OLG Frankfurt am Main, 12.01.2016 – 26 W 24/10

März 23, 2019

OLG Frankfurt am Main, 12.01.2016 – 26 W 24/10
Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 23.04.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des vor dem Bundesgerichtshof geführten Rechtsbeschwerdeverfahrens (IX ZB 211/10) hat der Antragsgegner zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 45.217,30 € festgesetzt.
Gründe

I.

Der Antragsgegner wendet sich gegen die von dem Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss ausgesprochene Vollstreckbarerklärung eines gegen ihn in Finnland ergangenen Urteils.

Das finnische Unternehmen V und der Antragsgegner unterzeichneten am 18.02.2000 zwei Verträge. Dabei betraf der eine von dem Antragsgegner als Anlage 1 (Bl. 217 ff. d.A.) vorgelegte Vertrag, der im Rubrum „die Familie A“ als Vertragspartner des finnischen Unternehmens bezeichnete, einen von dem finnischen Unternehmen zu einem Preis von 231.500,00 DM zu liefernden Blockhaus-Bausatz, während es sich bei dem anderen Vertrag um einen Agenturvertrag handelte, nach dem der Antragsgegner eine Vermittlertätigkeit für das finnische Unternehmen aufnehmen sollte.

Im Folgenden nahm das Unternehmen V den Antragsgegner in Finnland vor dem Amtsgericht Stadt1 auf Zahlung des Restkaufpreises für den Bausatz sowie auf Rückerstattung eines in dem Vertrag angeblich gewährten Musterhausrabattes wegen Nichterfüllung des Agenturvertrages in Anspruch. Das Amtsgericht Stadt1 und das im Folgenden angerufene Landgericht Stadt2 lehnten eine internationale Zuständigkeit finnischer Gerichte für die erhobene Klage mit der Begründung ab, dass der Antragsgegner in Bezug auf den Vertrag über die Lieferung des Blockhaus-Bausatzes als Verbraucher im Sinne der Bestimmungen der EuGVVO anzusehen sei.

Auf ein von der Klägerin eingelegtes Rechtsmittel hob der Oberste Gerichtshof Finnlands die Entscheidungen der Vorinstanzen durch Beschluss vom 14.10.2005 auf und gab die Sache unter Feststellung der internationalen Zuständigkeit des Amtsgerichts Stadt1 zur Verhandlung an dieses Gericht zurück. Zur Begründung der internationalen Zuständigkeit ist in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Finnlands in Bezug auf die in der Entscheidung verneinte Anwendung der Zuständigkeitsnormen der EuGVVO für Verbraucherstreitigkeiten u.a. folgendes ausgeführt:

„8. In dieser Sache ist unstreitig, dass der Hausliefervertrag von den Beteiligten am gleichen Tag wie der Agenturvertrag abgeschlossen worden ist, laut welchem B [der Antragsgegner] in Deutschland als Verkaufsvertreter der Firma [V] beginnen sollte. Das an A1 gelieferte Haus sollte als Musterhaus der Firma bei dieser Vertretertätigkeit von A1 dienen. Über den Hauskauf und den Agenturvertrag wurde im gleichen Zusammenhang gesprochen und die Verträge gleichzeitig unterzeichnet. Wie bereits die niederen Gerichtshöfe der Ansicht waren, ist es eindeutig, dass A1 das Haus hauptsächlich und in erster Linie erworben hat, um für seine Familie Wohnraum zu schaffen. Dass die Hauslieferung auch mit der Geschäftstätigkeit zwischen A1 und der Firma verbunden wurde, beruhte jedoch in Verbindung mit der Hauslieferung ausdrücklich auf der Vereinbarung, dass das Haus als Musterhaus für die Vertretertätigkeit von A1 dienen sollte und dass ein Teil der Räume, wenn auch ein beträchtlich kleinerer Teil als die Wohnräume, zur Nutzung für diese Vertretertätigkeit vorgesehen war. Die Verbindung der Hauslieferung mit der zwischen A1 und der Firma im gleichen Zusammenhang vereinbarten Geschäftstätigkeit kann im Gesamtvertrag somit unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in der Sache B nicht als unbedeutend betrachtet werden….“

Anstelle einer Darstellung weiterer Einzelheiten wird auf die von der Antragstellerin vorgelegte deutschsprachige Übersetzung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 14.10.2005 (Bl. 317 ff. d.A.) Bezug genommen.

