OLG Frankfurt am Main, 19.10.2016 – 19 U 102/15

März 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 19.10.2016 – 19 U 102/15
Leitsatz:

Für die Frage der rechtlichen Umsetzbarkeit eines Sanierungskonzeptes kommt es auf die tatsächlichen Umstände an, mithin auf die Rechtsansicht der zuständigen Gerichte
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 21. April 2015 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Rückgewähr eines aus dem Vermögen der Schuldnerin vereinnahmten Betrages in Höhe der Klageforderung nach dem Insolvenzanfechtungsrecht.

Kläger ist Rechtsanwalt A als Insolvenzverwalter über das Vermögen der B, die mittlerweile als C i.L. firmiert; die Beklagte ist eine Investmentbank, die als Finanzberaterin der Schuldnerin tätig war und deren gescheiterten Restrukturierungsversuch koordinierte. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 378 – 388, 395a – 395c d. A.).

Der Sachverhalt ist lediglich dahingehend zu ergänzen, dass die Beklagte vorträgt, dass selbst wenn sie die gerichtliche Verfügung des Oberlandesgerichts vom 15.12.2011 (Anlage TW 20) gekannt hätte, sie daraus lediglich eine vage Einschätzung des Senates hätte entnehmen können.

Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben (Bl. 377 – 395 c d. A.).

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs nach § 133 Abs. 1 InsO hinsichtlich der gezahlten Honorare in der Zeit vom 24.01 – 30.03.2012 gegeben seien. Insbesondere sei der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht dadurch entfallen, dass sie von einem wirksamen Sanierungskonzept ausgegangen sei. Denn zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlungen habe kein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorgelegen, das zumindest in Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden sei.

Gegen dieses der Beklagten am 29.04.2015 zugestellte Urteil (Bl. 407 d. A.) hat sie am 28.05.2015 Berufung eingelegt (Bl. 438 d. A.) und dieses Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.07.2015

(Bl. 443 d. A.) an diesem Tage begründet (Bl. 447ff. d.A.).

Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Zunächst begründet sie die Berufung damit, dass das Landgericht den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz aus dem Indiz der Kenntnis der Schuldnerin von der angeblich drohenden Zahlungsunfähigkeit zu dem Zeitpunkt der streitigen Zahlung hergeleitet habe, obwohl der Vorstand zu dem Zeitpunkt der streitigen Zahlung keine Kenntnis von dem Vorliegen eines Insolvenzgrundes gehabt habe. Es sei anerkannt, dass es aus Sicht der organschaftlichen Vertreter einer juristischen Person an der Erkennbarkeit des Insolvenzeintritts fehle, wenn sich das Organ mangels eigener Sachkunde zur Klärung der Insolvenzreife den Rat eines unabhängigen, fachlich qualifizierten Berufsträgers einhole und dieser, ordnungsgemäß und vollständig informiert, die Insolvenzreife im Ergebnis plausibel verneine. Hier hätten die Rechtsanwaltskanzleien D und E das Fortbestehen der positiven Fortführungsprognose in einem regelmäßigen Rhythmus von 2 Wochen überprüft. Nach der Prüfung von D sei vorliegend die positive Fortführungsprognose jedoch erst mit Erlass des Beschlusses der Oberlandesgerichts Frankfurt am Main am 27.03.2012 im Verfahren der G AG weggefallen.

Da aus Sicht des Vorstandes der Schuldnerin zu dem Zeitpunkt der streitigen Zahlungen eine positive Fortführungsprognose bestanden habe, habe auch nicht die Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 InsO gedroht. Aufgrund des entwickelten Sanierungskonzepts sei es aus der Sicht des Vorstandes der Schuldnerin nicht überwiegend wahrscheinlich gewesen, dass die Schuldnerin zukünftig nicht in der Lage sein würde, ihre fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen.

Zudem ist die Beklagte der Meinung, dass allein die Kenntnis von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht genüge, um hiervon rechtssicher auf einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz schließen zu können. Dies sei allenfalls ein Indiz, das in einer Gesamtschau mit allen anderen vorliegenden Indizien zu würdigen sei.

Dabei habe das Landgericht das Bestehen eines ernsthaften Sanierungsversuches nicht hinreichend als positives Indiz gewürdigt, weil es die Anforderungen an einen ernsthaften Sanierungsversuch überspannt habe. Soweit das Landgericht meine, dass die Sanierungsbemühungen noch nicht über die Entwicklung von Plänen und über die Erörterung von Möglichkeiten hinausgegangen seien, verkenne es, dass mit den Beschlüssen im Oktober 2011, nämlich dem Opt-In-Beschluss der Wandelschuldverschreibung 2012 (im Weiteren: WSV 2012) sowie dem am 27.02.2012 gefassten Beschluss zur Stundung der Anleiheforderung bis zum 30.04.2012, es schon zu der Umsetzung des Konzeptes gekommen sei.

Soweit das Landgericht einen ernsthaften Sanierungsversuch verneine, weil keine verbindlichen Bereitschaftserklärungen der Gläubiger der Wechselschuldverschreibung vorgelegen hätten, verkenne es, dass der Gesetzgeber mit dem Schuldverschreibungsgesetz 2009 die Gläubigerversammlung einer Anleihe als das Organ ausgestaltet habe, das verbindliche Entscheidungen in Form von Beschlüssen herbeiführt.

