OLG Frankfurt am Main, 17.12.2014 – 7 U 149/13

April 12, 2019

OLG Frankfurt am Main, 17.12.2014 – 7 U 149/13
Leitsatz

Ohne besondere Abrede ist die Abtretung einer Lebensversicherung zur Tilgung eines Darlehens nicht als Leistung an Erfüllungs statt zu verstehen, auch nicht, wenn der Versicherer selbst das Darlehen gewährt.
Tenor:

Die Berufung des Klägers und des Drittwiderbeklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24.5.2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger und der Drittwiderbeklagte haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und der Drittwiderbeklagte können die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Beginn ihrer Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils vollstreckten Betrags leisten.
Gründe
1

I.

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Der Kläger und der Drittwiderbeklagte sind Gesellschafter und Geschäftsführer eines Speditionsunternehmens. 1996 beabsichtigten sie, eine Immobilie zu finanzieren und verhandelten darüber mit der A, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1). Der Kläger und der Drittwiderbeklagte entschieden sich für den von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) unterbreiteten Vorschlag, die Finanzierung mit endfälligen Darlehen und Abschluss von Tilgungsversicherungen durchzuführen. Die Versicherungsverträge haben der Kläger und der Drittwiderbeklagte in acht gleichen Verträgen mit Versicherungssummen zu je 700.000 DM und Laufzeiten von 15 Jahren bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) genommen. Von den Darlehensverträgen schlossen der Kläger und der Drittwiderbeklagte in Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) und den anderen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2). Vor dem Abschluss erhielten der Kläger und der Drittwiderbeklagte zwei Aufstellungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) vom 11.4.1996, in denen es jeweils heißt: „Voraussichtliche Ablaufleistung … je DM 2.028.197; Ablaufleistung DM 4.056.394 deckt A Darlehen (bzw. B Darlehen) von DM 4,0 MIO.“ In den Darlehensverträgen waren Laufzeiten von 15 Jahren vereinbart. Zur Tilgung ist im Vertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) in Klausel 3.12 bestimmt: „Das Festdarlehen ist in einer Summe zum Fälligkeitstermin der als Sicherheit verpfändeten Lebensversicherungen zurückzuzahlen.“ Im Vertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) ist dazu geregelt: „1. Das Darlehen hat eine Laufzeit … bis zum 30.04.2011. Es ist zu diesem Zeitpunkt zum Nennbetrag zurückzuzahlen,… 2. Die Tilgung des Darlehens soll durch Auszahlung der von den Darlehensnehmern … geschlossenen … Lebensversicherung erfolgen. Währen der Darlehenslaufzeit kann aus der Lebensversicherung kein Policen-Darlehen beantragt werden. Ferner sind Summenherabsetzungen, Tarifänderungen, Veränderungen der Laufzeiten, Stundungen oder Teilstundungen von Beiträgen, Verrechnung von Gewinnanteilen zur Laufzeitverkürzung oder Beitragsrückständen bzw. Beitragsermäßigungen sowie Auszahlung von Gewinnanteilen nicht möglich.“ Ferner ist in beiden Darlehensverträgen ein Kündigungsrecht für den Fall des Prämienverzugs vereinbart. Die Kläger haben die Darlehen im Jahr 2003 und im Jahr 2006 abgelöst. An Ablaufleistungen haben sie 2011 3.169.011,88 € erhalten.
