OLG Frankfurt am Main, 22.01.2015 – 26 Sch 19/14

April 11, 2019

OLG Frankfurt am Main, 22.01.2015 – 26 Sch 19/14
Tenor:

Der von dem Schiedsgericht, bestehend aus Rechtsanwalt A als Einzelschiedsrichter am 07.06.2013 erlassene Schiedsspruch, wird zugunsten der Antragstellerin im nachfolgenden Umfang für vollstreckbar erklärt:

„3.

Die Beklagte wird angewiesen, einen Betrag von 98.000,00 US-Dollar zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab (einschließlich) 17. Dezember 2010 an Herrn B zu zahlen.
4.

Die Beklagte wird angewiesen, einen Betrag von 72.000,00 US-Dollar zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab (einschließlich) 17. Dezember 2010 an Herrn C zu zahlen.“

Im weiteren wird der von dem Schiedsgericht, bestehend aus Rechtsanwalt A als Einzelschiedsrichter am 07.06.2013 erlassene Schiedsspruch zu Gunsten der Antragsgegnerin in Höhe eines Betrages von USD 210.000,00, berechnet auf die zu Ziffer 5) des Tenors ausgeurteilten Zinsen ab 08.03.2011, für vollstreckbar erklärt.

Die weitergehenden Anträge werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerin 55 % und die Antragsgegnerin 45 % zu tragen.

Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf bis zu € 290.000,00 festgesetzt.
Gründe

I.

Die Parteien haben vor dem Einzelschiedsrichter A in den Jahren 2011 bis 2013 ein Schiedsverfahren durchgeführt, wobei die hiesige Antragsgegnerin seinerzeit noch unter der Firmenbezeichnung D AG firmierte.

Durch Endschiedsspruch vom 07.06.2013 wurde die Schiedsbeklagte und hiesige Antragsgegnerin unter anderem verurteilt, einen Betrag in Höhe von USD 98.000,00 zuzüglich Zinsen an den Mitarbeiter der Antragstellerin, Herrn B (Tenor zu Ziffer 3), sowie weitere USD 72.000,00 nebst Zinsen an den Mitarbeiter der Antragstellerin, Herrn C (Tenor zu Ziffer 4) zu zahlen.

Die Schiedsklägerin und hiesige Antragstellerin wurde ihrerseits verurteilt (Tenor zu Ziffer 5) rund 2,86 Mio. USD nebst Zinsen an die Antragsgegnerin zu zahlen.

Wegen der Einzelheiten der schiedsrichterlichen Entscheidung wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Schiedsspruchs (Bl. 4 ff. d.A.) bzw. dessen auszugsweise deutsche Übersetzung (Anlage AS 7) Bezug genommen.

Mit Antragsschrift vom 21.07.2014 hat die Antragstellerin beantragt, den Schiedsspruch bezüglich der Ziffern 3) und 4) für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Sie ist der Ansicht, der begehrten Vollstreckbarerklärung stünden keine begründeten Einwände entgegen, zumal gegen den Schiedsspruch von keiner Seite ein Antrag auf gerichtliche Aufhebung gestellt worden ist. Etwaige Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO seien danach im hiesigen Verfahren nicht mehr zu berücksichtigen und auch unter dem Gesichtspunkt des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO seinen Anerkennungshindernisse nicht gegeben.

Die Antragstellerin beantragt,

den von dem Schiedsgericht, bestehend aus dem Rechtsanwalt A als Einzelschiedsrichter am 07.06.2013 erlassenen Schiedsspruch mit dem Tenor

3.

die Beklagte wird verurteilt an Herrn B einen Betrag von USD 98.000,00 samt Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2010 (inklusive) zu zahlen und
4.

die Beklagte wird verurteilt an Herrn C einen Betrag von USD 72.000,00 samt Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2010 (inklusive) zu zahlen,

für vollstreckbar zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1.

den Antrag der Antragstellerin vom 21.07.2014 auf teilweise Vollstreckbarerklärung zurückzuweisen,
2.

hilfsweise im Unterliegensfalle,

den von dem Schiedsgericht, bestehend aus Rechtsanwalt A als Einzelschiedsrichter am 07.06.2013 erlassenen Schiedsspruch unter Ziffer 5) mit dem Tenor,

die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte USD 2.859,688,41 plus Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 08.03.2011 (einschließlich) zu zahlen,

teilweise in Höhe von USD 210.000,00, berechnet auf die ausgeurteilten Zinsen ab 08.03.2011, für vollstreckbar zu erklären.

