort noch mitgeteilt, die Erkrankung werde „mittlerweile dauerhaft mit einer Zweifach-Medikation behandelt“. Ansonsten ergeben sich aus diesen ärztlichen Stellungnahmen keine Anknüpfungstatsachen für den Krankheitsverlauf, deren Schwere und für die Verschlechterung der Erkrankung seit 2004. Schließlich gibt der behandelnde Arzt zu etwa bestehenden Ursachen auch nur an, dass sich beide Kläger „durch die Bahnstrecke gesundheitlich beeinträchtigt fühlen“, was lediglich subjektive Einschätzungen aber keine Befundtatsachen sind. Aus dem weiteren im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Attest vom 21. April 2016 entnimmt der Senat ferner, dass „neben einem gestörten Nachtschlaf auch die unzureichende Fähigkeit, Geräuschbelästigungen tagsüber zu bewältigen, zu erwähnen sind.“ Auch dies lässt eher auf in der Person der Klägerin zu 2. und nicht auf eine verkehrslärmbedingte Mitverursachung schließen.

bb) Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht für die vom Kläger zu 1) behauptet Verschlechterung seiner Bluthochdruckerkrankung seit dem Einzug 2004 und der Diabeteserkrankung. Zwar bestand beim Kläger zu 1) Bluthochdruck nach seinem Vortrag erst seit 2005, was einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Umzug möglich macht. Zu Recht hat das Landgericht Wiesbaden auch insoweit den Vortrag des Klägers zu 1) im Ergebnis als unzureichend erachtet. Denn auch der Kläger zu 1) macht keine Angaben zu den Befundtatsachen, aus denen sich Verlauf und Schwere der Erkrankung ergeben könnten. Dies war aber nach § 138 Abs. 2 ZPO auch hier erforderlich, da die Beklagte im Verfahren 1. Instanz die Erkrankung bestritten hat. Jedenfalls die konkreten Blutdruckwerte und deren Entwicklung in der Zeit waren anzugeben.

Soweit der Kläger zu 1) im Hinblick auf seine Diabeteserkrankung nach dem weiteren Vortrag der Beklagten in seiner Duplik ausführt, dass bei ihm erhöhte Blutzuckerwerte seit Mitte der 90er Jahre bestanden hätten und diese erst ab 2006 medikamentös behandelt worden sind, ergibt sich hieraus und aus den weiteren Angaben seines behandelnden Arztes F kein schlüssiger Vortrag zu einer Gesundheitsverletzung. Denn die Ausführungen bleiben weiterhin sehr allgemein. Auch wenn in dem Attest vom 21. April 2016 zwar inzwischen mitgeteilt wird, „er könne jedenfalls eine Mitursächlichkeit einer Lärmbelastung nicht ausschließen“ wird dort weiter mitgeteilt, es „könne retrospektiv nur schwer beurteilt werden, inwieweit grundlegende biologische Determinanten und sonstige lebensgeschichtliche Faktoren, einen Einfluss haben“. Bei dieser Sachlage war es Sache des Klägers zu 1) anzugeben, ob und in welchem Umfang bei ihm etwa derartige, Diabetes nach den allgemeinen medizinischen Indikationen bestimmenden sonstige biologische Determinanten oder lebensgeschichtliche Faktoren, wie z.B. Gewicht, erbliche Vorbelastung vorliegen, um eine Gesamtbeurteilung der Ursachen der Diabeteserkrankung auf sachverständiger Basis festzustellen. Denn bei Diabetes handelt es sich um eine weit verbreitete Erkrankung, die sehr unterschiedliche Ursachen haben kann.