Soweit das Landgericht meine, dass die rechtliche Umsetzbarkeit des Sanierungskonzeptes von Anfang an nicht gegeben sei, lasse es außer Acht, dass die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung die seinerzeitige Rechtsauffassung der Schuldnerin und ihrer Rechtsberater bestätigt habe. Damit sei zwingend anzuerkennen, dass die rechtliche Umsetzbarkeit des Sanierungskonzeptes zweifelsfrei gegeben gewesen sei, da sie sich auf die richtige Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 stützte. Zudem habe sich der Vorstand der Schuldnerin bezüglich der Bewertung der rechtlichen Umsetzbarkeit des Sanierungskonzepts nicht allein auf die Aussage von D verlassen, sondern ein Gutachten eines unabhängigen Rechtsexperten eingeholt.

Auch soweit das Landgericht die nicht hinreichende Erfolgsaussicht des Sanierungskonzeptes auf die fehlende Zustimmung der Aktionäre zu dem Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlung stütze, übersehe das Landgericht einmal mehr, dass die Entscheidungskompetenz bei dem für die Zustimmungsentscheidung durch die Aktionäre zuständigen Organ, nämlich der Hauptversammlung, liege.

Weiterhin ist die Beklagte der Auffassung, dass das Landgericht bei der Frage, ob ein ernsthafter Sanierungsversuch gegeben sei, die Anforderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verkannt habe. Vorliegend müsse man die Komplexität des gesamten Restrukturierungsprozesses berücksichtigen. Denn vorliegend seien der Schuldnerin sowohl die Anleihegläubiger, welche der Umwandlung ihrer Forderungen in Eigenkapital, als auch die Anteilseigner, welche der Durchführung der hierfür erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Kapitalmaßnahmen zustimmen mussten, namentlich nicht bekannt gewesen. Vor diesem Hintergrund habe das Sanierungskonzept zwingend aus mehreren, aufeinander aufbauenden Maßnahmen bestanden, an deren Ende das Sanierungsziel, nämlich die erfolgreiche Umsetzung des geplanten debt-to-equity swaps gestanden hätte.

Die Komplexität eines Sanierungskonzepts dürfe aber nicht dazu führen, dass dem Sanierungskonzept die Ernsthaftigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgesprochen werde. Aber auch unabhängig von der Komplexität des Restrukturierungsprozesses habe sich das Sanierungskonzept nach den Anforderungen der Rechtsprechung bereits in der fortgeschrittenen Umsetzungsphase befunden.

Zudem ist die Beklagte der Ansicht, dass es eine Privilegierung für die Erbringung der Sanierungsberatung geben müsse. Auch die Maßnahmen im frühen Sanierungsstadium müssten vor einer Rückforderung nach § 133 Abs. 1 InsO geschützt werden, da ansonsten eine professionelle Restrukturierungsberatung unmöglich gemacht werden würde.

Ferner habe das Landgericht das erstinstanzlich vorgetragene Indiz der bargeschäftsähnlichen Lage, das ebenfalls gegen das Vorliegen eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes spreche, in seiner Entscheidung überhaupt nicht beachtet und damit nicht alle Umstände gewürdigt.

Schließlich ist die Berufung der Ansicht, dass selbst wenn man unterstelle, dass der Vorstand der Schuldnerin mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt habe, die Beklagte insoweit keine Kenntnis gehabt habe. Die Vermutungsregelung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO greife hier nicht ein, da die Beklagte aufgrund der Einschätzung der rechtlichen Berater der Schuldnerin von der rechtlichen Umsetzbarkeit des Restrukturierungskonzeptes und damit davon ausgegangen sei, dass eine positive Fortführungsprognose bestehe und keine Zahlungsunfähigkeit drohe.

Die Beklagte beantragt ,

1.

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 2015 – Az. 2- 19 O 37/14 – aufzuheben und die Klage abzuweisen;
2.

dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;
3.

(Vorsorglich für den Fall des Unterliegens) die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Das Landgericht habe zutreffend ausgeführt, dass das Sanierungskonzept nicht aussichtsreich gewesen sei. Eine positive Fortführungsprognose hätte, worauf die F AG mit Schreiben vom 25.01.2012 (Anlage TW 40) hingewiesen habe, nur bestanden, wenn eine Einigung mit dem Eigen- und Fremdkapitalgebern erzielt worden wäre.

Das Landgericht habe zutreffend gesehen, dass aus mehreren, voneinander unabhängigen Gründen keine positive Prognose mehr zu rechtfertigen gewesen sei.

Die Schuldnerin habe die Sanierung nämlich nicht aus eigener Kraft erreichen können. Die Schuldnerin und die Beklagte hätten lediglich vergeblich versucht, die in den Ad-hoc Komitees organisierten Anleihengläubiger davon zu überzeugen, auf ihre Forderung zu verzichten und in das Eigenkapital der überschuldeten Schuldnerin zu wechseln. Diese bloßen Verhandlungsbemühungen rechtfertigten jedoch keine positive Fortführungsprognose. Dies sei der Schuldnerin und der Beklagten auch bewusst gewesen. Als Beweis dafür hat der Kläger die Anlage TW 18 vorgelegt, in der die Schuldnerin den Ad-hoc Komitees mit der Stellung des Insolvenzantrages gedroht habe, falls nicht bis zum 23.01.2012 eine Einigung herbeigeführt werden könne.

