OVG Saarland, 01.12.2015 – 1 A 393/14
Amtlicher Leitsatz:
Dem Begründungserfordernis des § 124 a Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO ist genügt, wenn der Berufungsführer binnen der einmonatigen Begründungsfrist auf sein Zulassungsvorbringen Bezug nimmt, sofern er sich in seinem Zulassungsantrag mit der erstinstanzlichen Entscheidung im Einzelnen auseinandergesetzt und zu seiner gegenteiligen Rechtsauffassung umfassend vorgetragen hat (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 18.9.2013 – 4 B 41/13 -).
Haften mehrere Bestattungspflichtige als Gesamtschulfner für die Kosten einer von der Ortspolizeibehörde im Wege der Ersatzvornahme angeordnete Bestattung, so steht dieser bei der Auswahl unter den Gesamtschuldnern ein weites lediglich durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit begrenztes Ermessen zu. Werden alle Gesamtschuldner herangezogen und legen alle mit der gleichen tragenden Begründung mangelnden Leistungsvermögens Widerspruch ein, so kann eine unterschiedliche Sachbehandlung der Widersprüche – teils Stattgabe, teils Hinweis, dass es auf das Leistungsvermögen nicht ankomme – das Willkürverbot verletzen, wenn die unterschiedliche Handhabung nach Aktenlage völlig planlos anmutet und auch die im gerichtlichen Verfahren nachträglich vorgebrachten Erklärungen der Ortspolizeibehörde zu den Gründen ihrer Vorgehensweise nicht geeignet sind, diese im Rahmen der nach § 114 Satz 2 VWGO bestehenden Möglichkeiten zu plausibilisieren.
In dem Verwaltungsrechtsstreit
XXX
gegen
XXX
wegen Erstattung von Beerdigungskosten
hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes in Saarlouis durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts John, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Freichel und den Richter am Oberverwaltungsgericht Rech aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2015
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Erstattung der Beerdigungskosten ihres am 8.12.2009 im Alter von 79 Jahren vermögenslos verstorbenen und am 21.12.2009 auf Veranlassung der als Ortspolizeibehörde tätig gewordenen Beklagten im Wege einer Urnenbestattung beigesetzten Vaters.
Im Vorfeld der Bestattung hatte die Beklagte die Namen und Anschriften der Klägerin und ihrer vier Geschwister bzw. Halbgeschwister ermittelt und diese über das Versterben ihres Vaters und die rechtlichen Vorgaben des Bestattungsgesetzes informiert. Die Tochter Tanja des Verstorbenen zeigte sich nach einem Aktenvermerk über ein Telefonat vom 8.12.2009 zunächst bereit, die Bestattung zu veranlassen, erteilte aber in der Folge keinen Bestattungsauftrag. Bei Ablauf der gesetzlichen Bestattungsfrist von sieben Tagen war nach Auskunft des Sohnes Rolf kein Kind willens, sich um die Beisetzung des Vaters zu kümmern und diese zu bezahlen. Mit Blick hierauf beauftragte die Beklagte ein Bestattungsunternehmen und trat hinsichtlich der Kosten in Vorlage.
Mit fünf gleich lautenden Bescheiden vom 25.3.2010 forderte die Beklagte alle fünf Kinder des Verstorbenen zur Erstattung der – einschließlich der Arztkosten und der Friedhofsgebühren insgesamt angefallenen – Kosten der Bestattung in Höhe von 3.196,46 € zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 200,- € für ihr Tätigwerden als Ortspolizeibehörde auf. Einen Hinweis auf eine Inanspruchnahme als Gesamtschuldner enthielten die Bescheide nicht.
Alle fünf Kinder legten Widerspruch ein. Sie lehnten die Erstattung der Kosten und Zahlung der Verwaltungsgebühr ab, da zu dem Vater entweder nie – so von der Klägerin vorgetragen – oder seit Jahren kein Kontakt mehr bestanden habe und die eigenen finanziellen Möglichkeiten die Übernahme der Kosten nicht erlaube.
Dem Widerspruch des Sohnes Alfred half die Beklagte mit Schreiben vom 22.4.2010 ab. Insoweit ist im Aktenvermerk vom 21.4.2010 festgehalten, dass der Sohn Alfred nach dem Ergebnis der Prüfung der vorgelegten Nachweise zu seiner wirtschaftlichen Situation (Rentenbescheid vom 24.8.2009 über 409,90 € und Bescheid über ergänzende Sozialleistungen in Höhe von 338,05 €) nicht in der Lage sei, die Bestattungskosten zu tragen.
Am 28.4.2007 erfuhr die Beklagte von der Betreuerin des Verstorbenen, dass der Nachlass aus 711,40 € bestehe, die für die Bezahlung der Bestattungskosten zur Verfügung stünden.
Die Tochter Ellen nahm ihren Widerspruch mit Schreiben vom 31.5.2010 zurück, betonte aber unter Vorlage der Verdienstabrechnung des Monats April 2010, ihr monatliches Nettoeinkommen von 1.300,– € erlaube ihr angesichts bestehender Verbindlichkeiten nicht, für die Beerdigungskosten aufzukommen. Sie kündigte an, bei dem zuständigen Sozialamt die Übernahme der Kosten beantragen zu wollen und teilte mit Schreiben vom 26.6.2010 mit, zu monatlichen Zahlungen von 50,- € bereit zu sein. Eine Reaktion der Beklagten hierauf ist nicht aktenkundig. Entsprechende Zahlungen sind ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten vom 27.8.2013 nicht erfolgt.
Der Sohn Rolf teilte am 7.7.2010 mit, die Voraussetzungen des § 74 SGB XII zu erfüllen. Ein entsprechender Antrag auf Beihilfe zu den Bestattungskosten sei beabsichtigt. Die Beklagte erklärte sich mit Schreiben vom 12.7.2010 bereit, die Entscheidung des Sozialhilfeträgers abzuwarten. Im Übrigen habe die Nachlasspflegerin aus dem Nachlass des Verstorbenen einen Betrag von 711,40 € erstattet, so dass sich die Gesamtforderung auf 2.685,06 € reduziert habe. Eine Anfrage der Beklagten vom 7.10.2010 nach dem Stand des Antrags auf Beihilfe zu den Bestattungskosten blieb unbeantwortet. Am 19.1.2011 erkundigte die Beklagte sich bei dem zuständigen Sozialhilfeträger und erfuhr, dass ein Antrag auf Beihilfe nicht gestellt worden sei. Mit Schreiben vom 2.9.2013 teilte die Beklagte mit, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen werde. Auf die Sachstandsanfrage des Verwaltungsgerichts vom 25.11.2013 äußerte die Beklagte sich dahingehend, dass die Widerspruchsbehörde über den Widerspruch noch nicht entschieden habe.
