Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 5. Zivilsenat, 5 U 62/16
Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen: Rechtsgrundlage und Umfang der Rückabwicklungsansprüche
Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs von drei Verbraucherdarlehensverträgen.
Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Gegenansprüche auf Zahlung sowie Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung hinsichtlich der als Sicherheiten für die drei Darlehen dienenden Grundschulden geltend gemacht.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Im Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs sei die Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die Klägerin sei bei Abschluss des Darlehensvertrags ordnungsgemäß belehrt worden. Die Belehrung habe zwar nicht den Anforderungen von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB in der damals geltenden Fassung genügt. Die Beklagte könne sich jedoch auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der maßgeblichen Fassung und das Muster der Anlage 2 hierzu berufen. Die von der Beklagten vorgenommenen Änderungen – insbesondere: Ergänzung der Überschrift, Fußnote, Belassen des Klammerzusatzes, Sammelbelehrung – stellten keine eigene inhaltliche Bearbeitung dar. Überdies sei die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Die Beklagte könne sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen; die Belehrung entspreche dem Muster weder äußerlich noch inhaltlich in jeder Hinsicht vollständig. Die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Klägerin sei nicht rechtsmissbräuchlich.
Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz zunächst beantragt,
das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 5. Februar 2016 – 3 O 201/15 – abzuändern und
festzustellen, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen vom 23. Januar 2007 über 117.000,00 € zu der Konto-Nr. … und über 75.000,00 € zu der Konto-Nr. … sowie vom 14. Mai 2007 über 100.000,00 € zu der Konto-Nr. … zur Zahlung von Zinsen aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs seit dem 6. Mai 2015 erloschen sind,
festzustellen, dass die unter 1. genannten Darlehensverträge aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs vom 23. April 2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind,
a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
b) hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 6. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden,
b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 21. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden.
Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erforderlichkeit einer Bezifferung der geltend gemachten Ansprüche hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 ihre Anträge umgestellt und beantragt nunmehr,
das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 5. Februar 2016 – 3 O 201/15 – abzuändern und
festzustellen, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen vom 23. Januar 2007 über 117.000,00 € zu der Konto-Nr. …und über 75.000,00 € zu der Konto-Nr. … sowie vom 14. Mai 2007 über 100.000,00 € zu der Konto-Nr. … zur Zahlung von Zinsen aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs seit dem 6. Mai 2015 erloschen sind,
festzustellen, dass die unter 1. genannten Darlehensverträge aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs vom 23. April 2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind,
a) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 202.200,70 € [hilfsweise: 181.825,19 €] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. September 2016, Zug um Zug gegen Zahlung von 387.001,75 €, zu zahlen,
b) hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
c) hilfs-hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der jeweiligen Zahlung zurückzugewähren, die der Klägerin zwischen dem 31. August 2016 und der Rechtskraft dieses Urteils auf die unter 1. genannten Darlehensverträge geleistet hat, Zug um Zug gegen Zahlung von 387.001,75 €.
a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 6. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden,
b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 21. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Zu den Ansprüchen im Rahmen einer Rückabwicklung vertritt sie die Auffassung, nach dem Widerruf gezahlte Zins- und Tilgungsleistungen seien nicht auf die Darlehensverträge, sondern auf die Ansprüche der Beklagten aus den Rückabwicklungsschuldverhältnissen geleistet. Zumindest stehe einer Rückforderung dieser Leistungen § 814 BGB entgegen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.
Die Berufung ist zulässig (A.). Soweit die Klageanträge zulässig sind (B.), haben sie in der Sache zum Teil Erfolg (C.).
A.
Die Berufung ist zulässig.
Die Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig, da die Einwilligung der Beklagten (§ 533 Nr. 1, 1. Alt. ZPO) in die Klageänderung gemäß § 267 ZPO anzunehmen ist, da sie sich – ohne der Klageänderung zu widersprechen – in der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2016 auf die abgeänderte Klage eingelassen, nämlich einen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Zudem kann die geänderte Klage auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).
B.
Die Klageanträge sind nur zum Teil zulässig.
1.
Der Feststellungsantrag zu 1) ist unzulässig. Der Antrag betrifft zwar einen zulässigen Gegenstand (a). Der Klägerin fehlt es aber am notwendigen Feststellungsinteresse (b).
a)
Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt wird. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH, Urteil vom 19. April 2000 – XII ZR 332/97, juris Rn. 12; Urteil vom 20. Februar 2008 – VIII ZR 139/07, Rn. 9; Urteil vom 27. März 2015 – V ZR 296/13, Rn. 7).
Danach ist die erstrebte Feststellung, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen zur Zahlung von Zinsen aufgrund des Widerrufs erloschen sind, zulässig. Denn nach den dargestellten Maßstäben können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Bei der primären Zinszahlungspflicht handelt es sich um eine solche einzelne, sich aus den Darlehensverträgen ergebende Pflicht, nicht um ein bloßes Element eines Rechtsverhältnisses.
b)
Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen und unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu führen (BGH, Urteil vom 28. September 1999 – VI ZR 195/98, Rn. 17; Urteil vom 19. November 2014 – VIII ZR 79/14, Rn. 29 m.w.N.).
