Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 17. Zivilsenat, 17 U 48/13 Inkassodienstleistungsvertrag: Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars; Wirksamkeit einer entsprechenden Formularklausel

Februar 3, 2018

 

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 17. Zivilsenat, 17 U 48/13

Inkassodienstleistungsvertrag: Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars; Wirksamkeit einer entsprechenden Formularklausel

Leitsatz

  1. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars im Rahmen eines Inkassodienstleistungsvertrages begegnet heute keinen grundsätzlichen Bedenken mehr.
  2. Allerdings ist eine Formularklausel, die bei Zahlung durch den Schuldner das Erfolgshonorar, schon nach „erstem Tätigwerden“ des Inkassobüros anfallen lässt, unwirksam im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB. Das Fehlen jeglicher Spezifizierung der Tätigkeit verstößt gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Soweit bei kundenfeindlicher Auslegung der Klausel außerdem ein Verzicht selbst auf die grundsätzliche Eignung der Tätigkeit des Inkassounternehmens zur Herbeiführung des Zahlungserfolges entnommen werden kann, benachteiligt die Klausel den Auftraggeber unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin im Übrigen wird das am 10. Mai 2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des Landgerichts Kiel – 17 O 166/13 – wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, 95,20 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 10. April 2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

 

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Entgelt für Inkassodienste.

 

Die Klägerin ist ein eingetragenes Inkassounternehmen. Am 7. Juni 2007 schlossen die Parteien einen Inkassorahmenvertrag. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (Bl. 30 ff. d. A.) zugrunde. Darin heißt es unter anderem:

 

„II. Ausschließlichkeit
1. Der Auftraggeber wird nach Auftragserteilung nicht ohne Zustimmung der A. mit dem Forderungsschuldner verhandeln oder weiterhin gegen ihn vorgehen.

 


  1. III. Vergütung
    1. Im außergerichtlichen Nichterfolgsfalle wird nur die Mindestgebühr fällig.
    2. Bei erfolgreichem Forderungseinzug erhält A. vom Auftraggeber aus allen auf die Forderung eingehenden Zahlungen bzw. ihrem Ausgleich oder ihrer Minderung in sonstiger Weise nach Abzug der verauslagten Kosten die erfolgsabhängige Gebühr gemäß den jeweils gültigen Konditionen. …
    3. Eine erfolgsabhängige Gebühr gem. Ziff. 2 der Gebührentabelle entsteht nach erstem Tätigwerden bei Zahlung des Schuldners oder Dritten für den Schuldner, gleichgültig, ob die Zahlung an den Kunden oder A. erfolgt.
    4. …
    5. …
    6. Auf alle Gebühren, Pauschalen und die erfolgsabhängige Gebühr wird die gesetzliche Mehrwertsteuer erhoben.“

 

Die Mindestgebühr betrug nach der Gebührentabelle für Forderungen gegen Schuldner mit Sitz in Saudi-Arabien 80,- €, die erfolgsabhängige Gebühr 25 % des eingezogenen Forderungsanteils, erhöht um weitere 2 % „bei Forderungen, die älter sind als 180 Tage“. Nach Ziffer 3 der Gebührentabelle umfasst die Gebührentabelle alle außergerichtlichen Kosten.

 

Am 30. September 2010 beauftragte die Beklagte die Klägerin im Rahmen dieses Vertrages mit der Einziehung einer Forderung i. H. v. 157.275,- € von der in Saudi-Arabien ansässigen Firma „R.“, die sie zuvor vergeblich mit Schreiben vom 06. März 2009 und 03. Juli 2009 in Rechnung gestellt hatte. Am 08.Oktober 2010 fertigte die Klägerin ein Schreiben an die Schuldnerin (Anlage K 5, Bl. 48 d.A.). Unter dem 29. Oktober 2010 teilte sie der Beklagten mit, dass es ihr trotz verschiedener Mahnungen nicht gelungen sei, Kontakt zur Schuldnerin aufzunehmen. Am 23. Dezember 2010 zahlte die Schuldnerin auf die einzuziehende Forderung 25.000,- € an die Beklagte. Daraufhin machte die Klägerin aufgrund einer abweichenden Eingruppierung in der Rechnung vom 08. März 2011 eine Entgeltforderung in Höhe von 35 %, also 11.007, 50 € geltend, die bei der Beklagten am 09. März 2011 einging.

