OLG Frankfurt am Main, 26.01.2015 – 24 W 4/15

April 11, 2019

OLG Frankfurt am Main, 26.01.2015 – 24 W 4/15
Tenor:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf bis 1.000,00 € festgesetzt.
Gründe

1.

Hinsichtlich der sofortigen Beschwerde, mit der sich der Beklagte gegen die Auferlegung der Kosten auf die beteiligte Kostenschuldnerin wendet, ist schon die Zulässigkeit fraglich, da der Beklagte nicht beschwert sein dürfte. Die Zulässigkeit der Beschwerde setzt die Beschwer des Beschwerdeführers voraus. Ist der Beschwerdegegenstand vermögensrechtlicher Art (insb. Kostenentscheidungen, Zwangsvollstreckung), so setzt die Beschwer voraus, dass der Beschwerdeführer bei Erfolg seines Rechtsmittels wirtschaftlich in nicht nur unerheblichen Ausmaß besser gestellt wäre (Zöller-Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 567, Rz. 5 mwN).

Selbst bei fehlerhafter Vorentscheidung fehlt für die sofortige weitere Beschwerde das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die erstrebte Abänderung die wirtschaftliche Stellung des Beschwerdeführers nicht verbessern kann (OLG Köln, Beschluss vom 08. September 1986 – 2 W 253/86 -, juris, NJW-RR 86, 1509).

Vorliegend begehrt der Beklagte lediglich den Austausch des Kostenschuldners, von dem er seine außergerichtlichen Kosten verlangen könnte: Statt der scheinbar Prozessbevollmächtigten soll der Kläger die Kosten des Rechtsstreits tragen. Eine wirtschaftliche Besserstellung des Beklagten könnte also allenfalls in den verbesserten Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten liegen, die vorliegend nicht ohne Weiteres ersichtlich sind. Zwar wurde über das Vermögen der scheinbar Prozessbevollmächtigten am 01.06.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet, über die Befriedigungsaussichten der Gläubiger ist hingegen ebenso wenig bekannt, wie über die Vermögenssituation des Klägers, der jedenfalls zu den Geschädigten der A gehört und seinen Angaben nach sein Geld verloren hat, so dass sich eine wirtschaftliche Verbesserung des Beklagten durch eine dem Kläger auferlegte Kostentragungspflicht nicht feststellen lässt.

Im Übrigen hat der Prozessgegner kein berechtigtes Interesse, wegen der ihm entstandenen Kosten die vollmachtlos vertretene Partei in Anspruch nehmen zu können. Würde sie in die Kosten verurteilt, stünde ihr der Nichtigkeitsgrund des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zur Seite (MünchKomm, von Mettenheim, ZPO, 3. Aufl., § 89 Rz. 14).

2.

Dies kann aber dahingestellt bleiben, da die Beschwerde des Beklagten unbegründet ist.

Der Einwand des Beklagten, die Kostenentscheidung des Landgerichts sei für ihn überraschend gewesen, erweist sich als unbegründet, da das Landgericht mit Schreiben vom 14.11.2014 (Bl. 85 d. A.) darauf hingewiesen hatte, dass es erwäge, nach dem Verursacherprinzip die Kosten der angeblichen Prozessbevollmächtigten des Klägers zuzuweisen.

Soweit der Beklagte ferner beanstandet, dass das Landgericht von einer Abtretung ausgehe, sei er auf seinen eigenen Vortrag in den Schriftsätzen vom 10.06.2014 und 24.07.2014, Bl. 34, 42 d. A. verwiesen, wonach dem Kläger infolge der Abtretung die Aktivlegitimation fehle.

Im Übrigen ergibt sich die Unbegründetheit der Beschwerde aus den nachfolgenden Gründen der Unbegründetheit der Beschwerde der scheinbar Prozessbevollmächtigten.

3.

Deren Beschwerde ist, obwohl sie nicht Partei des Rechtsstreits war, statthaft: Sind die Kosten des Rechtsstreits einem Dritten auferlegt worden, weil er das Verfahren als nicht berechtigter Vertreter geführt habe, so ist für den Angriff des Dritten auf seine Kostenbelastung die sofortige Beschwerde statthaft (BGH, Urteil vom 24. Juni 1987 – IVb ZR 5/86 -, juris).