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Mit der Klage verlangt der Kläger aus eigenem und abgetretenem Recht den Differenzbetrag zur Kreditsumme, d.h. bei richtiger Berechnung und entsprechend dem Berufungsantrag zu 1) 921.323,18 €, sowie Feststellung der Pflicht, weiteren Schaden zu ersetzen. Hinsichtlich des Umfangs der Abtretung behauptet der Kläger, dass ihm auch etwaige Ansprüche der GbR abgetreten seien, da man sich bei Unterzeichnung der Abtretungserklärung am 19.12.2011 (Anlage K1) einig gewesen sei, dass der Kläger alle Ansprüche, ggf. auch die der GbR, geltend machen solle. Außerdem sei die mit den Darlehen erworbene Immobilie ins Privatvermögen gelangt und die Tilgung auch aus dem Privatvermögen vorgenommen worden. Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die Ablaufleistungen den Beklagten an Erfüllungs statt abgetreten seien und der von ihm und dem Drittwiderbeklagten zusätzlich zur Ablösung der Darlehen aufgewendete Betrag den Beklagten rechtgrundlos zugeflossen sei. Außerdem macht der Kläger Erfüllungsansprüche und Schadensersatzansprüche wegen Beratungsfehlern geltend, da ihm bei der Anbahnung eine Ablaufleistung mindestens in Höhe der Darlehenssumme zugesichert worden sei. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) habe Tarife ausgewählt, die für die Tilgung ausreichen würden, und ein Modell erarbeitet, bei dem auch im Fall von Schwankungen mindestens die Darlehenssumme erreicht werden sollte. Es habe ausgeschlossen werden sollen, dass eine Lücke bleibe. Das sei gerade wegen der dem Kläger und dem Drittwiderbeklagten bekannten Schwankung von Ablaufleistungen bei Lebensversicherungen thematisiert worden. Es sei Geschäftsgrundlage gewesen, dass die Ablaufleistung zur Tilgung des Darlehens ausreiche. Klar sei aber auch gewesen, dass Überschüsse an den Kläger und den Drittwiderbeklagten auszukehren seien. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 habe, da sie zugleich Versicherer und Kreditgeber sei, das Risiko einer Deckungslücke besser als in Fällen, in denen dies auseinanderfalle, einschätzen können; bei ihr bestehe anders als bei einer unbeteiligten Bank nicht das gleiche Bedürfnis auf Abdeckung des vollen Darlehensbetrags. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2), die den Kredit über die Beklagte zu 1) refinanziere, sei in die Abrede, dass nur mit der Ablaufleistung getilgt werden solle, eingebunden. Ein Schadensersatzanspruch ergebe sich daraus, dass der Kläger und der Drittwiderbeklagte von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 nicht darauf hingewiesen worden seien, dass die Ablaufleistung nicht ausreichen könnte. Der Kläger und der Drittwiderbeklagte seien bereit gewesen, auch Verträge mit höheren Versicherungssummen abzuschließen, um eine zur Tilgung ausreichende Ablaufleistung sicherzustellen. Dass eine Unterdeckung eintreten könnte, sei nicht offensichtlich gewesen, weil es nicht unrealistisch gewesen sei, in der Laufzeit von 15 Jahren aus 700.000 DM 1 Million DM zu erwirtschaften.
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Dem Klageantrag zu 3 liegt die Befürchtung zugrunde, dass für die geforderte Zahlung Steuern fällig werden könnten, während die Ablaufleistung steuerfrei gewesen wäre.
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Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 26.4.2013 haben der Kläger und der Drittwiderbeklagte noch vorgetragen, dass sich eine Haftung der Beklagten auch daraus ergebe, dass die zur Tilgung bestimmten Lebensversicherungen mit einer unrealistischen, viel zu hohen Verzinsung kalkuliert worden seien (Bl. 236 f.). Außerdem haben sie behauptet, dass sie bei ausreichender Aufklärung über die Möglichkeit einer Deckungslücke ein Annuitätendarlehen abgeschlossen hätten.
