OLG Frankfurt am Main, 09.11.2015 – 19 U 159/15

März 24, 2019

OLG Frankfurt am Main, 09.11.2015 – 19 U 159/15
Orientierungssatz:

Ein bloßer Wechsel der Konjugationsform – nämlich von der dritten Person Singular zur ersten Person Singular und Plural – stellt keine inhaltliche Änderung des Musters gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV dar.
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 2. Juli 2015 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (2-12 O 373/14) wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 396.700,- EUR.
Gründe

I.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Beschlussentscheidung entgegensteht und dass schließlich auch aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Durch Verfügung vom 14. Oktober 2015 hat der Vorsitzende die Parteien auf die Absicht des Senats hingewiesen, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen. Er hat dabei den maßgeblichen Sach- und Streitstand geschildert sowie ausführlich begründet, warum die Berufung offensichtlich keinen Erfolg haben wird. Wegen des Inhalts der Verfügung im Einzelnen wird zur Meidung von Wiederholungen auf Bl. 230 ff. d. A. Bezug genommen.

Die Stellungnahme der Kläger in deren Schriftsatz vom 28. Oktober 2015 rechtfertigt keine von dem erteilten Hinweis abweichende Beurteilung.

Soweit sie rügen, der Senat habe nicht geprüft, ob eine Änderung in der äußeren Gestaltung des Belehrungsmusters stattgefunden habe, trifft dies nicht zu. Vielmehr hat der Senat darauf hingewiesen, dass nur solche Änderungen der äußeren Gestaltung die Gesetzlichkeitsfiktion entfallen lassen, die über eine Abänderung von Schriftgröße und Formatierung hinausgehen.

Dieses Ergebnis folgt unmittelbar aus § 14 Abs. 3 BGB-InfoV. Denn die genannte Vorschrift fingiert eine Verwendung des Musters, sofern der Benutzer lediglich Schriftgröße und Format verändert hat. Der Senat hat in seinem Hinweis eingehend dargelegt, weshalb die vorgenommenen Gestaltungsänderungen lediglich solche Formatierungen im Sinne des § 14 Abs. 3 BGB-InfoV darstellen, die nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Verwendungsfiktion nicht entgegenstehen.

Soweit die Kläger die Auffassung vertreten, bei Abänderungen des Musters hinsichtlich Schriftgröße und Format könne der Verwender sich nicht auf den Schutz des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen, findet dies eine Stütze weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Denn die von den Klägern geäußerte Meinung liefe darauf hinaus, § 14 Abs. 3 BGB-InfoV – der gerade fingiert, dass eine Verwendung des Musters auch bei Abweichungen in Schriftgröße und Format vorliegt – im Rahmen der Gesetzlichkeitsfiktion für nicht anwendbar zu erklären.

Gerade das Gegenteil hat der Bundesgerichtshof jedoch in der von den Klägern selbst zitierten Entscheidung vom 18. März 2014 (II ZR 109/13, juris) ausgeführt. Explizit geht das Urteil nämlich davon aus, dass die Schutzwirkung nicht nur des § 14 Abs. 1, sondern auch des § 14 Abs. 3 BGB-InfoV gilt, sofern der verwendete Belehrungstext seinem Inhalt nach dem Verordnungsmuster entspricht. Nicht zu entnehmen ist der Entscheidung dagegen der von den Klägern postulierte Rechtssatz, dass jede Abweichung der äußeren Gestaltung (wie vorliegend etwa das Unterlegen einer grauen Schraffur oder das Platzieren der Überschrift oberhalb statt unterhalb einer Linie) die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV entfallen ließe. Vielmehr stellt der Bundesgerichtshof klar, dass sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 3 BGB-InfoV und die dort enthaltene Fiktion derjenige nicht berufen kann, der das Muster einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat (BGH a. a. O., Rn. 18 f.).