Die scheinbar Prozessbevollmächtigte hat im Namen des Klägers Ansprüche gegen den Beklagten geltend gemacht, obwohl sie dazu nicht bevollmächtigt war. Dies ergibt sich aus den vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluss und dem Nichtabhilfebeschluss genannten Gründen, dem sich das Beschwerdegericht uneingeschränkt anschließt. Nach dem Inhalt der Inkassovollmacht war die scheinbar Prozessbevollmächtigte nur zur Beauftragung von Rechtsanwälten in eigenem Namen und auf eigene Kosten (Schreiben ihres Geschäftsführers vom 15.04.2013, Bl. 28 d. A.) berechtigt, nicht aber dazu, ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts im Namen des Klägers und auf dessen Kosten die Forderung gerichtlich geltend zu machen.

In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass bei Fehlen einer wirksamen Bevollmächtigung die Verfahrenskosten grundsätzlich demjenigen aufzuerlegen sind, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst hat. Dies kann auch der vollmachtlose Vertreter sein.

Er kommt als Veranlasser in der Regel dann in Betracht, wenn er den Mangel der Vollmacht kennt (BGH, Beschluss vom 22. Juli 1997 – XI ZB 15/97 – juris mwN). Diese Voraussetzung liegt aus den vom Landgericht im Nichtabhilfebeschluss genannten Gründen (S. 4) vor.

Die Kostentragungspflicht trifft den vollmachtlosen Vertreter auch dann, wenn die Partei selbst die Klage oder das Rechtsmittel zurückgenommen hat (Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 88 Rz. 15). Die u.a. von Zöller-Vollkommer (ZPO, 30., Aufl., § 88 Rz. 11) vertretene Gegenauffassung, wonach im Falle der Klagerücknahme durch die Partei selbst immer diese nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Kosten zu tragen hätte, überzeugt nicht. Zum einen enthält § 269 Abs. 3 S. 2 a. E. ZPO schon eine Durchbrechung des Grundsatzes, dass der zurücknehmende Kläger die Kosten zu tragen hat; die grundsätzliche Kostentragungspflicht des Klägers gilt nicht für Kosten, die kraft prozessrechtlicher Sonderregelung der Beklagte verursacht und zu tragen hat, so dass auch bei vollmachtloser Vertretung eine Anknüpfung an die Kostenverursachung nicht völlig systemwidrig erscheint.

Zum anderen ist nicht einzusehen, warum der vollmachtlos Vertretene, der dem „Spuk“ des Verfahrens ein schnelles Ende bereitet, mit dessen Kosten bestraft werden soll, wenn er das Verfahren nicht veranlasst hat. Jedes Gericht hat ein erkennbares und berechtigtes Interesse daran, nicht mit überflüssigen Verfahren belastet zu werden. Ist ein solches im Namen einer Person begonnen worden, die dieses Verfahren nicht will, und zu dessen Durchführung auch keinen Anlass gegeben hat, so besteht an seiner Fortführung kein Interesse. Die schnellste Möglichkeit, das Verfahren abzuschließen, ist die Erklärung des vollmachtlos Vertretenen, es beenden zu wollen. Wäre Folge einer solchen Erklärung, dass ihm – auch wenn er die Aufnahme des Verfahrens nicht veranlasst hat – dessen Kosten aufzuerlegen sind, wird sich wohl kein „Kläger“ oder „Antragsteller“ finden, der die Rücknahme der „Klage“ oder des „Antrags“ erklärt. Folge wäre eine sinnlose Fortführung des Verfahrens, die der Wortlaut des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO nicht erzwingt und dem die Wertung des § 179 Abs. 1 BGB entgegensteht (Emde, MDR 1997, 1003-1004).

§ 269 ZPO regelt nämlich nur den typischen Fall des vom Antragsteller veranlassten Verfahrens. Hat der Antragsteller das Verfahren begonnen, ist es sachgerecht, ihm die durch seine Antragstellung verursachten Kosten aufzuerlegen. Den Fall, dass der den Antrag Zurücknehmende die verfahrenseinleitende Maßnahme nicht veranlasst hat, trifft § 269 Abs. 3 ZPO nicht (Emde aaO).

Die Gegenauffassung wendet hiergegen ein (Vollkommer, MDR 1997, 1004-1005), zwar sei eine Kostenbelastung des Vertreters nach dem Veranlassungsprinzip allgemein anerkannt und werde zu seiner Unterstützung gelegentlich (auch) auf den Grundgedanken, nicht jedoch dürfe einer verschuldensunabhängigen Kostenhaftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht das Wort geredet werden. Dem mag für den Fall des gutgläubig ohne Legitimation handelnden Vertreters oder eines Vertreters, dem der Legitimationsnachweis nicht gelingt, möglicherweise zuzustimmen sein. Voraussetzung für die Kostenhaftung des Vertreters ist aber auch nach der Gegenauffassung, dass er seine fehlende Legitimation kenne oder infolge groben Verschuldens nicht kenne; Veranlasser sei, wer in Kenntnis des Fehlens seiner Vertretungsmacht als Vertreter auftrete oder sich durch grobes Verschulden eine Vertreterstellung „anmaße“. Handele der Vertreter gutgläubig und nicht im Bewusstsein seiner fehlenden Legitimation, hafte auch bei fehlender Vertretungsmacht allein die Partei. Es müsse also in den Fällen der „vollmachtslosen Vertretung“ keineswegs zwingend zu einer Kostenbelastung des Vertreters – und einer entsprechenden Kostenentlastung der Partei – kommen. Für die Kostentragung sei mithin nicht maßgebend, ob „der vollmachtlos Vertretene die Einleitung des Verfahrens veranlasst“ hat oder nicht, sondern, ob in der Person des Vertreters die dargestellten besonderen Voraussetzungen der Veranlasserhaftung vorliegen.