Nach der Zurückverweisung des Rechtsstreits verurteilte das Amtsgericht Stadt1 den Antragsgegner nach Beweisaufnahme zu einer Restkaufpreiszahlung von 44.277,87 € abzüglich eines Minderungsbetrages von 17.803,20 €, sowie zur Zahlung von Mehrkosten hinsichtlich geänderter Fenster von 1.721,55 €, zur Rückzahlung eines zu Unrecht gewährten Musterhausrabattes in Höhe von 35.790,33 € sowie zur Erstattung von Prozesskosten in Höhe von 12.000,00 €. Anstelle einer Darstellung der Einzelheiten wird auf die von der Antragstellerin vorgelegte deutschsprachige Übersetzung des Urteils des Amtsgericht Stadt1 vom 24.04.2006 (Bl. 22 ff. d.A.) Bezug genommen.

Auf die Berufung beider Parteien änderte das Berufungsgericht Stadt2 die Entscheidung des Amtsgerichts mit Urteil vom ….2007 unter Aufrechterhaltung der Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung der Mehrkosten für die Fenster von 1.721,55 € hinsichtlich der von dem Antragsgegner zu leistenden Restkaufpreiszahlung auf einen Betrag von 31.495,58 € ab. Der Urteilstenor enthielt nach der von der Antragstellerin vorgelegten deutschsprachigen Übersetzung außerdem folgende Aussprüche:

„A1 wird von der Pflicht befreit, an V den Modellhausrabatt in Höhe von 70.000 DM zurück zu erstatten und entrichtet dafür als Entschädigung 12.000 € der Prozesskosten.

Die Beteiligten tragen ihre Prozesskosten.“

Anstelle einer Darstellung weiterer Einzelheiten wird auf die von der Antragstellerin vorgelegte deutschsprachige Übersetzung des Urteils des Berufungsgerichts (Bl. 2 ff. d.A.) Bezug genommen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts legte der Antragsgegner wegen der Kostenentscheidung ein Rechtsmittel bei dem obersten Gericht Finnlands ein, das nach einem Beschluss dieses Gerichts vom 24.08.2007 (auszugsweise deutschsprachige Übersetzung Bl. 311 f. d.A.) erfolglos blieb.

Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung des Berufungsgerichts Stadt2 zu ihren Gunsten als Rechtsnachfolgerin der Prozessgegnerin des Antragsgegners. Sie hat dazu mit Schriftsatz vom 06.11.2015 eine Urkunde eines finnischen Notars nebst deutschsprachiger Übersetzung und eine beglaubigte Abschrift der Übertragungsurkunde vom 21.03.2007 nebst deutschsprachiger Übersetzung vorgelegt, mit der bestätigt wird, dass die Antragstellerin dem Notar die in ihrem Besitz befindliche Originalurkunde vom 21.03.2007 vorgelegt hat. Anstelle einer Darstellung der Einzelheiten wird auf die als Anlage zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 06.11.2015 vorgelegten Urkunden und Übersetzungen (Bl. 498 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Antragstellerin beruft sich darüber hinaus darauf, dass sie durch Verschmelzung die W übernommen und damit Inhaberin der durch die Übertragungsurkunde vom 21.03.2007 an die W1 abgetretenen Forderung gegen den Antragsgegner geworden sei. Die Antragstellerin hat dazu einen Auszug aus dem Handelsregister des finnischen Patent- und Registeramts vom 13.10.2008 nebst deutschsprachiger Übersetzung (Bl. 59 ff. d.A.) vorgelegt.

Das Landgericht Limburg an der Lahn hat durch Beschluss vom 23.04.2010 (Bl. 86 d.A.), auf den anstelle einer Darstellung der Einzelheiten Bezug genommen wird, angeordnet, das Urteil des Berufungsgerichts Stadt2 vom ….2007 mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Der Antragsgegner hat gegen den ihm am 29.04.2010 zugestellten Beschluss des Landgerichts mit am 14.05.2010 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde eingelegt.

