OLG Frankfurt am Main, 22.12.2015 – 16 U 71/15

März 24, 2019

OLG Frankfurt am Main, 22.12.2015 – 16 U 71/15
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten gegen das am 5. März 2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-03 O 188/14, wird dieses wie folgt abgeändert:

Die Beklagte bleibt verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, jeweils zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, in der im Ärztebewertungsportal www.(…).de der Beklagten in der dort die Klägerin betreffenden Bewertung vom … 2013 die nachfolgenden Äußerungen zu verbreiten:

„Wie später erfahren. Behandlungsbedarf an der Stirn lag vor. Wurde nicht empfohlen.

Behandlung 6,0

Aufklärung 6,0

Vertrauensverhältnis 6,0″

Die Beklagte bleibt ferner verurteilt, an die Klägerin 887,03 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten zu 80 % und der Klägerin zu 20 % auferlegt.

Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf EUR 10.000,- festgesetzt.
Gründe

A.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ihre Verurteilung zur vollständigen Löschung einer Bewertung der Klägerin als Ärztin auf dem von ihr betriebenen Ärztebewertungsinternetportal www.(…).de vom … 2013 und die Verurteilung zur Zahlung von Abmahnkosten an die Klägerin. Die Beklagte veröffentliche dort an diesem Tag die folgendes, wie aus Anlage K 4, Bl. 14 d.A ersichtlich:

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit dem der Beklagten am 13. März 2015 zugestellten Urteil vom 5. März 2015 der Klage stattgegeben und die Beklagte dazu verurteilt, es zu unterlassen, die beanstandete Bewertung in ihrem Internetportal zu verbreiten. Ferner hat das Gericht die Beklagte verurteilt, vorgerichtliche Abmahnkosten in Höhe von EUR 887,03 zu bezahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei der beanstandeten Äußerung um eine Tatsachenbehauptung und nicht um eine Meinungsäußerung handele. Die Beklagte habe im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast die Wahrheit der Tatsachen nicht ausreichend dargelegt. Denn die Klägerin habe insgesamt bestritten, der vom Autor der streitgegenständlichen Bewertung beschriebene Vorfall habe sich überhaupt nicht ereignet. Auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Hiergegen hat die Beklagte am 10. April 2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 15. Juni 2015 am 12. Juni 2015 begründet.

Die Beklagte rügt Rechtsfehler des Landgerichts. Es handele sich bei der angegriffenen Bewertung im Portal der Beklagten um eine Meinungsäußerung. Die einzelnen schlagwortartigen Aussagen könnten nicht als eigenständige Behauptung einzelner bestimmter Tatsachen verstanden werden. Es ergebe sich aus dem Gesamtkontext der Äußerung die Aussage, dass der Autor der Bewertung behaupten wolle, die Klägerin habe die Vorsorgeuntersuchung aus seiner Sicht nicht mit der gebotenen Sorgfalt vorgenommen, so dass ein aus Sicht des Patienten bestehender Behandlungsbedarf nicht empfohlen wurde. Dies ergebe sich bereits aus der Überschrift der Bewertung, die die auch als zu kurz empfundene Vorsorgeuntersuchung thematisiere und die Folgen der zu flüchtigen Untersuchung in den Mittelpunkt stelle. Dabei habe der Autor lediglich subjektiv den Behandlungsverlauf beschrieben und dabei die aus Sicht des Patienten maßgeblichen Behandlungsschritte geschildert. Die Bewertung enthalte nicht die Behauptung, die Beklagte habe im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung eine Krebserkrankung und deren notwendige Behandlung übersehen. Die Behauptung sei objektiv mehrdeutig, sie könne auch so verstanden werden, dass für eine (auch von der Klägerin) gesehene Hautveränderung keine Behandlung empfohlen wurde, obwohl aus Sicht des Autors sich später Behandlungsbedarf ergeben habe.