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Die Beklagten berufen sich auf Verjährung, weil dem Kläger und dem Drittwiderbeklagten aufgrund jährlicher Schreiben bereits vor 2005 bekannt gewesen sei, dass die Überschüsse sich nicht erwartungsgemäß entwickelten. Sie meinen, dass die Lebensversicherungen nur Erfüllungshalber abgetreten seien, dass es darauf aber auch nicht ankomme, weil die Darlehen vorzeitig zum Nennbetrag abgelöst worden seien, und bestreiten die behaupteten Zusagen und ein Beratungsverschulden. Mit der Drittwiderklage erstrebt die Beklagte zu 1) die Feststellung, dass dem Drittwiderbeklagten aus dem Abschluss der Darlehens- und Versicherungsverträge keine Ansprüche zustehen. Die Beklagten wenden sich auch dagegen, dass eine gesamtschuldnerische Verpflichtung bestehe, weil die Darlehen eigenständige Verträge seien, und bezweifeln die Aktivlegitimation des Klägers bezüglich der Ansprüche aus und im Zusammenhang mit den Darlehensverträgen, weil diese mit der GbR abgeschlossen und von der Abtretung nicht umfasst seien.
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Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und wegen des Wortlauts der in erster Instanz zuletzt gestellten Anträge verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen und der Drittwiderklage stattgegeben.
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Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers und des Drittwiderbeklagten. Zur Begründung der Berufung wiederholen und vertiefen der Kläger und der Drittwiderbeklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen und stützen ihre Ansicht, dass für die Tilgung der Darlehen nur die Ablaufleistung der Versicherungen vorgesehen gewesen sei, auf ein Rechtsgutachten von X. Darin wird ausgeführt, dass die Einheit von Versicherer und Bank hier die Annahme rechtfertige, dass die Rückzahlung nur mit der Ablaufleistung erfolgen solle, was sich auch aus der Vertragsklausel 3.12 ergebe. Die Koppelung sei nur sinnvoll, wenn eine solche Tilgungsabrede angenommen werde, weil der Beklagten zu 1) sonst das Zinsrisiko bei der Refinanzierung abgenommen werde. Die Beklagte zu 2), die das ausgegebene Darlehen über die Beklagte zu 1) refinanziert habe, sei nicht als eigenständige Darlehensgeberin, sondern als verlängerter Arm der Beklagten zu 1), die wirtschaftlich das gesamte Darlehen gegeben habe, anzusehen. Außerdem halten der Kläger und der Drittwiderbeklagte für erheblich, dass die Konstruktion aus Darlehen und Lebensversicherung auf Vorstandsebene geplant und verhandelt worden sei.
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Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
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1. die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger als Gesamtschuldner 921.323,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.5.2011 zu zahlen,
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2. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 8.584,18 € freizustellen,
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3. festzustellen, dass die Beklagten über den mit dem Antrag zu 1. geltend gemachten Schaden hinaus als Gesamtschuldner zum Ersatz weiterer Schäden verpflichtet sind.
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Der Drittwiderbeklagte beantragt,
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unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Widerklage der Beklagten zu 1, gerichtet auf Feststellung, dass dem Widerbeklagten im Zusammenhang mit dem Abschluss der Lebensversicherungsverträge Nummern …a, -…b, -…c, -…d mit der Beklagten zu 1 sowie der Darlehensverträge zwischen dem in Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Kläger handelnden Widerbeklagten sowie der A AG vom 18.5./23.5.1996 und der B AG, O1, vom 30.4./18.5.1996 keine Erfüllungs- oder Schadensersatzansprüche zustehen, abzuweisen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