Die Antragsgegnerin bekräftigt ihre schon im Schiedsverfahren vorgebrachte Auffassung, wonach das Schiedsgericht für die zugunsten der Mitarbeiter der Antragstellerin ausgeurteilten Ansprüche nicht zuständig gewesen sei, da zwischen ihr und den Begünstigten keine Schiedsabrede existiere. Entsprechend fehle es auch an der Schiedsfähigkeit der zu Ziffern 3) und 4) des Schiedsspruchs tenorierten Ansprüche im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) ZPO.

Jedenfalls aber stehe dem Vollstreckbarerklärungsantrag der Antragstellerin der Einwand von Treu und Glauben entgegen. Obgleich der Schiedsspruch in weit überwiegendem Umfang zu Gunsten der Antragsgegnerin ergangen sei, weigere sich die Antragstellerin, die zu ihren Lasten ausgeurteilten Ansprüche zu erfüllen in dem Bewusstsein, dass eine Zwangsvollstreckung in Saudi-Arabien mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sei. Deses Verhalten könne im Rahmen des hiesigen Vollstreckbarerklärungsverfahrens nicht unberücksichtigt bleiben.

Die Antragstellerin beantragt,

den Hilfsantrag der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

A. Der Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung der zu Ziffern 3) und 4) des Schiedsspruchs titulierten Ansprüche ist gemäß § 1060 Abs. 1 ZPO statthaft und vor dem insoweit zuständigen Gericht (§ 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) gestellt.

Die Antragstellerin hat die formellen Voraussetzungen des § 1064 Abs. 1 ZPO durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift des englischsprachigen Schiedsspruchs vom 07.06.2013 erfüllt.

Auch bestehen gegen die hinreichende Bestimmtheit des Vollstreckbarerklärungsantrages keine Bedenken. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei den in Ziffern 3) und 4) des Tenors begünstigten Dritten um Mitarbeiter der Antragstellerin handelt. Im Zusammenhang mit den Gründen des Schiedsspruchs sind danach die Zahlungsempfänger, an die nach dem Schiedsspruch zu leisten ist, ausreichend bestimmt bezeichnet (vgl. hierzu Zöller-Stöber, ZPO, 30. Auflage 2014, Rdnr. 3 a.E. zu § 750 ZPO sowie Rdnr. 3 ff. zu § 704 ZPO).

Der Vollstreckbarerklärungsantrag ist auch begründet.

Soweit sich die Antragsgegnerin auf Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO beruft, ist die Antragsgegnerin mit diesen Rügen gemäß § 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO ausgeschlossen, da sie es unterlassen hat, den Endschiedsspruch fristgerecht und selbständig nach § 1059 ZPO anzugreifen. Nach dieser Vorschrift verengt sich der Prüfungsmaßstab des staatlichen Gerichts auf die Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn – wie hier – die Frist für einen Aufhebungsantrag nach § 1059 Abs. 3 ZPO abgelaufen ist, ohne dass ein Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt wurde (vgl. Musielak-Voit, ZPO, 11. Auflage 2014, Rdnr. 11 zu § 1060 ZPO; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage 2005, Kap. 27, Rdnr. 9).