Die Tochter Tanja begründete ihren Widerspruch damit, dass sie als Hausfrau und Mutter einer minderjährigen Tochter über kein eigenes Einkommen und auch über keine Ersparnisse verfüge. Dennoch sei sie im Rahmen des ihr finanziell Zumutbaren bereit, einen Anteil von 500,– € zu übernehmen, wenn damit sichergestellt sei, dass ihr gegenüber keine weiteren Forderungen geltend gemacht würden. Mit Schreiben vom 27.4.2010 bat die Beklagte um Vorlage entsprechender Nachweise zu den wirtschaftlichen Verhältnissen. Erst dann sei möglich zu prüfen, ob dem Angebot einer einmaligen Zahlung in Höhe von 500,– € stattgegeben werden könne. Hieraufhin legte die Tochter Tanja mit Schreiben vom 27.5.2010 einen – eine Unterdeckung von 1.881,– € ausweisenden – teilweise geschwärzten Kontoauszug vom 27.5.2010 vor und erklärte, in Kenntnis der Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Versicherung an Eides statt zu versichern, weder über Einkommen aus einem Beschäftigungsverhältnis noch über Bar- oder Grundvermögen zu verfügen. Auf die Bitte der Beklagten vom 11.6.2010, die Kontoauszüge der letzten drei Monate ohne Ausschwärzungen vorzulegen, erfolgte keine Reaktion. Mit Schreiben vom 30.8.2013 legte die Beklagte den Widerspruch der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor. Auch dieser Widerspruch ist noch nicht verbeschieden.
Die Klägerin begründete ihren am 12.4.2010 eingereichten Widerspruch gegen ihre Heranziehung damit, dass sie die Erbschaft ausgeschlagen und ihre Halbschwester Tanja sich nach dem Aktenvermerk vom 8.12.2009 zur Veranlassung der Bestattung bereiterklärt habe. Sie sehe sich daher allenfalls anteilig in der Pflicht. Ihres Erachtens stehe ihrer Inanspruchnahme im Übrigen bereits entgegen, dass sie nie Kontakt zu dem Verstorbenen gehabt und dieser ihr auch nie Unterhalt geleistet habe. Schließlich verdiene sie als geringfügig Beschäftigte in einer Reinigungsfirma lediglich ca. 250,- € pro Monat und erfülle daher die Voraussetzungen des § 74 SGB XII. Auf entsprechende Aufforderung reichte sie am 20.9.2010 Kontoauszüge aus den Monaten Juni, Juli und August 2010 nach, in denen Lohnzahlungen in Höhe von 203,33 €, 299,64 € und 369,78 € ausgewiesen waren, und gab an, im Übrigen von den Einkünften ihres Ehemanns zu leben. Hieraufhin teilte die Beklagte am 20.1.2011 mit, dem Widerspruch nicht abhelfen zu können. Die gesetzliche Bestattungspflicht und die sich hieraus ergebende Kostentragungspflicht knüpften lediglich an die persönliche Stellung des Betroffenen zu dem Verstorbenen an, nicht an seine Leistungsfähigkeit. Es sei daher unerheblich, ob der Bestattungspflichtige selbst oder sein Ehepartner leistungsfähig sei. Ebenfalls am 20.1.2011 leitete die Beklagte den Widerspruch an die Widerspruchsbehörde mit dem Hinweis weiter, dass allein der die Klägerin betreffende Vorgang vorgelegt werde, weil die Verfahren betreffend die übrigen bestattungs- und kostentragungspflichtigen Personen aktuell in Bearbeitung seien.
Der Widerspruch der Klägerin wurde durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25.4.2013 ergangenen Widerspruchsbescheid zurückgewiesen. Allein die ursprüngliche – unrealisiert gebliebene – Bereitschaft der Halbschwester Tanja, die Bestattung zu veranlassen, lasse die Bestattungspflicht der Klägerin nicht entfallen. Ebenso wenig befreiten die Ausschlagung der Erbschaft und der Umstand, keinen Kontakt zu dem Verstorbenen gehabt zu haben, von der Bestattungspflicht und der hieran anknüpfenden Kostenerstattungspflicht. Allenfalls wenn die Heranziehung eines Hinterbliebenen sich wegen schwerer Verfehlungen des Verstorbenen als unbillige Härte darstelle, was hier nicht im Raum stehe, könne eine Ausnahme gerechtfertigt sein. Auch die mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit befreie nicht von der Bestattungspflicht. Selbst wenn die Voraussetzungen für einen Erlass vorlägen, was aber nicht der Fall sei, führe dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Heranziehungsbescheids. Insoweit gewährleiste die Möglichkeit, einen Antrag nach § 74 SGB XII zu stellen, eine Berücksichtigung der finanziellen und der persönlichen Verhältnisse. Einem Betroffenen sei zumutbar, hiervon Gebrauch zu machen. Nach alldem sei die Klägerin, die letztgenannten Weg nicht beschritten habe, erstattungspflichtig. Sie hafte neben ihren Geschwistern als Gesamtschuldnerin und die Beklagte sei berechtigt, – wie geschehen – gegen alle Verpflichteten gleichzeitig vorzugehen oder nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden, gegen wen sie den Anspruch geltend machen wolle. Schließlich sei auch die Erhebung einer Verwaltungsgebühr von 200,– €, die im mittleren Bereich des vorgegebenen Gebührenrahmens liege, angesichts des erforderlich gewordenen Verwaltungsaufwands nicht zu beanstanden.
Gegen den am 1.7.2013 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 25.7.2013 Klage erhoben. Sie sehe sich moralisch nicht in der Pflicht, zumal sie vier Geschwister habe. Für sie sei die Kostenübernahme angesichts eines monatlichen Verdienstes von 400, € eine besondere Härte. In persönlicher Hinsicht sei zu bedenken, dass der Verstorbene ihre Mutter noch während deren Schwangerschaft verlassen habe. Er habe nie Kontakt mit ihr aufgenommen und nie Unterhalt geleistet. Allein ihre Halbschwester Tanja habe zehn bis fünfzehn Jahre mit ihm in einem Haushalt gelebt und soziale Bindungen zu ihm gehabt, weswegen nur ihr ein höheres Maß an „Pietät und Pflege des Andenkens“ unterstellt werden könne. In einem Rechtsstaat könne erwartet werden, dass solche Erwägungen schon im Rahmen der Auswahl unter den Gesamtschuldnern Berücksichtigung fänden. Im Übrigen sei das Informationsschreiben vom 9.12.2009 ihr – wie bereits in ihrer Widerspruchsbegründung erwähnt – erst kurz vor Weihnachten, also nach Ablauf der siebentägigen Bestattungsfrist zugegangen. Sie frage sich, ob dies von rechtlicher Relevanz sei.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25.3.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 25.4.2013 aufzuheben.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, nicht nur gegenüber der Klägerin, sondern gegenüber jedem Kind des Verstorbenen einen Erstattungsbescheid in Höhe der entstandenen Kosten erlassen zu haben. § 26 BestattG mache die Bestattungspflicht nicht vom Bestehen sozialer Bindungen abhängig, weswegen diese auch kein Kriterium zur Auswahl unter den Verpflichteten seien und erst im Rahmen eines internen Ausgleichs zwischen den gesamtschuldnerisch haftenden Geschwistern Bedeutung erlangen könnten. Hinsichtlich der Höhe der Forderung sei zu berücksichtigen, dass der zu zahlende Betrag sich auf 2.685,06 € reduziert habe, da die Nachlasspflegerin einen Betrag von 711,40 € zur Verfügung stellen konnte. Der behauptete späte Zugang des Schreibens vom 9.12.2009 sei ohne rechtliche Relevanz. Denn ausweislich des Aktenvermerks vom 8.12.2009 sei die Klägerin vorab telefonisch unterrichtet worden und habe es abgelehnt, die Bestattung zu veranlassen.