Der die Beschwerde zurückweisende Beschluss des Senats vom 21.09.2010 ist auf die von dem Antragsgegner erhobene Rechtsbeschwerde durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12.01.2012 aufgehoben worden. Der Bundesgerichtshof hat die Sache in seinem Beschluss zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Antragsgegner beruft sich darauf, dass das oberste finnische Gericht die internationale Zuständigkeit der finnischen Gerichtsbarkeit zu Unrecht festgestellt habe. Der in Finnland geführte Rechtsstreit habe sich ausschließlich auf den Vertrag über die Lieferung eines Blockhauses bezogen, den der Antragsgegner gemeinsam mit seiner Ehefrau als Verbraucher abgeschlossen habe. Dieser Vertrag stehe zu dem allein von dem Antragsgegner abgeschlossenen Agenturvertrag in keinem Zusammenhang und enthalte auch keinen Hinweis darauf, dass der Antragsgegner als Gewerbetreibender anzusehen sein könnte. Die Lieferung des Blockhaussatzes habe dazu gedient, ein Haus für den privaten Bereich als Lebensmittelpunkt der Eheleute zu errichten. Eine Verbindung der beiden Verträge könne auch nicht über den im Kaufhausvertrag angegebenen Modellhausrabatt hergestellt werden, da dieser Rabatt von der Prozessgegnerin des Antragstellers bewusst missbräuchlich geltend gemacht und nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Stadt2 tatsächlich nicht gewährt worden sei. Der fehlende Zusammenhang zwischen dem Bauvorhaben und dem Agenturvertrag werde u.a. durch eine E-Mail der Prozessgegnerin des Antragsgegners vom 12.09.2000 (Bl. 308 f. d.A.) bestätigt, aus der sich zudem auch ergebe, dass zunächst das Haus fertiggestellt und erst dann mit dem Verkauf begonnen werden sollte. Der Umstand, dass die im Agenturvertrag vorgesehene Vertretertätigkeit des Antragsgegners als Nebengewerbe von zuhause aus habe geführt werden sollen, könne nicht dazu führen, dass der Antragsgegner seinen Verbraucherstatus verliere. Die Unzuständigkeit der finnischen Gerichtsbarkeit ergebe sich im Übrigen auch aus Art. 22 EuGVVO, da der Kaufvertrag ein in Deutschland zu errichtendes Blockhaus betreffe, sowie wegen des Charakters des Vertrages als Werklieferungsvertrag unter dem Aspekt, dass eine körperliche Übergabe der Ware in Deutschland geschuldet gewesen sei, auch aus Art. 5 Nr. 1 EuGVVO.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass keine wirksame Abtretung der durch das Berufungsgericht Stadt2 zugesprochenen Forderung an die Antragstellerin erfolgt sei. Zum einen liege lediglich eine Erklärung der Klägerin des finnischen Verfahrens über eine Abtretung von Forderungen vor, während eine auch nach finnischem Recht erforderliche Annahme der Abtretung durch den Erklärungsempfänger nicht dargelegt sei und von dem Antragsgegner mit Nichtwissen bestritten werde. Es liege auch nicht deshalb eine konkludente Annahme vor, weil die Erklärung der Forderungsabtretung von der Klägerin des finnischen Prozesses auf Kanzleibriefpapier der W1 erklärt worden sei. Der behaupteten Abtretung stehe zudem entgegen, dass die Klägerin des finnischen Verfahrens zeitlich nach der behaupteten Abtretung in dem zur Entscheidung des obersten finnischen Gerichtes vom 24.08.2007 führenden Verfahren noch eine Revisionszulassung beantragt und der Rechtsanwalt W1 im Zusammenhang mit Vergleichsverhandlungen ein Vergleichsangebot des Antragsgegners mit Schreiben vom 03.09.2007 noch im Namen der Prozessgegnerin zurückgewiesen habe. Entsprechendes ergebe sich auch aus einer E-Mail der Antragstellerin vom 10.10.2007 betreffend die Ablehnung eines modifizierten Vergleichsangebots des Antragsgegners. Es fehle im Übrigen für eine wirksame Forderungsabtretung auch an einer Bestimmbarkeit und Bestimmtheit der abgetretenen Forderung. Die in der Abtretungserklärung bezeichnete Forderung habe im Hinblick darauf, dass das in der Erklärung bezeichnete Urteil des Amtsgerichts Stadt1 noch nicht rechtskräftig gewesen sei, zum Zeitpunkt der Übertragung noch nicht bestanden, während im Übrigen von eventuellen Ersatzzahlungen die Rede sei, ohne dass erkennbar werde, um welche Ersatzzahlungen es sich handele.