dd) Da beide Kläger im Übrigen auch angeben, gerade in den Nachtstunden oder bei etwa bestehenden Lärmspitzen steige der Blutdruck jedes mal stressbedingt an, hätte ggf. auch durch eine Blutdruckverlaufsuntersuchung über 24 oder 48 Stunden aufgezeigt werden können, dass ggf. gerade die Lärmspitzen in der Nacht den Blutdruck erhöhen. Es fehlen auch Angaben, wie die Lärmbelastung vor dem Umzug im Jahr 2004 sich für die Kläger dargestellt hat, so dass auch insoweit kein Vergleich zur jetzigen Lebenssituation der Kläger gezogen werden könnte.

ee) Für die weitere Feststellung, dass gerade der Einzug die entscheidende (Mit)Ursache für einen schlechteren Krankheitsverlauf gewesen sein kann, wäre schließlich weiter die Darlegung erforderlich, unter welchen Lärmbedingungen die Kläger bis 2004 gelebt haben und welche weiteren in der Person vorgegebenen Ursachen sonst vorlagen, die nach den allgemeinen Erkenntnissen der Medizin einer Bluthochdruckerkrankung förderlich sein können, wie z.B. erbliche Belastung, Lebensalter, Gewicht, Rauchen. Denn nur wenn festgestellt werden könnte, welche Ursachen insgesamt in der Person der Kläger bestehen, könnte eine sachverständige Gewichtung mehrerer Verursachungsanteile der für eine Blutdruckerkrankung neben einer der Lärmbelastung gegebenen Faktoren miteinander ins Gewicht gesetzt werden. Denn bei Bluthochdruck handelt es sich um eine sehr weit verbreitete Erkrankung, deren Verlauf und Therapie in einer Vielzahl von Fällen völlig unabhängig von Umweltfaktoren ist und davon ggf. aber mitverursacht werden kann.

Hierauf hat die Beklagte in ihrer Berufungsreplik nochmals hingewiesen, ohne dass dies von den Klägern in der weiteren Erwiderung aufgegriffen worden ist. Dies war auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Ein weitergehender Hinweis des Senats war vor diesem Hintergrund nicht erforderlich.

ff) Die von den Klägern vorgelegten umfangreichen Gutachten, Stellungnahmen und Untersuchungen zu den Risiken von stressauslösendem Lärm sind für die Darlegung einer Gesundheitsverletzung dagegen unerheblich. Denn erst wenn feststellbar ist, dass die Blutdruckwerte der Klägerin zu 2) seit Einzug in das direkt neben der Bahnstrecke liegende Haus im Jahr 2004 jedenfalls in einem groben zeitlichen Zusammenhang mit diesem Zeitpunkt signifikante Veränderungen erfahren haben, können derartige Unterlagen ggf. als Indizien für eine etwa bestehende Kausalität zwischen Schienenlärm und Gesundheitsverletzungen jedenfalls mit herangezogen werden. Für das Vorliegen des behaupteten Krankheitsbildes ergeben diese Unterlagen keine Erkenntnisse.

3. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, daß auch die weiteren Berufungsrügen ohne Erfolg sind.

a) Es bestehen für den Senat keine Zweifel, dass für die streitgegenständliche rechtsrheinische Bahnstrecke eine wirksame und fortbestehende Betriebsgenehmigung seit ihrer Errichtung bestanden hat. Die Einwände der Kläger hiergegen überzeugen nicht. Dies zeigt bereits eine Betrachtung der Entwicklung der Rechtsgrundlagen. Die Strecke ist im Jahr 1853 auf der Grundlage der Genehmigung aus dem Verordnungsblatt vom 26. September 1853 des Herzogtums Nassau durch die Stadt3 Eisenbahn-Gesellschaft gebaut und in Betrieb genommen worden. Dies ergibt sich für den Senat aus der Kopie aus dem Verordnungsblatt des Herzogtums Nassau von diesem Tag, unter anderem als Anlage B3, Bl. 166 ff. d.A. vorgelegt. Soweit die Kläger die Erteilung der Genehmigung aus dieser Unterlagen mit Nichtwissen bestreitet, ist dies unzulässig, da es sich für das Vorliegen einer Genehmigung nicht um eine Tatsache, sondern um einen Rechtsakt, nämlich einen Verwaltungsakt, handelt.