Das Verwaltungsgericht hat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden und der Klage durch Urteil vom 14.1.2014 stattgegeben. Zwar sei die Klägerin bestattungspflichtige Angehörige des Verstorbenen und ihrer Bestattungspflicht nicht nachgekommen. Dies gelte allerdings gleichermaßen für ihre vier Geschwister. Sei der Kreis der Gesamtschuldner erfasst, dürfe die Beklagte denjenigen (auch allein) in Anspruch nehmen, der ihr für eine Heranziehung geeignet erscheine. Ihre diesbezüglichen Erwägungen brauche sie im Erstattungsbescheid grundsätzlich nicht schriftlich darzulegen. Allerdings müsse sie die getroffene Auswahl in Fällen begründen, in denen besondere Umstände offenbar oder – wie hier – vorgetragen seien, die ein Absehen von der Heranziehung des ausgewählten Gesamtschuldners gebieten könnten. Die Klägerin habe substantiiert dargelegt, wirtschaftlich nicht bzw. allenfalls eingeschränkt leistungsfähig zu sein. Hiermit habe die Beklagte sich im Rahmen ihres Auswahlermessens auseinandersetzen müssen, was nicht geschehen sei. Vorliegend sei dies gerade auch vor dem Hintergrund geboten gewesen, dass die Beklagte dem Widerspruch des Sohnes Alfred wegen dessen mangelnder Leistungsfähigkeit abgeholfen habe. Ebenso wären Ausführungen zu den Gründen veranlasst gewesen, aus denen von einer Heranziehung der zunächst zur Bestattung bereiten Tochter Tanja abgesehen worden sei. Zudem sei bekannt gewesen, dass alle Kinder in zumindest angespannten Verhältnissen leben, was nahegelegt habe, dass eine anteilige Heranziehung geboten sein könne. Auch hierzu fehle es an Erwägungen, so dass ein im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO zu berücksichtigender Ermessensausfall vorliege. Ein Vorgehen nach § 114 Satz 2 VwGO komme nicht in Betracht. Das Urteil wurde der Beklagten am 29.1.2014 zugestellt.
Auf den am 25.2.2014 eingereichten und am 27.3.2014 begründeten Antrag der Beklagten hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 26.11.2014, der Beklagten zugestellt am 9.12.2014, zugelassen.
Zur Begründung ihrer Berufung nimmt die Beklagte mit am 15.12.2014 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz auf die Begründung des Berufungszulassungsantrags und ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug. Im Mittelpunkt ihrer Argumentation im Zulassungsverfahren steht die Annahme, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Auswahl unter mehreren Bestattungspflichtigen einen sehr weiten Ermessensspielraum zu haben, der lediglich durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit begrenzt sei. Innerhalb dieser Grenze könne sie denjenigen in Anspruch nehmen, der ihr aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität am geeignetsten erscheine. Spätestens im Widerspruchverfahren habe sie ihr Auswahlermessen ausgeübt. Denn die Widerspruchsbehörde habe sich damit auseinandergesetzt, dass aufgrund der Gesamtschuldnerschaft entweder von allen Bestattungspflichtigen Zahlung in voller Höhe oder von einzelnen aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten gefordert werden könne. Die Beklagte habe in Kenntnis des ihr zustehenden Ermessens unter Berücksichtigung von Praktikabilitätsgesichtspunkten gehandelt und sich entschieden, von der Klägerin Zahlung in voller Höhe zu fordern. Da alle Kinder vorgetragen hätten, nicht leistungsfähig zu sein, sei es nicht zweckmäßig, alle Bestattungspflichtigen zu Teilbeträgen heranzuziehen. Sonst müsste sie mehrere Beitreibungsverfahren betreiben und hätte das Risiko, dass die Vollstreckung eines Teilbetrags gegen einen Gesamtschuldner ins Leere liefe und dieser Teilbetrag dann nicht mehr realisiert werden könne. Dies laufe der gesetzlichen Privilegierung durch Vorgabe einer Gesamtschuldnerschaft entgegen. Bei der Gesamtschuldnerschaft sei der Gläubiger von der Klärung der Rechts- und Vermögensverhältnisse der Gesamtschuldner im Innenverhältnis freigestellt. Der erkennende Senat selbst habe in seinem Urteil vom 27.12.2007 – 1 A 40/07 – ausgeführt, dass § 26 BestattG keine Regelung enthalte, die die Erstattung der Bestattungskosten bei Vorliegen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stelle. Die Bestattungspflichtigen hafteten ohne Rücksicht auf ihre persönliche Beziehung zum Verstorbenen und ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalls und somit auch ungeachtet ihrer finanziellen Verhältnisse. Durch die gesetzlich angeordnete Aufgabenverteilung zwischen Ortspolizeibehörde und Sozialhilfeträger solle die Ortspolizeibehörde von der Prüfung „ressortfremder Zumutbarkeitsfragen“ freigestellt werden. Dies habe das Verwaltungsgericht verkannt. Die Entscheidung der Beklagten sei weder unbillig noch willkürlich. Alle Bestattungspflichtigen hätten vorgetragen, nicht zahlungsfähig zu sein. Die Klägerin habe im Innenverhältnis Ansprüche nach dem Zivilrecht. Zudem bestehe die Möglichkeit, eine Erstattung der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII zu beantragen. In diesem Verfahren werde auch die Frage der Unzumutbarkeit geprüft. In Bezug auf ihren Bruder Alfred könne die Klägerin sich nicht auf Gleichheit im Unrecht berufen und auf die spontane Aussage der Schwester Tanja habe die Beklagte sich nicht verlassen müssen. Gerichtlicherseits sei lediglich die Rechtmäßigkeit behördlicher Ermessensentscheidungen, nicht jedoch deren Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Die getroffene Ermessensentscheidung stehe mit den vom erkennenden Senat in dem bereits erwähnten Urteil entwickelten Grundsätzen in Einklang. Die Beklagte sei sich ihres Ermessens bewusst gewesen und habe sich im Hinblick auf eine mögliche Verjährung aus Praktikabilitätsgründen entschlossen, gegenüber allen Bestattungspflichtigen einen Kostenbescheid zu erlassen. Im Übrigen könne die Frage der Leistungsfähigkeit nur bei der Vollstreckung der Kosten von Relevanz sein. Für die Feststellung der Kostenpflicht und die Festsetzung der Kosten habe sie keine Bedeutung. Durch die Kostenfestsetzung gegenüber sämtlichen Gesamtschuldnern solle vermieden werden, dass nach Festsetzung und fruchtloser Vollstreckung gegenüber zunächst nur einem der Gesamtschuldner die Beitreibung bei den übrigen wegen zwischenzeitlich eingetretener Verjährung nicht mehr möglich sei. Ob der Klägerin gegen ihren Ehemann in Höhe der Bestattungskosten ein Unterhaltsanspruch zustehe, sei unerheblich. Auch dies sei allein im Rahmen des § 74 SGB XII nach den dort maßgeblichen Kriterien zu prüfen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14.1.2013 – 3 K 