Dass und weshalb die vorgenommenen Änderungen in Text und typographischer Gestaltung eine solche inhaltliche Änderung nicht beinhalten, hat der Senat ausführlich dargelegt, ohne dass die Kläger hierzu Stellung genommen hätten. Der bloße Rekurs auf angeblich anderslautende Entscheidungen des Bundesgerichtshofes genügt hierzu nicht. Insbesondere erlauben die von den Klägern zitierten Urteile keinerlei Rückschluss darauf, dass der Senat den Begriff der inhaltlichen Änderung abweichend von dem Gebrauch durch den Bundesgerichtshof verstünde.

Soweit die Kläger darauf abstellen, dass der Bundesgerichtshof in einem zunächst von dem Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Fall eine Rechtsauffassung vertreten habe, die von der des Senats abweiche, lässt sich dies nicht nachvollziehen. Das Urteil des OLG Düsseldorf vom 7. Dezember 2012 (I-17 U 139/11, juris) gibt die dort streitgegenständliche Widerrufsbelehrung nicht im Wortlaut wieder. Es wird aber ausgeführt, dass in der dort streitgegenständlichen Belehrung ein Konditionalsatz sprachlich marginal umformuliert worden sei.

Danach kann eine Vergleichbarkeit zu dem vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Denn die Neuformulierung eines Satzes – unter Auslassen einzelner Wörter, unter Verwenden anderer Begriffe mit (auch nur geringfügig) abweichendem Bedeutungsinhalt oder unter Umstellen des Satzgefüges – stellt auch nach Auffassung des erkennenden Gerichts eine inhaltliche Änderung dar (vgl. S. 5 der Verfügung vom 14. Oktober 2015). Dass und weshalb eine solche Neuformulierung in dem hier zu entscheidenden Fall aber nicht gegeben ist, hat der Senat in seinem Hinweis ausführlich begründet. Dieser Wertung haben die Kläger in ihrer erneuten schriftsätzlichen Stellungnahme keine Argumente entgegengebracht.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel ohne Erfolg bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Der Ausspruch zur Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

(Vorausgegangen ist unter dem 14.10.2015 folgender Hinweis die Red.)

In dem Rechtsstreit (…)

weist der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Kläger durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg erkennen lässt, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgericht nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Gründe

I.

Die Kläger begehren Feststellung, dass drei von ihnen mit der Beklagten im Jahre 2007 geschlossene Darlehensverträge infolge Widerrufs gemäß § 355, § 495 Abs. 1 BGB a. F. unwirksam seien. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 103 ff. d. A.) Bezug.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass im Zeitpunkt des Widerrufs die Frist gemäß § 355 Abs. 1 S. 2 a. F. bereits verstrichen gewesen sei. Die Mitteilung der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung sei geeignet gewesen, den Fristlauf in Gang zu setzen. Dies gelte, obgleich die Belehrung insoweit fehlerhaft gewesen sei, als sie die Formulierung enthalte, die Widerrufsfrist beginne „frühestens“ mit Erhalt der Belehrung. Hinsichtlich dieses Verstoßes gegen § 355 Abs. 2 BGB a. F. könne sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. berufen. Denn die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspreche vollständig dem Mustertext gemäß der damaligen Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV.

Soweit die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung Abweichungen von dem Muster enthalte, beschränkten diese sich darauf, dass die grammatikalische Person des Widerrufssubjekts abgeändert worden sei, nämlich von der dritten Person Plural („Sie“) in die erste Person Singular/Plural („ich/wir“); daneben sei an einer Stelle das Zahlwort „zwei“ durch die Ziffer „2“ ersetzt worden. In derartigen geringfügigen Anpassungen liege keine inhaltliche Textbearbeitung, sondern eine bloß redaktionelle Änderung. Diese beseitige nicht die Gesetzlichkeitsfiktion. Im Übrigen sei die Widerrufsbelehrung im Unterschied zu den anderen auf dem betreffenden Blatt enthaltenen Informationen durch einen Rahmen abgegrenzt und hebe sich so auch visuell deutlich ab.

