OLG Frankfurt am Main, 29.01.2015 – 12 U 50/13 Zum Gesamtschuldnerausgleich unter Mitbürgen bei Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners

April 11, 2019

OLG Frankfurt am Main, 29.01.2015 – 12 U 50/13
Zum Gesamtschuldnerausgleich unter Mitbürgen bei Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 5.3.2013 abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 83.740,44 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.1.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen; die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu 96 %, der Kläger hat sie zu 4 % tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.
Gründe
1

1. Die X GmbH, O1 hatte Darlehen und Avalkredite bei der Bank1 O2 aufgenommen. Die Forderungen der Bank1 beliefen sich im Januar 2008 auf 369.188,94 € (Darlehen) bzw. 42.316,90 € (Avalkredite). In diesem Monat (1) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet.
2

Im Jahre 2004 hatten vier der fünf Gesellschafter (2) der X GmbH sich gegenüber der Bank1 O2 zur Sicherung sämtlicher Forderungen der Bank1 aus ihrer Geschäftsverbindung mit der X GmbH selbstschuldnerisch bis zu den nachfolgenden Höchstbeträgen verbürgt (3):

der Kläger bis zur Höhe von 300.000,- €

der Beklagte bis zur Höhe von 150.000,- €

Herr A bis zur Höhe von 200.000,- €

Herr B bis zur Höhe von 75.000,- €

3

Diesen Bürgschaftsverträgen vorausgegangen waren gleichartige Bürgschaften, die die genannten vier Gesellschafter im Jahre 2002 gegenüber der Bank1 O2 neben dem seinerzeit fünften Gesellschafter, Herrn C – dieser in Höhe von 200.000,- €– übernommen hatten; er wurde mit Abschluss der neuen Bürgschaftsverträge des Jahres 2004 aus der Bürgschaft entlassen (4).
4

Nachdem die Bank1 O2 die Geschäftsverbindung mit der X GmbH mit Schreiben vom 4.2.2008 gekündigt hatte (5), forderte sie den Kläger mit Schreiben vom selben Tage auf, aus der übernommenen Bürgschaft den Betrag von 300.000,- € auf die Forderungen der Bank1 gegen die GmbH zu zahlen (6). Die Mitbürgen des Klägers nahm die Bank1 nicht in Anspruch.
5

Unter der Behauptung, er habe sämtliche Forderungen der Bank1 O2 gegen die X beglichen, verlangt der Kläger nunmehr anteiligen Ausgleich seiner Leistungen vom Beklagten.
6

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zu den von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen und den gefundenen Gründen wird auf das Urteil vom 5.3.2013 verwiesen.
7

Mit der Berufung trägt der Kläger vor, er habe auf die reinen Darlehensforderungen der Bank1 gegen die GmbH im Zeitraum vom 13.6.2008 bis 5.3.2009 fünf Teilbeträge zur Gesamthöhe von 369.188,94 €, nach dem 4.2.2008 darüber hinaus auf die in den Avalkrediten begründenden Forderungen der Bank1 gegen die GmbH den Betrag von 35.745,49 € an die Bank1 O2 gezahlt und damit (7) sämtliche Forderungen der Bank1 O2 gegen die X beglichen.
8

Im Innenausgleich zwischen Mitbürgen zu unterschiedlichen Höchstbeträgen seien die Haftungsanteile nach dem Verhältnis der Höchstbeträge zu bestimmen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei dem Mitbürgen ein Ausgleichsanspruch nicht solange zu versagen, wie er nicht über seine Haftungsquote hinaus geleistet habe.
9

Der Kläger beantragt, nachdem er im Berufungsverfahren die Klage in Höhe von 1.358,97 € zurückgenommen hat,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 83.740,44 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.1.2012 zu zahlen,

darüber hinaus den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.318,60 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

10

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

11

Er trägt vor, Gesellschafter, die sich gemeinsam, aber zu unterschiedlichen Höchstbeträgen für eine Verbindlichkeit der Gesellschaft verbürgt haben, seien untereinander nach dem Verhältnis ihrer Gesellschaftsanteile zum Ausgleich verpflichtet. Soweit die Gesellschaft zahlungsunfähig sei, beschränke sich der Ausgleichsanspruch aber auf den die eigene Haftungsquote des Gesellschafters übersteigenden Teil der Leistung.
12