 

Die daraus berechnete Klagforderung hat die Klägerin bereits auf 27 %, also 6.750,- € zuzüglich Mehrwertsteuer, mithin 8.032,50 €, zuzüglich Zinsen i. H. v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. April 2011 reduziert und im Übrigen zurückgenommen. Daneben hat sie erstinstanzlich vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i. H. v. 361,90 € für das Mahnschreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 27. März 2012 geltend gemacht.

 

Die Parteien streiten darüber, inwieweit Voraussetzung für einen Gebührenanspruch der Klägerin ist, dass die Zahlung zumindest auch auf die Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen ist, und ob diese Voraussetzung – gegebenenfalls – vorliegt.

 

Die Klägerin hat behauptet, sie habe sich zunächst am 8. Oktober 2010 schriftlich an die Schuldnerin gewandt. Sodann habe sie am 11. und 14. Oktober, am 30. November und am 14. Dezember 2010 durch ihre Mitarbeiterin Ar. versucht, über den Telefonvermittler der Schuldnerin Kontakt zu dem zuständigen Sachbearbeiter aufzunehmen. Die Schuldnerin habe sich durch diese Aktivitäten genötigt gesehen, die am 23. Dezember 2010 erfolgte Teilzahlung zu erbringen.

 

Die Beklagte hat demgegenüber behauptet, ihr Mitarbeiter S. habe bereits vor Beauftragung der Klägerin im September 2010 Kontakt zur saudischen Botschaft aufgenommen, die wiederum Druck auf die Schuldnerin ausgeübt habe, so dass die Schuldnerin schließlich im Dezember 2010 mitgeteilt habe, sie werde in monatlichen Raten von 25.000,- € zahlen.

 

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen Ar. und S. mit Urteil vom 10. Mai 2013, auf dessen Inhalt gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, abgewiesen, da die Klägerin nicht habe beweisen können, dass sie die Zahlung der Schuldnerin durch ihre Tätigkeit bewirkt habe. Soweit sich aus Ziff. III. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglicherweise ergebe, dass Kausalität zwischen der entfalteten Tätigkeit der Klägerin und der Zahlung durch die Schuldnerin nicht erforderlich sei, sei diese Klausel gem. § 305 c Abs. 2 BGB unwirksam, da sie die Beklagte unangemessen benachteilige. Sie verstoße zudem gegen das Transparenzgebot aus § 307 BGB.

 

Gegen dieses ihr am 23. Mai 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. Juni 2013 Berufung eingelegt und wie folgt begründet:

 

– Auf die Frage, ob die eigenen Tätigkeiten der Beklagten ursächlich für den Zahlungseingang seien, komme es nicht an. Denn die Beklagte könne sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben auf ihre eigenes Tätigwerden nicht berufen, weil sie dadurch gegen ihre Pflicht aus Ziff. II. 1 der AGB verstoßen habe.

 

– Die Ziff. III. 2 und 3 der AGB seien entgegen der Ansicht des Landgerichts weder unklar, noch benachteiligten sie die als Unternehmerin erfahrene Beklagte unangemessen.

 

– Im Übrigen sei – obwohl es darauf nicht ankomme – auch die Beweiswürdigung des Landgerichts fehlerhaft. Die Beklagte habe nicht beweisen können, dass die Zahlung ausschließlich auf ihre eigenen Bemühungen zurückzuführen sei.

 

Die Klägerin beantragt,

 

das Urteil des Landgerichts Kiel vom 10. Mai .2013 (Az. 17 O 166/12) aufzuheben und die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 8.032,50 € nebst Zinsen von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. April 2011 zu zahlen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und rügt Verspätung, soweit die Klägerin nunmehr vorträgt, die Bemühungen der Beklagten seien unter Verstoß gegen Ziff. II. 1 der AGB erst nach deren Beauftragung entfaltet worden.

 

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien und die jeweils beigefügten Anlagen.

II.