Danach ist ein rechtliches Interesse der Klägerin, neben dem zu Ziffer 2 gestellten allgemeinen Feststellungsantrag betreffend die Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse ein Erlöschen ihrer primären Zinszahlungspflicht aus den Darlehensverträgen feststellen zu lassen, nicht ersichtlich. Aus dem Antrag zu Ziffer 2 folgt zwanglos, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den Darlehensverträgen erloschen sind; die Pflichten aus den Rückgewährschuldverhältnissen sind keine primären Leistungspflichten aus den Darlehensverträgen. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28. September 1999 entschiedenen Fall zielen die beiden parallel erhobenen Feststellungsbegehren der Klägerin von ihrem rechtlichen Gehalt und ihrer praktischen Bedeutung her nicht in verschiedene Richtungen, sondern in dieselbe Richtung (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1999 – VI ZR 195/98, Rn. 18).
2.
Der Feststellungsantrag zu 2) ist zwar als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig, jedoch als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.
a)
Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt wird. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH, Urteil vom 19. April 2000 – XII ZR 332/97, juris Rn. 12; Urteil vom 20. Februar 2008 – VIII ZR 139/07, Rn. 9; Urteil vom 27. März 2015 – V ZR 296/13, Rn. 7).
Die Zwischenfeststellungsklage ist zulässig, wenn die Feststellung des Rechtsverhältnisses für die Entscheidung des Rechtsstreits vorgreiflich ist, also ohnehin darüber befunden werden muss, ob das streitige Rechtsverhältnis besteht, es sei denn, über die Hauptsache wird unabhängig vom Bestand des streitigen Rechtsverhältnisses entschieden (BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 – II ZR 111/05, Rn. 17; Urteil vom 23. April 2013 – II ZR 74/12, Rn. 28). Bei der Zwischenfeststellungsklage macht die Vorgreiflichkeit das sonst für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich (BGH, Urteil vom 23. April 2013 – II ZR 74/12, Rn. 29).
b)
Nach den genannten Maßstäben fehlt es für eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Klägerin hat ihre Ansprüche aus dem Rückabwicklungsverhältnis nach Widerruf zuletzt beziffert. Ein darüber hinausgehendes rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung ist weder dargelegt noch ersichtlich.
Dagegen ist der Antrag als Zwischenfeststellungsklage zulässig. Mit Blick auf die weiteren Klageanträge ist ohnehin darüber zu befinden, ob sich die Darlehensverträge aufgrund des Widerrufs in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben oder nicht. Ein gesondertes Feststellungsinteresse ist dann nicht erforderlich.
3.
Die Anträge zu 5. a) und 5. b), mit denen die Klägerin eine Schadensersatzpflicht der Beklagten für zukünftige Schäden wegen der verweigerten Anerkennung des Widerrufs feststellen lassen will, sind unzulässig.
a)
Neben den bereits dargestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Feststellungsbegehrens setzt die Feststellung einer Schadensersatzpflicht die Möglichkeit des Schadeneintritts voraus. Bei reinen Vermögensschäden, die vorliegend in Rede stehen, hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage darüber hinaus von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückgehenden Schadeneintritts ab (BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 – XI ZR 384/03, Rn. 27 m.w.N.; Urteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, Rn. 73; Urteil vom 26. Februar 2013 – XI ZR 445/10, Rn. 31; Urteil vom 15. März 2016 – XI ZR 122/14, Rn. 43).
b)
Danach sind die Anträge zu 5. a) und 5. b) unzulässig. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ist weder dargelegt noch ist ein solcher ersichtlich. Die Klägerin stellt darauf ab, dass mit einem Anstieg der Marktzinsen zu rechnen sei. Das ist in Anbetracht der anhaltenden Niedrigzinsphase indes nicht ansatzweise ersichtlich.
4.
Im Übrigen sind die Klageanträge zulässig.
Der Antrag zu 4. ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich schon mit Blick darauf, dass die Beklagte die Auffassung vertritt, die nach Widerruf gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen seien auf ihre aus den Rückgewährschuldverhältnissen resultierenden Ansprüchen geleistet; zumindest stehe einer Rückforderung § 814 BGB entgegen.
Die Anträge zu 3. b) und 3. c) sind als Hilfsanträge zulässig, da sie von einer bloß innerprozessualen Bedingung, nämlich der Abweisung des Antrags zu 3. a) bzw. 3. b), abhängig gemacht werden. Sie sind nach den oben dargestellten Maßstäben auch als Feststellungsanträge gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
B.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie teilweise begründet.