Es liege ferner nach dem Tenor des Urteils des Landgericht Stadt2 ein Widerspruch vor, soweit der Antragsgegner 12.000,00 € Prozesskosten zu entrichten haben solle, da in dem Urteil auch ausgesprochen sei, dass jede Partei ihre Gerichtskosten selber tragen müsse und dies auch detailliert begründet worden sei. Da der Antragsgegner bezüglich des Modellhausrabatts obsiegt habe, wäre das Urteil nur nachvollziehbar, wenn dem Antragsgegner als Entschädigung 12.000,00 € Prozesskosten zugesprochen worden wären. Die Entscheidung sei ihrer Formulierung nach dahin zu verstehen, dass der Antragsgegner weder den Musterhausrabatt zurückzahlen noch eine Entschädigung für Prozesskosten leisten müsse.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss des Landgerichts Limburg vom 23.04.2010 – 2 O 190/08 – aufzuheben und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Urteils des Berufungsgerichts Stadt2 vom ….2007 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragstellerin erachtet die von dem obersten Gericht Finnlands zur internationalen Zuständigkeit der finnischen Gerichtsbarkeit getroffene Entscheidung für zutreffend und vertritt die Ansicht, dass ein die Anwendung der Art. 15 ff. EuGVVO ausschließender Bezug zu einer beruflichen/gewerblichen Tätigkeit bindend festgestellt sei. Die Antragstellerin sei auch Inhaberin der vom Landgericht für vollstreckbar erklärten Forderung. Diese sei mit der schriftlichen Abtretungserklärung vom 21.03.2007 und der Übergabe der Abtretungsurkunde wirksam an die Antragstellerin übertragen worden. Die abgetretene Forderung sei auch bestimmt oder zumindest bestimmbar.

Der Senat hat nach Zurückverweisung des Verfahrens durch den Bundesgerichtshof gemäß den Beschlüssen vom 30.07.2013 (Bl. 352 f. d.A.) und 12.01.2015 (Bl. 434 d.A.) zur Frage einer Rechtsinhaberschaft der Antragsgegnerin nach dem finnischen Recht Beweis erhoben. Anstelle einer Darstellung des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die von dem Sachverständigen C erstatteten Gutachten vom 15.05.2014 (Bl. 385 ff. d.A.) und 16.04.2015 (Bl. 443 ff. d.A.) Bezug genommen.

Es wird im Übrigen ergänzend auf die Darstellung des Sach- und Streitstandes im Beschluss des Senats vom 21.09.2010 (Bl. 135 ff. d.A.) verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Limburg vom 23.04.2010 ist gemäß Art. 43 EuGVVO (in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001) i.V.m. § 11 AVAG statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

In der Sache hat die Beschwerde des Antragsgegners keinen Erfolg.

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Urteils des Berufungsgerichts Stadt2 vom ….2007 ist gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 AVAG von der Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin der in dem Titel als Gläubigerin bezeichneten V wirksam gestellt worden. In dem im vorliegenden Fall eröffneten Anwendungsbereich der EuGVVO kann der Nachweis der Rechtsnachfolge mit allen Beweismitteln geführt werden (BGH, Beschluss vom 12.01.2012, IX ZB 211/10). Die Antragstellerin hat danach unter Berücksichtigung der Ergebnisse der durchgeführten Beweisaufnahme zum finnischen Recht nach Überzeugung des Senats den ihr obliegenden Nachweis erbracht, dass sie Rechtsnachfolgerin der in dem Urteil des Berufungsgerichts Stadt2 bezeichneten Gläubigerin V geworden ist.