Wenn aber – wie vorliegend – ein Handeln des vollmachtlosen Vertreters in Kenntnis seiner fehlenden Vollmacht und kumulativ eine fehlende Veranlassung des Vertretenen anzunehmen sind, besteht nicht die Gefahr, einer verschuldensunabhängigen Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht. Hier liegen jedenfalls keine Anhaltspunkte für ein gutgläubiges Tätigwerden der scheinbar Prozessbevollmächtigten vor, die nicht nur Abtretungserklärung und Inkassovollmacht selbst inhaltlich festgelegt hat und damit die Grenzen ihrer Vertretungsmacht kannte, sondern ihren Kunden noch in ihrem Schreiben vom 15.04.2013 (Bl. 28 d. A.) ebenso wie in ihrem Internetauftritt (Bl. 79 f d. A.) eine kostenfreie Forderungsbeitreibung versprochen hatte, kumulativ mit der fehlenden Veranlassung durch den Kläger vor, der erst nach Einleitung des Mahnverfahrens Kenntnis hiervon erhielt.

Ob dies im Falle eines gutgläubigen, nicht im Bewusstsein seiner fehlenden Legitimation handelnden Vertreters anders zu beurteilen ist, kann daher dahinstehen.

4.

Auch hinsichtlich der insolvenzrechtlichen Einwände schließt sich das Berufungsgericht der Auffassung des Landgerichts im Nichtabhilfebeschluss (S. 4/5) an. Es handelt sich hier um einen materiell-rechtlichen Kostenersatzanspruch, der von der jetzigen Insolvenzschuldnerin vor Eröffnung des (vorläufigen) Insolvenzverfahrens durch die Antragstellung im Mahnverfahren begründet wurde.

Die nach § 240 S. 2 i.V.m. S. 1 ZPO eingetretene Unterbrechung des Verfahrens steht der Kostengrundentscheidung nicht entgegen. Die Unterbrechungswirkung erstreckt sich nur auf Partei- und Gerichtshandlungen, die „in Ansehung der Hauptsache“ im Sinn des § 249 Abs. 2 ZPO vorgenommen werden, bzw., soweit es Nebenpunkte wie etwa die Kostenfestsetzung betrifft, in anderer Weise die Dispositionsbefugnis des Verwalters hinsichtlich der Insolvenzmasse berühren können. Ein Hauptsachebezug im dargelegten Sinne scheidet im vorliegenden Fall aus. Anknüpfungspunkt für die Entscheidung ist zwar eine erst während der Verfahrensunterbrechung erfolgte Kostengrundentscheidung. In der Sache geht es um die Kostenüberwälzung auf Verfahrensbeteiligte, deren (prozessuale) Stellung als Kostenschuldner im Zusammenhang mit der hier aufgetretenen Haftungsfrage weder eine verfahrens- noch eine materiellrechtliche Beziehung zum Streitgegenstand selbst aufweist noch, wie sich aus der analogen Anwendung des § 89 Abs. 1 S. 3 ZPO erschließt, von der weiteren Entwicklung des Verfahrens bzw. des Prozessrechtsverhältnisses zwischen den bisherigen Parteien beeinflusst werden kann (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 08. Februar 2006 – 4 U 5/06 -, juris).

Dies deckt sich mit dem in § 249 Abs. 3 ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken. Entsprechend dieser Vorschrift kann etwa noch während der Unterbrechung ein unzulässiges Rechtsmittel verworfen werden, wenn das zur Unzulässigkeit führende Ereignis bereits vor dem Verfahrensstillstand eingetreten war (OLG Bamberg aaO unter Verweis auf BGH, NJW 1959, 532; OLG Düsseldorf, MDR 2001, 470).

Die Kosten der erfolglosen Beschwerde haben beide Beschwerdeführer je zur Hälfte zu tragen, §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO.

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