Eine Einigung der Ad-hoc Komitees habe es jedoch bis zur Insolvenzantragsstellung nicht gegeben. Die Beklagte habe angesichts der fehlenden Einigung zwischen den Ad-hoc Komitees versucht, sich im Berufungsverfahren mit der pauschalen Schutzbehauptung zu helfen, die Schuldnerin habe mit der Unterstützung einer ausreichenden Anzahl der Anlagegläubiger rechnen dürfen. Dabei unterscheide die Beklagte nicht hinreichend zwischen den Gläubigergruppen WSV 2012, WSV 2014 und WSV 2015. So habe nicht ein Gläubiger der WSV 2015 in dem Term Sheet vom 08.03.2012 (Anlage B2) sich bereit erklärt, über eine Restrukturierung auch nur zu verhandeln.

Weiterhin macht der Kläger geltend, dass die Beklagte auch ihren eigenen Sanierungszeitplan nicht eingehalten habe.

Schließlich ist der Kläger der Ansicht, dass eine positive Fortführungsprognose auch deshalb nicht begründbar gewesen sei, weil es nicht überwiegend wahrscheinlich gewesen sei, dass die allein zuständigen Frankfurter Richter kurzfristig von ihrer Rechtsaufassung zum Anwendungsbereich des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 abrücken würden. Dabei sei vor allen Dingen maßgeblich, dass der allein funktionell zuständige 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main im Beschwerdeverfahren „G“ mit prozessleitender Verfügung vom 15.12.2011 (Anlage TW 20) darauf hingewiesen habe, dass er von der Unanwendbarkeit des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 ausgehe. Die Schuldnerin sei auch unstreitig unmittelbar und zeitnah über den Stand des G Verfahrens informiert gewesen, da die Rechtsberaterin der Schuldnerin, die Kanzlei D und die Beklagte zeitgleich auch Berater der G AG gewesen seien. In diesem Zusammenhang zitiert der Kläger im Berufungsverfahren eine Aussage des Rechtsanwalts H (D) vor dem Landgericht München I (6 O 8637/14), aus der sich ergebe, dass dieser die Schuldnerin am 21.12.2011 über die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts unterrichtet habe.

Unerheblich für eine Beurteilung der Rechtslage im Jahr 2012 sei, dass der 2. Zivilsenat des BGH im Jahr 2014 den Anwendungsbereich des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 anders ausgelegt habe.

Zudem zeige sich der Umstand, dass die Schuldnerin nicht von einer rechtlich gesicherten Umsetzbarkeit des Sanierungskonzeptes ausgegangen sei, auch darin, dass sie am 12.02.2012 (Anlage TW 60) eine Lobbyistenfirma beauftragt habe, eine Gesetzeskorrektur anzustreben, um die noch laufende Nichtigkeitsklagen gewinnen zu können.

Schließlich macht der Kläger noch geltend, dass die Voraussetzungen eines Bargeschäftes nicht vorliegen würden, da es an einer gleichwertigen Gegenleistung fehle.

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von 117.215,00 EUR aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO sowie ein Anspruch auf Rückzahlung von 1.585.354,04 EUR aus den §§ 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO zu.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung von 1.585.354,04 EUR aus den §§ 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO.

Das Landgericht hat zu Recht und mit – auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens – zutreffender Begründung einen Rückzahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte bejaht.

Nach § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, welche der Schuldner in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.

Diese Voraussetzungen sind gegeben.

a) Dass die Zahlungen der Schuldnerin im Anfechtungszeitraum des § 133 InsO durch Rechtshandlungen erfolgt sind und die Gläubiger jedenfalls mittelbar benachteiligt haben, ist in der Berufungsinstanz zwischen den Parteien nicht mehr im Streit, sodass insoweit auf die zutreffenden Feststellungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen wird.

b) Entgegen der Ansicht der Berufung liegt auch der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin im Zeitpunkt der Rechtshandlungen vor.

Dieser Gläubigerbenachteiligungsvorsatz wird weder durch das Vorliegen eines schlüssigen Sanierungskonzeptes (dazu unter bb) noch durch das Vorliegen einer bargeschäftsähnlichen Lage (dazu unter cc) ausgeräumt.

aa) Für den Vorsatz der Schuldnerin, ihre Gläubiger zu benachteiligen, genügt es, dass die Schuldnerin die Benachteiligung der Gläubiger als mutmaßliche Folge ihrer Handlung erkennt und billigt.

Entgegen der Ansicht der Berufung stellt nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, nicht nur die bereits eingetretene, sondern auch die lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin dar, wenn sie von dieser zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkannt worden ist. Denn die Schuldnerin muss dann damit rechnen, dass sie nicht sämtliche Gläubiger befriedigen kann.

Diese Grundsätze gelten auch, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird (so ausdrücklich: BGH, Urt. v. 21.01.2016, IX ZR 84/13, Rn. 15, zitiert nach juris).

Im vorliegenden Fall drohte der Schuldnerin im Zeitpunkt aller angefochtenen Zahlungen die Zahlungsunfähigkeit.