956/13 – die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Ausführungen der Beklagten ließen nach wie vor nicht im Ansatz erkennen, ob und wenn ja welches Ermessen hier ausgeübt worden sei. Der Hinweis auf Praktikabilitätsgesichtspunkte ersetze nicht deren Darlegung, an der es fehle. Unter den gegebenen Umständen habe es nahe gelegen, die Tochter Tanja heranzuziehen. Es sei nicht ersichtlich, warum stattdessen gegen die Klägerin vorgegangen werde. In Bezug auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei nicht berücksichtigt worden, dass der Halbbruder Rolf der Klägerin selbständiger Sachverständiger und wegen der Berufstätigkeit seiner Ehefrau Doppelverdiener sei. Ebenso verfüge die Schwester Ellen als Angestellte im öffentlichen Dienst über ein regelmäßiges Einkommen, während die Klägerin überprüfbar dargelegt habe, nur geringfügiges eigenes Einkommen zu haben und daher nicht leistungsfähig zu sein. Ihr Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann umfasse die angeforderten Bestattungskosten nicht. In diesem Zusammenhang trägt die Klägerin im Einzelnen zu den wirtschaftlichen und familiären Lebensumständen vor, angesichts derer bereits die Leistungsfähigkeit des Ehemanns in Zweifel stehe. Zudem spreche nichts dafür, dass die Kostentragungspflicht für Bestattungskosten als persönliche Angelegenheit im unterhaltsrechtlichen Sinn zu qualifizieren sei. Soweit die Beklagte betone, die Kosten von allen Geschwistern angefordert zu haben, möge sie vortragen, mit welchem Ergebnis die Realisierung versucht worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten (1 Heft) und der Widerspruchsbehörde (1 Heft), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die Beklagte hat ihren Berufungsbegründungsschriftsatz am 15.12.2014 binnen der Monatsfrist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO nach der am 9.12.2014 erfolgten Zustellung des Zulassungsbeschlusses gemäß Satz 2 der Vorschrift bei dem Oberverwaltungsgericht eingereicht und ihren Berufungsantrag in einer den Anforderungen des Satzes 3 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 4 der Vorschrift noch gerecht werdenden Weise begründet.
Dass sich ihre binnen der Berufungsbegründungsfrist nicht weiter vertieften Ausführungen zur Begründung ihrer Berufung im Schriftsatz vom 15.12.2014 auf eine Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Zulassungsantrag und im erstinstanzlichen Verfahren beschränken, ist insoweit unschädlich, als sie sich im Rahmen Ihres Antrags auf Zulassung der Berufung in hinreichendem Umfang mit der angegriffenen Begründung des erstinstanzlichen Urteils auseinandergesetzt hat. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass zwar die pauschale Bezugnahme auf einen gegenüber der Vorinstanz eingenommenen Rechtsstandpunkt keine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angegriffenen Entscheidung ersetzen kann(1), dass es aber gemessen an dem Zweck des fristgebundenen Begründungserfordernisses ausreicht, wenn der Berufungsführer in einem innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO eingehenden Schriftsatz auf sein Zulassungsvorbringen Bezug nimmt, sofern er, was vorliegend geschehen ist, im Zulassungsantrag bereits erschöpfend vorgetragen hat.(2)
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht der zulässigen Klage gegen den Erstattungsbescheid der Beklagten vom 25.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.4.2013 stattgegeben. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin im Sinn des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten.
Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte im Wege der telefonischen Kontaktaufnahme am 8.12.2009 sowie durch ihr Informationsschreiben vom 9.12.2009 in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 28 Abs. 1 SVwVfG – Anhörung vor Bescheiderlass – gerecht geworden ist. Denn die seitens der Klägerin – und ebenso der übrigen Bescheidadressaten – vorgebrachten Einwendungen gegen ihre Heranziehung wurden im Rahmen der (Nicht-)Abhilfeentscheidungen geprüft, so dass ein eventueller Anhörungsmangel jedenfalls als nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SVwVfG geheilt anzusehen wäre.
Zunächst war die Beklagte berechtigt, den verfahrensgegenständlichen Anspruch auf Erstattung der Beerdigungskosten durch Erlass eines Leistungsbescheides geltend zu machen. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich unmittelbar in § 26 Abs. 2 Satz 1 BestattG, der vorgibt, dass die Ortspolizeibehörde eine Bestattung unter bestimmten Umständen anzuordnen oder – wie geschehen – auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen hat. Diese gesetzliche Formulierung beinhaltet die Ermächtigung, den Kostenpflichtigen durch Leistungsbescheid zur Erstattung heranzuziehen.(3)
Unzweifelhaft gehört die Klägerin zum Kreis der in § 26 Abs. 2 Satz 1 BestattG angesprochenen Bestattungspflichtigen. Dies ergibt sich aus § 26 Abs. 1 BestattG, der regelt, dass und in welcher Reihenfolge die volljährigen Angehörigen eines Verstorbenen für dessen Bestattung zu sorgen haben. Sofern den einzelnen Ranggruppen mehrere Personen angehören, sind diese nach der seit dem 1.7.2009 geltenden maßgeblichen Fassung der Vorschrift mangels einer anderweitigen Vorgabe – wie sie noch die auf das Alter abstellende Vorgängerfassung der Vorschrift enthielt – gleichrangig bestattungspflichtig. In der Gesetzesbegründung heißt es zu dieser Änderung, dass keine Festlegung mehr auf die ältere Person erfolge, wenn mehrere Bestattungspflichtige vorhanden seien. Es gelte insoweit zukünftig die gesamtschuldnerische Haftung.(4) Dass die gesetzgeberische Vorstellung der gesamtschuldnerischen Haftung im Gesetzestext keinen ausdrücklichen Niederschlag gefunden hat, ist unschädlich. Schulden mehrere die gleiche Leistung, ist die gesamtschuldnerische Haftung jedes Einzelnen die Regel, nicht die Ausnahme.(5) Die Klägerin und ihre vier (Halb-)Geschwister waren als Kinder des Verstorbenen nach Abs. 1 Nr. 3 der Vorschrift bestattungspflichtig, über den Tod und den Todeszeitpunkt ihres Vaters sowie über ihre gesetzlich vorgegebene Bestattungspflicht informiert und hatten sich innerhalb der siebentägigen Bestattungsfrist des § 32 Abs. 1 Satz 1 BestattG nicht bereitgefunden, ihren Vater bestatten zu lassen. Dies und damit das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 Satz 1 BestattG ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die Erforderlichkeit und die Höhe der im Einzelnen in Rechnung gestellten Kostenpositionen.