 

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache nur in dem erkannten und geringen Umfang Erfolg.

 

Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines erfolgsabhängigen Vergütungsanspruchs von 27 % der gezahlten Summe abgelehnt (1). Die Klägerin hat allerdings einen Anspruch auf Zahlung der Mindestgebühr von 80,- € zuzüglich Mehrwertsteuer, also 95,20 €, nebst darauf zu entrichtenden Verzugszinsen (2).

1.

 

Die Voraussetzungen des erfolgsabhängigen Vergütungsanspruchs hat die Klägerin nicht zu beweisen vermocht.

a)

 

Gegen die Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Gebühr, bei der die Tätigkeit des Inkassounternehmens nur im Falle der ganzen oder teilweisen Realisierung der Forderung vergütet wird oder sich die Vergütung dann deutlich erhöht, als solcher bestehen aus Sicht des Senats bereits seit längerem keine grundsätzlichen Bedenken mehr. Der Inkassovertrag ist zwar als Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter anzusehen (BGH, NJW-RR 2005, 642; Staudinger, Neubearbeitung 2006, § 67 B 117; Soergel, 13. Aufl. 2011, § 675 Rd. 46). Denn der Auftraggeber hat keinen klagbaren Anspruch auf Herbeiführung des Erfolges, sondern lediglich darauf, dass der Auftragnehmer die vereinbarte Tätigkeit entfaltet. Der Vergütungsanspruch aus § 611 BGB ergibt sich demgemäß allein aus der Tätigkeit. Davon weicht die erfolgsbezogene Vergütung jedoch in zulässiger Weise ab, um vornehmlich dem Leistungsanreiz Rechnung zu tragen (OLG Frankfurt, Urteil vom 01. April 2009 – 19 U 228/08, zitiert nach juris Rd. 15 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat sich bereits in Art. 9 Abs. 2 KostenÄndG in der Fassung von Art. 2 Abs. 1 des 5. BRAGO ÄnderungsG vom 18. August 1980 (BGBl. I, 1503) für die Zulässigkeit dieses Vergütungssystems für Inkassodienste ausgesprochen (BGH, AnwSt (R) 5/05, zitiert nach juris Rd. 14).

b)

 

Die erfolgsabhängige Gebühr entstand aber nicht nach Ziffer III 3 AGB allein aufgrund der von der Klägerin vor der Zahlung des Schuldners entfalteten Tätigkeiten, namentlich der Telefonate ihrer Mitarbeiterin mit dem Telefonvermittler der Schuldnerin und der von ihr an die Schuldnerin versandten E-Mails und Mahnschreiben. Denn Ziffer III 3 AGB ist nach § 307 Abs. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der Beklagten und Intransparenz unwirksam.

(1)

 

Die Regelung in Ziffer III 3 AGB stellt keine nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB entzogene Preisvereinbarung dar.

 

Nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB findet eine Inhaltskontrolle nur insoweit statt, als durch die zu überprüfende Klausel eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung getroffen wird. Demgegenüber sind Abreden, die ihrer Art nach nicht der Regelung durch Gesetz oder andere Vorschriften unterliegen, sondern von den Parteien als Gegenstand ihrer Hauptleistungen festgelegt werden müssen – hierzu gehören gerade auch Preisvereinbarungen – , der Inhaltskontrolle entzogen (BGH, NJW 2010, 150, zitiert nach juris Rd. 22). Denn Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und den dafür zu zahlenden Preis müssen die Parteien selbst festlegen (BGHZ 106, 42 ff, zitiert nach juris Rd. 17).