Nach § 18 Abs. 2 InsO droht der Schuldner zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen, d. h. wenn eine erhebliche Liquiditätslücke unter Berücksichtigung der bestehenden, aber erst künftig fällig werdenden Verbindlichkeiten und den im entsprechenden Zeitraum verfügbaren Zahlungsmitteln voraussichtlich eintreten wird (BGH, Urt. v. 08.10.2009, IX ZR 173/07, Rn. 13, zitiert nach juris). In die Prognose, die bei der Prüfung drohender Zahlungsunfähigkeit anzustellen ist, muss die gesamte Finanzlage des Schuldners bis zur Fälligkeit aller bestehenden Verbindlichkeiten einbezogen werden (BGH, Urt. v. 05.12.2013, IX ZR 93/11, zitiert nach juris). Das bedeutet, dass hier bei der Beurteilung der Finanzlage der Schuldnerin sämtliche drei Wandelschuldverschreibungen mit einzubeziehen sind, zumal vor dem Hintergrund, dass die Anleihebedingungen der WSV 2014 und WSV 2015 in dem Fall eines Ausfalls der Gläubiger der WSV 2012 ein sofortiges Kündigungsrecht vorsahen, sodass bei Ausübung dieses Kündigungsrechts mit Ablauf des 28.02.2012 Forderungen in Höhe von insgesamt 580 Mio. EUR fällig gestellt werden konnten.

Da die Schuldnerin im Geschäftsjahr 2011 einen Verlust in Höhe von 846 Mio. EUR erwirtschaftete und der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag in der Eigenbilanz der Schuldnerin zum 31.12.2011 192.8 Mio. EUR betrug, drohte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin für den Fall des Scheiterns der Sanierungsbemühungen, d. h. wenn die WSV 2012 fällig würde, bevor der geplante dept-to equity Swap wirksam unter Einbeziehung der Gläubiger und Aktionäre umgesetzt worden wäre.

Die Schuldnerin kannte auch diese drohende Zahlungsunfähigkeit. Denn in dem Konzernzwischenlagebericht der Schuldnerin zum 30.09.2011 wurde darauf hingewiesen, dass sich das bereits im Halbjahresbericht 2011 erläuterte Risiko, dass die Rückzahlung bzw. Refinanzierung der im Februar 2012 fälligen Wandelanleihen aus freien, liquiden Mitteln nicht möglich sein könnte, weiter erhöht habe. Aus der Ad-hoc Mitteilung vom 14.11.2011 ergibt sich ebenfalls, dass die Schuldnerin erkannt hatte, dass sie die im Februar 2012 fällig werdende Wandelschuldverschreibung vollständig nicht würde zurückzahlen können. Auch aus den eidesstattlichen Versicherungen vom 14.12.2011 (TW 3) und vom 20.01.2012 (TW 50) ergibt sich, dass der Vorstand und der General Councel der Schuldnerin davon ausging, dass sie nicht alle Forderungen der Gläubiger, hier derjenigen der WSV 2012, mehr würde befriedigen können.

Mithin ist das Beweisanzeichen der drohenden Überschuldung für das Vorliegen des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes gegeben.

bb) Entgegen der Ansicht der Berufung ist dieses positive Beweisanzeichen der Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit für den Benachteiligungsvorsatz nicht aufgrund des negativen Beweisanzeichens eines schlüssigen und ernsthaften Sanierungskonzeptes aufgehoben worden.

Zwar macht die Beklagte geltend, dass es ein „Beraterprivileg“ geben müsste, damit durch die Rechtsordnung gewährleistet werde, dass sich ein angeschlagenes Unternehmen an kompetente externe Berater wenden könne, um eine Krise zu überwinden. Wenn diese Berater allerdings nicht damit rechnen könnten, dass ihre Leistung insolvenzfest vergütet werde, würde sich niemand zu dieser Tätigkeit bereitfinden (so Ganter, Sanierungsberaterskunstoff umsonst, ZIP 2015, 1413, 1418, Mock, Die Vergütung des vorinsolvenzlichen Sanierungsberaters, ZIP 2014, 445, 450, 452). Aber nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH wird der Ausgleich zwischen dem Interesse des Schuldners an einer Insolvenzberatung und dem Schutz der Gläubiger dadurch gewährleistet, dass die Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit ausgeschlossen sein kann, wenn die angefochtene Rechtshandlung als Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber gescheiterten Sanierungskonzepts von einem anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet gewesen ist. Voraussetzung dafür ist, dass zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegt, dass beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt (BGH, Urt. v. 21.02.2013, IX ZR 52/10, Rn. 11, zitiert nach juris) und mindestens in Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist (BGH, Beschl. v. 19.09.2013, IX ZR 232/12, Rn. 11, zitiert nach juris), d. h. dass der Schuldner zum jeweiligen Zeitpunkt der Rechtshandlung die sichere Erwartung haben durfte, dass die Restrukturierung in Bälde erfolgreich abgeschlossen sein wird (BGH, Urt. v. 22.11.2012, IX ZR 62/10, zitiert nach juris).