Damit haften die Klägerin und die vier weiteren Abkömmlinge ihres Vaters nach § 26 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 BestattG als Kinder des Verstorbenen gesamtschuldnerisch für die Erstattung der der Beklagten im Wege der Ersatzvornahme entstandenen Aufwendungen für die Beisetzung des Vaters, so dass es in entsprechender Anwendung des § 421 Satz 1 BGB in das Ermessen der Beklagten gestellt ist, die Erstattung von jedem oder einem der Abkömmlinge ganz oder jeweils zu einem Teil zu fordern.
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur gesamtschuldnerischen Haftung für öffentlich-rechtliche Zahlungsansprüche ist geklärt, dass dem Gläubiger bei der Auswahl unter mehreren Gesamtschuldnern ein lediglich durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit begrenztes Ermessen zusteht, die Ermessensentscheidung in der Regel keiner Begründung bedarf, sowie dass Hinweise auf die gesamtschuldnerische Haftung der nicht zur Ausgleichszahlung herangezogenen weiteren Gesamtschuldner und die befreiende Wirkung der Zahlung eines Gesamtschuldners nicht zum notwendigen Inhalt des Leistungsbescheids gehören.(6) Es gehe um die Abgrenzung der privaten Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit, weswegen eine Darlegung der Ermessenserwägungen nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zu fordern sei.(7) Die Gesamtschuldnerschaft diene nicht dem Schuldnerschutz, sondern solle den Gläubiger im Interesse einer Verwaltungsvereinfachung und Effizienz des Gesetzesvollzugs in den Stand setzen, den ihm geeignet erscheinenden Gesamtschuldner kurzerhand heranzuziehen. Schutzwürdige Belange des herangezogenen Gesamtschuldners, schon aus dem Bescheid entnehmen zu können, warum gerade er in Anspruch genommen wird, seien für den Regelfall nicht zu erkennen.(8) Das Bundesverwaltungsgericht hat kürzlich zur Problematik der Heranziehung von Gesamtschuldnern bekräftigt, dass eine Auswahl aus finanziellen oder aus verwaltungspraktischen Gründen erlaubt sei. Grundsätzlich könne die Behörde den Gesamtschuldner in Anspruch nehmen, dessen Wahl ihr geeignet und zweckmäßig erscheine. Ermessenserwägungen zur Auswahl eines Gesamtschuldners seien nur veranlasst, wenn Willkür- oder Billigkeitsgründe geltend gemacht würden, tatsächlich vorlägen und gerade den Schuldner beträfen, der sich gegen seine Auswahl zur Wehr setze. Nicht einwenden könne ein Schuldner, dass es andere Gesamtschuldner gebe, die ebenfalls oder an seiner Stelle heranzuziehen seien.(9)
Mithin ist eine Begründung des Auswahlermessens nur ausnahmsweise geboten, soweit im Einzelfall besondere Umstände offenbar sind oder vorgebracht werden, die ein Absehen von der Heranziehung des ausgewählten Gesamtschuldners gebieten könnten. Hiervon ist fallbezogen auszugehen.
Gemessen an dem aufgezeigten rechtlichen Rahmen zulässiger Ermessensbetätigung war die von der Beklagten anfänglich praktizierte Handhabung, alle Kinder des Verstorbenen als Gesamtschuldner jeweils in voller Höhe zur Kostenerstattung heranzuziehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Es ist grundsätzlich ein gangbarer Weg, alle ermittelten gleichrangig Bestattungspflichtigen vorab über den Sterbefall, das Bestehen der Bestattungspflicht und die rechtlichen Konsequenzen von deren Nichterfüllung zu informieren, und im Anschluss an eine notwendig gewordene behördlich veranlasste Bestattung deren Kosten zunächst durch Erlass gleichlautender Erstattungsbescheide jeweils in voller Höhe gegenüber allen Bestattungspflichtigen geltend zu machen, eventuelle Einwendungen gegen die Heranziehung abzuwarten, und diesen, sofern sie als ermessensrelevant erachtet werden, im Wege der nachträglichen Einschränkung des Kreises der in Anspruch genommenen Gesamtschuldner Rechnung zu tragen.
Unverzichtbar ist aber in diesem Zusammenhang, dass die grundsätzlich auch „nachträglich“ zulässige Entscheidung über eine Beschränkung des Kreises der zur Erstattung herangezogenen Bestattungspflichtigen von Kriterien getragen ist, die die dem Ermessen durch das Verbot der Willkür und offenbarer Unbilligkeit gezogenen Grenzen beachten. Der Umgang der Beklagten mit den einzelnen Widersprüchen zeichnet sich indes durch eine diesen Anforderungen nicht mehr gerecht werdende Handhabung aus.
Die Behandlung der Widersprüche folgte keinem sachlich vertretbaren System(10). Die Beklagte hat ihr Auswahlermessen im Verlauf der Widerspruchsverfahren neu betätigt, was grundsätzlich zulässig ist, dabei aber auf die inhaltlich jeweils maßgeblich auf den gleichen Aspekt, nämlich die Behauptung mangelnden finanziellen Leistungsvermögens, gestützten Widersprüche der einzelnen Bestattungspflichtigen ohne erkennbaren Differenzierungsgrund ganz unterschiedlich reagiert. Weder ist der Aktenlage ein nachvollziehbarer Grund für die völlig planlos anmutende unterschiedliche Sachbehandlung im Rahmen der jeweiligen (Nicht-)Abhilfeverfahren zu entnehmen noch sind die im gerichtlichen Verfahren nachträglich vorgebrachten Erklärungen der Beklagten zu den Gründen ihrer Vorgehensweise geeignet, diese im Rahmen der nach § 114 Satz 2 VwGO bestehenden Möglichkeiten zu plausibilisieren.
Wenngleich einerseits gegen die von der Beklagten mehrfach betonte Prämisse, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit bzw. die Behauptung eines mangelnden finanziellen Leistungsvermögens für das Bestehen der Erstattungspflicht keine Rolle spielt und auch im Rahmen der Ermessensbetätigung keine Beachtung finden muss, rechtlich nichts zu erinnern ist, und es der Behörde andererseits unbenommen ist, von mehreren Gesamtschuldnern denjenigen auszuwählen, der ihr am leistungsfähigsten erscheint, muss sie doch – sobald alle Gesamtschuldner Leistungsunvermögen behaupten und sie hieraufhin in eine entsprechende Sachaufklärung einsteigt und in deren Folge einen Gesamtschuldner aus seiner öffentlich-rechtlichen Erstattungspflicht entlässt – das Willkürverbot beachten. Dies setzt voraus, dass der Erfolg der Widersprüche nach im Wesentlichen gleichen Kriterien beurteilt wird. Legt die Behörde in einem Fall – ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein – bei der Betätigung ihres Auswahlermessens das Kriterium mangelnder Leistungsfähigkeit an, so ist es mit dem den Ermessensspielraum begrenzenden Willkürverbots schwerlich zu vereinbaren, einen anderen ebenso wenig leistungsfähigen Gesamtschuldner mit dem – rechtlich zwar zutreffenden, aber der Tatbestandsprüfung, nicht der konkret praktizierten Ermessensausübung, zuzuordnenden – Hinweis abzuspeisen, die Erstattungspflicht entstehe auch bei gänzlich fehlender Leistungsfähigkeit als unmittelbare Folge der Bestattungspflicht.