Gegen das ihnen am 8. Juli 2015 (Bl. 110 d. A.) zugestellte Urteil haben die Kläger am 5. August 2015 Berufung eingelegt (Bl. 154 ff. d. A.) und diese zugleich auch inhaltlich begründet.

Zur Begründung ihres Rechtsmittels führen die Kläger aus, dass das angefochtene Urteil auf einer unrichtigen Auslegung von § 14 BGB-InfoV a. F. beruhe. Das Landgericht habe verkannt, dass die Gesetzlichkeitsfiktion nur dann eingreife, wenn die im konkreten Fall verwendete Widerrufsbelehrung dem der Verordnung als Anlage beigefügte Belehrungsmuster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspreche. Schon kleinere stilistische Abweichungen genügten, den Schutz aus § 14 BGB-InfoV entfallen zu lassen. Unerheblich sei auch, ob die Abweichungen einer Verbesserung des Mustertexts hätten dienen sollen.

Abweichungen von dem Muster lägen im Streitfalle vor. Zum einen sei als Anredeform die erste Person Singular/Plural anstelle der dritten Person Plural gewählt worden. Dies lasse im Unklaren, ob die Kläger oder die Beklagte gemeint seien. Sodann befinde sich die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ nicht innerhalb des Textkastens, sondern oberhalb desselben. Drittens habe die Beklagte das Zahlwort „zwei“ nicht ausgeschrieben, sondern die Ziffer „2“ verwendet. Endlich sei der Belehrungstext mit grauer Schraffur unterlegt, was das Belehrungsmuster ebenfalls nicht vorsehe und dieses gestalterisch abändere.

Da die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung dem Muster hiernach nicht vollständig entspreche, sei die Belehrung ungeeignet gewesen, den Fristlauf in Gang zu setzen. Infolgedessen sei der Widerruf rechtzeitig erfolgt.

Die Kläger beantragen:

1.

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 02.07.2015 (Aktenzeichen 2-12 O 373/14) wird aufgehoben.
2.

Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen vom 22.03.2007 mit der Darlehensnummer 1 sowie vom 03.04.2007 mit den Darlehensnummern 2 und 3 ab dem 25.04.2014 keine Ansprüche mehr zustehen gegen Rückzahlung des noch ausstehenden Darlehensrestbetrags durch die Kläger auf ein von der Beklagten zu benennendes Konto.
3.

Es wird festgestellt, das sich die Beklagte mit der Annahme des im Antrag 1.) Näher bezeichneten Darlehensrestbetrags seit dem 25.04.2014 in Annahmeverzug befindet.
4.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.399,99 € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Es liegt kein Berufungsgrund im Sinne von § 513 ZPO vor. Weder beruht das Urteil des Landgerichts auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die streitgegenständlichen Darlehensverträge unwirksam seien. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Widerrufserklärungen, die nach Auffassung der Kläger die Unwirksamkeit der Verträge herbeigeführt haben sollen, verfristet waren. Maßgebend für die Berechnung der Frist sind nach dem einschlägigen intertemporalen Recht (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB) die Vorschriften des § 355 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung. Hiernach begann die zweiwöchige Widerrufsfrist jeweils in dem Zeitpunkt, zu dem den Klägern ein Exemplar der Darlehensverträge vom 22. März und 3. April 2007 einschließlich der Widerrufsbelehrungen ausgehändigt wurde. Unstreitig war dies bereits 2007 der Fall, so dass bei Widerruf im Jahre 2014 die Erklärungsfrist bereits seit langem verstrichen war.