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Die Berufung ist unbegründet.
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Der Kläger und der Drittwiderbeklagte haben gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe der Differenz zwischen den Darlehensbeträgen und der Ablaufleistung der Lebensversicherungen.
21

Der Kläger kann weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht eine höhere als die bereits ausgezahlte Ablaufleistung verlangen.
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Eine Zusage, dass die Ablaufleistung wenigstens den Darlehensbetrag erreichen werde, hat die Beklagte zu 1) nicht gegeben. Die behauptete Auswahl der Tarife bzw. der Versicherungssummen mag, wie es der Kläger und der Drittwiderbeklagte auch behaupten, von der Intention getragen gewesen sein, dass am Ende eine die Darlehenssumme erreichende Ablaufleistung erzielt würde. Garantiert wurde das aber nicht. Für die bestrittene mündliche Zusage des Vorstandsmitglieds C konnte der Kläger keinen Zeugenbeweis antreten, da Herr C bereits verstorben ist. Der für eine Parteivernehmung des Klägers bzw. des Drittwiderbeklagten erforderliche Anfangsbeweis liegt nicht vor, da es keine sonstigen Beweisanzeichen dafür gibt, dass dem Kläger und dem Drittwiderbeklagten über den Inhalt der schriftlichen Lebensversicherungsverträge hinaus höhere Ablaufleistungen zugesagt worden sind. Die Ablaufleistung ist in den Verträgen und in den bei den Verhandlungen ausgetauschten Schriftstücken als voraussichtlich bzw. als unverbindlich bezeichnet worden; dass es in der von Herrn C gezeichneten Zusammenstellung (Anl. K5, K6) am Ende heißt, dass die „Ablaufleistung“ das Darlehen deckt, kann angesichts des Umstands, dass genau eine Zeile darüber die Ablaufleistung als „voraussichtliche“ bezeichnet wird und auch im Anschreiben vom 11.4.1996, dem diese Aufstellung beigefügt war, ausdrücklich von einer voraussichtlichen Ablaufleistung die Rede ist, nicht als Zusage einer Ablaufleistung in Höhe des Darlehensbetrags verstanden werden.
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Der Kläger und der Drittwiderbeklagte haben auch keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulänglicher Beratung oder sonstiger Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) im Hinblick auf den Abschluss der Lebensversicherungsverträge. Die Versicherungen waren, wenn die Überschüsse den erhofften Umfang erreicht hätten, zur Tilgung der Darlehen geeignet, so dass der Zweck, den der Kläger und der Drittwiderbeklagte mit dem Abschluss der Verträge verfolgten, erreichbar war. Der behauptete Beratungsfehler, dass es nämlich als sicher hingestellt worden sei, dass die Versicherungen die benötigte Ablaufleistung erreichen würden, ist ebenso wenig beweisbar wie die angebliche Erfüllungszusage. Da der Kläger und der Drittwiderbeklagte wussten, dass Ablaufleistungen bei Kapitallebensversicherungen Schwankungen unterliegen können, waren sie ausreichend informiert und nicht weiter beratungsbedürftig. Denn diese Kenntnis besagt zugleich, dass die Ablaufleistung auch hinter der erwarteten Summe zurückbleiben kann. Dass die Kalkulation, die der Festlegung der Versicherungssumme zugrunde liegt, von einer bestimmten Überschusserwartung ausgehen muss und daher im Hinblick auf die Ablaufleistung stets eine bloße Prognose unter Berücksichtigung gegenwärtiger und vergangener Umstände sein kann, liegt auf der Hand. Eine Kalkulation unter der Annahme geringerer Überschüsse hätte die Vereinbarung höherer Versicherungssummen und damit höherer Prämien erforderlich gemacht. Das ist dem Kläger und dem Drittwiderbeklagten offenbar auch bewusst, denn sie tragen selbst vor, dass sie ggf. mit höheren Prämien einverstanden gewesen wären. Wie sich dann der geltend gemachte Schaden ergeben soll, wird aber nicht dargelegt. Denn zur Vermeidung einer zu geringen Ablaufleistung hätten dann auch höhere Prämien gezahlt werden müssen. Ob sich dann noch Kostenvorteile gegenüber einem Annuitätendarlehen ergeben hätten, bei dem der Kläger auf jeden Fall die Darlehenssumme hätte bezahlen müssen, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte zu 1) hat im Übrigen behauptet, dass sie bei der Kalkulation von den damaligen Überschussanteilssätzen ausgegangen sei und sich danach eine Deckungslücke nicht ergeben hätte. Dass in diesem Zusammenhang falsch gerechnet worden sein soll, ist nicht ersichtlich.