Nach dem Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen C vom 15.05.2014 ist die Antragstellerin als Unternehmen mit der in der „Übertragungserklärung“ der V vom 21.03.2007 als Abtretungsempfängerin bezeichneten W1 identisch. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten im Einzelnen dargestellt, dass die Antragstellerin wegen der Fortführung der Unternehmenskennung, die in dem letzten Abschnitt des vorliegenden finnischen Registerauszuges im Zeitraum vom 23.12.1996 bis zum 30.07.2007 der Firmenbezeichnung „W1“ zugeordnet war, bei Änderung der Firmenbezeichnung im Rahmen einer Verschmelzung mit diesem Unternehmen identisch ist. Der Sachverständige hat sich dabei auf die aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Registerauszug ersichtliche Handelsnamengeschichte des Unternehmens mit dieser Unternehmenskennung gestützt und die Fortführung der Unternehmenskennung zusätzlich anhand eines im Internet zugänglichen Eintrags in dem „Gemeinsamen Unternehmensdatensystem des Patent- u. Registeramtes und der Steuerverwaltung“ überprüft. In rechtlicher Hinsicht hat der Sachverständige zur Bedeutung der Unternehmenskennung ausgeführt, dass nach der Regelung in § 7 des finnischen Gesellschafts- und Vereinigungsdatengesetzes die Unternehmens- und Vereinigungskennung einer Rechtsperson während der gesamten Zeit ihrer Tätigkeit bestehen und bei einer Verschmelzung in Bezug auf die übernehmende Gesellschaft erhalten bleibt. Der Sachverständige hat dazu die entsprechende Bestimmung des finnischen Gesellschafts- und Vereinigungsdatengesetzes zitiert und diese als in Finnland für Übersetzungen aus der finnischen in die deutsche Sprache vereidigter Übersetzer in deutscher Sprache wiedergegeben. Nach den weiteren Feststellungen des Sachverständigen ergab sich die Änderung der Firmenbezeichnung der Antragstellerin im Zusammenhang mit einer Verschmelzung, bei der die Antragstellerin im Wege einer identitätserhaltenden Absorptionsverschmelzung gemäß der Regelung in Kapitel 16 § 2 Variante 2) des finnischen Aktiengesellschaftsgesetzes vom 21.07.2006 das Unternehmen „W1“ übernommen hat. Der Antragsgegner hat gegen die umfassend begründeten Feststellungen des Sachverständigen im Gutachten vom 15.05.2014 keine Einwendungen erhoben.

Die Antragstellerin ist als mit der W1 identisches Unternehmen durch die an dieses Unternehmen gerichtete, in der deutschsprachigen Übersetzung als „Übertragungsurkunde“ bezeichnete schriftliche Abtretungserklärung der V vom 21.03.2007 i. V. m. der Übergabe dieser Urkunde Inhaberin der der V durch Urteil des Berufungsgerichts Stadt2 vom ….2007 zugesprochenen Forderungen geworden. Es bestehen nach der von der Antragstellerin zuletzt mit Schriftsatz vom 06.11.2015 vorgelegten notariellen Bestätigung vom 20.10.2015, die auch den Inhalt der von der Antragstellerin gegenüber dem Notar vorgelegten Abtretungserklärung vom 21.03.2007 umfasst, keine Zweifel daran, dass die Abtretungserklärung der Antragstellerin von der V übergeben worden ist. In rechtlicher Hinsicht hat die Antragstellerin das von der V mit der Übergabe der schriftlichen Abtretungserklärung unterbreitete Angebot auf Abschluss eines Abtretungsvertrages durch die Entgegennahme der schriftlichen Erklärung konkludent angenommen. Der Sachverständige C hat dazu in seinem Gutachten vom 16.04.2015 festgestellt, dass sich die Wirksamkeit einer Abtretung im finnischen Recht nach den allgemeinen Regeln für das Zustandekommen von Verträgen richtet, wobei diese Regeln weitestgehend den Regeln des deutschen Rechts entsprechen, auf die vor allem in der älteren Literatur zum finnischen Recht vielfach auch Bezug genommen wird. Danach ist eine Abtretung grundsätzlich formfrei auch durch stillschweigende oder konkludente Willenserklärungen möglich und kann sich nach der von dem Sachverständigen zitierten Regelung des § 8 des finnischen Gesetzes über vermögensrechtliche Rechtsgeschäfte auch in der Weise vollziehen, dass es auf den Zugang einer Annahmeerklärung nicht mehr kommt, weil die Umstände erkennen lassen, dass derjenige, der das Angebot gemacht hat, eine ausdrückliche Antwort nicht erwartet. Ein Abtretungsvertrag, der diesen Anforderungen des finnischen Rechts genügte, kam mit der Übergabe der Abtretungserklärung der V an die Antragstellerin auch ohne eine ausdrückliche Annahmeerklärung der Antragstellerin zustande.