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vortrages der Parteien wird auf die vor dem Senat gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsprotokolle vom 15.5. und 27.11.2014 Bezug genommen.
13

2. Die Berufung ist begründet. Der Beklagte ist dem Kläger anteilig – in dem im Tenor bezeichneten Umfang – zum Ausgleich der von diesem auf die Verbindlichkeiten der X GmbH bei der Bank1 O2 geleisteten Zahlungen verpflichtet. Soweit der Kläger aus der gegenüber der Bank1 übernommenen Bürgschaft zahlte, soweit er also bis zur Höhe von 300.000,- € zahlte, gründet dieser Ausgleichsanspruch in den gesetzlichen Regeln §§ 769, 426 BGB zum Verhältnis von Mitbürgen (nachfolgend lit. a]); soweit der Kläger über den Betrag der von ihm übernommenen Bürgschaft hinaus zahlte, gründet sein Ausgleichsanspruch in den Regeln der §§ 683, 670 BGB zur Geschäftsführung ohne Auftrag (nachfolgend lit. b]).
14

a) Der Kläger und der Beklagte waren, nachdem sie gemeinsam mit zwei weiteren Gesellschaftern Bürgschaften für dieselben Verbindlichkeiten gegenüber der kreditgebenden Bank übernommen hatten, Mitbürgen; sie hafteten deshalb nicht nur gegenüber der kreditgebenden Bank aus den Bürgschaften als Gesamtschuldner (§ 769 BGB); auch die Ausgleichshaftung untereinander bestimmte sich nach der für Gesamtschuldner geltenden Regelung, also der des § 426 BGB (§ 774 Abs. 2 BGB).
15

Soweit der Beklagte im Berufungsverfahren zunächst bestritten hat (8), dass neben dem Kläger selbst (9) sich auch die drei Mitbürgen nicht nur für die reinen Darlehensverbindlichkeiten, sondern auch für die aus den Avalkrediten resultierenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft verbürgt hätten, steht nunmehr außer Zweifel, dass die drei Mitbürgen sich auch für die Erfüllung der Verpflichtungen aus den Avalkrediten verbürgt haben. Die Bürgschaftserklärungen der Mitbürgen liegen jetzt (10)– und in ihrer inhaltlichen Richtigkeit nicht in Frage gestellt – vollständig vor. In ihnen – ihren jeweiligen Anlagen – sind sämtliche Avalkredite, die die Bank1 O2 der X GmbH gewährt, nach Kündigung abgerechnet (11) und letztendlich vom Kläger eingefordert hatte, exakt benannt.
16

aa) Der Ausgleichsanspruch des zahlenden Bürgen gegen seine(n) Mitbürgen reicht – nur – so weit, wie er aufgrund der übernommenen Bürgschaft gezahlt hat; aus dem vom Kläger auf die Forderungen der Bank1 O2 gegen die X geleisteten Zahlungen im Gesamtumfang von 411.305,84 € konnten nur 300.000,00 € in der Bürgschaft gründen; denn nur in dieser Höhe hatte er eine Bürgschaft übernommen.
17

bb) Nach feststehender, die in § 426 Abs. 1 BGB eröffnete Frage danach, ob „ein anderes bestimmt ist“, auch mit zeitlichen Erwägungen nach Billigkeitsmaßstäben ausfüllender Rechtsprechung kann ein Mitbürge selbst dann, wenn er vom Gläubiger nur zu einem Teil der Hauptforderung in Anspruch genommen wurde – in Anspruch genommen werden konnte – und ihn demgemäß nur teilweise befriedigt hat, regelmäßig sofort Ausgleich von den Mitbürgen verlangen; dies gilt auch dann, wenn noch nicht endgültig feststeht, in welcher Höhe die Mitbürgen seitens des Gläubigers der Hauptforderung in Anspruch genommen werden (12). Diese Rechtsprechung gründet vor allem in der Erwägung, dass es für den in Anspruch genommenen Bürgen, der eine Teilleistung auf die Bürgschaft erbracht hat, nicht zumutbar erscheint, möglicherweise auf lange Zeit im Ungewissen darüber zu bleiben, ob und inwieweit ihm aus der geleisteten Zahlung ein Ausgleichsanspruch gegen die Mitbürgen erwächst (13). Demgemäß darf man bei der gemeinsamen Übernahme einer Bürgschaft davon ausgehen, dass ein Ausgleichsanspruch unter Mitbürgen nach den besonderen Umständen des zwischen ihnen bestehenden Gesamtschuldverhältnisses nicht erst dann geltend gemacht werden kann, wenn einer von ihnen mehr als seine Quote an der derzeit bestehenden Hauptschuld getilgt hat (14).
18