Im Gegensatz dazu räumt die bloße Hoffnung des Schuldners auf Sanierung seinen Benachteiligungsvorsatz nicht aus, wenn die dazu erforderlichen Bemühungen über die Entwicklung von Plänen und die Erörterung von Hilfsmöglichkeiten nicht hinausgekommen sind (BGH, Urt. v. 08.12.2011, IX ZR 156/09, Rn. 11, zitiert nach juris).

Dieser Ansicht schließt sich der Senat an. Vor diesem Hintergrund ist für eine teleologische Reduktion des § 133 InsO für bestimmte Berufsgruppen kein Raum.

Den Anfechtungsgegner trifft dabei die Darlegungs- und Beweislast dafür, spätere Zahlungen des Schuldners auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzepts erlangt zu haben (BGH, Urt. v. 03.04.2014, IX ZR 201/13, Rn. 40, zitiert nach juris).

Diese Voraussetzungen waren jedoch, selbst bei Einräumung eines weiten Ermessensspielraums der Schuldnerin, der im Hinblick auf ihre unternehmerische Tätigkeit gegeben sein könnte, ab dem 24.01.2012 bei der Schuldnerin nicht mehr gegeben. Denn ab dem 24.01.2012 hat keine ernsthafte und begründete Aussicht mehr bestanden, dass das Sanierungskonzept erfolgreich umgesetzt werden konnte. Es war – auch erkennbar für die Schuldnerin – stecken geblieben und es bestand ab diesem Zeitpunkt allenfalls noch eine vage Hoffnung auf Sanierung. Dass auch ein ehemals schlüssiges Konzept aufgrund geänderter Umstände, z. B. der Nichtzustimmung des größten Gläubigers, als nicht geeignet eingestuft werden kann, ist nach der Rechtsprechung des BGH unstreitig (BGH, BB 1998, 1023, 1024 [BGH 04.12.1997 – IX ZR 47/97]).

Dass die Schuldnerin nicht mehr mit einer erfolgreichen Durchführung des Sanierungskonzeptes rechnen konnte, als sie die Zahlungen an die Beklagte leistete, beruht darauf, dass alle für das Sanierungskonzept erforderlichen Schritte nicht mehr erfolgreich umgesetzt werden konnten.

(I) Rechtliche Umsetzbarkeit

Zwingende Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung des Sanierungskonzeptes war zunächst, dass die allein zuständigen Frankfurter Gerichte entgegen ihrer bis dahin geäußerten Rechtsauffassung davon hätten ausgehen müssen, dass der Anwendungsbereich des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 für die Wandelschuldverschreibung 2012 und 2014 eröffnet ist, damit wirksame Opt-In-Beschlüsse gefasst werden konnten.

Zwar hatte die Schuldnerin die unmittelbare Gefahr, dass der Opt-In-Beschluss vom Oktober 2011 für unwirksam erklärt werden würde, dadurch abgewendet, dass sie eine Einigung mit den klagenden Schuldverschreibungsgläubigern am 02.02.2012 erreichen konnte, indem sie diese zur Rücknahme der Anfechtungsklagen bewegen konnte. Allerdings mussten sich der Schuldnerin erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des Opt-In-Beschlusses aufdrängen, da sie aufgrund der Entscheidungen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27.10.2011 und 15.11.2011 davon ausgehen musste, dass die Regelung des § 5 Schuldverschreibungsgesetz 2009 über die Änderung der Emissionsbedingungen in einer Gläubigerversammlung durch Beschluss nicht anwendbar sind, wenn wie hier gegeben, die ursprünglichen Emissionsbedingungen derartige Gläubigerversammlungen mit entsprechender Beschlusskompetenz nicht vorsahen. Diese Bedenken verdichteten sich aufgrund der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23.01.2012.

Nachdem auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 15.12.2011 einen Hinweis dahingehend erteilt hatte, dass es den Anwendungsbereich des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 für Beschlüsse der Gläubigerversammlung nicht eröffnet sehe, wenn die Anleihebedingungen Mehrheitsentscheidungen der Gläubiger nicht vorgesehen hätten, mussten sich der Schuldnerin Zweifel an der Umsetzbarkeit des Sanierungskonzeptes aufdrängen.

Zutreffend ist zwar, dass die Beklagte die Kenntnis der Schuldnerin und der Beklagten von dem Hinweis des Oberlandesgerichts vom 15.12.2011 mit Nichtwissen bestritten hat. Da die Beklagte auch die Finanzberaterin in dem Parallelfall G gewesen ist, in dem der Hinweis vom 15.12.2011 ergangen ist, kann sie diesen Umstand, der in ihrem Wissensbereich liegt, jedoch nicht einfach mit Nichtwissen bestreiten, so dass dieses Bestreiten unerheblich ist. Aus diesem Grunde waren auch die zwei Zeugen, die die Beklagte für ihr Nichtwissen angeboten hat (Bl. 102 d.A.) nicht zu hören; zumal die Beklagte auch keinerlei Umstände dafür benennt, warum sie keine Kenntnis erlangt haben will.

Soweit es um die Kenntnis der Schuldnerin geht, hat der Kläger eine Aussage des Rechtsanwalts H in dem Verfahren vor dem Landgericht München I vorgelegt, in der dieser angibt, die Schuldnerin über den Hinweis in dem Verfahren G informiert zu haben.