Nach diesen Grundsätzen ist es der Antragsgegnerin verwehrt, im hiesigen Vollstreckbarerklärungsverfahren die Rüge der fehlenden Zuständigkeit des Schiedsgerichts nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c) ZPO bezüglich der zu Ziffern 3) und 4) tenorierten Ansprüche zu erheben. Dabei spielt es keine Rolle, dass sich die Antragsgegnerin bereits im Schiedsverfahren auf die fehlende Zuständigkeit des Schiedsgerichts für diese Ansprüche berufen hat (vgl. hierzu Rdnr. 396 ff. der auszugsweisen deutschen Übersetzung des Schiedsspruchs).

Da das Schiedsgericht davon abgesehen hat, über diese Frage durch einen möglichen Teil-Zwischenentscheid nach § 1040 Abs. 3 zu befinden, sondern seine Zuständigkeit auch für diese Ansprüche im Endschiedsspruch bejaht hat, hätte die Antragsgegnerin, um ihre Rechte zu wahren, ein Aufhebungsverfahren einleiten müssen (vgl. hierzu Zöller-Geimer, a.a.O., Rdnr. 8 zu § 1040 ZPO; Schwab/ Walter, a.a.O., Kap. 16, Rdnr. 12; Musielak-Voit, a.a.O., Rdnr. 9 zu § 1040 ZPO). Es ist daher im hiesigen Verfahren nicht zu prüfen, ob der Schiedsspruch (auch) eine Streitigkeit betrifft, die nicht unter die Bestimmungen der Schiedsklausel i.S.v. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c) ZPO fällt, da dieser Prüfung § 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO entgegensteht.

Ebensowenig liegen Versagungsgründe gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vor.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin unterfällt die behauptete fehlende Zuständigkeit des Schiedsgerichts für die zugunsten der Mitarbeiter der Antragstellerin zuerkannten Ansprüche nicht der Vorschrift des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) ZPO. Diese Norm betrifft allein die objektive Schiedsfähigkeit des Streitgegenstands nach deutschem Recht und damit die abstrakte Tauglichkeit der Streitsache als Gegenstand einer Schiedsvereinbarung (vgl. Müko-Münch, a.a.O., Rdnr. 11 zu § 1059 ZPO mit Verweis auf Rdnr. 11 zu § 1030 ZPO), die vorliegend zweifellos gegeben ist.

Weitere Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) ZPO (ordre public) sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Auch der von der Antragsgegnerin geltend gemachte Einwand der Treuwidrigkeit vermag die Zurückweisung des Vollstreckbarerklärungsantrages der Antragstellerin nicht zu rechtfertigen. Denn eine Vollstreckbarerklärung scheidet nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) ZPO nur dann aus, wenn der Schiedsspruch selbst oder das ihm zugrundeliegende Verfahren an einem schwerwiegenden Mangel leidet und dessen Anerkennung damit zu einem Ergebnis führen würde, welches mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (vgl. BGH, NJW 2014, 1597 f.).

Die spätere Weigerung der Antragstellerin, den Schiedsspruch freiwillig zu erfüllen, kann danach auch mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten einer zwangsweisen Durchsetzung des Titels im Ausland unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Zurückweisung des Vollstreckbarerklärungsantrages führen.

B. Der somit zur Entscheidung stehende Hilfsantrag der Antragsgegnerin auf teilweise Vollstreckbarerklärung der zu Ziffer 5) des Schiedsspruchs ausgeurteilten Zinsen in Höhe von USD 210.000,00 ist ebenfalls zulässig und begründet.

Die Zuständigkeit des Senats zur Entscheidung über diesen Antrag folgt wiederum aus § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO.

Gründe, die einer Anerkennung dieses Vollstreckbarerklärungsantrages nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO entgegenstehen könnten, hat die Antragstellerin weder begründet geltend gemacht noch sind von Amts wegen zu berücksichtigende Anerkennungshindernisse nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ersichtlich. Vielmehr geht die Antragstellerin selbst von der uneingeschränkten Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs aus.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 92 Abs. 2 ZPO, § 1064 Abs. 2 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO und entspricht der Summe der in diesem Verfahren wechselseitig zur Vollstreckung zugelassenen Forderungen.

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