Hieran ändert es nichts, dass die von der Beklagten verwendete Formulierung, die Widerrufsfrist beginne „frühestens“ mit dem Erhalt des Belehrungstexts durch den Verbraucher, nicht zutreffend über den tatsächlichen Beginn der Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 BGB a. F. belehrt. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine derartige Belehrung unzureichend, da sie den Verbraucher im Unklaren darüber lässt, in welcher Form er die Belehrung erhalten muss und welche weiteren Voraussetzungen für den Fristbeginn erfüllt sein müssen (BGH NJW 2010, 989 [BGH 09.12.2009 – VIII ZR 219/08]; BGH NZG 2012, 427 [BGH 01.03.2012 – III ZR 83/11]; BGHZ 194, 238).

Gleichwohl ist die streitgegenständliche Belehrung als wirksam anzusehen, da sich die Beklagte insoweit auf § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung) in Verbindung mit dem Muster gemäß Anlage 2 zu dieser Vorschrift (in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung) berufen kann. § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. fingiert das Vorliegen einer den Anforderungen des § 355 BGB a. F. genügenden Belehrung, sofern als Belehrung das Muster gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 der genannten Verordnung verwendet wurde. Unschädlich ist es insoweit, dass das von dem Verordnungsgeber erlassene Muster seinerseits nicht den gesetzlichen Vorgaben an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung entsprach (vgl. BGHZ 194, 238).

Voraussetzung für ein Eingreifen der Schutzwirkung von § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. ist jedoch die Verwendung eines Vordrucks, der dem Muster gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 der Verordnung vollständig entspricht. Dagegen scheidet eine Anwendung der Vorschrift aus, wenn der Verwender das Muster inhaltlich abgeändert hat (BGH MDR 2014, 703 [BGH 18.03.2014 – II ZR 109/13]; BGB BB 2012, 1185 [BGH 01.03.2012 – III ZR 83/11]; BGH MDR 2011, 113 [BGH 01.12.2010 – VIII ZR 82/10]; BGH MDR 2011, 1250 [BGH 28.06.2011 – XI ZR 349/10]). An einer solchen inhaltlichen Veränderung fehlt es vorliegend jedoch.

Der Senat hält an seiner bereits geäußerten Auffassung fest, dass ein bloßer Wechsel der Konjugationsform – nämlich von der dritten Person Singular zur ersten Person Singular und Plural – eine inhaltliche Änderung im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht darstellt. Eine solche läge nämlich nur dann vor, wenn der Verwender derart in den vorgegebenen Textkorpus eingriffe, dass sich dessen (möglicher) Aussagegehalt veränderte. Das aber wäre nur denkbar, wenn einzelne Wörter ganz weggelassen oder durch solche mit anderem Bedeutungsinhalt ersetzt würden, oder wenn das vorgegebene Satzgefüge eine Umstellung erführe.

So verhält es sich vorliegend aber nicht. Anders als in der Mehrzahl der Fälle, in denen der Bundesgerichtshof eine inhaltliche Veränderung bejahte (BGH BB 2012, 185; BGHZ 194, 150; BGH MDR 2011, 113 [BGH 01.12.2010 – VIII ZR 82/10]; BGH MDR 2011, 343; BGH MDR 2011, 1250 [BGH 28.06.2011 – XI ZR 349/10]) hat die Beklagte gerade keine Auslassung von Teilen der Muster-Widerrufsbelehrung vorgenommen. Sie hat auch nicht einen Begriff durch einen bedeutungsähnlichen, aber nicht bedeutungsgleichen anderen ersetzt, wie etwa im Falle des Austauschs des Wortes „Sachen“ durch das Wort „Ware“, oder gar Wörter gänzlich neu in den Mustertext eingefügt (vgl. zu beidem BGH MDR 2011, 1250 [BGH 28.06.2011 – XI ZR 349/10]). Vielmehr beschränken sich die von der Beklagten vorgenommenen Textänderungen darauf, die vorgegebenen Sätze von der dritten Person Plural in die erste Person zu überführen.