Die Beklagte ist der Ansicht bei Mehrdeutigkeit einer Äußerung, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem Schutz der Meinungsäußerung Vorrang zu gewähren. Gemessen an den für Meinungsäußerungen geltenden Kriterien sei diese hinzunehmen, da die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten sei. Im Übrigen habe das Oberlandesgericht Frankfurt in einer Entscheidung vom 8. März 2012 (…) entschieden, dass ein Arzt es hinnehmen müsse, wenn seine Leistungen in einem frei zugänglichen Internetportal kritisch bewertet würden, da Ärzte sich in ihrem beruflichen Umfeld allgemeinen Marktmechanismen stellen müssten. Dabei sei die Vergabe von Benotungen hinzunehmen, da diese gerade die individuelle Bewertung der Behandlung durch den Patienten wertend zum Ausdruck bringen würden. Die Beklagte sei mit der Vorlage der geschwärzten Nachweise ihrer Darlegungslast nachgekommen. Die Anonymisierung der Autoren von Arztbewertungen sei im Internet von der Rechtsprechung des BGH als systemimmanent aus datenschutzrechtlichen Gründen hinzunehmen. Denn der Bewertende müsse darauf vertrauen können, dass seine Bewertung anonym bleibe. Da das Arzt-Patientenverhältnis besonders sensibel sei, habe eine schlechte Bewertung für Patienten regelmäßig zur Folge, dass der Arzt gewechselt werden müsse, was für den Patienten nicht zumutbar sei. Denn gerade in ländlichen Gebieten könne dies bedeuten, dass der Patient seine negative Meinung zur Behandlung nicht äußern könne, ohne zu riskieren, ohne ärztliche Versorgung dazustehen. Es genüge für die sekundäre Darlegungslast, wenn ein Nachweis für eine erfolgte Behandlung vorgelegt und zu deren Inhalt Zeugenbeweis anboten werde. Zu den näheren Umständen der Behandlung komme es für die Darlegungslast bei einer Meinungsäußerung wie hier nicht an.

Hilfsweise wird geltend gemacht, es könne nur der beanstandete Satz „Wie später erfahren. Behandlungsbedarf an der Stirn lag vor. Wurde nicht empfohlen.“ untersagt werden, die übrige Beurteilung könne einschließlich der Benotungen Bestand haben.

Die Beklagte beantragt,

das am 5. März 2015 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-03 O 188/14, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung. Sie ist der Auffassung bei der Aussage handele es sich um eine Tatsachenbehauptung, die falsch sei und deren Wahrheitsgehalt aufgrund der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht bewiesen sei. Aus der Rechnung der Anlage B 4 ergebe sich nicht die Dauer der Behandlung, die in der Äußerung behauptete Fehldiagnose werde durch nichts belegt. Auch die – in weiten Teilen unkenntlich gemachte – Stellungnahme der Anlage B 2 komme kein Beweiswert zu, da zu den näheren Umständen der Behandlung sich nichts entnehmen lasse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

(§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)

Die Berufung ist zulässig (§§ 511, 517 ff. ZPO). Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Auf die Berufung war das Urteil des Landgerichts teilweise wie erkannt abzuändern. Die Klägerin kann von der Beklagten nach §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG die Unterlassung der Äußerungen

„Wie später erfahren. Behandlungsbedarf an der Stirne lag vor. Wurde nicht empfohlen.“

und die Notenbewertungen

„Behandlung 6,0

Aufklärung 6,0

Vertrauensverhältnis 6,0″

verlangen. Wegen der weitergehenden Äußerungen steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu.

1. Ohne Erfolg richtet sich die Berufung gegen die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Angaben „Wie später erfahren, Behandlungsbedarf an der Stirne lag vor. Wurde nicht empfohlen.“ und der darauf bezogenen Notenbewertung „Behandlung, Aufklärung“ und die dazu gehörigen Noten.

a. Ohne Rechtsfehler geht die Kammer des Landgerichts davon aus, dass die Beklagte für Beiträge auf dem von ihr als Betreiberin bereitgestellten Ärztebewertungsportal www.(…).de als Störerin verantwortlich war, wenn sie Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt und deren weitere Verbreitung, obwohl die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verletzt sind, nicht für die Zukunft unterbindet. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10 – Blog Eintrag, zitiert nach juris Rz 24 ff. mwN) und des Europäischen Gerichtshofs, dieser zur Verantwortlichkeit für Markenrechtsverletzungen (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 – C 324/09 – Leitsatz 6, Rz 123 ff. -L’Oréal/eBay). Die Haftungsbefreiung für die Verantwortlichkeit für fremde Inhalte nach § 10 TMG greift vorliegend nicht, da diese Vorschrift nur die strafrechtliche Verantwortung und die Schadensersatzhaftung des Informations- und Kommunikationsdiensteanbieters ausschließt, nicht aber Unterlassungs- und Löschungsansprüche betrifft (st. Rspr.: BGH Urteil vom 23. Juni 2006 – VI ZR 196/08 – „Spick-mich“, zitiert nach juris Rz 12 ff.). Die Beklagte hatte seit dem 23. Dezember 2013 durch den Hinweis der Klägerin in dem von der Beklagten hierfür eingerichteten Problemmeldeverfahren Kenntnis erhalten, der Hinweis war konkret genug gefast, um im Rahmen der ihr dabei zumutbaren Ermittlungen das Bestehen einer Rechtsverletzung eigenverantwortlich zu bewerten. Wie der Senat am 8. März 2012 bereits entschieden hat (…) müssen sich Ärzte zwar in ihrem beruflichen Umfeld, das äußerungsrechtlich der Sozialsphäre zuzuordnen ist, auch dem Wettbewerb und damit auch kritischer Bewertung ihrer Leistungen in Internetportalen stellen und dabei hinnehmen, dass die Bewertung ihrer fachlichen Tätigkeit mit Notenwerten versehen werden, die den Schulnoten entlehnt sind. Ob hier der gesetzte Rahmen eingehalten ist, hängt davon ab, ob man die Bewertung – mit dem Landgericht – als Tatsachenbehauptung oder als Meinungsäußerung auffasst.

