OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.11.2014 – 11 Wx 83/14
Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins
Gründe:
Auf Antrag der Beteiligten zu 2 erteilte das Nachlassgericht am 09.10.2013 einen gegenständlich beschränkten Gemeinschaftlichen Erbschein, wonach kraft Gesetzes die Beteiligten zu 1 und 2 jeweils zur Hälfte Erben nach Herrn H.E. geworden sind. Der Erbschein enthält den Zusatz, dass die Beweiskraft des Erbscheins auf das in der Bundesrepublik Deutschland belegene Vermögen beschränkt ist. Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 enthielt die Angabe, dass kein Auslandsvermögen vorhanden sei.
Durch Schreiben v. 26.05.2014 regte der Beteiligte zu 1 die Einziehung des Erbscheins ein und machte geltend, dass es keine Nachlassgegenstände im Ausland gebe und die gegenständliche Beschränkung des Erbscheins daher unrechtmäßig sei. Das Nachlassgericht wies den Antrag des Beteiligten zu 1 durch Beschl. v. 15.07.2013 zurück und führte aus, dass Nachlassvermögen im Ausland niemals völlig auszuschließen sei und der Erbschein nicht die Zugehörigkeit bestimmter Nachlassgegenstände zum Nachlass bezeuge. Der hiergegen durch den Beteiligten zu 1 am 08.08.2014 eingelegten Beschwerde hat das Nachlassgericht nicht abgeholfen und die Sache dem LG Heidelberg zur Entscheidung vorgelegt. Durch Beschl. v. 15.09.2009 hat sich das LG Heidelberg für sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das OLG abgegeben. […]
[4] II. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat Erfolg.
[5] 1. Für das Beschwerdeverfahren ist nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG, Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG das OLG zuständig, weil der zu Grunde liegende Erbscheinsantrag nach dem 01.09.2009 gestellt wurde (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 73. Aufl., § 2353 Rn. 7).
(1) Der Wortlaut des § 2369 Abs. 1 BGB ist eindeutig. Hiernach kann der gegenständlich beschränkte Erbschein nur erteilt werden, wenn Auslandsvermögen zum Nachlass gehört (so auch Bachmayer, BWNotZ 2010, 146 (171)).
(2) Dieses Verständnis entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Ausweislich der Gesetzesbegründung geht die jetzige Fassung des § 2369 Abs. 1 BGB davon aus, dass für den Erben eines Nachlasses, der im In- und Ausland belegen ist, ein Interesse bestehen kann, den Antrag auf Erbscheinserteilung auf den inländischen Nachlass zu beschränken (BT-Drucks. 16/6308, S. 349). Folglich betrifft diese Regelung nur das Zusammentreffen von in- und ausländischem Vermögen in einem Nachlass; dies bedeutet im Umkehrschluss, dass diese Bestimmung einen Nachlass mit reinem Inlandsvermögen nicht betreffen soll.
(3) Die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion liegen nicht vor (so aber Bachmayer, BWNotZ 2010, 146 (172)). Eine teleologische Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke besteht, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (BGH, NJW 2012, 376 Rn. 16 [BGH 07.12.2011 – IV ZR 50/11]). Das ist hier nicht der Fall. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber auch für reines Inlandsvermögen den Anwendungsbereich des § 2369 Abs. 1 BGB eröffnen wollte. Ebenso wenig lässt sich dem Anliegen des Gesetzgebers, einem Betroffenen bei einer Nachlassspaltung und rechtlichen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Erbfolge für den im Ausland belegenen Nachlass die Möglichkeit des gegenständlich beschränkten Erbscheins zu eröffnen (BT-Drucks. 16/6308, S. 349), entnehmen, dass § 2369 Abs. 1 BGB das Nachlassgericht von möglichen Ermittlungen hinsichtlich des Vorhandenseins von Auslandsvermögen durch die allgemeine Erteilung von gegenständlich beschränkten Erbscheinen von vorneherein freistellen wollte.
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