OLG Frankfurt am Main, 23.02.2015 – 17 U 11/15

April 10, 2019

OLG Frankfurt am Main, 23.02.2015 – 17 U 11/15
Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand im Hinblick auf die Versäumung der Berufungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Klägers gegen das am 12.11.2014 verkündete Urteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsrechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Der Gegenstandswert für die Berufung wird auf 180.000 € festgesetzt.
Gründe

Das vorbezeichnete klageabweisende Urteil wurde dem Kläger zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 13.11.2014 zugestellt.

Die an das Landgericht Frankfurt am Main adressierte Berufung gegen das vorgezeichnete Urteil ging bei den Justizbehörden am 10.12.2014 ein und wurde nach Vorlage an den beim Landgericht zuständigen Einzelrichter von diesem unter dem 19.12.2014 an das Oberlandesgericht weitergeleitet. Dort ging sie am 9. Januar 2015 ein. Mit Schriftsatz vom 12.11.2015 – beim Oberlandesgericht eingegangen am 13. Januar 2015 – wurde die Berufung begründet und gleichzeitig beantragt, dem Kläger gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers macht geltend, er habe seine Büroangestellte Frau X angewiesen, nach Diktat einen Berufungseinlegungsschriftsatz zu fertigen, wobei sowohl die Anschrift an das Oberlandesgericht Frankfurt als auch der Inhalt des Berufungseinlegungsschriftsatzes diktiert worden sei. Am 10.12.2014 sei der Entwurf des Berufungseinlegungsschriftsatzes entsprechend dem Diktat angefertigt worden, doch sei entgegen dem Diktat das Landgericht in Frankfurt am Main als Adressat angegeben worden. Zu dieser falschen Adressierung sei es gekommen, weil bei der Fertigung des Berufungseinlegungsschriftsatzes eine Vorlage aus dem erstinstanzlichen Verfahren vor dem Landgericht in Frankfurt verwendet und dabei versehentlich nicht die im Schriftsatz angegebene Adresse geändert worden.

Bei Durchsicht der bereits auf dem Briefbogen der Kanzlei ausgefertigten Berufungseinlegungsschrift sei dem Prozessbevollmächtigten der Fehler im Adressfeld aufgefallen und handschriftlich sowohl auf der ersten Seite des Schriftsatzes sowie auf der beglaubigten Abschrift korrigiert worden – das Landgericht Frankfurt als Adressat sei durchgestrichen und daneben jeweils „OLG Frankfurt“ vermerkt worden. Das zweite Blatt des Berufungseinlegungsschriftsatzes sowie das zweite Blatt der beglaubigten Abschrift, auf dem sich keine Fehler befunden hätten, habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers unterschrieben, sodann Frau X in sein Büro gerufen, die falsche Adressierung angemerkt und den richtigen Adressaten genannt und sie angewiesen, lediglich die erste Seite des Originals der beglaubigten sowie der einfachen Abschrift auszutauschen, da der Schriftsatz auf der zweiten korrekten Seite bereits unterzeichnet worden war.

Die Korrektur von Schriftsätzen sei im Büro des Unterzeichners generell so organisiert, dass nach der ersten Korrekturanweisung durch den zuständigen Rechtsanwalt die Korrekturen umgehend ausgeführt und sodann der Schriftsatz dem jeweiligen Rechtsanwalt ein weiteres Mal zur Durchsicht vorgelegt werde.

Die zuständige Büroangestellte habe dann zwar die erste Seite des Berufungsschriftsatzsatzes sowie der beglaubigten und einfachen Abschrift noch einmal auf dem Briefbogen der Kanzlei ausgedruckt, jedoch infolge einer Unachtsamkeit vergessen, die Adressenkorrektur durchzuführen. Hierzu sei es nach Angaben der Büroangestellten X gekommen, weil sie, neben der sowieso bestehenden Arbeitsüberlastung vor Weihnachten, an diesem Tag mehrfach durch eingehende Mandantenanrufe in ihrer Arbeit ständig unterbrochen worden sei. Frau X habe dann den in einer Mandantenbesprechung befindlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht stören wollen und den Schriftsatz dem studentischen Mitarbeiter mitgegeben, der gerade – wie täglich – die Kanzlei verlassen wollte um das bei den Justizbehörden Frankfurt bestehende Gerichtsfach zu leeren und der dann die Berufungsschrift bei der Poststelle der Justizbehörde Frankfurt am Main abgegeben habe. Frau X – eine geschulte und zuverlässige Bürokraft, die bereits im Jahre 1997 ihre Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten erfolgreich abgeschlossen habe – habe von 1997 bis 2001 und dann ab April 2012 stets zuverlässig, fehlerfrei und korrekt gearbeitet.

Zur Glaubhaftmachung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Richtigkeit der Angaben anwaltlich versichert und eine eidesstattliche Versicherung der Frau X eingereicht, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Anlage 1 = Blatt 505, 506 d. A.).