Der Widerruf der Klägerin war mangels ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht nicht verfristet (1.). Das Widerrufsrecht der Klägerin ist auch nicht verwirkt oder seine Ausübung sonst rechtsmissbräuchlich (2.). Der wirksame Widerruf führt zu den tenorierten Rechtsfolgen (3.).
1.
Der Klägerin stand zum Zeitpunkt, als sie ihr Widerrufsrecht ausgeübt hat, noch ein Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht folgt aus § 495 Abs. 1 BGB in der vom 1. August 2002 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden § 495 BGB a.F.). Die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts war am 23. April 2015 (Widerruf der Klägerin) nicht abgelaufen. Die Frist beginnt nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in der vom 8. Dezember 2004 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im folgenden § 355 BGB a.F.) mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem dem Verbraucher oder der Verbraucherin eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht, die ihnen ihre Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Eine derartige Belehrung hat die Klägerin bei Abschluss des Darlehensvertrags nicht erhalten, so dass die Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen war. Die Belehrung entsprach weder den gesetzlichen Vorgaben (a) noch kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters in Anlage 2 in der vom 8. Dezember 2004 bis 31. März 2008 geltenden Fassung zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der vom 2. September 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung berufen (im Folgenden § 14 BGB-InfoV a.F.) (b). Auf die Kausalität der Belehrungsfehler kommt es nicht an (c).
a)
Die von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrungen zu den im Jahr 2007 geschlossenen Darlehensverträgen entsprachen nicht dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.
aa)
Zum einen informierten die Widerrufsbelehrungen mittels des Einschubs des Wortes „frühestens“ unzureichend deutlich über den Beginn der Widerrufsfrist (vgl. nur zuletzt BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 18 m.w.N.).
bb)
Zum anderen unterrichteten die Widerrufsbelehrungen in ihrer konkreten Gestalt undeutlich über die Länge der Widerrufsfrist. Zwar gaben sie die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. grundsätzlich richtig mit „zwei Wochen“ an. Durch den Zusatz einer Fußnote mit dem Fußnotentext „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ vermittelten die Belehrungen indessen hier den Eindruck, die Länge der Frist könne je nach den nicht mitgeteilten Umständen des Einzelfalls variieren und es sei Aufgabe des Verbrauchers oder der Verbraucherin, die im konkreten Fall geltende Frist selbst festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 19 m.w.N.).
b)
Der Beklagten kommt die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrungen gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. nicht zugute.
aa)
Die Reichweite der Gesetzlichkeitsfiktion ist § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. zu entnehmen. Diese Vorschrift knüpft die Gesetzlichkeitsfiktion an die Bedingung, dass „das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird“. Nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. dürfen Unternehmer und Unternehmerinnen allerdings, sofern sie das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung verwenden, „in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen“. Damit definiert § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. in den Grenzen der Verordnungsermächtigung die Grenze der für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlichen Abweichungen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 21 f.).
Entsprechend der durch § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt. Zu solchen unbedenklichen Anpassungen rechnen zum Beispiel das Einrücken oder Zentrieren von Überschriften, der Verzicht auf eine Einrahmung oder deren individuelle Gestaltung. Ebenfalls bleibt die Gesetzlichkeitsfiktion erhalten, wenn die Widerrufsbelehrung im Text einem konkreten Verbrauchervertrag zugeordnet wird oder ohne Abstriche bei der Verständlichkeit des Textes Begriffe des Musters durch Synonyme ersetzt werden. Ebenso geht die Gesetzlichkeitsfiktion nicht verloren, wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin von sich selbst nicht in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Muster in der dritten Person Singular, sondern in der ersten Person Plural spricht (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 23).
Greifen Unternehmer oder Unternehmerinnen dagegen in das Muster in einem Umfang ein, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entspricht, geht die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. verloren. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Gestaltungshinweise des Musters oder sonstige Bearbeitungshinweise – auch in Form von Fußnoten – in den Belehrungstext übernommen werden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 24).
bb)
Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte das Muster für die Widerrufsbelehrung bei allen drei streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht. Sie hat in die Belehrungen jeweils zwei Fußnoten eingefügt, die das Muster für die Widerrufsbelehrung nicht vorsah. Sie hat unter der Überschrift „Widerrufsrecht“ den Gestaltungshinweis 3 kursiv gesetzt in den Text übernommen. Unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ hat die Beklagte den Gestaltungshinweis 9 nicht vollständig umgesetzt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 25).
c)
Auf die Kausalität der unter a) aufgeführten Belehrungsfehler für das Unterbleiben des Widerrufs kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, ob die Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher oder die Verbraucherin von der Ausübung seines bzw. ihres Widerrufsrechts abzuhalten (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 26).
2.
Das Widerrufsrecht der Klägerin ist nicht verwirkt (a); seine Ausübung ist auch im Übrigen nicht rechtsmissbräuchlich (b).
a)
Das Widerrufsrecht der Klägerin ist nicht verwirkt.
aa)
Auch das Widerrufsrecht kann verwirkt werden. Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 147; BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, Rn. 39 und XI ZR 564/15, Rn. 34).
Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 – II ZR 15/56; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich Schuldnerinnen oder Schuldner wegen der Untätigkeit ihrer Gläubiger oder Gläubigerinnen über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten dürfen und eingerichtet haben, diese werden ihr Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zum Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten der Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen der Verpflichteten rechtfertigen, die Berechtigten werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 28. März 2006 – XI ZR 425/04, Rn. 35; Urteil vom 25. November 2008 – XI ZR 426/07, juris Rn. 22; Urteil vom 23. Januar 2014 – VII ZR 177/13, Rn. 13; Urteil vom 7. Mai 2014 – IV ZR 76/11, Rn. 39; Urteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, Rn. 40 und XI ZR 564/15, Rn. 37). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatgericht festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 – XII ZR 224/03, juris Rn. 23; Urteil vom 9. Oktober 2013 – XII ZR 59/12, Rn. 7 m.w.N.; Urteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, Rn. 40 und XI ZR 564/15, Rn. 37).
Hinsichtlich des Umstandsmoments können Unternehmer und Unternehmerinnen allein aufgrund eines laufend vertragstreuen Verhaltens des Verbrauchers oder der Verbraucherin ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, der Verbraucher oder die Verbraucherin werde seine oder ihre auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht widerrufen, nicht bilden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 39 m.w.N.). Insofern unterscheiden sich Fälle, in denen das Vertragsverhältnis noch andauert, von denen, in denen der Verbraucherdarlehensvertrag beendet ist. In letzteren kann das Vertrauen von Unternehmerinnen und Unternehmern auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihnen erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und sie es in der Folgezeit versäumt haben, den Verbraucher oder die Verbraucherin gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. nachzubelehren (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, Rn. 41).
Es kommt für das Umstandsmoment auch nicht darauf an, wie gewichtig der Fehler ist, der zur Wirkungslosigkeit der Widerrufsbelehrung führt. Verbraucherinnen und Verbraucher sind entweder ordnungsgemäß belehrt oder nicht. Für die Bildung schutzwürdigen Vertrauens der Bank oder Sparkasse spielt es keine Rolle, dass sie den Verbraucher oder die Verbraucherin überhaupt belehrt hat (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 40). Die Bank oder Sparkasse wird dadurch nicht unbillig belastet. Es ist ihr während der Schwebezeit bei laufenden Vertragsbeziehungen jederzeit möglich und zumutbar, durch eine Nachbelehrung des Verbrauchers oder der Verbraucherin die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 41).
bb)
Danach kann die beklagte Sparkasse sich auf die Einrede der Verwirkung nicht berufen.
Das Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, Rn. 40), dürfte nach Ablauf von rund acht Jahren zwischen Vertragsschluss und Widerruf zwar erfüllt sein. Es fehlt jedoch zumindest am Umstandsmoment. Allein aufgrund des laufend vertragstreuen Verhaltens der Klägerin konnte die Beklagte kein schutzwürdiges Vertrauen bilden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 39). Es kommt für das Umstandsmoment auch nicht darauf an, ob die Klägerin möglicherweise trotz der fehlerhaften Belehrung von ihrem Widerrufsrecht Kenntnis hatte. Denn darauf, wie gewichtig der Fehler war, der zur Wirkungslosigkeit der Widerrufsbelehrung führte, kommt es nicht an; entweder wurde ordnungsgemäß belehrt oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 40). Gerade weil die Beklagte die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie der Klägerin keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilte, kann die Beklagte kein schutzwürdiges Vertrauen für sich in Anspruch nehmen (vgl. zum Versicherungsrecht EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 – C-209/12, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 – IV ZR 76/11, Rn. 39). Zudem handelt es sich um laufende Darlehensverträge, liegt nicht etwa eine (vorzeitige) Beendigung vor (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, Rn. 41). Andere Anhaltspunkte für das Umstandsmoment sind nicht ersichtlich.
b)
Die Klägerin verhält sich auch im Übrigen nicht rechtsmissbräuchlich. Weder ergibt sich ein ein im Einzelfall möglicher Rechtsmissbrauch (aa) aus widersprüchlichem Verhalten (bb) noch aus fehlendem schutzwürdigen Eigeninteresses (cc).
aa)
Die Ausübung eines Verbraucherwiderrufsrechts kann im Einzelfall eine unzulässige Rechtsausübung aus sonstigen Gründen darstellen und in Widerspruch zu § 242 BGB stehen, obwohl die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vorliegen (BGH, Urteil vom 25. November 2009 – VIII ZR 318/08, Rn. 20). Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 – IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619, 620; Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 43 m.w.N.).
bb)
Ein Rechtsmissbrauch wegen widersprüchlicher Rechtsausübung liegt nicht vor.
Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 12. November 2008 – XII ZR 134/04, Rn. 41; Urteil vom 7. Mai 2014 – IV ZR 76/11, Rn. 40; Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, Rn. 20; Urteile vom 16. Juli 2014 – IV ZR 73/13, Rn. 33 und IV ZR 88/13, Rn. 25; jeweils m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind regelmäßig nicht erfüllt, wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin es versäumt hat, den Verbraucher oder die Verbraucherin über ein Widerrufsrecht zu belehren (BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 – IV ZR 76/11, Rn. 40). Denn das Gesetz knüpft die Ausübung des Widerrufsrechts, wie schon das Fehlen einer Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.) zeigt, nicht an ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers oder der Verbraucherin, sondern überlässt es allein seinem bzw. ihrem freien Willen, ob und aus welchen Gründen er oder sie ihre Vertragserklärung widerruft (BGH, Urteil vom 16. März 2016 – VIII ZR 146/15, Rn. 20). Damit kann auch aus dem Schutzzweck des Widerrufsrechts grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 45). Das gilt auch hier.
cc)
Es liegt auch keine unzulässige Rechtsausübung wegen fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses vor.
Eine unzulässige Rechtsausübung liegt unter anderem vor, wenn mit der Geltendmachung einer Rechtsposition kein schutzwürdiges Eigeninteresse verfolgt wird, die Ausübung eines Rechts also ein Vorwand für die Erreichung vertragsfremder oder unlauterer Zwecke ist (Olzen/Looschelders in: Staudinger, BGB, 2015, § 242 Rn. 258; Schubert in: MüKo, BGB, Bd. 2, § 242 Rn. 2; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 50; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 612; vgl. auch BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 – B 10 EG 3/08 R, juris Rn. 26).
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Allein Schutzzweckgesichtspunkte rechtfertigen nicht die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens beim Widerruf eines Darlehensvertrages (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, Rn. 23 und XI ZR 564/15, Rn. 45 f.).
3.
Aufgrund des wirksamen Widerrufs haben sich die Darlehensverträge gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt. Danach sind die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zum Teil begründet. Zu den zulässigen Klageanträgen im Einzelnen:
a)
Der Antrag zu 2) ist begründet. Aufgrund des wirksamen Widerrufs haben sich die Darlehensverträge mit Zugang des Widerrufs der Klägerin vom 23. April 2015 gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt.
b)
Der Antrag zu 3. a) ist lediglich im ausgeurteilten Umfang begründet.
Aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs der Darlehensverträge sind nach §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren. Darlehensnehmerinnen und Darlehensnehmer schulden dem Darlehensgeber oder der Darlehensgeberin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung und gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB a.F. Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Der Darlehensgeber oder die Darlehensgeberin schuldet dem Darlehensnehmer oder der Darlehensnehmerin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen und gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschluss vom 22. September 2015 – XI ZR 116/15, Rn. 7).
Danach kann die Klägerin von der Beklagten Zahlung von 181.825,82 € nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. auf 162.859,80 € seit dem 1. September 2016 (aa) Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € nebst 4,23% Zinsen p.a. auf 150.549,72 € und 4,83% Zinsen p.a. auf 88.071,03 € seit dem 1. September 2016 (bb) verlangen.
Das von der Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 erklärte Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Gegenansprüche auf Zahlung sowie Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung hinsichtlich der als Sicherheiten für die drei Darlehen dienenden Grundschulden ist für den Rechtsstreit unbeachtlich; die Klägerin hat die Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung nicht beantragt.
Zur Berechnung der gegenseitigen Zahlungsansprüche im Einzelnen:
aa)
Die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf Herausgabe der Zins- und Tilgungsleistungen nebst Nutzungsersatz bis zum 31. August 2016 – dem Stichtag, den die Klägerin ihren Berechnungen zugrunde gelegt hat – belaufen sich auf insgesamt 181.825,82 € (Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 162.859,80 € (1); Nutzungsersatz in Höhe von 18.966,02 € (2)). Ab dem 1. September 2016 schuldet die Beklagte weiter Nutzungsersatz für die herauszugebenden Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. (3).
(1)
Die Klägerin kann die Herausgabe aller von ihr geleisteter Zins- und Tilgungsraten verlangen.
(a)
Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. die Herausgabe bis zum Widerruf bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2015 – XI ZR 116/15, Rn. 7).