 

Ziff. III 3 AGB bestimmt, dass die erfolgsabhängige Gebühr für das erste Tätigwerden der Klägerin entsteht, sofern der Schuldner danach an seinen Gläubiger – den Kunden des Inkassounternehmens – oder die Klägerin zahlt und schließt damit schlüssig das Erfordernis einer Kausalität zwischen dem ersten Tätigwerden der Klägerin und der nachfolgenden Zahlung aus. Zwar regelt die Ziffer III 3 AGB insoweit die Beziehung von Vergütung und Hauptleistung der Klägerin, nämlich ihr erstes Tätigwerden. Doch steht der Begriff der Leistung selbst nicht zur Disposition des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGH, Urteil vom 18. April 2002 – III ZR 199/01, zitiert nach juris Rd. 14). Daher ist die streitige Klausel darauf zu prüfen, ob ihr eine echte Gegenleistung zugrunde liegt oder ob es sich um eine Abrede handelt, die zwar mittelbar Auswirkungen auf Preis und Leistung hat, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann (BGH, a.a.O.; BGHZ 141, 380, 383; 137, 27, 29 f und 136, 261, 264 m.w.N.). Das erste Tätigwerden stellt indessen – sofern es nicht zur Herbeiführung der Zahlung geeignet war – keine echte Gegenleistung der Klägerin dar und widerspricht dem dienstvertraglichen Leistungsbegriff, der ein geeignetes Handeln voraussetzt. Damit ist die Klausel nicht unmittelbar nur eine Preisvereinbarung und unterliegt daher der Inhaltskontrolle.

(2)

 

Die Regelung in Ziffer III 3 AGB ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Sie benachteiligt wegen des vollständigen Verzichts von Anforderungen an das erste Tätigwerden der Klägerin und dem gleichzeitigen Verzicht auf eine Kausalität zwischen diesem Tätigwerden der Klägerin und der nachfolgenden Zahlung des Schuldners die Beklagte unangemessen.

(a)

 

AGB-Klauseln sind dabei zunächst ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung beidseitiger Interessen verstanden wird (BGH NJW-RR 2011, 1350; Grünberg in Palandt, 72. Aufl. 2013, § 305 c Rd. 16). Dies gilt nach § 310 Abs. 1 S. 2 BGB auch bei Verwendung von Allgemeinen Geschäftsgebühren gegenüber Unternehmen, wobei die geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen zu berücksichtigen sind (BGH, NJW 2010, 3152, zitiert nach juris Rd. 30 m.w.N.; Grüneberg in Palandt, 72. Aufl. 2013, § 307 Rd. 38).

 

Nach Ziffer III 3 AGB entsteht die erfolgsabhängige Gebühr bei Zahlung der Schuldnerin an die Klägerin oder die Beklagte nach erstem Tätigwerden der Klägerin.

 

Für einen durchschnittlichen Inkassokunden ist zwar ersichtlich, dass sich das erste Tätigwerden der Klägerin im Sinne der Ziffer III 3 AGB auf den Forderungseinzug beziehen muss. Weitere Einschränkungen an das erste Tätigwerden sind aber für einen Inkassokunden auch bei aufmerksamer Lektüre der Klauseln nicht ersichtlich. Ein erstes auf den Forderungseinzug gerichtetes Tätigwerden (im Interesse der Auftragserfüllung) kann damit auch schon das Abfassen eines Mahnschreibens durch die Klägerin sein oder das Versenden eines falsch adressierten Mahnschreibens, das später als unzustellbar zurückgelangt, oder ähnliche Tätigkeiten, die eindeutig auch für eine zeitlich nachfolgende Zahlung des Schuldners nicht ursächlich geworden sein können.

 

Zwar hat das Inkassounternehmen auch aus Sicht eines verständigen Kunden ein berechtigtes Interesse daran, nicht konkret nachweisen zu müssen, dass das zum Forderungseinzug erbrachtes und dazu geeignetes Handeln den Erfolg – die Zahlung – tatsächlich verursacht hat. Indessen werden nach der streitigen Klausel keinerlei Anforderungen an die Qualität des ersten Tätigwerdens gestellt und eine Kausalität zwischen Tätigwerden und Zahlung ist vollständig entbehrlich. Die sich aus der gewählten weiten Formulierung, „erstes Tätigwerden“ ergebenden Zweifel bei der Auslegung nach § 305 c Abs. 2 BGB müssen hier – im Rahmen der Inhaltskontrolle – zu Lasten der Klägerin als Verwenderin der Klausel gehen. Insoweit ist die dargelegte kundenfeindlichste Auslegung eines verständigen Vertragspartners zugrunde zu legen.