b) Nicht nachvollziehbar ist ferner die Rechtsauffassung der Kläger, es habe bei Bau der Strecke nach preußischem Recht einer Planfeststellung bedurft. Denn preußische Rechtsvorschriften galten auf dem nassauischen Territorium im Jahr 1853 nicht. Nach den hierfür maßgeblichen historischen Tatsachen war das Herzogtum Nassau erst nach dem preußisch-deutschen Krieg im Jahr 1866 Teil des preußischen Staatsgebiets geworden und dem Geltungsbereich preußischen Rechts unterstellt. Unerheblich ist dagegen der Einwand, ob die Stadt3 Eisenbahngesellschaft in privater Form oder in staatlicher Form betrieben worden ist, da jedenfalls nach dem klaren Text im Verordnungsblatt vom 26. September 1853 (Bl. 166 R) am 28. Juni 1853 dieser die „landesherrliche Concession zum Bau und Betrieb einer Eisenbahn zwischen Stadt3 und Stadt4 verliehen“ worden ist und mit dem v.g. Verordnungsblatt ferner die Zeit für die Errichtung auf drei Jahre festgelegt wird und der Gesellschaft weiter aufgeben wird, die Grundstücke zu erwerben. Dass dies zunächst so umgesetzt worden ist, ist auch zwischen den Parteien nicht streitig.

c) Auch nach dem 1866 im Herzogtum Nassau geltenden Recht ergibt sich nichts gegen den Fortbestand der erteilten Genehmigung. Nach dem preußischen Eisenbahn-Gesetz vom 3. November 1838 (prEG ) war keine neue Genehmigung von übernommen Bestandstrecken erforderlich. Denn nach § 1 prEG bedurfte nur die Anlegung einer Eisenbahn der landesherrlichen Genehmigung. Die Geltung des Gesetzes für Unternehmungen mit bestehenden Konzessionen ist in § 48 prEG geregelt. Dies betrifft aber nicht die Unterwerfung bestehender Strecken unter ein preußisches Planfeststellungsverfahren, sondern unterstellt Altstrecken ganz allgemein unter die Gesetzgebungsgewalt für aufsichtsrechtliches Einschreiten (zu den historischen Einzelheiten vgl. auch.: Ludwig Brake, Die ersten Eisenbahnen in Hessen: Eisenbahnpolitik und Eisenbau in Frankfurt, Hessen-Darmstadt, Kurhessen und Nassau bis 1866 – Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau). Aufgrund des Staatsvertrag Preußens mit dem Großherzogtum Hessen (Stadt7) schloss sich die preußische Staatsbahn nur mit den hessischen (und nicht den nassauischen) Landesbahnen zusammen. Sie wurde schließlich zusammen mit den anderen noch fortbestehenden Länderbahnen aufgrund des Staatsvertrages zur Gründung der Deutschen Reichseisenbahnen 1. April 1920 (RGBl. 1920 I, S. 773) in die Deutsche Reichsbahn als Rechtsträger in die Hoheit des Reiches überführt. Nach § 1 des Reichsbahngesetzes vom 30. August 1924 (Reichsgesetzblatt Teil II Nr. 32, S. 272 bis 289) wurde dabei die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft, die Rechtvorgängerin der Deutschen Bundesbahn, errichtet. Nach § 5 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 des Gesetzes wurde der Gesellschaft das ausschließliche Recht zum Betrieb aller Eisenbahnen bis zum 31. Dezember 1964 übertragen. Nach § 5 Abs. 3 und 4 des Gesetzes gehen dabei alle zum Betrieb der Reichsbahnen erforderlichen Rechte und Pflichte auf diese Gesellschaft über. Nach § 9 Abs. 1 ist die Gesellschaft verpflichtet, den Betrieb der Reichsbahnen sicher zu führen und die Reichseisenbahnanlagen nach dem jeweiligen Stand der Technik gut zu unterhalten. Die Einhaltung weitergehender Anforderungen sind dem Gesetz nicht zu entnehmen. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Gesetz über die Deutsche Reichsbahn vom 4. Juli 1939. Danach bleiben die Betriebsgenehmigungen bestehen. Hinzu kam lediglich das Vermögen der österreichischen Bundesbahnen, eingerichtet wurden neue Organisationsstrukturen. Die Reichbahn ging dann – unter Fortbestand der Genehmigungen – in der Deutschen Bundesbahn auf, die weiter mit den Strecken der alten Reichsbahn nach der deutschen Wiedervereinigung zusammengeführt worden ist. Letzteres ist unstreitig.