(b)
Überdies kann die Klägerin Herausgabe der Zahlungen verlangen, die sie nach Ausübung des Widerrufsrechts geleistet hat. Insoweit ergibt sich der Herausgabeanspruch der Klägerin jedoch nicht aus § 346 Abs. 1 BGB, sondern aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 – 4 U 79/15, juris Rn. 101, 112; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. April 2016 – 23 U 50/15, juris Rn. 65; OLG Frankfurt, Urteil vom 20. Juli 2016 – 17 U 218/15, juris Rn. 70; LG Bielefeld, Urteil vom 30. Juni 2016 – 6 O 347/15, juris Rn. 41, 44). Die Klägerin hat auch nach dem Widerruf weiter auf die Darlehensverträge geleistet, nicht auf eine mögliche Schuld aus den Rückgewährschuldverhältnissen. Ihre mit den Einzugsermächtigungen ausgesprochene Tilgungsbestimmung ist nicht dadurch gegenstandslos geworden, dass sich die Darlehensverträge durch den Widerruf – im Ergebnis – ex nunc in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben. Die Zahlungen nach Widerruf erfolgten letztlich weiterhin aufgrund der erteilten Einzugsermächtigungen und mithin der Darlehensverträge, welche die Klägerin, nachdem ihr Widerruf von der Beklagten zurückgewiesen worden ist, vorsorglich weiter bediente (vgl. OLG München, Beschluss vom 5. Juli 2016 – 5 W 1046/16, juris Rn. 7).
Diesem Bereicherungsanspruch der Klägerin für nach dem Widerruf geleistete Zahlungen steht auch § 814 BGB nicht entgegen. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn die Leistenden gewusst haben, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet waren. Der Rückforderungsausschluss erfordert die positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Schuld. Zweifel am Bestehen der Verbindlichkeit schließen die Rückforderung ebensowenig aus wie ein (auch verschuldeter) Irrtum über den Rechtsgrund (Lorenz in: Staudinger, BGB, 2007, § 814 Rn. 4). Liegt die erforderliche Kenntnis vor, greift § 814 nur ein, wenn den Leistenden selbstwidersprüchliches Verhalten vorzuwerfen ist (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10). Das ist zum Beispiel dann nicht der Fall, wenn unter Vorbehalt geleistet wurde. An die Erklärung eines Vorbehalts sind dabei keine allzu strengen Anforderungen zu stellen (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10; Buck-Heeb in: Erman BGB, 14. Aufl. 2014, § 814 BGB, Rn. 9). So kann ein konkludent erklärter Vorbehalt insbesondere dann angenommen werden, wenn es den Leistenden trotz ersichtlicher Bemühungen nicht gelungen ist, das Nichtbestehen der Verbindlichkeit nachzuweisen, und ihre Leistung aus der Sicht eines objektiven Empfängers nicht als Eingeständnis des Bestehens aufgefasst werden darf (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10).
Danach greift § 814 BGB vorliegend nicht. Es bestehen schon erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Schuld hatte. Wegen der uneinheitlichen Rechtsprechung zum Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen war für sie nicht ansatzweise abzusehen, ob ihr Widerruf tatsächlich wirksam sein würde. Das gilt insbesondere mit Blick darauf, dass der Senat die hier streitgegenständliche Widerrufsbelehrung lange Zeit für ordnungsgemäß erachtet hat. Zumindest ergibt sich aber ein konkludenter Vorbehalt der Klägerin. Denn ihr ist es nicht gelungen, die Beklagte von der Wirksamkeit des Widerrufs zu überzeugen. Diese hat sich vielmehr auf die für sie bis dahin günstige Rechtsprechung des Senats zu der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung berufen, so dass die Klägerin den Rechtsweg beschreiten musste. Aus Sicht einer objektiven Empfängerin konnten die weiteren Leistungen der Klägerin danach nicht als Eingeständnis aufgefasst werden, dass der Widerruf nicht wirksam sei.
(c)
Die Klägerin kann daher die unstreitig bis zum 31. August 2016 geleisteten Zins- und Tilgungsraten in Höhe von insgesamt 162.859,80 € zurückfordern.
(2)
Die Klägerin kann ferner gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB a.F. von der Beklagten die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzungen der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen durch die Bank verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2015 – XI ZR 116/15, Rn. 7). Auf die nach dem Widerruf erfolgten Zahlungen, die ohne Rechtsgrund erbracht wurden (s.o. unter (1)), kann die Klägerin Nutzungswertersatz gemäß § 818 Abs. 1 BGB verlangen. Der Nutzungswertersatz ist dabei jeweils mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bemessen.
Bei Zahlungen an eine Bank besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank aus den eingenommenen Geldern Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (BGH, Urteil vom 12. Mai 1998 – XI ZR 79/97, juris Rn. 22 ff.; Urteil vom 24. April 2007 – XI ZR 17/06, Rn. 35). Die in beide Richtungen widerlegliche Vermutung knüpft normativ spiegelbildlich an die Regelungen an, die die von den Banken beanspruchbaren Verzugszinsen normieren. Sie ist unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung am Zinsmarkt und wirkt sowohl zugunsten als auch zulasten beider Vertragsparteien (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 58). Der „übliche“ Verzugszins liegt bei Immobiliardarlehen wie dem hier vorliegenden gemäß § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung; im Folgenden § 497 BGB a.F.) bei 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, so dass dieser Zinssatz für die Bemessung des geschuldeten Nutzungswertersatzes heranzuziehen ist (OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Oktober 2015 – 6 U 148/14, Rn. 69; OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 – 14 U 2439/14, Rn. 47; OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 – 4 U 79/15, Rn. 106).