Es bestehen ferner auch keine Bedenken gegen die Bestimmtheit der Abtretungserklärung der V. Die Abtretung bezog sich nach dem Inhalt der von der Antragstellerin zuletzt vorgelegten deutschsprachigen Übersetzung der Abtretungserklärung vom 21.03.2007 auf „alle unsere Forderungen im Streit in Verbindung mit einem Geschäft von beweglichem Vermögen, in dem A1 die andere Partei ist und in der das Amtsgericht Stadt1 am ….2006 das Urteil Nr. …, AZ … erlassen hat,“ sowie auf „alle eventuellen vom Hofgericht oder dem höchstem Gericht zu unseren Gunsten zu verurteilenden Ersatzzahlungen“. Es bestehen nach dieser Bezeichnung der abgetretenen Forderungen in der von der Antragstellerin zuletzt vorgelegten deutschsprachigen Übersetzung der Abtretungserklärung – ebenso wie nach der der Antragstellerin zunächst mit Schriftsatz vom 03.06.2008 (Bl. 53 f. d.A.) vorgelegte Übersetzung – keine Zweifel daran, dass sämtliche Forderungen, die der V in dem mit dem Antragsgegner geführten Rechtsstreit im Instanzenzug bereits zugesprochen waren oder noch zugesprochen werden würden, sowohl hinsichtlich der Hauptsache als auch hinsichtlich einer Erstattung von Prozesskosten von der Abtretung umfasst sein sollten. Der Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderungen steht dabei insbesondere auch nicht der Umstand entgegen, dass sich der Umfang der Abtretung letztlich nach dem Prozessergebnis im Instanzenzug richten sollte.

Zweifel an der Wirksamkeit der Abtretung können ferner entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die V in dem vor dem Obersten Gerichtshof Finnlands geführten Rechtsmittelverfahren und im außergerichtlichen Schriftverkehr der anwaltlichen Bevollmächtigten auch noch nach der Abtretungserklärung vom 21.03.2007 als Forderungsinhaberin aufgetreten ist. Es zeigt sich insoweit lediglich, dass die Abtretung gegenüber dem Antragsgegner und dem Gericht zunächst nicht offen gelegt worden ist. Der Senat verweist diesbezüglich im Übrigen auch auf seine durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12.01.2012 (IX ZB 211/10) nicht berührten Rechtsausführungen im Beschluss vom 21.09.2010.

In der Sache darf die Vollstreckbarerklärung gemäß Art. 45 Abs. 1 EuGVVO nur aus einem der in den Art. 34 u. 35 EuGVVO aufgeführten Gründen versagt oder aufgehoben werden. Ein solcher Grund ist nach Würdigung des Senats im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit der finnischen Gerichtsbarkeit nicht gegeben.