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Dass der Beklagten zu 1) bei dieser Prognose ein haftungsbegründender Fehler unterlaufen ist, weil der Kalkulation der zum Erreichen des Darlehensbetrags erforderlichen Versicherungssumme bzw. –prämien angeblich beim Vertragsschluss schon überholte Renditewerte zugrunde gelegt worden seien, haben der Kläger und der Drittwiderbeklagte erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz vorgetragen. Das Landgericht hat diesen Vortrag deshalb bei seiner Entscheidung nicht mehr berücksichtigt. Hiergegen wendet sich die Berufung nicht ausdrücklich. Soweit der Vortrag mit der allgemeinen Wendung, der erstinstanzliche Sachvortrag werde auch zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht, in zweiter Instanz widerholt worden ist, ist er nunmehr neuer Vortrag, der gemäß § 531 ZPO ausgeschlossen ist, weil die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Nr. 1 – 3 ZPO nicht ersichtlich oder dargetan sind. Hierzu haben der Kläger und der Drittwiderbeklagte auch nach Erörterung dieses Gesichtspunkts in der mündlichen Verhandlung nicht ergänzend vorgetragen.
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Dem Kläger steht auch kein Bereicherungsanspruch gegen die Beklagten zu, weil zur Rückzahlung der Darlehen die vollen Darlehensnennbeträge und nicht nur die Ablaufleistungen der Lebensversicherungen zu zahlen waren. In den Darlehensverträgen ist nicht vereinbart, dass die Rückzahlung durch Abtretung des Anspruchs auf die Ablaufleistung erfolgt und daher der Rückzahlungsbetrag ggf. auch hinter dem Darlehensnennbetrag zurückbleiben kann.
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Es widerspricht der üblichen Bankenpraxis, eine solche Leistung an Erfüllungs statt zu vereinbaren, weil sie das Risiko, dass die Überschüsse der Lebensversicherung sich wie erhofft entwickeln, vom Darlehensnehmer auf den Darlehensgeber verlagert. Banken übernehmen dieses Risiko gewöhnlich nicht (vgl. BGH B. v. 20.11.2007, Az. XI ZR 259/06). Für eine von diesem Normalfall abweichende Abrede gibt es hier keine Anzeichen. Die Vertragsklauseln, aus denen der Kläger eine solche Abrede herleiten möchte, haben diese Bedeutung nicht. Die Klausel 3.12 im Vertrag mit der Beklagten zu 1) ist eine bloße Fälligkeitsklausel und stellt sicher, dass die Rückzahlung des Darlehens erst verlangt werden kann, wenn auch die Ablaufleistungen fällig sind. Soweit insbesondere in dem mit der Berufung vorgelegten Gutachten diese Klausel dahin ausgelegt wird, dass das Darlehen durch die Lebensversicherungen zurückgezahlt werden soll, folgt der Senat dem nicht. Denn entgegen S. 19 des Gutachtens ist das Genitivattribut „der Lebensversicherungen“ nicht dem Wort „Summe“, sondern dem Wort „Fälligkeitstermin“ zuzuordnen. Die ergibt einen völlig anderen Sinngehalt. Dasselbe gilt für die Regelung in § 4 des mit der Beklagten zu 2) geschlossenen Vertrags. Denn § 4 Nr. 1 bestimmt eindeutig, dass das Darlehen „zum Nennwert“ zurückzuzahlen ist. Diese Festlegung wird durch die Wendung in Nr. 2, dass die Tilgung durch Auszahlung der Lebensversicherung erfolgen soll, nicht in Frage gestellt. Es handelt sich um nichts anderes als die bloße Wiedergabe der der Bank bekannten Absicht der Darlehensnehmer. Die dann folgenden Regelungen, dass nämlich die Versicherungen nicht anderweit beliehen und keine Änderungen und Auszahlungen vorgenommen werden dürfen, sichern den Wert der Versicherung als einer der Bank gegebenen, mit der allmählichen Prämienzahlung anwachsenden Sicherheit, die erforderlich ist, um überhaupt ein endfälliges Darlehen und nicht ein Annuitätendarlehen zu vereinbaren.
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Soweit der Kläger auf Urteile der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Frankfurt verweist, in denen angenommen wurde, dass die Ablaufleistung an Erfüllungs statt abgetreten war, haben die dortigen Kreditverträge einen anderen Wortlaut (vgl. OLG Frankfurt, U. v. 6.10.2005, Az. 3 U 191/04: „Rückzahlung erfolgt … durch Lebensversicherung“ und OLG Karlsruhe WM 03, 2412 [OLG Karlsruhe 04.04.2003 – 15 U 8/02]: „Tilgung erfolgt durch eine Lebensversicherung.“) und wiesen daneben weitere Besonderheiten auf, die hier nicht gegeben sind.
28