Die Klägerin hat nicht konkret dargelegt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, Rn. 58), dass die Beklagte Nutzungen gezogen hat, die den gesetzlichen Verzugszins des § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. übersteigen. Die Beklagte hat nicht konkret dargelegt, dass die von ihr gezogenen Nutzungen hinter diesem gesetzlichen Verzugszins zurückbleiben.
Danach hat die Klägerin nach ihren von der Beklagten insofern nicht bestrittenen Berechnungen im Schriftsatz vom 31. August 2016 bis zu diesem Tag einen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungsersatz in Höhe von insgesamt 18.966,02 €.
(3)
Die Herausgabe von Nutzungsersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der von der Klägerin geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen (s.o. unter (2)) schuldet die Beklagte über den der Berechnung zugrundeliegenden Stichtag des 31. August 2016 hinaus. Geschuldet wird der Nutzungsersatz aber nur auf die Zins- und Tilgungsleistungen, hier als auf 162.859,80 €, nicht auf den gesamten von der Beklagten herauszugebenden Betrag (Zins- und Tilgungsleistungen und Nutzungsersatz).
bb)
Die Ansprüche der Beklagten belaufen sich auf insgesamt 401.392,25 € (Darlehensvaluta in Höhe von 292.000,00 € (1); Nutzungswertersatz in Höhe von 109.392,25 € (2)). Für den am 31. August 2016 jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta schuldet die Klägerin ab 1. September 2016 weiter Wertersatz für Gebrauchsvorteile in Höhe des Vertragszinses (3).
(1)
Die Beklagte kann von der Klägerin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta verlangen. Die Darlehensvaluta der drei Darlehensverträge beträgt 117.000,00 €, 75.000,00 € und 100.000,00 €, insgesamt also 292.000,00 €.
(2)
Daneben kann die Beklagte gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta verlangen.
(a)
Für die Höhe des Wertersatzes gilt § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB. Danach ist bei der Berechnung des Wertersatzes die im Vertrag bestimmte Gegenleistung zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war. Dies bedeutet, dass dann, wenn Darlehensnehmende nachweisen können, dass der marktübliche Zins geringer als der vereinbarte war, sie nur den marktüblichen Zins zu zahlen haben (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10. Mai 2010 – 7 U 84/09, BeckRS 2010, 20609 m.w.N.; Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999, 1001).
Der maßgebliche Zeitpunkt für diesen Nachweis ist der Leistungsaustausch, nicht der Zeitpunkt der Entstehung der Rückgewährpflicht nach Widerruf (Kaiser, in Staudinger, BGB, 2012, § 346 Rn. 107 m.w.N.). Wertersatz ist seitens der Darlehensnehmenden für die durch die Auszahlung der Darlehensvaluta eröffnete „Kapitalnutzungsmöglichkeit“ zu leisten (§ 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit als Leistung der darlehensgebenden Bank oder Sparkasse nach § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB ist aber eine einmalige, keine zeitlich gestreckte Leistung (Müller/Fuchs, WM 2015, 1094, 1096 f.). Überdies ist Ziel des Widerrufsrechts gerade, dass der Verbraucher oder die Verbraucherin eine möglicherweise unüberlegte und übereilte Entscheidung betreffend eines sie langfristig und erheblich belastenden Vertrags wieder rückgängig machen kann, wodurch sie in die Situation vor Vertragsabschluss „zurückversetzt“ werden. Dann wären sie in der Lage gewesen wären, einen günstigeren Darlehensvertrag abzuschließen und so die Nutzungsmöglichkeit des von ihnen benötigten Kapitals zu besseren Konditionen zu erhalten, z.B. zum marktüblichen Zins. Dem entspricht es, dass Darlehensnehmenden durch § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB ermöglicht wird, nachzuweisen, sie hätten aus der Nutzung des Darlehens nur einen geringeren Gebrauchsvorteil gezogen. Maßgeblich für diesen Nachweis bleibt dann aber der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, weil in diesem Zeitpunkt ein Kapitalbedarf bei der Verbraucherin oder dem Verbraucher bestand und in diesem Moment die benötigte Kapitalnutzungsmöglichkeit günstiger hätte erworben werden können. Verbraucherinnen und Verbraucher hätten dagegen nicht die Möglichkeit gehabt, den Kapitalbedarf monatlich auf Basis des jeweils bestehenden Marktzinses zu decken (Müller/Fuchs, WM 2015, 1094, 1097).
Eine zeitliche Schranke für die Herausgabe von gezogenen Nutzungen bis zur Rücktritts- oder Widerrufserklärung besteht nicht. Darlehensnehmende haben alle nach Leistungsempfang tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben. Der geschuldete Wertersatz ist daher über den Zeitpunkt des Widerrufs hinaus bis zur vollständigen Rückführung der Darlehensvaluta zu leisten (OLG Karlsruhe, Urteil vom 10. Februar 2016 – 17 U 77/15, juris Rn. 43).