Entgegen der Ansicht der Kläger war zur Beurteilung der Rechtslage in der Vergangenheit nicht die Einholung eines rechtsgeschichtlichen Gutachtens erforderlich, da sich die Frage des Fortbestands der Genehmigung aus allgemein zugänglichen Rechtsquellen ergibt und der Senat diese selbst anwenden kann. Anhaltspunkte für das Erfordernis einer Planfeststellung haben sich dabei insgesamt nicht ergeben. Im Übrigen waren im Eisenbahnrecht des 19. Jahrhundert und auch des beginnenden 20. Jahrhunderts Gegenstand der für den Betrieb von Bahnen gültigen Rechtsvorschriften nur Fragen der Verkehrssicherheit des Bahnbetriebes im Rahmen der Personenbeförderung, die Frage des Anschlusszwangs an Bahnstrecken anderer Betreiber von Eisenbahnen an bereits errichtete Strecken, die Frage der Aufsicht über die Beschäftigten und die interne Eisenbahnorganisation. Ansonsten war der Betrieb einer Eisenbahn ohne Berücksichtigung etwa von lärmschutzrechtlichen Belangen ihrer Anwohner rechtmäßig, dies auch im Rahmen der preußischen Regelungen zur der Planfeststellung (vgl. Ludwig Brake, aaO). Auch das Reichsgericht hatte diese Rechtsauffassung geteilt. Danach hatten Immissionsbetroffene nach der damals bestehenden Rechtslage die mit vom Bahnbetrieb ausgehenden Immissionen grundsätzlich wegen der mit staatlichen Privilegien ausgestatteten Eisenbahn zu dulden, da diese Staatsaufgaben zu erfüllen hatten (Urteil des Reichsgericht vom 9. Januar 1939 – V 154/38 – RGZ 159, S. 129 (131 und 132, zitiert nach iuris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 19. August 2014, 22 B 11.2608, 22B 11.2634, Rn 72, zitiert nach iuris).

4. Schließlich weist der Senat noch darauf hin, dass der Sachvortrag zur Behauptung einer Zunahme des Güterzugverkehrs und des Betriebslärms seit dem Bezugsjahr 2004 vorliegend derzeit unzureichend ist. Zwar ist es richtig, dass es den Klägern nur oblag, hierfür belastbare Anknüpfungstatsachen vorzutragen und die Beklagte im Rahmen ihrer dann bestehenden sekundären Darlegungslast gehalten wäre, zu den konkreten Streckenauslastungen aufgrund ihrer innerbetrieblich vorhandenen Daten ergänzend vorzutragen. Allerdings ist der insoweit gehaltene Vortrag zwar umfangreich, bleibt aber in wesentlichen Teilen unbestimmt und ist widersprüchlich.