Entgegen der in dem vorgelegten Rechtsgutachten vertretenen Ansicht ist es auch keine Besonderheit, dass die Beklagte zu 1) Kredit und Lebensversicherung aus einer Hand angeboten und auch das Darlehen der Beklagten zu 2) vermittelt hat. Jedenfalls gibt dieser Umstand zu einer abweichenden Risikoverteilung keinen Anlass. Für den Kläger und den Drittwiderbeklagten war es ersichtlich gleichgültig, ob sie Darlehen und Tilgungsversicherung vom selben Anbieter oder von einem Versicherer und einer Bank erhielten. Für sie kam es nur darauf an, ob die beabsichtigte Gestaltung – endfälliges Darlehen mit Tilgungsinstrument Lebensversicherung – gegenüber einem Annuitätendarlehen Vorteile bot. Beim endfälligen Darlehen ist bei gleichem Tilgungsaufwand der Zinsaufwand höher. Dieser Nachteil wird unter Umständen durch steuerliche Vorteile egalisiert, wenn beispielsweise höhere Zinsen als steuermindernder Aufwand abgesetzt werden können. Dann bietet die Finanzierung über endfälliges Darlehen und Lebensversicherung die Chance, durch geringere Prämienzahlungen die volle Darlehenssumme zu erwirtschaften. Es handelt sich daher um eine Spekulation auf künftige Renditen. Mit der Identität oder Verschiedenheit des Anbieters von Darlehen und Versicherung hat das aber nichts zu tun. Der in dem Rechtsgutachten angenommene Sinn einer Kopplung von Versicherung und Darlehen, nämlich die Aufrechterhaltung der Zinsbindung, tritt offensichtlich nicht ein, denn nach Ablauf der maximal zehnjährigen Zinsbindung können je nach Entwicklung des Zinsniveaus die Zinsen für das Darlehen steigen, unabhängig von der Frage, ob es zum Nennbetrag oder durch Abtretung der Ablaufleistung zurückgezahlt werden soll. Auch trifft es nicht zu, dass der Versicherer, der zugleich ein endfälliges Darlehen gewährt, das Refinanzierungsrisiko auf den Darlehensnehmer verlagert. Das Refinanzierungsrisiko betrifft allein die denkbare Differenz des mit dem Darlehensnehmer für einen bestimmten Zeitraum vereinbarten Festzinses und des zur Refinanzierung am Kapitalmarkt vom Darlehensgeber aufzuwendenden Zinses. Dieses Risiko nimmt der Darlehensnehmer, der zugleich eine Lebensversicherung abschließt, dem Darlehensgeber nicht ab. Denn der Darlehensnehmer refinanziert nicht sein eigenes Darlehen – sonst müsste er gar keines aufnehmen -, sondern spart mit den Prämien, deren garantierten Zinsen und den – erhofften weiteren – Überschüssen den Tilgungsbetrag an. Da die in dem Gutachten behauptete Risikoverlagerung somit nicht besteht, kann sie auch kein rechtfertigender Grund für eine der Üblichkeit widersprechende Auslegung der Tilgungsabrede sein.
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Ein besonderer Umstand besteht auch nicht darin, dass die Verträge, wie es der Kläger darstellt, auf Vorstandsebene verhandelt worden sind. Was damit im Hinblick auf die Tilgungsabrede gesagt sein soll, erschließt sich dem Senat nicht. Es ist für das Risiko, dass die Ablaufleistung einer Lebensversicherung zur Tilgung eines endfälligen Darlehens nicht ausreicht, unerheblich, ob die jeweiligen Verträge unter unmittelbarer Beteiligung des Vorstands oder durch Agenturen bzw. Vermittler ausgehandelt worden sind, zumal ein Versicherer die Versicherungsnehmer gleich zu behandeln hat.
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Da in den Darlehensverträgen eine vom Normalfall abweichende Tilgungsabrede nicht getroffen war, tragen der Kläger und der Drittwiderbeklagte das Risiko, dass die Ablaufleistung nicht ausreicht. Daher kommt auch keine Veränderung oder Anpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Frage. Denn für das Risiko, dass die Ablaufleistung zur Tilgung nicht ausreichen werde, ist eine vertragliche Regelung getroffen.
31

Ein zum Schadensersatz verpflichtender Beratungsfehler ist den Beklagten auch nicht im Zusammenhang mit dem Abschluss der Darlehensverträge vorzuwerfen. Hier besteht kein Unterschied zur etwaigen Beratungspflicht beim Abschluss des Versicherungsvertrags. Soweit der Kläger und der Drittwiderbeklagte auch in diesem Zusammenhang behaupten, nicht ausreichend auf eine mögliche Deckungslücke hingewiesen worden zu sein, ist ein Beratungsbedarf nicht ersichtlich, denn der Kläger und der Drittwiderbeklagte wussten, das die Höhe der Ablaufleistung nicht garantiert ist, dass also unter Umständen der Fehlbetrag nachzuschießen ist.
32

Da die Berufung erfolglos bleibt, haben der Kläger und der Drittwiderbeklagte die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
33

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
34

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.

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