Fallbezogen zeichnet sich die Sachbehandlung der Beklagten zunächst dadurch aus, dass sie dem ihr am 7.4.2010 zugegangenen Widerspruch des von Rente und ergänzenden Sozialleistungen lebenden Sohnes Alfred sofort, nämlich mit Abhilfebescheid vom 22.4.2010, abgeholfen, damit dem Umstand mangelnder Leistungsfähigkeit für die Schuldnerauswahl ermessensrelevante Bedeutung beigemessen und den Sohn Alfred auf dieser Grundlage aus seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung entlassen hat.
Schwerlich mit dem Grundgedanken einer gesamtschuldnerischen Haftung zu vereinbaren ist ferner, dass die Beklagte die am 31.5.2010 erklärte Rücknahme des Widerspruchs der Tochter Ellen des Verstorbenen und deren schriftliches Angebot vom 26.6.2010, monatliche Zahlungen von 50,- Euro zu leisten, zwar in der Verwaltungsakte abgeheftet, hierauf aber sonst nicht reagiert hat.
Der Sinn der ursprünglichen Ermessensentscheidung der Beklagten, die Gesamtschuldner nicht nur anteilig und nicht nur einen bestimmten – sondern alle – Gesamtschuldner zur Erstattung in voller Höhe heranzuziehen, lag sicherlich darin, jegliches Risiko auszuschließen, dass gegen einen eventuell einsichtigen, grundsätzlich leistungsbereiten und jedenfalls eingeschränkt leistungsfähigen Gesamtschuldner kein Titel oder nur ein auf dessen Anteil beschränkter Titel erwirkt wird. Da die Beklagte die Gesamtforderung ohnehin nur einmal realisieren kann, liegt jede zu erzielende Teilzahlung in ihrem wirtschaftlichen Interesse und kommt im Übrigen auch den anderen Gesamtschuldnern unmittelbar zugute. Angesichts dessen ist nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte einen bestandskräftigen Bescheid und ein korrespondierendes Ratenzahlungsangebot ungenutzt lässt, mithin auf die Realisierung der ihr hierdurch eröffneteN Möglichkeit, ihre Auslagen zumindest teilweise zeitnah erstattet zu bekommen, verzichtet und stattdessen darauf setzt, einen weiteren Titel gegenüber einer Gesamtschuldnerin zu erwirken, die indes durch Vorlage von Kontoauszügen glaubhaft gemacht hat, in eigener Person über ein deutlich geringeres Einkommen als ihre bestandskräftig veranlagte und grundsätzlich zahlungsbereite Halbschwester zu verfügen. Dass der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit auf entsprechende Nachfrage erklärt hat, es sei damals wohl nicht als opportun angesehen worden, jemanden, nur weil er seinen Widerspruch zurücknimmt, schlechter zu stellen, vermag zur Erhellung der das Auswahlermessen der Beklagten tragenden Erwägungen nicht entscheidend beizutragen.
Eine systematische Abarbeitung gleich gelagerter Widersprüche mehrerer Gesamtschuldner setzt auf der Ermessensebene voraus, dass in Bezug auf in die gleiche Richtung zielenden Einwendungen aller Gesamtschuldner anhand einheitlicher Ermessensgesichtspunkte geprüft wird, ob bzw. inwieweit das den Heranziehungsbescheiden zugrundeliegende Auswahlermessen geändert werden soll. Nimmt die Behörde einen Gesamtschuldner aus der Haftung heraus, so muss sie prüfen, ob die diese Entscheidung tragenden Erwägungen auch für die übrigen Gesamtschuldner Geltung beanspruchen. Damit entsteht im Fall ihnen gegenüber ergehender Nichtabhilfeentscheidungen die Notwendigkeit einer nachvollziehbaren, an der zugunsten des einen Gesamtschuldners getroffenen Ermessensentscheidung orientierten Begründung, warum in ihrem jeweiligen Fall an der ursprünglichen Ermessensentscheidung festgehalten wird. Mithin müssen unter Mitteilung der tragenden Erwägungen, aufgrund derer in Bezug auf einen Gesamtschuldner eine Abhilfeentscheidung oder auch eine stattgebende Widerspruchsentscheidung getroffen worden ist, die maßgebenden Gründe dargelegt werden, aus denen eine mit gleichgelagerter Begründung begehrte Abhilfeentscheidung bzw. stattgebende Widerspruchsentscheidung abgelehnt wird. Nur so wird nachprüfbar, ob die divergierenden Entscheidungen darauf zurückgehen, dass die zu beurteilenden Sachverhalte in relevanten Punkten anders gelagert sind.
Unverständlich ist auch, dass die Beklagte auch das bereits anlässlich der Widerspruchsbegründung unterbreitete Angebot der Tochter Tanja, einen Anteil von 500,- Euro des Erstattungsbetrags zu übernehmen, wenn keine weiteren Forderungen ihr gegenüber geltend gemacht würden, und auf deren spätere Versicherung an Eides statt im Schriftsatz vom 27.5.2010, weder über Einkommen aus einem Beschäftigungsverhältnis noch über Bar- oder Grundvermögen zu verfügen, einzig und allein reagiert hat, indem sie die Vorlage ungeschwärzter Kontoauszüge aus den letzten drei Monaten verlangt hat und – als diese nicht vorgelegt wurden – mehr als drei Jahre untätig geblieben ist, bis sie den Widerspruch am 30.8.2013 der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vorgelegt hat. Immerhin war der Beklagten bereits seit dem 28.4.2010 bekannt, dass sich ihre Forderung infolge der Zahlung aus dem Nachlass auf 2685,06 € reduziert, so dass das Zahlungsangebot annähernd dem – internen – Anteil der Tochter Tanja entsprach.
Verfehlt ist – gemessen am Willkürverbot – auch die Sachbehandlung im Fall des Sohnes Rolf. Auf dessen bloße Behauptung mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit sah die Beklagte – anders als bei seinen (Halb-)Schwestern – von der Aufforderung zu näheren Angaben und Vorlage von Nachweisen betreffend seine wirtschaftlichen Verhältnisse ab, teilte ihm als einzigem Gesamtschuldner sogar mit, dass die Forderung sich inzwischen reduziert habe, und erklärte abwarten zu wollen, ob der zuständige Sozialhilfeträger eine Beihilfe bewillige. Selbst als der Sohn Rolf auf die Sachstandsanfrage der Beklagten nicht reagierte und diese am 19.1.2011 bei dem Sozialhilfeträger in Erfahrung gebracht hatte, dass ein entsprechender Antrag nicht gestellt worden ist, unternahm sie keine weiteren Schritte, sondern ließ den Vorgang bis September 2013 unbearbeitet liegen. Dies obwohl in Bezug auf einen männlichen Bestattungspflichtigen, der nicht behauptet hat, arbeitslos oder erwerbsunfähig zu sein, durchaus nahe lag und liegt, dass dieser von seinem eigenen Verdienst her besser gestellt sein könnte, als seine drei (Halb-) Schwestern, von denen eine über überhaupt kein eigenes Einkommen und eine – die Klägerin – nur über ein geringfügiges eigenes Einkommen verfügte.