(b)

 

Der Kunde des Inkassounternehmens wird entgegen Treu und Glauben dadurch unangemessen benachteiligt, dass er die erfolgsabhängige Gebühr auch für eine Tätigkeit des Inkassodienstes zahlen soll, die die zeitlich nachfolgende Zahlung des Schuldners nicht herbeigeführt haben kann. Besonders vergütet wird in diesem Fall nicht die Leistung des Inkassounternehmens – die effiziente Tätigkeit – als erbrachte Gegenleistung, sondern die von der Tätigkeit unabhängige Zahlung des Schuldners. Dies entspricht zum einen nicht der in Ziffer III 2 AGB getroffenen Vergütungsabrede, nach der die erfolgreiche Tätigkeit des Inkassounternehmens – der erfolgreiche Forderungseinzug – besonders vergütet werden soll. Zum anderen spricht für die Unangemessenheit der Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, dass die Regelung gegen das gesetzliche Leitbild des Dienstvertrages verstößt, weil ein Kunde mit einer erfolgsabhängigen Vergütung nur die erfolgsgeeignete Tätigkeit des Inkassounternehmens im Falle einer Realisierung der einzutreibenden Forderung besonders honorieren will und nicht für eine ungeeignete Tätigkeit des Inkassounternehmens zahlen will, die rein zufällig der Zahlung des Schuldners vorausging. Dafür, dass ein Erfolgshonorar zum „Zufallshonorar“ werden kann, ist aber kein rechtfertigender Grund ersichtlich.

(c)

 

Die streitige Klausel ist auch deshalb zu missbilligen, weil die AGB der Klägerin ihre Vergütungsstruktur insgesamt für den Kunden nicht hinreichend deutlich erkennbar gemacht hat.

 

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst klar, einfach und präzise darzustellen (BGH NJW 2011, 1801, zitiert nach juris Rd. 20; BGH JW 2010, 3152, zitiert nach juris Rd. 29). Dabei gebieten Treu und Glauben, dass die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für einen durchschnittlichen Vertragspartner soweit erkennbar sind, als dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH NJW 2011, 1801, zitiert nach juris Rd. 20; Grüneberg in Palandt, 72. Aufl. 2013, § 307 Rd. 21 m.w.N.).

 

Die Vergütungsregelungen der AGB der Klägerin widersprechen sich unnötig. Während die erfolgsabhängige Gebühr nach Ziffer III 2 AGB bei erfolgreichem Forderungseinzug entsteht, soll sie nach Ziffer III 3 AGB bei Zahlung nach erstem Tätigwerden der Klägerin entstehen, auch wenn kein erfolgreicher Forderungseinzug vorliegt. Dass mit der Formulierung „Zahlung nach erstem Tätigwerden“ zugleich die für einen erfolgreichen Forderungseinzug erforderliche Kausalität zwischen Tätigkeit und Zahlung abbedungen wird, ist in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht präzise dargestellt.

 

Hinzu kommen muss, dass der andere Teil mit der Klausel „nicht zu rechnen brauchte“, der Klausel mithin ein Überraschungsmoment innewohnt und daraus eine Diskrepanz zwischen den Erwartungen des Kunden und dem Klauselinhalt entsteht (OLG Frankfurt, Urteil vom 01. April 2009 – 19 U 228/08, zitiert nach juris Rd. 18).

 

Auch das ist der Fall: Ein Inkassokunde braucht nicht damit zu rechnen, eine erfolgsabhängige Gebühr für irgendeine letztlich erfolglose Tätigkeit der Klägerin allein deshalb zu schulden, weil der Schuldner auf die Forderung gezahlt hat.

c)

 

Die Voraussetzungen für das Entstehen der erfolgsabhängigen Gebühr nach Ziffer II 2 AGB i.V.m. der Gebührentabelle – den Forderungseinzug – hat die Klägerin nicht bewiesen.