Der Kläger macht weiter geltend, dem Landgericht Frankfurt sei es auch möglich gewesen, die Fristversäumung zu vermeiden, gehe doch aus dem Berufungseinlegungsschriftsatz offensichtlich hervor, dass es sich um eine Berufung handele, während auch das Aktenzeichen des Landgerichts als Aktenzeichen erster Instanz gekennzeichnet worden sei.

Der Schriftsatz sei außerdem so rechtzeitig beim unzuständigen Landgericht eingegangen, dass die fristwahrende Weiterleitung an das zuständige Oberlandesgericht in Frankfurt im ordentlichen Geschäftsgang habe erwartet werden können.

Die Berufung des Klägers war gemäß § 522 Abs. 1 i.V.m. § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsfrist von einem Monat ab Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils nicht eingehalten worden ist.

Die Berufungsfrist von einem Monat lief ob der Zustellung am 13.11.2014 am Montag, den 15.12.2014 aus. Der Schriftsatz ging erst nach Ablauf dieser Frist am 9. Januar 2015 beim Oberlandesgericht ein und wurde vom Landgericht an das Oberlandesgericht Frankfurt weitergeleitet unter dem 19.12.2014. Bereits zu diesem Zeitpunkt war die Berufungsfrist abgelaufen.

Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand konnte dem Kläger nicht gewährt werden.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist zwar form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 234, 236 ZPO.

Die Voraussetzung einer unverschuldeten Fristversäumnis gemäß § 233 ZPO ist aber nicht gegeben, denn der Kläger muss sich das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumnis zurechnen lassen, § 85 Abs. 2 ZPO.

Zwar hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausweislich seines glaubhaft gemachten Vorbringens die von seiner Angestellten gemäß Diktat gefertigten Rechtsmittelschrift sorgfältig geprüft und ihm ist der Fehler hinsichtlich der Bezeichnung des Berufungsgerichts auch aufgefallen. Dem Erfordernis, die Rechtsmittelschrift vor deren Unterzeichnung auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit, darunter auch auch die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts zu überprüfen, ist er jedoch nur teilweise nachgekommen (vgl. dazu BGH- Beschluss vom 05.06.2013 – XII ZB 47/10, MDR 2013, 1061 bis 1062 mwN.).

Indem er seine Angestellte angewiesen hat, die Adresse gemäß seiner handschriftlichen ausgeführten Korrektur auf dem ersten Blatt der Berufungseinlegungsschrift wie der beglaubigten Abschrift zu korrigieren und die Ausfertigung dieses korrigierten Blattes 1 dann auszutauschen, wobei das bereits unterschriebene Blatt 2 beibehalten werden sollte, hat er die berufungsbedingt strenge Sorgfalt außer Acht gelassen.

Die weitere generelle Anweisung, die hier nicht auf dem konkreten Einzelfall bezogen war, Korrekturen umgehend auszuführen und dann dem jeweiligen Rechtsanwalt ein weiteres Mal zur Durchsicht vorzulegen, war im konkreten Fall nicht geeignet, sicherzustellen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Die sofortige Korrektur, die alleine sichergestellt hätte, dass die mündliche Anweisung nicht in Vergessenheit gerät, war angesichts der Organisation der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers, wie sie aus seinem Vortrag wie der eidesstattlichen Versicherung der Frau X vorgeht, nicht dazu angetan, eine sofortige Korrektur sicherzustellen, bestand doch im Dezember 2014 eine hohe Arbeitsauslastung und war Frau X für die Annahme von Telefongesprächen zuständig, mit der Folge, dass sie bei Durchführung der Korrektur mehrfach unterbrochen wurde. Hier ist überhaupt nicht ersichtlich, dass überhaupt irgendetwas korrigiert wurde, denn weitere Verbesserungen auf dem ersten Blatt der Berufungseinlegungsschrift sind nicht angegeben worden.

Da eine konkrete Einzelanweisung, den gesamten Schriftsatz nach Austausch der ersten Seite noch einmal vorzulegen, unterblieb und die zweite Seite und die beglaubigten Abschriften bereits unterschrieben waren, hätte ob der besonderen Arbeitsauslastung der Angestellten, die den Schriftsatz gefertigt hat und die die Korrektur ausführen sollte, die Unterschrift unter den jeweiligen Seiten zwei der Schriftsätze unterbleiben müssen. Denn mangels konkreter Anweisung der Wiedervorlage zur Überprüfung lag hier sehr nahe, dass ein schlichter Austausch der Seite 1 unter sofortiger Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht ohne erneute Vorlegung an den Rechtsanwalt zur Überprüfung erfolgen könnte. Statt die der Angestellten aufgegebene Korrektur dieser zu überlassen, hätte sich die Nichtausführung der Korrektur nur verhindern lassen, wenn konkret die Anweisung erteilt worden wäre, den Schriftsatz zur erneuten Überprüfung jedenfalls vorzulegen oder aber die Unterschrift unter die jeweiligen Seiten 2 bis zur Durchführung der Korrektur zu unterlassen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 97 ZPO.

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.