Gemäß Art. 35 Abs. 1 EuGVVO wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn die Vorschriften der Abschnitte 3, 4 und 6 des Kapitels II der EuGVVO verletzt worden sind. Der Senat hat dazu in seinem Beschluss vom 21.09.2010 bereits festgestellt, dass eine Verletzung der ausschließlichen internationalen Zuständigkeit nach Art. 22 EuGVVO nicht in Betracht kommt. Die in Finnland wegen des Auftrages über die Lieferung des Blockhaus-Bausatzes erhobene Klage betraf insbesondere keine dinglichen Rechte an unbeweglichen Sachen im Sinne des Art. 22 Nr. 1 EuGVVO. Nicht maßgeblich ist auch die von dem Antragsgegner erhobene Rüge einer Verletzung des Art. 5 Abs. 1 EuGVVO, da diese Vorschrift nicht den in Art. 35 Abs. 1 EuGVVO genannten Abschnitten des Kapitels II zuzuordnen ist.

Es verbleibt damit die Prüfung einer Verletzung der Regelung in Art. 16 Abs. 2 EuGVVO, die in den Abschnitt 4 des Kapitels II der EuGVVO fällt und vorsieht, dass die Klage des anderen Vertragspartners gegen den Verbraucher nur vor den Gerichten des Mitgliedsstaats erhoben werden kann, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Die Begründung des Verbrauchergerichtsstands setzt nach Art. 15 Abs. 1 EuGVVO als Verfahrensgegenstand einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag voraus, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann. Danach schließt jeder relevante Bezug zu einer beruflich/gewerblichen Tätigkeit die Anwendung der Vorschriften über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen aus (Zöller/Geimer, ZPO 31. Aufl., Art. 17 EuGGVO n.F., Rn. 5). Entsprechendes gilt für einen gemischten Vertrag, der sich nur teils auf einen beruflich-gewerblichen Zweck bezieht, es sei denn dieser Zweck ist unter Berücksichtigung sämtlicher tatsächlicher Umstände derart nebensächlich, dass er im Gesamtzusammenhang des betreffenden Geschäfts nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt, wobei die Tatsache dass der nicht beruflich-gewerbliche Zweck überwiegt, ohne Bedeutung ist (EuGH, Urteil vom 20.01.2005, C-464/01). Nicht als Verbrauchersachen erfasst werden auch Verträge, die zum Zwecke der Ausübung einer nicht gegenwärtigen, sondern zukünftigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit abgeschlossen werden (EuGH, Urteil vom 03.07.1997, C-269/95).

Nach diesen rechtlichen Maßstäben handelte es sich bei den in dem Rechtsstreit gegen den Antragsgegner vor den finnischen Gerichten geltend gemachten Ansprüchen der Vertragspartnerin des Antragsgegners aus dem Vertrag über die Lieferung eines Blockhaus-Bausatzes in Übereinstimmung mit der Würdigung des Obersten Gerichtshofs Finnlands in seinem Beschluss vom 14.10.2005 nicht um Verbrauchersachen im Sinne der Art. 15 ff. EUGVVO. Zwar mag der geschlossene Vertrag in erster Linie dem privaten Bereich des Antragsgegners zuzuordnen sein, da Bausatz zur Schaffung von Wohnraum für die Familie des Antragsgegners diente. Der Antragsgegner verfolgte aber mit dem Vertrag auch eine für seine Vertragspartnerin erkennbare gewerbliche Zwecksetzung, der den Umständen nach bei einer Gesamtbetrachtung eine nicht nur ganz untergeordnete Bedeutung zukam. Maßgebend ist dabei, dass nach den der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Finnlands vom 14.10.2005 zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen, die für den Senat – unabhängig von den diesbezüglichen Darlegungen des Antragsgegners im vorliegenden Verfahren – gemäß Art. 35 Abs. 2 EuGVVO bindend sind, ein enger Zusammenhang zwischen dem Vertrag über die Lieferung eines Blockhaus-Bausatzes und dem auf eine künftige Vertretertätigkeit des Antragsgegners bezogenen Agenturvertrag bestand, weil zwischen den Vertragsparteien über beide Verträge im gleichen Zusammenhang gesprochen und die Verträge auch gleichzeitig unterzeichnet wurden. Die Lieferung des Hausbausatzes diente den Umständen nach der in dem Agenturvertrag vereinbarten künftigen gewerblichen Vertretertätigkeit des Antragsgegners für seine Vertragspartnerin, da ein Teil der Räumlichkeiten des mit dem Bausatz zu errichtenden Hauses, nämlich das im Erdgeschoss eingerichtete Arbeitszimmer von 20 qm Größe, zur Ausübung der Vertretertätigkeit des Antragsgegners bestimmt war und das Haus darüber hinaus auch als Musterhaus für die Vertretertätigkeit des Antragsgegners genutzt werden sollte. Es kann unter Berücksichtigung dieser auf die künftige gewerbliche Tätigkeit des Antragsgegners ausgerichteten Zwecksetzung der Errichtung des Hauses auch in Anbetracht des Umstandes, dass das gewerblich zu nutzende Arbeitszimmer nur einen vergleichsweise geringen Teil der Gesamtfläche des Hauses ausmachte, auch nach Rechtsauffassung des Senats bei einer Gesamtwürdigung nicht mehr von einer nur ganz untergeordneten Bedeutung des gewerblichen Zusammenhangs des Vertragsschlusses ausgegangen werden. Insbesondere die beabsichtigte Nutzung des Hauses als Musterhaus für die Vertretertätigkeit des Antragsgegners verleiht dem Vertrag über die Lieferung des Bausatzes eine gewerbliche Bedeutung, die über den bloßen gewerblichen oder beruflichen Nebenzweck der Errichtung eines Wohnhauses mit Arbeitszimmer hinausgeht.