Die diese Einschätzung tragenden Billigkeitserwägungen greifen aber nach ebenfalls feststehender – auch von der aktuellen Kommentarliteratur unterstützter – Rechtsprechung nicht mehr durch, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners feststeht; denn dann sei ohne weiteres damit zu rechnen, dass die anderen Bürgen in Anspruch genommen werden, um den durch den zunächst in Anspruch genommenen Bürgen nicht abgedeckten bzw. nicht abzudeckenden Teil der Hauptforderung auszugleichen (15).
19

An diese Vorgaben hat sich das angefochtene Urteil gehalten. Der Senat hält sie allerdings vor allem nach der grundlegenden Neugestaltung des Verjährungsrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts 16 (16) für nicht mehr tragfähig:
20

cc) In der Sache ist schon der Einwand des Klägers, von dem vom Landgericht unterstützten Standpunkt der bisher herrschenden Rechtsprechung und Literatur her würde sich ergeben, dass der zahlende Bürge dann, wenn die Hauptschuldnerin insolvent ist, faktisch niemals Ausgleich verlangen könnte (und damit die Anwendung des § 426 BGB ungeachtet der eindeutigen Überleitung nach § 774 Abs. 2 BGB„ausgehebelt“ werde), nicht von der Hand zu weisen. Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass die Insolvenz der Hauptschuldnerin nicht gerade der untypische Fall ist, unter dem die Bürgenhaftung virulent wird; sie birgt keine Besonderheit in sich, die es rechtfertigen würde, den Grundsatz der gemeinsamen Haftung aller Bürgen in Frage zu stellen.
21

Als wesentlicher neuer Aspekt ist die grundlegende Neuregelung des Verjährungsrechts hinzugekommen: Die fast unendliche Verjährung von 30 Jahren, die in dem Zeitraum galt, in welchem die zitierte Rechtsprechung entwickelt wurde, ist mit der Schuldrechtsreform zum 1.1.2002 begrenzt worden auf drei Jahre (§ 195 BGB n.F.). Das heißt, dass anders als früher der Zeitraum, in dem die Mitbürgen mit einer Mithaftung gegenüber der Hauptschuldnerin rechnen müssen, sehr überschaubar geworden ist. Diese Überschaubarkeit wirkt sich sehr bald, und so ist es auch vorliegenden Falles, in einer endgültigen Klärung der Frage aus, ob die Mitbürgen gegenüber der Hauptschuldnerin für die Erfüllung der Hauptschuld einzutreten haben oder nicht. Steht mit dem Eintritt der Verjährung fest, dass die bisher nicht in Anspruch genommenen Bürgen endgültig nicht leisten müssen – da sie die Einrede der Verjährung erheben können –, so fällt die die zitierte Rechtsprechung tragende Erwägung weg, nach der dann, wenn die Hauptschuldnerin zahlungsunfähig wird, die volle Inanspruchnahme der Bürgen sehr wahrscheinlich wird.
22

Exakt so liegt es tatbestandlich im vorliegenden Fall: Nachdem die Bank1 O2 die Geschäftsverbindung mit der X GmbH mit Schreiben vom 4.2.2008 gekündigt hatte (17), wurden die Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen – die Hauptschuld – fällig (§§ 490 Abs. 1, 488 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die dreijährige (§ 195 BGB) Verjährung der Hauptschuld lief damit an am 31.12.2008/1.1.2009 und endete mit dem Ablauf des 31.12.2011. Da die Mitbürgen – von Interesse hier: der Beklagte – bis dahin (und bis dato) nicht in Anspruch genommen wurden, laufen sie nicht mehr Gefahr, gegenüber der kreditgebenden Bank selbst für die Hauptforderung einstehen zu müssen.
23

