OLG Koblenz 14 W 22/13
Gerichtskosten: Haftung des Erben der PKH-Partei
Lässt der Erbe einer Partei, der ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt war, lediglich nach § 278a ZPO einen Vergleich protokollieren, der die Hauptsache erledigt, und erwirkt anschließend eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, haftet er nicht für Gerichtskosten, weil keine ausscheidbaren weiteren gerichtlichen Kosten entstanden sind (Klarstellung zu BVerwG, 3. August 1960, III ER 413.60, NJW 1960, 1973 – gegen Fischer in RPfleger 2003, 637 – 641).
Tenor
Auf die Erinnerung des Antragstellers wird der gegen ihn gerichtete Ansatz von Gerichtskosten für den Rechtsstreit 4 O 297/01 Landgericht Trier insgesamt aufgehoben.
Gründe
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Der Antragsteller ist Erbe der im Oktober 2010 verstorbenen K. A., der auf ihren im November 2001 gestellten Antrag im Juni 2002 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsbestimmung bewilligt war. Nach einem Sturz im Oktober 1999 wurde K. A. ärztlich fehlerhaft behandelt. Der deswegen seit Juni 2002 anhängige Rechtsstreit endete nach einem im Mai 2008 verkündeten Teil- und Grundurteil mit einem am 22. November 2011 gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich der Hauptsache, die damit erledigt war. Über die Kosten entschied das Landgericht durch Beschluss vom 24. November 2011 nach § 91 a ZPO und legte der anwaltlich vertretenen K. A. (§ 246 Abs. 1 Satz 1 erster und zweiter Halbsatz ZPO) 31% der Gerichtskosten auf. Diese betragen insgesamt 16.158,49 Euro, der auf die ehemalige Klägerin entfallende Anteil mithin rechnerisch 5009,13 €. Addiert wurde eine vermeintlich auf die Staatskasse übergegangene PKH-Anwaltsvergütung von 1984,74 €, was im Endergebnis zu einem Kostenansatz von 6.993,87 € gegen die Erben der K. A. führte.
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Einer der Erben ist der Erinnerungsführer. Er ist der Ansicht, dass er wegen der ratenfreien Prozesskostenhilfe, die der Erblasserin bewilligt war, nicht für Gerichtskosten hafte.
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Das Landgericht Trier hat den dortigen Bezirksrevisor angehört. Er hat gemeint, die Erinnerung sei nach § 5 GKG alter Fassung zulässig und bis auf einen Teilbetrag von 1024,71 € begründet. Der Kostenansatz ist bereits entsprechend reduziert worden.
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Die verbliebene Erinnerung hat das Landgericht als nach § 66 GKG (neuer Fassung) zulässig, jedoch unbegründet erachtet und dazu „vollumfänglich“ auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors verwiesen. Ergänzend hat der Einzelrichter bemerkt, durch die Protokollierung des Vergleichs nach § 278 a ZPO, verbunden mit der Erledigungserklärung und dem Antrag auf Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO habe der Erinnerungsführer als Erbe den Rechtsstreit aufgenommen. Eine Gebührenermäßigung habe wegen des vorausgegangenen Teil- und Grundurteils durch die abschließende Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO nicht mehr eintreten können. Mit der Aufnahme und dem Weiterbetrieb des Verfahrens entstehe die gerichtliche Verfahrensgebühr jeweils neu, so dass der Erinnerungsführer 31% der Gebühr von 6.465 DM (= 3305,50 €) schulde, die nach KV 1210 zum GKG in der bis 30. 11. 2001 geltenden Fassung durch den Weiterbetrieb im Jahr 2011 angefallen sei, und zwar aus dem seinerzeit noch verbliebenen Streitgegenstand von 138.516,89 € (= 270.915,49 DM).