b. Im Ergebnis zutreffend bewertet das Landgericht die beanstandete Äußerung als Tatsachenbehauptung und nicht als Werturteil. Dabei kann es aber am Ende nicht offen bleiben, ob eine Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil in der Äußerung liegt und welcher konkrete Aussagegehalt letztlich der angegriffenen Äußerung vom Gericht zugemessen wird. Denn danach bemisst sich im Ergebnis erst die zu stellenden Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast der Beteiligten.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine Tatsachenbehauptung vor, wenn die Äußerung sich auf etwas tatsächlich Geschehenes oder einen tatsächlichen Zustand bezieht und grundsätzlich dem Beweis zugänglich ist, Meinungsäußerungen sind dagegen durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens bzw. Meinens geprägt (BGH aaO – Spick-mich, Rz 33 ff mwN). Dabei kann eine Äußerung, die jedenfalls auch einen tatsächlichen Kern aufweist, dennoch als Meinungsäußerung bewertet werden, wenn insgesamt ihr Charakter als bewertende Äußerung, als Werturteil insgesamt überwiegt (BGH aaO mwN). Maßstab ist dabei der Empfängerhorizont des durchschnittlichen Verkehrsteilnehmers. Komplexe Äußerungen sind entsprechend dem Gesamtzusammenhang zu würdigen (Wenzel /Burkhard, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung 5. Aufl. 2003,Kap. 4 Rz 52). Hat ein Teil der Äußerung tatsächlichen Charakter während andere Teile wertende Elemente enthält, bedarf es einer Gesamtwürdigung aller Teile (Wenzel aaO). Ist der tatsächliche Gehalt einer Äußerung substanzarm, kann dies ein Indiz für das Überwiegen des Wertungscharakters bilden.

Die Auslegung, die die Beklagte der angegriffenen Bewertung in ihrem Internetportal in der Berufung geben will, überzeugt den Senat nicht. Es liegt zwar eine Gesamtbewertung eines Arztbesuchs durch den Bewertenden bei der Klägerin vor. Dennoch liegt in der Kurzbeschreibung des Arztbesuchs für den Leser insgesamt die Äußerung, die Klägerin habe im Rahmen der Hautkrebsvorsorgebehandlung einen behandlungsbedürftigen Hautkrebs des Bewertenden übersehen. Die schlagwortartigen Stichpunkte bilden dabei den Tatsachenkern, aus der sich die Bewertung in Notenform unmittelbar ableitet. Dabei beschreiben diese, auf Schlagworte verkürzt, den tatsächlichen Verlauf des Arztbesuchs nach Dauer (10 Minuten), Art der durchgeführten Untersuchung („Ansehung des Körpers“), seinen Kosten (EUR 48 kassiert“) die schließlich mit der Wendung „…und Tschüss“ abgeschlossen war. Entscheidende Prägung für den Äußerungsgehalt dieser Gesamtaussage kommt dabei der als Überschrift gesetzten einführenden und blickfangartig herausgestellten Wendung „Hautkrebsvorsorge Termin“ zu. Mit diesem Schlagwort beschreibt der Bewertende den eigentlichen Gegenstand der Bewertung der Klägerin: Die Qualifikation der Klägerin im Rahmen einer Untersuchung zur Hautkrebsvorsorge. Dieses Schlagwort hat der Leser des angesprochenen Verkehrskreises auch deutlich in Erinnerung, wenn er nachfolgend den Satz liest „Wie später erfahren. Behandlungsbedarf an der Stirn lag vor. Wurde nicht empfohlen“. Die danach der Klägerin gestellte Aufgabe war „Hautkrebsvorsorge“. Das bedeutet, der Arzt muss den Körper sorgfältig auf relevante Hautveränderungen untersuchen, die Hautkrebs sind oder Hautkrebs werden können. Zu Verdachtsbefunden hat er dem Patienten eine Empfehlung abzugeben. Dies ist – aus Sicht des medizinischen Laien – entscheidender Gegenstand einer Hautkrebsvorsorgeuntersuchung. Die von der Beklagten gefundene Auslegung des Sinngehalts der Äußerung findet dagegen keine Stütze im Gesamtkontext. Gerade die schlagwortartige Fassung der Äußerung lässt für den Leser wenig Wertungsspielraum zu und ist aus dem konkreten Kontext heraus auch nicht mehrdeutig, wie die Beklagte rügt. Das Wort „Behandlungsbedarf“ wird auf den Kontext der der Klägerin an diesem Tag gestellte Aufgabe „Hautkrebsvorsorge“ bezogen. Verstärkt wird dieser Äußerungsgehalt durch den „Rotdruck“ der Noten. Denn nach dem hier allgemeinem Wahrnehmungsverständnis wird die Signalfarbe Rot als „Stopp-“ oder Warnungszeichen für Gefahr aufgefasst, ohne dass dies vertieft reflektiert wird. Die Aufgabe „Hautkrebsvorsorge“ wird also nicht nur ungenügend („6,0“) gelöst, sondern es muss sogar deutlich mit der Signalfarbe rot davor gewarnt werden. Zwar liegt in der Notenvergabe selbst nach allgemeinem Sprachgebrauch eine subjektive Bewertung und stellt selbst ein Werturteil dar. In dem hier gegebenen Zusammenhang ist aber Kern der Information für den Lesenden der Tatsachenkern für diese daraus nur abgeleitete Bewertung. Der Bewertende war in der Praxis der Klägerin zur Hautkrebsvorsorge und hat – weil diese nur flüchtig geschaut hat – von dieser nicht von einem tatsächlich bestehenden Behandlungsbedarf an der Stirn erfahren. Die Bewertung der Hautkrebsvorsorgeuntersuchung „steht und fällt“ gleichsam mit der Behauptung, die Ärztin habe einen Behandlungsbedarf an der Haut an der Stirn dem Bewertenden ungenügend mitgeteilt.