b) Soweit der Kläger über den Betrag der von ihm übernommenen Bürgschaft hinaus zahlte, kann er unter den Voraussetzungen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB) Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Die Tilgung einer Schuld des Geschäftsherrn (hier: der Mitbürgen wegen deren Bürgschaftsverpflichtungen auf die Schulden der GmbH) gilt nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich als vorteilhaft und damit als interessegemäß im Sinne des § 683 BGB(18). Anders liegen die Dinge nur dann, wenn die Regresshaftung aus §§ 683, 670 BGB ihn schlechter stellen würde als die ursprüngliche Schuld, vor allem also dann, wenn der ursprünglichen Forderung Einreden entgegenstanden (19). Hierfür ist aber vorliegenden Falles nichts ersichtlich, insbesondere leistete der Kläger aus der Bürgschaft in noch unverjährter Zeit, nämlich innerhalb des ersten Jahres nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptschuld.
24

c) Zur Höhe des Ausgleichs- und des Aufwendungsersatzanspruchs gilt das Nachfolgende:
25

aa) Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine in diesem Sinne abweichende Bestimmung kann auch stillschweigend getroffen werden (20) oder sich aus der Natur der Sache ergeben (21). Da für eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Mitbürgen über die Maßstäbe der internen Ausgleichspflicht nichts ersichtlich ist, verbleiben zur Klärung dessen, ob ein anderes bestimmt wurde, nur zwei tatsächliche Aspekte: Der eine ist, dass alle Mitbürgen mit unterschiedlichen Anteilen Gesellschafter der Hauptschuldnerin waren, und der andere ist, dass sie sich für dieselbe Schuld zu unterschiedlichen Haftungshöchstbeträgen verbürgten.
26

aaa) Beide Aspekte haben als abweichende Bestimmung in Rechtsprechung und Literatur Beachtung gefunden. Zum einen wurde der Grundsatz formuliert, dass sich dann, wenn sich Mitbürgen mit unterschiedlichen Haftungshöchstbeträgen verbürgen, als eine von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichende Bestimmung aus der Natur der Sache ein Verhältnis der Ausgleichsansprüche entsprechend dem Verhältnis der Höchstbeträge ergeben solle (22). Zum anderen wurde der Grundsatz formuliert, dass Mitgesellschafter einer GmbH, die sich für eine Gesellschaftsschuld verbürgt haben, im Innenverhältnis zueinander im Zweifel entsprechend ihren Beteiligungsquoten haften (23).
27

Nach Auffassung des Senats muss im Verhältnis beider Grundsätze der erstgenannte als der speziellere durchgreifen: Wenn die Gesellschafter sich gleichzeitig auf der Grundlage einer gemeinsamen Absprache mit der kreditgebenden Bank (24) für die Verpflichtungen der Gesellschaft aus einer bestimmten Rechtsbeziehung gemeinsam zu unterschiedlichen Höchstbeträgen verbürgten, dann brachten sie damit zum Ausdruck, dass sie auch intern in dem Verhältnis Risiken übernehmen wollten, in dem sie sie nach außen übernahmen.
28

bbb) Soweit der Beklagte meint, unabhängig davon, nach welchem Ansatz die Quote bestimmt werde, könne der Kläger Ausgleich überhaupt nur aus dem Anteil verlangen, der seinen vollen Haftungsanteil überschreitet, geht dies fehl: Der Gesamtschuldnerausgleich nach Leistung durch einen der Gesamtschuldner soll eine interne Gleichbehandlung im Sinne einer internen Gleichbelastung sichern und ist deshalb – natürlich – auf der Grundlage der vollen Leistung des zahlenden Schuldners zu berechnen.
29

ccc) Nicht weiter führen kann der Vortrag des Beklagten, „Die Gesellschafter haben hier stillschweigend eine Regelung vereinbart, wonach eine Haftung sämtlicher Verbindlichkeiten grundsätzlich nach den Gesellschaftsanteilen zu erfolgen hat“(25); Handlungen oder Umstände, die den Schluss auf eine stillschweigende Vereinbarung eröffnen würden, hat der Beklagte diesem seinen Vortrag nicht beigegeben. Der angebotene Beweis kann mangels Tatsachenvortrags, dessen Richtigkeit aufgrund einer Beweisaufnahme zu bewerten wäre, nicht erhoben werden.
30

ddd) Soweit der Beklagte ergänzend darauf verweist, er habe in die Geschäfte der Gesellschaft keinen Einblick gehabt (26), kann hieraus kein Rückschluss auf das Maß seiner Beteiligung im Verhältnis zu den Mitbürgen gezogen werden.
31

bb) Der Ausgleichsanspruch des Klägers gegen den Beklagten aus § 426 BGB berechnet sich damit nach dem „Quotenmodell“. Keine andere Berechnungsweise gilt für den Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 683, 670 BGB; denn der Beklagte ist bis zur Höchstgrenze der übernommenen Bürgschaft auch im Rahmen der Betrachtung nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag in gleicher Weise von seiner (Bürgschafts-) Verpflichtung entlastet wie in der Betrachtung nach § 426 BGB.
32