 

Diese Klausel ist wirksam vereinbart. Nach Ziffer II 2 AGB i.V.m. der Gebührentabelle erhält die Klägerin die erfolgsabhängige Gebühr bei erfolgreichem Forderungseinzug nach den jeweils gültigen Konditionen. Die Abrede unterliegt als Vereinbarung unmittelbar über die echte Hauptleistung – den Forderungseinzug durch die Klägerin – und deren Gegenleistung – die erfolgsabhängige Gebühr – nicht der Inhaltskontrolle (so auch: OLG Frankfurt, Urteil vom 01. April 2009 – 19 U 228/08, zitiert nach juris Rd.17 m.w.N.; Seitz, Inkassohandbuch, 3. Aufl., 2000, Rd. 233; a.A. von Westphalen, BB 1994, 1721, 1722).

 

Die Klägerin hat aber unter Berücksichtigung der Feststellungen des Landgerichts nicht zu beweisen vermocht, dass sie die in Rede stehende Forderung eingezogen hatte, ihre Tätigkeit also für die Zahlung des Schuldners zumindest mitursächlich geworden war. Denn die Zeugin Arnold hat nach der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung des Landgerichts zwar Briefe und E-Mails mit Zahlungsaufforderungen an die Schuldnerin versandt sowie mit dem Telefonisten der Schuldnerin telefoniert, ohne weiterverbunden worden zu sein. Jedoch hat die Klägerin damit nicht bewiesen, dass diese schriftlichen bzw. elektronischen Aufforderungen oder das Bemühen um telefonischen Kontakt die Verantwortlichen der Schuldnerin überhaupt erreichten und sie zur nachfolgenden Zahlung veranlassten.

 

Dahinstehen kann letztlich, ob die im Maklerrecht entwickelten Beweiserleichterungen, wonach in Fällen, in denen ein Makler die Gelegenheit zum Vertragsschluss nachgewiesen hat und seiner Nachweistätigkeit der Vertragsschluss in angemessenem Zeitabstand nachfolgt, sich der Schluss auf den Ursachenzusammenhang zwischen beiden von selbst ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 – III ZR 191/98 -, zitiert nach juris Rd. 13 sowie NJW 2006, 3062, 3063, zitiert nach juris Rd. 18 m.w.N.), bei der hier vorliegenden Konstellation überhaupt anzuwenden wäre. Denn die nachweislich vor Zahlungseingang erbrachte Tätigkeit der Klägerin lässt vorliegend auch nicht den Schluss zu, dass diese zumindest vermutlich mitursächlich für die nachfolgende Zahlung der Schuldnerin war. Sie hätte dazu mindestens beweisen müssen, dass ihre Tätigkeit geeignet war, den Schuldner zur Zahlung zu bewegen. Diesen Beweis hat sie aber nicht erbracht. Die Tätigkeit eines Inkassounternehmens ist nur dann geeignet gewesen, eine Zahlung herbeizuführen, wenn diese Tätigkeit den verantwortlichen Schuldner vor seiner Zahlung überhaupt erreicht hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sie durch die nachgewiesenen Telefonate ihrer Mitarbeiterin Ar. nicht nachgewiesen, entsprechend gegenüber der Schuldnerin tätig geworden zu sein. Nach der Aussage der Zeugin Ar. erreichte diese nämlich lediglich Telefonisten der Schuldnerin. Die Zeugin teilte ihnen zwar mit, dass sie Mitarbeiterin eines Inkassounternehmens sei, welches die Beklagte eingeschaltet habe und wurde daraufhin weiterverbunden, ohne danach jemanden anderen erreicht zu haben. Offen bleibt dabei insbesondere, ob der jeweilige Telefonist die ihm gegebenen Informationen weiterleitete oder sich sein Handeln – was jedenfalls nicht völlig fernliegend ist – auf die gescheiterte Weitervermittlung beschränkte. Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass Telefonisten die ihnen mitgeteilten Informationen an die zuständigen Personen weiterleiten, insbesondere dann nicht, wenn sie versuchen, die Telefonate weiterzuleiten.

 

Die Klägerin konnte auch nicht beweisen, dass die vor Zahlungseingang versandten E-Mails und Schreiben die Schuldnerin in Saudi-Arabien erreichten. Das Absenden von Schreiben oder E-Mails begründet keinen Anscheinsbeweis dafür, dass diese beim vorgesehenen Empfänger ankommen (Ellenberger in Palandt, 72. Aufl. 2013, § 130 Rd. 21).

d)

 

Letztlich kann die Klägerin den entgangenen Vergütungsanspruch aus Ziffer II 2 AGB auch nicht als Schadensersatz gemäß § 280 BGB wegen Verstoßes gegen die Ausschließlichkeitsregel in Ziffer II 1 AGB gegen die Beklagte geltend machen.