Entgegen der Ansicht der Beklagten hätte sie bei Kenntnis des Hinweises auch erkennen können, wie das Oberlandesgericht beabsichtigte, zu entscheiden. Denn lediglich im Hinblick auf eine mögliche Befangenheit sind die Formulierungen offenbleibend.

Entgegen der Ansicht der Beklagten stützt der Senat seine Ansicht, dass zu dem Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungen eine rechtliche Umsetzbarkeit des Sanierungskonzeptes nicht mehr gegeben war, nicht allein auf den Umstand, dass das erstinstanzliche Gericht zu Lasten der Beklagten entschieden hat. Sondern entscheidend kommt es darauf an, dass nach dem Hinweis des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15.12.2011 die in dem Verfahren allein zuständigen Gerichte zu Lasten der Schuldnerin entscheiden wollten, denn dieser Umstand ist für die tatsächliche Umsetzbarkeit des Sanierungskonzeptes im Frühjahr 2012 maßgeblich.

Deshalb ist es für die Frage der tatsächlichen Umsetzbarkeit des Sanierungskonzeptes im Frühjahr 2012 auch ohne Bedeutung, dass der Bundesgerichtshof – wie die von der Beklagten zitierten Rechtsgutachten – die Anwendbarkeit des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 auch für die vorliegenden Wandelschuldverschreibungen bejaht haben (BGH, Urt. v. 01.07.2014, II ZR 381/13, zitiert nach Juris). Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Rechtsprechung des Landgerichts Frankfurt/M. evident abwegig gewesen wäre, sodass mit ihr nicht zu rechnen gewesen ist. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Die Ansicht des Landgerichts ist gut begründet und in sich nachvollziehbar.

Die Relevanz der gerichtlichen Entscheidung für die Durchführung des Sanierungskonzeptes hätte sich der Schuldnerin spätestens dann aufdrängen müssen, als der Managing Director der Beklagten, Herr I, sich einen Tag nach der ablehnenden Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main in einem Schreiben vom 24.01.2012 bei dem General Councel der Schuldnerin, Herrn J, erkundigte, ob die Arbeiten eingestellt werden sollten.

Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, sie habe subjektiv keinen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehabt, da sie sich auf das Urteil ihrer Rechtsberater verlassen habe. Vor dem Hintergrund der gerichtlichen Entscheidungen mag dies noch für eine Haftung des Vorstandes relevant sein, kann jedoch den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht ausschließen.

(2) Zustimmung der Anleihegläubiger der Wechselschuldverschreibungen

Weitere zwingende Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung des Sanierungskonzeptes ist gewesen, dass die Anleihegläubiger der Wechselschuldverschreibungen 2012, 2014 und 2015 sich in ausreichender Zahl bereit erklären mussten, auf ihre Forderungen zu verzichten und in das Eigenkapital der Schuldnerin zu wechseln.

Auch zu diesem Punkt konnte die Schuldnerin zum Anfechtungszeitraum erkennen, dass das Sanierungskonzept gescheitert war.

Denn die von der Beklagten für die Schuldnerin geführten und koordinierten Verhandlungen mit den Ad-hoc-Komitees waren zu dem Anfechtungszeitraum gescheitert.

In dem Zeitraum Ende 2012 hatte bezüglich der WSV 2012 nur der Hedgefonds „Arrowgrass“ der Restrukturierung zugestimmt. Dieser hielt allerdings nur 32% der WSV 2012 und die geplante Sanierungsmaßnahme hätte auch auf der Grundlage des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 eine Zustimmung von mehr als 75% der Schuldverschreibungsgläubiger erfordert.

Die Mitglieder des Ad-hoc-Komitee der WSV 2014, die einer grundsätzlichen Einigung zustimmten, vereinnahmen sogar nur 22% der Anleihen auf sich. Damit war erkennbar, dass das erforderliche Quorum für einen wirksamen dept-to-equity swap nicht erfüllt werden konnte.

Mithin war unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände keine Durchführbarkeit des Sanierungskonzeptes zu diesem Zeitpunkt mehr gegeben.

Die Annahme der Schuldnerin, dass sich bei der Gläubigerversammlungen nur eine geringere Anzahl von Stimmberechtigten zusammenfinden würde und deshalb auch eine Mehrheit von weniger als 75% für den dept-to-equity swap ausreichen würde, ist erkennbar eine reine Spekulation und Hoffnung. Es mag zwar sein, dass bei weniger wichtigen Entscheidungen nur eine geringere Anzahl von Gläubigern anwesend ist, bei einer Entscheidung, die zu einer „Vernichtung des Anlagekapitals“ führt, ist dies allerdings so unwahrscheinlich, dass es keine berechtigte Hoffnung begründen kann.

Entgegen der Ansicht der Berufung kann keine Berücksichtigung finden, dass nach dem Vortrag der Beklagten mehrere weitere Gläubiger telefonisch ihre Zustimmung zu dem Sanierungskonzept erklärt hätten. Denn aus der Definition eines ernsthaften Sanierungsversuches folgt, dass die zugesagten Sanierungsbeiträge Dritter eine gewisse rechtliche Qualität haben müssen, mithin rechtlich verbindlich zugesagt werden müssen. Denn nur wenn Sanierungsbeiträge Dritter rechtlich gesichert sind, kann von einer ernsthaften und begründeten Aussicht auf Erfolg ausgegangen werden.