c. Nicht zu beanstanden sind die Ausführungen der Kammer des Landgerichts zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des Unterlassungsanspruchs. Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Ferner trifft es zu, dass die Beklagte – soweit dies für die Angabe von Belegtatsachen nicht unerlässlich ist – nicht die Anonymität des Bewertenden preisgeben muss (BGH vom 23.09.2014 – VI ZR 358/13 – zitiert nach juris, Rn 32 ff). Da zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Klägerin bei dem Bewertenden offensichtlich keinen Befund übersehen hat, der sich nachträglich als Hautkrebs erwiesen hat, hat die Beklagte diesen Teil der Äußerung in dem vom Senat festgelegten Umfang unterlassen. Denn die Unterkategorien „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“ beruhen im Kern auf der untersagten Äußerungen und bilden insoweit einen einheitliche Gesamtäußerung.

2. Entgegen der Bewertung des Landgerichts besteht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht für die übrigen Elemente der Bewertung, die insoweit selbständig zu beurteilen sind. Danach können die weitergehenden Äußerungen „10 Min. flüchtige Ansehung des Körpers, 48 € kassiert und Tschüss“ als eigenständige Äußerungen aufrechterhalten bleiben nebst den hierzu gehörigen Schulnoten mit den Elementen „Genommene Zeit“, „Freundlichkeit“ und „alternative Heilmethoden“. Denn es handelt sich um eigenständige und von der übrigen Bewertung unabhängige Elemente, die für sich gesehen einen eigenständigen Äußerungsgehalt haben. Sie sind auch nicht unwahr. Denn aufgrund der vorlegten Rechnung hat die Beklagte hinreichend belegt, dass der Bewertende die Praxis der Klägerin aufgesucht hatte und hierfür 48 € zu entrichten war. Hiergegen richtet sich die Klägerin im Übrigen mit ihren Ausführungen auch nicht. Der Tenor war insoweit, wie geschehen, entsprechend dem hilfsweise geltend gemachten Begehren einzuschränken.

3. Die Ausführungen des Landgerichts zum Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Abmahnkosten sind rechtfehlerfrei. Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung nimmt der Senat Bezug. Auch wenn sich der Unterlassungsanspruch nur auf einen Teil der Bewertung rechtfertigt, war hierfür der Ausspruch einer Abmahnung geboten.

4. Die Kosten des Rechtsstreits waren auf der Grundlage des § 92 ZPO verhältnismäßig zu teilen. Dabei war es gerechtfertigt, die Beklagte mit 80 % und die Klägerin mit 20 % der Kosten zu belasten. Denn das Schwergewicht der Bewertung liegt deutlich in den nunmehr untersagten Äußerungen des Bewertenden. Denn bei Arztbesuchen ist vor allem die Einschätzung der Qualität der Behandlung, der Aufklärung und das Vertrauensverhältnis entscheidend. Diese Angaben prägten auch die Gesamtäußerung stark. Die noch zulässigen Teile fallen demgegenüber nicht so stark ins Gewicht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Streitwert war mit EUR 10.000,- festzusetzen. Es ist die Berufsausführungsfreiheit der Klägerin betroffen, die Bewertung ihrer Vorsorgeuntersuchung hat erhebliches wirtschaftliches Gewicht.

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