Eine inhaltliche Änderung läge hierin nur, wenn zugleich eine Änderung der Textaussage herbeigeführt würde. Daran fehlt es jedoch. Unverändert wird die belehrte Person als Subjekt des Widerrufsrechts benannt. Ob dieses Subjekt in der dritten Person Plural angesprochen wird, oder ob die Belehrung dadurch erfolgt, dass sie insgesamt in der ersten Person formuliert ist, lässt ihren Bedeutungsgehalt unberührt. Denn in beiden Fällen ist der Inhaber des Widerrufsrechts derselbe.

Anders verhielte es sich nur, wenn aufgrund der grammatikalischen Abänderung Unklarheit darüber entstünde, wer Inhaber des Widerrufsrechts sein soll. Soweit die Berufung darauf abhebt, infolge der Verwendung der Pronomina „ich“ und „wir“ könne bei dem Verbraucher der Eindruck entstehen, dass hierdurch die Beklagte (mit) gemeint sei, geht dies fehl. Ein solches Verständnis ist ausgeschlossen. Denn aus dem Text der Widerrufsbelehrung ergibt sich eindeutig, dass es sich bei der Beklagten um eine dritte Person handelt, die dem Subjekt des Widerrufsrechts gegenübersteht. Das folgt aus Abs. 2 S. 2 der Belehrung, wo es heißt: „Kann ich/Können wir die empfangenen Leistungen ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, muss ich/müssen wir der Bank X insoweit ggf. Wertersatz leisten“ (Hervorhebung nicht im Original).

Ebenso wenig kann der Berufung darin gefolgt werden, dass der nebeneinander erfolgte Gebrauch der ersten Person in Singular und Plural Unklarheiten darüber entstehen lasse, ob das Widerrufsrecht von mehreren an dem Vertrage beteiligten Verbrauchern nur gemeinsam oder auch einzeln ausgeübt werden könne. Vielmehr entspricht der von der Beklagten verwendete Text gerade hierdurch inhaltlich voll dem Muster des Verordnungsgebers. Denn dort wurde mittels der einheitlichen Verwendung des Pronomens „Sie“ in gleicher Weise unklar gelassen, was im Falle des Vertragsschlusses mit mehreren Verbrauchern gelten soll.

Die übrigen von den Klägern gerügten Abweichungen von dem Muster betreffen nicht dessen Textinhalt, sondern ausschließlich die typographische Gestaltung; das gilt auch für die Verwendung der Ziffer „2“ anstelle des entsprechenden Zahlworts, da es sich insoweit um dasselbe Wort in lediglich unterschiedlicher Schreibung handelt. Soweit die Kläger meinen, dass eine Verwendung des Musters im Sinne von § 14 Abs. 1 BGB-InfoV nur dann vorliege, wenn dieses auch der äußeren Gestaltung nach unverändert bleibe, lässt dies § 14 Abs. 3 BGB-InfoV außer Acht.

Gemäß dieser Vorschrift ist eine Verwendung des Musters auch dann gegeben, wenn dessen Schriftgröße oder Format abgeändert werden. Die Grenzen einer zulässigen Abänderung sind erst dann überschritten, wenn eine so kleine Schrift Gebrauch findet, dass das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. nicht mehr gewahrt ist, oder wenn Formatierungseingriffe in anderer Weise die Lesbarkeit des Textes erschweren (BGH MDR 2011, 166 [BGH 07.07.2010 – XII ZR 157/08]). Daran fehlt es vorliegend jedoch. Weder der Gebrauch der Ziffer „2“ noch die Platzierung des Wortes „Widerrufsbelehrung“ oberhalb (statt innerhalb) des Textrahmens oder gar die optische Hervorhebung der Belehrung durch graue Schraffur hindern in irgendeiner Weise die Lesbarkeit. Vielmehr handelt es sich durchweg um zulässige Formatänderungen im Sinne von § 14 Abs. 3 Info-V.

Die Kläger erhalten Gelegenheit, zu diesen Hinweisen bis zum 16.11.2015 Stellung zu nehmen.

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