(b)
Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte Anspruch auf Nutzungswertersatz in Höhe der vertraglichen Nominalzinssätze bis zur vollständigen Rückzahlung der Darlehensvaluta. Einen bei Vertragsschluss niedrigeren marktüblichen Zins hat die Klägerin nicht behauptet. Nach der insoweit unbestrittenen Berechnung der Klägerin belaufen sich die für die Darlehen bis zum Widerruf geschuldeten Zinsen auf
35.753,91 € für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €,
103
22.919,16 € für das Darlehen Nr über 75.000,00 € und
104
36.328,69 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €.
105
Nach den von der Klägerin nicht bestrittenen Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 5. September 2016 (Bl. 491 ff. GA) sind für den Zeitraum ab dem 6. Mai 2015 (Aufforderung der Klägerin zur Rückabwicklung der Darlehensverträge) bis zum 31. August 2016 weitere Zinsen angefallen in Höhe von
106
5.270,17 € sind das für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €,
107
3.378,34 € für das Darlehen Nr. über 75.000,00 € und
108
5.741,98 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €.
109
Danach ergibt sich ein Anspruch der Beklagten auf Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta bis zum 31. August 2016 in Höhe von insgesamt 109.392,25 €.
(3)
110
Für den am 31. August 2016 jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta schuldet die Klägerin ab 1. September 2016 weiter Wertersatz für Gebrauchsvorteile in Höhe des Vertragszinses.
111
Nach den von der Klägerin nicht bestrittenen Angaben der Beklagten gemäß den Anlage BB2, BB3 und BB4 zum Schriftsatz vom 5. September 2016 (Bl. 491 ff. GA) belief sich die Restvaluta der Darlehensverträge auf
112
91.741,29 € für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €, Zinssatz: 4,23%,
113
58.808,43 € für das Darlehen Nr. über 75.000,00 €, Zinssatz: 4,23% und
114
88.071,03 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €, Zinssatz: 4,83%.
115
Mithin hat die Klägerin von dem von ihr herauszugeben Betrag ab dem 1. September 2016 einen Betrag von 150.549,72 € (91.741,29 € + 58.808,43 €) mit 4,23% p.a. und einen Betrag von 88.071,03 € mit 4,83% p.a. zu verzinsen.
c)
116
Auf den Antrag zu 4) ist festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit der jeweiligen Zahlung zurückzugewähren, die die Kläger zwischen dem 31. August 2016 und der Rechtskraft dieses Urteils auf die Darlehensverträge geleistet hat, Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € .
117
Zur Wirksamkeit des Widerrufs und der sich hieraus – auch hinsichtlich der Höhe des Nutzungsersatzes – ergebenden Rechtsfolgen kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Auch die nach dem Zeitpunkt, auf den die Berechnung der gegenseitigen Leistungspflichten abstellt (hier: 31. August 2016), von der Klägerin gezahlten Raten sind zurückzuzahlen und entsprechend zu verzinsen.
d)
118
Über die Hilfsanträge zu 3 b) und 3 c) ist nicht zu entscheiden, weil die innerprozessuale Bedingung nicht eingetreten ist.
C.
119
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
120
Die Kosten waren vorliegend gegeneinander aufzuheben. Sind das Obsiegen und Unterliegen der Parteien ungefähr, nicht notwendig genau gleichwertig, ist das Gericht grundsätzlich gehalten, die Kosten gegeneinander aufzuheben (Schulz in: MüKo, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 92 Rn. 13; Jaspersen/Wache in: BeckOK, ZPO, Juli 2016, § 92 Rn. 5 m.w.N.).
121
Danach stimmt das Obsiegen und Unterliegen beider Parteien hier in etwa überein. Die Klägerin obsiegt mit dem Antrag zu 2. vollständig und mit den Anträgen zu 3. a) und 4. teilweise; mit den Anträgen zu 1) und 5. a) und 5. b) unterliegt sie vollständig. Das Obsiegen und Unterliegen der Beklagten stellt sich spiegelbildlich dar. Auch wenn die Klägerin mit einem ihrer Hauptanträge, dem Feststellungsantrag zu 2. durchdringt, ist zu berücksichtigen, dass sie mit dem Antrag zu 1. vollständig und bei den Zug um Zug-Verurteilungen gemäß den Anträgen zu 3. a) und 4. mit einem erheblichen Teil, bezogen auf die zu erbringende Gegenleistung sowie deren Verzinsung, unterliegt. Im Ergebnis rechtfertigt das nach Auffassung des Senats eine Kostenaufhebung.
D.
122
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die hier zu entscheidenden Fragen über die Wirksamkeit von Widerrufsbelehrungen bei Verbraucherkreditverträgen sind für die konkrete Fallkonstellation inzwischen höchstrichterlich geklärt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15).
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