Auch der Einwand der Berufung, dass eine solche rechtliche verbindliche Erklärung erst in einer Gläubigerversammlung erfolgen kann, kann hier nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Erstens zeigt die Bildung der Ad-hoc-Komitees, dass die Beklagte dies zunächst anders beurteilt hatte, und zweitens hätten dann diese Gläubigerversammlungen zeitnäher zur Fälligkeit des WSV 2012 durchgeführt werden müssen. So sah dies auch das eigene Sanierungskonzept (Anlage TW4 = Bl. 35 d.A.) der Beklagten vor. Zwar mag es die von der Beklagten genannten Schwierigkeiten gegeben haben, aber um dennoch von einem ernsthaften Sanierungskonzept im Anfechtungszeitraum ausgehen zu können, hätten zumindest rechtlich verbindliche Zustimmungen der Gläubiger zu dem Sanierungskonzept vorliegen müssen.

(3) Zustimmung der Aktionäre

Schließlich war für die erfolgreiche Umsetzung des Sanierungskonzeptes auch die Zustimmung der Aktionäre erforderlich. Diese hätten sich damit einverstanden erklären müssen, dass ihre Anteile von 100% auf 5% „verwässert“ würden.

Hinsichtlich dieser dritten für die Realisierung des Sanierungskonzeptes wichtigen Säule war zum Anfechtungszeitraum noch keinerlei Umsetzung erfolgt. Eine Zustimmung der Aktionäre stellt selbst die Beklagte noch nicht einmal in Aussicht. Sie trägt insoweit nur vor, das vorherige Absprachen nicht möglich gewesen seien, da ein entsprechender Beschluss auf einer Hauptversammlung zu erfolgen habe. Allerdings ist dieser Punkt nicht als neutral zu bewerten, da der Hauptaktionär nicht zu Verhandlungen bereit gewesen ist und einen großen Teil der Aktien bereits veräußert hatte. Die Schuldnerin hat insoweit auch erkannt, dass dieser Umstand für die Realisierung des Sanierungskonzeptes negativ ist und die Umsetzung desselben erheblich behindert.

Entgegen der Ansicht der Berufung kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Aktionäre dem Sanierungskonzept zugestimmt hätten, da sie sich mit der Zustimmung zu dem Sanierungskonzept besser gestellt hätten als mit einer Insolvenz.

Zwar kann davon ausgegangen werden, dass sich am Wirtschaftsleben Beteiligte grundsätzlich wirtschaftlich sinnvoll verhalten, aber nach dem eigenen Vortrag der Beklagten war auch die Nichtzustimmung zu dem Sanierungskonzeptes wirtschaftlich sinnvoll. Denn die Beklagte trägt in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.09.2016 vor, dass sich aus dem als Anlage B 26 vorgelegten Liquidationsgutachten vom 11.01.2012 (Anlage B 26) ergebe, dass im Falle einer Insolvenz mit einer Insolvenzquote von 20% zu rechnen gewesen wäre und dass diese Quote dann auch tatsächlich erzielt worden ist. Mithin hätten sich die Aktionäre, zumindest wenn sie nicht mehr mit einer wirtschaftlichen Erholung der Schuldnerin rechneten, durch eine Insolvenz besser gestellt als mit einer Zustimmung zu dem Sanierungskonzept.

(4) Ergebnis

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass erkennbar für die Schuldnerin im Anfechtungszeitraum kein für die Umsetzung wesentlicher Baustein des Sanierungskonzeptes mehr realisiert werden konnte. Aus den oben unter a) bis c) genannten Gründen musste sich der Schuldnerin aufdrängen, dass nur noch eine vage Hoffnung bestand, die Sanierung umzusetzen. Selbst wenn man einzelne der genannten Punkte anders beurteilen würde, ließe auch eine Gesamtschau nur den Schluss zu, dass das Sanierungskonzept im Anfechtungszeitraum bereits gescheitert war.

Entgegen der Ansicht der Berufung und auch einiger Stimmen in der Literatur ist hier nicht ein Fall gegeben, in dem externe Berater einen Sanierungsversuch nicht unternehmen können oder für ihren begonnenen Sanierungsversuch keine Entgeltzahlung erhalten.

Die Beklagte hat für ihre Bemühungen seit September 2011 (Vereinbarung vom 28.09.2011, = Anlage TW 2) eine Vergütung in Höhe von 2,1 Mio. Euro erhalten. Es geht in diesem Fall darum, wann aufgrund der konkreten Umstände erkennbar für die Schuldnerin kein schlüssiges und ernsthaftes Sanierungskonzept, das über das Stadium von Plänen hinausgekommen ist, gegeben ist. Hier hat die Schuldnerin erkennbar nur im Hinblick auf eine unbegründete Hoffnung den Geschäftsbetrieb weitergeführt. In dem Zeitraum vom 24.01.2012 bis zur Stellung des Insolvenzantrages ist ein weiterer Verlust in Höhe von 50 Mio. Euro eingetreten.

cc) Nicht recht nachvollziehbar ist, warum die Beklagte einwendet, dass das Landgericht den Einwand der bargeschäftsähnlichen Lage nicht geprüft habe. Nach dem Wortlaut des § 142 InsO ist dieser nicht auf § 133 Abs. 1 InsO anwendbar. Denn wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO vorliegen, ist die Leistung des Schuldners anfechtbar.

c) Die Beklagte hatte auch die erforderliche Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin.