 

Nach dieser Regelung darf der Kunde nach Auftragserteilung nicht ohne Zustimmung des Inkassounternehmens weiter mit dem Forderungsschuldner verhandeln oder gegen ihn vorgehen. Die Klägerin hat jedoch einen darauf gründenden Pflichtverstoß der Beklagten und die Kausalität dieses Pflichtverstoßes für die entgangene Erfolgsgebühr nicht zu beweisen vermocht. Dazu hätte es auch des Beweises bedurft, dass die Klägerin – ohne das Handeln der Beklagten – die Schuldnerin zur Zahlung veranlasst hätte (vgl. zur entsprechenden Parallele im Maklerrecht: BGH, NJW-RR 1996, 1276, 1277).

 

Zwar war die Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch nach Auftragserteilung tätig. Der Zeuge S. hat insofern bekundet, er habe nach der Zahlung der 25.000,00 € noch mit der Geschäftsführerin der Schuldnerin telefoniert. Dieses Telefonat kann indes nicht ursächlich für die hier in Rede stehende Zahlung gewesen sein.

 

Ansonsten hat der Zeuge S. jedoch keine verlässlichen Zeitangaben hinsichtlich seiner vorangegangen Tätigkeiten gemacht. So hat er angegeben, er habe im September, möglicherweise sogar bereits im August 2010 Kontakt zur saudischen Botschaft aufgenommen. Er habe vier Wochen später nochmals mit der Botschaft telefoniert. Ihm sei mitgeteilt worden, dass die Schuldnerin einen Zahlungsplan erstelle. Er selbst habe dann ein Telefonat mit der Schuldnerin geführt, in dem ihm die Zahlung eines Betrages von 25.000,00 € zugesagt worden sei, die dann am 23. Oktober 2010 erfolgt sei. Letztlich kann der Aussage nicht zweifelsfrei entnommen werden, dass der Zeuge noch nach der Auftragserteilung an die Klägerin – dem 30. September 2010 – mit der Schuldnerin verhandelte. Es kann weiter nicht ausgeschlossen werden, dass die vor Auftragserteilung erbrachten Tätigkeiten des Zeugen die Schuldnerin veranlassten, am 23. Dezember 2010 eine Rate von 25.000,00 € zu zahlen. Weiter fehlt es an einem Nachweis dafür, dass – wenn der Zeuge S. nicht tätig geworden wäre – die Klägerin die Schuldnerin gleichfalls zur Zahlung bewegt hätte.

2.

 

Die Beklagte ist allerdings – dies hat das Landgericht übersehen – nach Ziff. III. 1 der AGB verpflichtet, der Klägerin für deren Tätigkeit die Mindestgebühr von 80,- € zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen. Die geschuldete Mindestgebühr ist nach Ziffer III 6 der AGB auch um die gesetzliche Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % zu erhöhen. Da es sich insoweit um eine auf das Geschäft anfallende Steuer und nicht um „außergerichtliche Kosten der Klägerin“ handelt, bestehen an der Gültigkeit dieser Regelung keine Bedenken.

51

Weiter schuldet die Beklagte darauf Zinsen i. H. v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. April 2011 nach § 288 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1, 286 Abs. 3 S. 1 BGB. Die Beklagte geriet auch mit der Zahlung der geschuldeten Mindestgebühr zuzüglich Mehrwertsteuer durch die ihr am 09 März 2010 zugehende Rechnung der Klägerin 30 Tage später in Verzug.

3.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Danach kann das Gericht einer Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat. Das ist der Fall, da die Beklagte ihre Rechtsverteidigung lediglich über 1,19 % überzog.

 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die streitbefangene Klausel von der Klägerin ersichtlich häufiger verwendet wird, eine einschlägige Rechtsprechung insoweit nicht ersichtlich ist und damit dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zukommt.

 

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