Die in Bezug auf den Sohn Alfred getroffene Ermessensentscheidung ist zwar unter der Prämisse, dass ein Fehlen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aus damaliger Sicht der Beklagten für die Schuldnerauswahl von Relevanz sein sollte, konsequent. Da er von Erwerbsunfähigkeitsrente und ergänzender Sozialhilfe lebt, war abzusehen, dass er den Erstattungsbetrag nicht aus eigenen Mitteln aufbringen konnte, was es unter Ermessensgesichtspunkten durchaus rechtfertigte, von einer weiteren – aller Voraussicht nach fruchtlosen – Rechtsverfolgung abzusehen. Gleichwohl hätte auch er zunächst auf die Möglichkeit, einen durchaus erfolgversprechenden Antrag nach § 74 SGB XII zu stellen, verwiesen werden können. Die Handhabung seines Falles ist ein wesentlicher Grund für die mangelnde Nachvollziehbarkeit des geschilderten behördlichen Vorgehens in den Fällen der drei Töchter, die ebenfalls dezidiert zu ihrem mangelnden Leistungsvermögen vorgetragen hatten.
Hinsichtlich der Klägerin selbst ist festzustellen, dass sie ebenso wie ihre beiden (Halb-)Schwestern – und anders als der Sohn Rolf – von Anfang an bemüht war, ihr Vorbringen zu ihren finanziellen Verhältnissen zu belegen. Sie hat die hierzu erbetenen Kontoauszüge, in welchen ihre Einkünfte in den Monaten Juni, Juli und August 2010 in Höhe von 203,33 Euro, 299,64 Euro und 369,78 Euro ausgewiesen waren, vorgelegt. Dennoch hat dies die Beklagte, anders im Fall des Sohnes Alfred, nicht veranlasst, die in ihrem Ermessen stehende Frage der Sinnhaftigkeit einer Weiterverfolgung ihrer Ansprüche gegen die Klägerin ernsthaft zu prüfen. Sie hat eine Abhilfe vielmehr mit der Begründung abgelehnt, es sei unerheblich, ob der Bestattungspflichtige selbst oder sein Ehepartner leistungsfähig sei, und den Widerspruch der Klägerin als einzigen zeitnah am 20.1.2011 an die Widerspruchsbehörde weitergeleitet. Die Nichtabhilfeentscheidung und die Weiterleitung des Widerspruchs der Klägerin an die Widerspruchsbehörde erfolgten im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu der Nachfrage der Beklagten vom 19.1.2011 bei dem Sozialhilfeträger, ob der Sohn Rolf einen Antrag nach § 74 SGB XII gestellt hat. Obwohl die Beklagte seither wusste, dass der Sohn Rolf einen solchen Antrag nicht gestellt hatte, nahm sie dies nicht zum Anlass, seinen bisher nicht substantiiert begründet Widerspruch ebenfalls der Widerspruchsbehörde vorzulegen.
Soweit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erschienene Vertreter der Beklagten zu der Sachbehandlung im Fall des Sohnes Alfred angab, dass man diese im Nachhinein als Fehler angesehen habe, weil man gemerkt habe, zur Prüfung der Leistungsfähigkeit nicht in der Lage zu sein, rechtfertigt dies nicht die Annahme einer nur ausnahmsweise auf einen danach grundsätzlich nicht (mehr) als ermessensrelevant erachteten Gesichtspunkt abstellenden Entscheidung. Denn das Kriterium der Leistungsfähigkeit blieb auch nach der Abhilfeentscheidung vom 22.4.2010 für die Behandlung der Widersprüche der Klägerin und der Tochter Tanja des Verstorbenen von maßgeblicher Bedeutung, wie der Umstand belegt, dass in deren Verfahren bis in den September 2009 hinein Nachweise zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen angefordert und geprüft wurden und erst in der gegenüber der Klägerin am 20.1.2011 ergangenen Nichtabhilfeentscheidung der Standpunkt vertreten worden ist, mangelnde Leistungsfähigkeit sei für die Entscheidung über die Heranziehung bzw. die Behandlung des hierauf gestützten Widerspruchs der Klägerin nicht von Relevanz.
Sicherlich trifft zu – wie der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgetragen hat -, dass die eine Gesamtschuldnerschaft begründende Neuregelung des § 26 Abs. 1 BestattG bei dem Notwendigwerden des ortspolizeibehördlichen Einschreitens im Dezember 2009 erst wenige Monate in Kraft war und es daher wenig Erfahrung mit deren Anwendung gegeben haben mag. Allerdings war der Beklagten ausweislich ihrer an alle bestattungspflichtigen Kinder des Verstorbenen gerichteten Informationsschreiben vom 9.12.2009 und des Inhalts der ebenfalls gegenüber allen Bestattungspflichtigen ergangenen Erstattungsbescheide vom 25.3.2010 bewusst, dass die Kinder gesamtschuldnerisch haften. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte damals mit der sich im öffentlichen Recht vielfach stellenden Aufgabe der Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern überfordert gewesen sein könnte. Abgesehen hiervon vermag die Tatsache einer gesetzlichen Neuregelung einen Ermessensfehlgebrauch im Anfangsstadium der Anwendung grundsätzlich nicht zu rechtfertigen. Dass eine verlässliche Abklärung der damals tragenden Ermessenserwägungen nicht möglich war, weil die Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung ungeachtet der Ladung durch einen Mitarbeiter hat vertreten lassen, der zu den im damaligen Heranziehungsverfahren maßgeblichen Erwägungen aus eigener Kenntnis keine Angaben machen konnte, muss mit ihr heimgehen.
Nach alldem bleibt zusammenfassend festzustellen, dass der zeitliche Ablauf belegt, dass die Beklagte sich Mitte Januar 2011 entschlossen hat, ihre Forderung im weiteren Verfahren vorrangig gegenüber der Klägerin zu verfolgen und die Geschwister zumindest vorerst zu verschonen. Die unterschiedlichen Vorgehensweisen, die die Gesamtschuldner ohne erkennbaren Grund zum Teil bevorteilten und zum Teil erheblich benachteiligten, können unter Ermessensgesichtspunkten vor dem Hintergrund des das Ermessen begrenzenden Willkürverbots einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Es gibt keinen sachlich vertretbaren Grund, einerseits eine bestandskräftig verpflichtete und grundsätzlich leistungsbereite Gesamtschuldnerin zu verschonen, auf ein weiteres Angebot einer Teilleistung, die allen übrigen Beteiligten zugute käme, keine entsprechenden Verhandlungen aufzunehmen und hinsichtlich eines Gesamtschuldners, der keinerlei Nachweise zu seinem behaupteten wirtschaftlichen Unvermögen vorgelegt hat, über mehr als drei Jahre untätig zu bleiben, und andererseits allein in Bezug auf die Klägerin, die Nachweise zu ihren in der Tat nur geringfügigen Einkünften vorgelegt hat, die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um gerade ihr gegenüber auch einen bestands- bzw. rechtskräftigen Bescheid zu erwirken.