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Mit der Beschwerde rügt der Erinnerungsführer, er habe den Rechtsstreit keineswegs aufgenommen, sondern im Gegenteil durch die gerichtlich protokollierte außergerichtliche Einigung beendet. Im Übrigen verkenne der Einzelrichter, dass eine Aufnahme des Rechtsstreits die vorherige Unterbrechung voraussetze. Der Tod der anwaltlich vertretenen ehemaligen Klägerin habe jedoch nicht zu einer Unterbrechung geführt (§ 246 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
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Das Rechtsmittel ist nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GKG alter Fassung zulässig. Der Senat hat bereits entschieden, dass die auf dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz beruhenden Änderungen der kostenrechtlichen Rechtsbehelfe in Altfällen auch dann keine Anwendung finden, wenn ein Rechtsmittel nach dem 1. Juli 2004 eingelegt wird. Auf die Begründung im Senatsbeschluss vom 02.06.2008 (14 W 323/08), der in JurBüro 2009, 267 abgedruckt ist, wird statt Wiederholung verwiesen. Die scheinbar in eine andere Richtung deutende Regelung in § 72 Nr. 1 letzter Halbsatz GKG (neuer Fassung) betrifft nur Rechtsmittel, die in der Hauptsache eingelegt werden.
Die Beschwerde ist auch begründet, weil der Kostenansatz nicht rechtens und daher aufzuheben ist. Mit der Klagerhebung im Juni 2002 entstanden für das Prozessverfahren erster Instanz 3 Gebühren nach 1210 des Kostenverzeichnisses zum GKG in der damaligen Fassung (§ 11 Abs. 1 GKG). Die Gebühr wurde auch sofort fällig (§ 61 Nr. 1 GKG a.F.). Die ratenfreie PKH-Bewilligung hatte jedoch zur Folge, dass die Klägerin von der Zahlung befreit war (§ 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die der Stellungnahme des Bezirksrevisors folgende Auffassung des Landgerichts, der Erinnerungsführer habe als Erbe den Rechtsstreit durch die Anträge auf Vergleichsprotokollierung und Kostenentscheidung aufgenommen und weiterbetrieben, was erneut eine von ihm zu zahlende Verfahrensgebühr ausgelöst habe, teilt der Senat nicht.
Außer Frage steht, dass die PKH-Bewilligung zu Gunsten der Erblasserin mit deren Tod ex nunc erlosch. Für zuvor entstandene Gerichtskosten haften ihre Erben wegen der PKH-Bewilligung nicht.
Sie sollen jedoch anteilig für eine gerichtliche Verfahrensgebühr haften, die durch die Anträge auf Vergleichsprotokollierung und Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO entstanden sei. Der Bezirksrevisor hat sich für diese Rechtsansicht auf Fischer in Rpfleger 2003, 637 – 641 gestützt. Dort (Seite 640) heißt es in der Tat, dass die gerichtliche Verfahrensgebühr mit jeder Prozesshandlung erneut entstehe, was zur entsprechenden Haftung des Erben führe. Die als Beleg zitierten Gerichtsentscheidungen gehen auf die in NJW 1960, 1973 abgedruckte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 1960 zurück ( III ER 413/60). Dort hat das Bundesverwaltungsgericht gemeint, in einem Rechtsstreit entstehe die Prozessgebühr durch Verfahrensfortsetzung immer wieder neu in der einmal entstandenen Höhe, ohne dass es auf eine besondere gerichtliche Tätigkeit ankomme.
Das mag der damaligen Gesetzeslage entsprochen haben, kann heute aber keine Geltung mehr beanspruchen, weil 1210 KV-GKG in der hier maßgeblichen Fassung bestimmt, dass die 3-fache Gerichtsgebühr nur einmal, und zwar mit der Klageeinreichung entsteht und auch sofort fällig wird.
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Die vom Landgericht in den Blick genommenen Anträge der Erben haben demnach keine weiteren Gebühren ausgelöst. Sie haften auch nicht nach § 54 Nr. 3 GKG alter Fassung (heute: § 29 Nr. 3 GKG) als Rechtsnachfolger der Erblasserin, weil gegen diese Gerichtskosten nicht geltend gemacht werden konnten, so dass § 1967 BGB nicht einschlägig ist.
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