Die Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz wird gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 InsO vermutet, wenn der Anfechtungsgegner weiß, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners droht und dass die jeweilige Handlung Gläubiger benachteiligt. Dabei steht der Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit auch im Rahmen von § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, ZIP 2009, 1966 [BGH 13.08.2009 – IX ZR 159/06]).

Die den finanziellen Schwierigkeiten der Schuldnerin zugrunde liegenden Tatsachen waren der Beklagten bekannt, weil sie ohne eine solche Kenntnis keine Beratung hätte durchführen können. Soweit die Beklagte bestreitet, Kenntnis von einem etwaigen, auf drohender Zahlungsunfähigkeit beruhenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt zu haben, beschränkt sie sich auf die Erklärung, stets von überwiegenden Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Stundung und Restrukturierung ausgegangen zu sein. Diese subjektive Einschätzung genügt jedoch nicht, um die Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit zu widerlegen. Vielmehr ist die Kenntnis des Anfechtungsgegners spiegelbildlich zum Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zu beurteilen, so dass sie nur ausgeschlossen ist, wenn die Sanierungsbemühungen nach den oben dargestellten Grundsätzen hinreichend aussichtsreich wären, was hier jedoch nach den obigen Ausführungen nicht der Fall gewesen ist.

Soweit die Beklagte meint, sie habe aufgrund des Umstandes, dass ihre rechtlichen Berater eine Fortführungsprognose bejaht hätten, keine Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz gehabt, handelt es sich erkennbar um eine Schutzbehauptung. Denn wie bereits ausgeführt hat der Managing Director der Beklagten, Herr I, am 24.01.2012 angefragt, ob das Sanierungskonzept gestoppt werden soll. Mithin haben bei der Beklagten Zweifel an der Durchsetzbarkeit des Sanierungskonzeptes bestanden. In dem Moment, in dem die Beklagte jedoch erkannte, dass die Umsetzung des Sanierungskonzeptes nicht sicher ist, hatte sie auch Kenntnis von dem Gläubigerbenachteilungsvorsatz der Schuldnerin.

d) Der Anspruch des Klägers auf Rückgewähr des vereinnahmten Betrages in Höhe von 1.585.394,04 € ist ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung am 01. Juli 2012 gemäß den §§ 143 Abs. 1 S. 1 InsO, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 BGB mit 5%-Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Zudem steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung der Vorschussforderung in Höhe von 117.215,00 EUR aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu. Denn eine Rechtshandlung ist nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, wenn der Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.

Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die Zahlung erfolgte im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, denn die Schuldnerin überwies den Betrag von 117.215,00 EUR am 30.03.2012 und am 03.04.2012 erfolgte der Antrag auf Insolvenzeröffnung seitens der Schuldnerin.

Zudem konnte die Beklagte die Befriedigung „nicht zu der Zeit“ beanspruchen.

„Nicht zu der Zeit“ zu beanspruchen ist eine Befriedigung, die nicht fällig, befristet oder betagt ist (Eberhardt Braun/Debora InsO, 6. Aufl., § 131 Rn. 16). Die Beklagte hat in der Rechnung vom 29.03.2012 (Anlage TW 10 = Bl. 69 d. A.) die Zahlung der 117.215,00 EUR als ein „Prepayment“ bezeichnet. Die Beratungsleistungen der Beklagten sind jedoch Dienstleistung und nach § 614 S. 1 BGB ist grundsätzlich der Dienstverpflichtete vorleistungspflichtig. Zwar kann ausnahmsweise auch eine Vorleistungspflicht des Dienstherren vereinbart werden, aber in der Honorarvereinbarung vom 22.09.2011, auf die die Beklagte in der Rechnung Bezug nimmt, ist eine solche nicht vereinbart.

Mithin konnte die Beklagte, da die Leistung noch nicht fällig wär, diese „nicht zu der Zeit“ verlangen.

Zwar bestreitet die Beklagte nunmehr, dass die Zahlung eine Vorschusszahlung dargestellt habe und behauptet, mit dieser Zahlung habe die Schuldnerin fällige Zahlungen aus dem Monat März 2012 beglichen. Im Hinblick darauf, dass sie selber diese Zahlung in der Rechnung vom 29.03.2012 als „Prepayment“ bezeichnet hat, ist das schlichte Bestreiten im Schriftsatz vom 01.09.2014 jedoch nicht ausreichend.

3. Im Hinblick auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 29.09.2016 ist eine Wiedereröffnung der Hauptverhandlung nicht veranlasst, § 156 ZPO.

Zwar behauptet die Beklagte darin, Kenntnis von Umständen erlangt zu haben, die entscheidungserheblich sein könnten, sie trägt diese jedoch nicht vor.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel kein Erfolg hat. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet seine Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der BGH hat bereits mehrfach entschieden, wann ein Sanierungskonzept geeignet ist, den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners entfallen zu lassen. Der Senat wendet diese Rechtsprechung lediglich auf einen Einzelfall an.

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