Auf der Grundlage der im Senatstermin vom 15.5.2014 unstreitig gewordenen Zahl von – noch – vier (Mit-) Bürgen gilt das Nachfolgende:
33

Verbürgt hat sich

der Kläger bis zur Höhe von 300.000,- €,

der Beklagte bis zur Höhe von 150.000,- €,

Herr A bis zur Höhe von 200.000,- €,

Herr B bis zur Höhe von 75.000,- €.

34

Der Anteil des Beklagten entspricht danach 20,69 % (27) des Gesamtumfangs des realen Sicherungsinteresses, der des Klägers 41,38 %. Der Kläger hat nach dem Ausgleich sämtlicher Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin – in Höhe von (369.188,94 € + 35.745,49 € =) 404.934,43 €– durch ihn allein seinen Haftungsanteil von (41,38 % von 404.934,43 € =) 167.561,87 € mit der Zahlung eines Betrages von 237.372,56 € übererfüllt. Der Beklagte hat gegenüber dem Kläger (20,69 % von 404.934,43 € =) 83.780,93 € auszugleichen. Damit ist der vom Kläger in seinen Zahlungsantrag zur Hauptsache in Höhe von 83.740,44 € eingestellte Betrag vollen Umfanges ausgefüllt.
35

cc) Die dieser Berechnung zugrunde gelegten Behauptungen des Klägers zum Umfang seiner Zahlungen haben sich als zutreffend erwiesen:
36

Die Behauptung, er habe auf die reinen Darlehensforderungen der Bank1 gegen die GmbH im Zeitraum vom 13.6.2008 bis 5.3.2009 fünf Teilbeträge zur Gesamthöhe von 369.188,94 € geleistet, ist zur Überzeugung des Senats (28) dokumentiert in den in ihrer Echtheit nicht angegriffenen Fotokopien eines Schreibens der Bank1 O2 vom 20.12.2011 und den Anlagen (29).
37

Auch die Behauptung des Klägers, er habe nach dem 4.2.2008 darüber hinaus auf die in den Avalkrediten begründenden Forderungen der Bank1 gegen die GmbH den Betrag von 35.745,49 € an die Bank1 O2 gezahlt, stellt sich jetzt als zweifelsfrei zutreffend dar: Die vom Kläger behaupteten Zahlungen auf die Avalkredite sind nunmehr durch Bescheinigungen der kontoführenden Bank belegt: Ausweislich des Schreibens der Bank1 O2 vom 30.6.2014 (30) und der als Anlage K 16 vorgelegten Kontoauszüge hat der Kläger, nachdem die Bank1 O2 die vier Avalkredite zu Lasten des Kotos der X abgerechnet hatte, die Forderungen der Bank ausgeglichen.
38

d) Der Zinsanspruch ist bis zur Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.1.2012 unter dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet: Die anwaltliche Mahnung vom 22.11.2011 war ohne Reaktion geblieben (§ 286 Abs. 1 BGB). Der Höhe nach kann der Kläger allerdings nur den Satz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beanspruchen; der erhöhte Satz von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 286 Abs. 2 BGB ist nur für Entgeltforderungen unter Kaufleuten vorgesehen, und zu diesen gehört der hier umstrittene Ausgleich unter Gesamtschuldnern nicht.
39

e) Die mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachten vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten hat der Beklagte dem Kläger nicht zu ersetzen. Insbesondere ist nicht dafür zu erkennen, dass der Kläger den Beklagten vor dem Zeitpunkt, zu dem er anwaltlichen Beistand in Anspruch nahm, zur Zahlung aufgefordert, ihn in Verzug gesetzt oder der Beklagte schon von zuvor einen Ausgleich ernsthaft und endgültig verweigert hätte (§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB).
40

3. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Der Senat lässt die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 ZPO zu mit Rücksicht auf seine die Entscheidung tragende Rechtsauffassung zum Ausgleichsanspruch unter Mitbürgen in Fällen, in denen die Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners feststeht.

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