a) Soweit die Kläger geltend machen, im Verlauf der Nutzung der Bahnstrecke seit deren Inbetriebnahme im Jahr 1853 sei deren Nutzung mit Blick auf die Zugfrequenz, die Zuggeschwindigkeiten und die Zugauslastung erheblich ausgeweitet worden, leuchtet dies zwar nach der Lebenserfahrung unmittelbar ein, dies wird aber nicht weiter belegt. Im Übrigen kommt es für diesen Rechtsstreit auf die Zeit vor 2004 gar nicht an, da die Kläger geltend machen, jedenfalls bis zu ihrem Einzug in das Hausgrundstück 2004 hätten die Betriebsimmissionen aus der Nutzung der Bahnstrecke noch nicht die Grenze zur Gesundheitsrelevanz überschritten und sie selbst nur auf die eklatante Zunahme von Lärm und Güterzugverkehr ab dem Jahr 2006 abstellen. Dies wird aber nicht nachvollziehbar belegt. Zwar werden umfangreiche Anlagen zu den Einzelwerten der behaupteten Belastungen vorgelegt, diese werden aber nicht schriftsätzlich nachvollziehbar ausgewertet. Aber auch nach Auswertung der Unterlagen in den Anlagen durch eigene Berechnungen des Senats, sind die behaupteten Zahlen in der Sache widersprüchlich geblieben.

aa) Soweit sich die Kläger auf die Feststellungen des Eisenbahnbundesamtes (nachfolgend EBA) bei Genehmigung der Lärmschutzwand beziehen, handelt es sich hierbei nur um einen Einzelwert bezogen auf das Jahr 2005. Denn den hierzu vorgenommen Berechnungen der Ingenieure A/B lagen danach eine Belastungszahl mit Güterzügen für die Strecke von 48.454 pro Jahr zugrunde. In der Klageschrift vom August 2015 haben die Kläger dagegen behauptet, das Eisenbahnbundesamt habe die Zugdichte „vor etwa sieben Jahren“, also im Jahr 2008, mit insgesamt 63.984 Zügen im Jahr errechnet, darunter 42.705 Güterzügen pro Jahr (Bl. 188 d.A.), was tatsächlich also eine Verminderung im Vergleich zu dem behaupteten Wert für 2005 ist. Andererseits beziehen sich die Kläger in Anlage K 14 auf Zählungen und Schallmessungen des Eisenbahnbundesamtes aus dem Jahr 2013, in denen tageweise fast vollständig für alle 12 Monate des Jahres auch die Zahl der Züge ausgewiesen wird. Danach wurden nach den eigenen Berechnungen des Senats unter Auswertung der Anlage K 14 im Januar 2013 über 24 Stunden insgesamt 3.809 Züge gezählt, im Februar 4.142, im März bereits 4.530, im September 4.667, im November liegt der Wert bei 8.913, was für eine Zunahme der Belastungszahl über das Jahr 2013 hinweg sprechen kann und auch mit Blick auf die Vergleichszahl von 42.705 Güterzüge im Jahr 2008 eine Zunahme indiziert. Da die Unterlagen aber unvollständig sind, nicht alle Monate abgebildet sind und Werte bei einzelnen Tagen fehlen, lassen auch diese Zahlen keinen belastbaren Schluß auf die Streckenauslastung mit Güterzügen im Jahr 2013 insgesamt zu. Schriftsätzlich werden alle diese Unterlagen überhaupt nicht konkret über Vergleichszeiträume ausgewertet, so dass sich dem Senat nicht erschließt, wie diese Unterlagen zu verstehen sind und welche konkreten Werte tatsächlich behauptet werden sollen. Dies überspannt auch nicht die Anforderungen an die Darlegungslast. Denn erst wenn der Eingriff, die Steigerung der Güterzugzahlen von 2004 bis 2013 im Ansatz nachvollziehbar dargelegt ist, kann die Beklagte eine erhöhte Darlegungslast für die tatsächliche Auslastung der Strecke in diesem Zeitraum treffen.