Soweit der Antragsgegner im vorliegenden Verfahren weitere Gründe für eine Versagung der Vollstreckbarerklärung geltend macht und meint, dass eine Vollstreckung finnischen Urteils im Sinne des Art. 34 Nr. 1 EuGVVO gegen den ordre public verstoße, wird auf die durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12.01.2012 (IX ZB 211/10) nicht in Frage gestellte rechtliche Würdigung des Senats im Beschluss vom 21.09.2010 Bezug genommen.

In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Senats in diesem Beschluss kann die Vollstreckbarerklärung auch für die Verpflichtung des Antragsgegners zur Tragung von Prozesskosten in Höhe von 12.000,00 € nicht versagt werden. Der betreffende Kostenausspruch entspricht dem Wortlaut des Tenors des Urteils des Berufungsgericht Stadt2 vom ….2007, der den Antragsgegner nach der vorgelegten deutschsprachigen Übersetzung zwar von der Verpflichtung zur Rückerstattung des Modellhausrabatts befreit, die Verpflichtung des Antragsgegners zur Entrichtung einer Entschädigung von 12.000,00 € der Prozesskosten im Anschluss an das vorangegangene Urteil des Amtsgerichts Stadt1 aber durch einen sinngemäß mit der amtsgerichtlichen Entscheidung übereinstimmenden Ausspruch aufrecht erhält. Es liegt hinsichtlich der Kostenentscheidung nach der im Beschluss vom 21.09.2010 dargestellten Würdigung des Senats auch weder hinsichtlich des Urteilstenors noch hinsichtlich der Begründung der Entscheidung des finnischen Berufungsgerichts ein offenkundiger Widerspruch vor, der es rechtfertigen könnte, die Entscheidung des finnischen Gerichts ohne Verstoß gegen das Verbot einer révision au fond (vgl. dazu Zöller/Geimer, a.a.O., Art. 45 EuGVVO n.F., Rn. 6) berichtigend auszulegen. Der Kostenausspruch im Urteil des Berufungsgerichts kann vielmehr inhaltlich widerspruchsfrei dahin verstanden werden, dass die ausdrücklich als „Entschädigung“ bezeichnete Verpflichtung des Antragsgegners zur Tragung von 12.000,00 € der Prozesskosten als eine auf besondere Kostenanteile bezogene Sonderregelung neben die ausgesprochene Verpflichtung der Beteiligten zur Tragung ihrer Prozesskosten tritt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kostentragungslast des Antragsgegners umfasst auch die Kosten des zur Zurückverweisung des Verfahrens an den Senat führenden Rechtsbeschwerdeverfahrens, das mit der in der Hauptsache getroffenen Entscheidung im Ergebnis erfolglos geblieben ist.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

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