Da trotz der dies eher verneinenden Äußerungen des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Beklagte es – worauf ihre Ausführungen in dem gegenüber der Klägerin ergangenen Nichtabhilfebescheid hindeuten könnten – als besonders erfolgversprechend angesehen haben könnte, sich an die Klägerin zu halten, weil diese angegeben hatte, im Wesentlichen von den Einkünften ihres Ehemannes zu leben, sei der Vollständigkeit halber klargestellt, dass derartige Erwägungen der Beklagten einer an Ermessensgesichtspunkten orientierten Überprüfung nicht standhalten könnten. Denn sie würden auf einem Rechtsirrtum beruhen, was hieße, dass die Beklagte ihr im Widerspruchsverfahren modifiziertes Auswahlermessen auf der Grundlage einer unzutreffenden Einschätzung der Rechtslage getroffen hätte.
Die Regelung des § 26 Abs. 1 BestattG ist in Bezug auf den Kreis der nach öffentlichem Recht Bestattungspflichtigen – wie die bis zum 30.6.2009 geltende Vorgängervorschrift(11) – abschließend. Eine Bestattungspflicht von Schwiegerkindern ist nicht vorgesehen und ergibt sich im Übrigen auch nicht aus den den öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis nicht modifizierenden(12) Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Soweit § 26 Abs. 2 Satz 1 BestattG eine Ersatzvornahme durch die Beklagte vorsieht, legt diese Regelung gleichzeitig den Kreis der insoweit Kostenpflichtigen auf den oder die Bestattungspflichtigen fest. Auch diese Regelung ist abschließend. Damit sind Kostenschuldner der Beklagten allein die Klägerin und ihre gleichrangig verpflichteten Geschwister, nicht aber deren Ehepartner.(13)
Die Beklagte könnte die Klägerin auch nicht darauf verweisen, dass ihr im Verhältnis zu ihrem Ehemann auf der Grundlage des § 1360 a Abs. 1 BGB ein Unterhaltsanspruch in Höhe der Bestattungskosten zustünde. Denn ein solcher Anspruch besteht nicht.
Nach genannter Vorschrift umfasst der angemessene Unterhalt der Familie alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen. Insoweit ist allgemein anerkannt, dass jeder Ehegatte Anspruch hat auf einen angemessenen Teil des Gesamteinkommens beider Partner als Taschengeld, d.h. auf einen Geldbetrag, über den er zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse frei verfügen kann.(14) Allerdings gehören die Aufwendungen für Bestattung und Grabpflege von Verwandten des Ehepartners nicht zum Familienunterhalt.(15) Ein bestattungspflichtiger Ehegatte kann daher von seinem Ehepartner nicht verlangen, dass dieser ihm zwecks der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse den Geldbetrag zur Verfügung stellt, der zur Begleichung der Beerdigungskosten eines Elternteils notwendig ist.
Schließlich fände die Vorstellung, der Ehemann der Klägerin müsse die Bezahlung der Bestattungskosten aus dem Familieneinkommen dulden, auch in § 1615 Abs. 2 BGB keinen rechtlichen Anknüpfungspunkt. Die Vorschrift sieht vor, dass im Fall des Todes eines Unterhaltsberechtigten der Unterhaltsverpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen hat, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben zu erlangen ist. Zwar war die Klägerin ihrem Vater nach Maßgabe der §§ 1601 ff. BGB in den Grenzen des § 1603 Abs. 1 BGB zur Gewährung von Unterhalt verpflichtet, so dass § 1615 Abs. 2 BGB dem Grunde nach einschlägig ist. Auch kommt die Beklagte als Anspruchsberechtigte in Betracht, da der Anspruch demjenigen zusteht, der für die Kosten zunächst aufgekommen ist.(16) Allerdings könnte die Beklagte diesen Anspruch schon nicht durch Erlass eines Leistungsbescheids geltend machen. Zudem ist auch dem Unterhaltsrecht eine Einstandspflicht des Ehepartners eines unterhaltspflichtigen Kindes fremd. In der familiengerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass der Elternunterhalt nur aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu speisen ist. Eine verdeckte Haftung des besser verdienenden Schwiegerkindes sei damit ausgeschlossen. Dem unterhaltspflichtigen Kind verbleibe der Anteil, den es zum Familienbedarf beizutragen habe; nur sein darüber hinausgehendes Einkommen sei für den Elternunterhalt einzusetzen. Damit sei auch gewährleistet, dass ein Ehegatte bei Inanspruchnahme auf Elternunterhalt keine weiteren Leistungen erbringen müsse, um den Lebensstandard der Familie aufrecht zu erhalten.(17) Die Ermittlung des individuellen Familienbedarfs erfolgt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, indem von dem zusammengerechneten Einkommen der Ehegatten (Familieneinkommen) der Familienselbstbehalt (im Jahr 2010 2450 €) in Abzug gebracht und das verbleibende Einkommen in der Regel um eine mit 10 % zu bemessene Haushaltsersparnis vermindert wird. Die Hälfte des sich ergebenden Betrages kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zugute. Zu dem so bemessenen individuellen Familienbedarf hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am Familienunterhalt einsetzen.(18)
Fallbezogen müsste diese Berechnung ausgehend von den Angaben der Klägerin zu dem zur Verfügung stehenden Familieneinkommen schon in einem recht frühen Stadium mit dem Ergebnis scheitern, dass § 1603 Abs. 1 BGB eingreift.(19)
Schließlich ist die fehlerhafte Ermessensbetätigung der Beklagten nicht durch eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Widerspruchsbehörde geheilt worden. Die Beklagte hatte der Widerspruchsbehörde ausschließlich den Teil der Akten vorgelegt, der das Verfahren der Klägerin betraf, und in ihrem Vorlageschreiben vom 20.1.2010 nicht auf die Entwicklung hingewiesen, die die Widersprüche der übrigen Geschwister bis dahin genommen hatte. Die Widerspruchsbehörde hatte daher keinen Grund, sich mit der aufgeworfenen Ermessensproblematik auseinanderzusetzen.
Nach alldem hat das Verwaltungsgericht der Klage zu Recht stattgegeben, so dass die Berufung der Beklagten der Abweisung unterliegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus dem §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird in Anwendung der §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GKG für das Berufungsverfahren und nach Maßgabe des § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG auch für das erstinstanzliche Verfahren auf 2.685,06 Euro festgesetzt.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
John
Freichel
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