5. Schließlich machen die Kläger mit ihrer Berufung erneut erfolglos geltend, der Betrieb der Bahnstrecke erweise sich wegen der erfolgten Bau- und Ertüchtigungsmaßnahmen seit Elektrifizierung der Strecke 1961 als inzwischen rechtswidrig, da hierdurch in der Summe eine wesentliche Betriebsänderung i.S. des § 41 BImSchG erfolgt sei. Ein erheblicher baulicher Eingriff im Sinne der §§ 41 BImSchG, 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 16. BImSchVO wird aber von den Klägern ebenfalls nicht schlüssig dargelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein erheblicher baulicher Eingriff vor, wenn äußerlich erkennbar in die Substanz des Schienenweges eingegriffen wird, wozu Gleisanlagen mit Oberbau, aber auch die Oberleitungen gehören, die nicht lediglich Erhaltungsmaßnahmen oder Unterhaltungsmaßnahmen sind. Dabei ist dieser Begriff funktional zu verstehen Auch bei umfangreichen Eingriffen in die Substanz des Fahrweges, können, wenn Lage und Höhe der Gleise sich nur unwesentlich verändern, lediglich Erhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen vorliegen (Urteil des BVerwG vom 18. Juli 2013 – Az.: 7 A 9.12, dort Rn 22 f). Vorzunehmen ist dabei eine Bauabschnitte übergreifende Betrachtungsweise, für die es entscheidend darauf ankommt, ob durch die Baumaßnahme die vorausgesetzte oder planerisch gewollte Leistungsfähigkeit des Verkehrsweges erhöht wird. Dies kann sich zwar aus der Erhöhung der Streckengeschwindigkeit, oder der Erhöhung der Radsatzlast ergeben (BVerwG aaO, Rn 22), wesentlich ist aber das Ausbauziel der konkreten baulichen Maßnahme, die darzulegen ist. Dabei können auch mehrere Bauabschnitte, die jeder für sich sich nicht an dem jeweiligen Ort der Immission konkret relevant lärmerhöhend auswirken, zusammenfassend betrachtet und in ihren Auswirkungen bewertet werden. Der Vortrag der Kläger ermöglicht diese funktionale Betrachtungsweise nicht. Denn – wie die Kammer des Landgerichts zu Recht ausgeführt hat, haben es die Kläger versäumt, die einzelnen Baumaßnahmen genauer nach Lage und Art und ihrem konkreten räumlichen und zeitlichen Bezug zu anderen Maßnahmen so konkret aufzulisten, dass hierbei ein übergeordneter Ausbauplan ersichtlich wird.

6. Schließlich weist der Senat noch darauf hin, dass jedenfalls für das Bestehen von Schmerzensgeldansprüchen etwa bestehende Mitverschuldens- und Verursachungsbeiträge nach § 254 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen wären. Hierbei fiele zu Lasten der Kläger erheblich anspruchsmindernd ins Gewicht, dass dem Kläger die bestehende Nutzung der Zugsstrecke für den Güterverkehr und dessen erhebliche Vorbelastung des Grundstücks mit Schienenlärm bei Umbau des Hauses im Jahr 2003 bekannt war und ihm so zumutbar war, bei Ausbau der großen Dachgauben im Dachschoss und bei Einrichtung der Schlafzimmer dort im Rahmen des Umbaus selbst ausreichende schallschützende Maßnahmen zu ergreifen, wozu auch die Nutzung entsprechender Dämmstoffe bei Ausbildung von besonders dem Verkehrslärm ausgesetzten Dachgauben gehören kann. Schließlich wäre die situationsbedingte Vorbelastung des Grundstücks mit Bahnlärm weiter in die Abwägung einzubeziehen.

III.

Der Streitwert war gemäß § 3 entsprechend Klageforderung wie erkannt festzusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert. Denn die Entscheidung beruht auf der Bewertung des Tatsachenvortrages und wirft keine revisionsrechtlich bedeutsamen Rechtsfragen in den das Urteil tragenden Erwägungen auf.

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