VG München, Urteil v. 21.06.2012 – 15 K 11.5270

Januar 22, 2018

VG München, Urteil v. 21.06.2012 – 15 K 11.5270

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Kriegsopferfürsorgeleistungen.

Die am … 1909 geborene, als Hinterbliebene eines Kriegsbeschädigten nach dem BVG anerkannte Mutter der Klägerin stellte am 11. Dezember 2001, vertreten durch Rechtsanwalt T., den jetzigen Prozessbevollmächtigten und früheren Ehemann der Klägerin, Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Pflege. In dem von Rechtsanwalt T. unterschriebenen Formblatt wird darauf hingewiesen, dass die Angaben erforderlich sind, um die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen überprüfen zu können und auf der Grundlage von § 60 SGB I erfolgen. Bei VIII.2 („Mitglied einer Lebensversicherung“) ist weder „Ja“ noch „Nein“ angekreuzt. Unter IX. (Vermögenswerte, u. a. auch „Verträge zugunsten Dritter“) ist nichts angegeben. Die Frage unter IX., ob innerhalb der letzten 10 Jahre Vermögenswerte veräußert, übergeben oder verschenkt worden seien, wurde mit „Nein“ beantwortetet. Es wurde versichert, dass die Angaben der Wahrheit entsprechen und keine Angaben verschwiegen wurden.

Am 15. Januar 2002 kam die Mutter der Klägerin in ein Pflegeheim. Aufgrund von Bewegungseinschränkungen mit Steh- und Gehunsicherheit wurde ihr Pflegestufe II zuerkannt. Eine Betreuung bestand nicht.

Laut Vermerk des Beklagten vom 15. Februar 2002 (Bl. 37 d. A. Rückseite) erklärte die Klägerin telefonisch, dass ihre Mutter kein Vermögen habe.

Mit an Rechtsanwalt T. als Bevollmächtigten zugestellten Bescheid vom 1. März 2002 übernahm der Beklagte ab dem 15. Januar 2002 die Kosten der Hilfe zur Pflege der Mutter der Klägerin nach § 26 c Abs. 1 BVG. Dort heißt es auf Seite 4:

„Gemäß § 25 f Abs. 1 BVG i. V. m. § 88 Abs. 2 und 3 BSHG bleiben als Vermögen kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte bis zur Höhe von 4.959,– EUR unberücksichtigt. Hierauf werden auch Rückkaufwerte von Lebensversicherungen in vollem Umfang und Sterbegeldversicherungen in beschränktem Umfang angerechnet. Sollten Sie über derartige Versicherungen verfügen, die uns noch nicht gemeldet wurden, bitten wir Sie, uns die entsprechenden Unterlagen in Kopie zu übersenden.“

Auf das Auskunftsersuchen des Beklagten vom 1. März 2002 zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ließ die Klägerin mit Schreiben vom 16. Mai 2002 vortragen, sie habe am 30. März 2002 ihren Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung in München für 167.130 € verkauft, um hieraus ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Auf dem hierzu eingereichten, von der Klägerin selbst unterschriebenen, nicht datierten Formblatt machte diese keine weiteren Angaben zu ihrem Vermögen.

Auf Anfragen des Beklagten vom 5 August 2003 sowie 6. Juli 2004 zur Vermögens- und Einkommensüberprüfung versicherte Rechtsanwalt T. mit Schreiben vom 12. Juli 2004, dass sich an den Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Mutter der Klägerin nichts geändert habe, ihr Kontostand betrage weit unter 5.138 €.

Mit an Rechtsanwalt T. als Bevollmächtigten zugestellten Bescheid vom 4. Februar 2005 wurde der Bescheid vom 1. März 2002 gem. § 48 SGB X zum 1. Januar 2005 aufgehoben und übernahm der Beklagte ab dem 1. Januar 2005 die Kosten der Hilfe zur Pflege der Mutter der Klägerin nach § 26 c Abs. 1 BVG. Dort heißt es auf Seite 4:

„Gemäß § 25f Abs. 1 BVG i. V. m. § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII bleiben als Vermögen kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte bis zur Höhe von EUR 5.138,00 unberücksichtigt. Hierauf werden auch Rückkaufwerte von Lebensversicherungen in vollem Umfang und Sterbegeldversicherungen in beschränktem Umfang angerechnet. Sollten Sie über derartige Versicherungen verfügen, die uns noch nicht gemeldet wurden, bitten wir Sie, uns die entsprechenden Unterlagen in Kopie zu übersenden.“

Die Mutter der Klägerin ist am … 2006 verstorben und ist von der Klägerin beerbt worden.

Das Amtsgericht München – Nachlassgericht – teilte auf die Anfrage des Beklagten vom 30. Januar 2006 am 4. Juli 2006 mit, dass Nachlassverhandlungen nicht durchgeführt worden seien, da zum Nachlass – soweit bekannt – kein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht gehöre und nach den Umständen des Falles anzunehmen sei, dass ein die Beerdigungskosten übersteigender Nachlass nicht vorhanden sei.

Das Finanzamt Kaufbeuren – Erbschaftssteuerstelle – teilte auf die Anfrage des Beklagten vom 25. April 2006 am 18. Oktober 2006 hingegen mit, dass die Mutter der Klägerin zwei Lebensversicherungen mit einem Gesamtwert von 20.829,37 € (2.589,90 € bzw. 18.239,47 €) abgeschlossen habe, die nach Angaben der jeweiligen Versicherung an die für den Todesfall bezugsberechtigte Klägerin ausgezahlt worden seien.

Mit Schreiben vom 26. Oktober 2006 hörte der Beklagte die Klägerin zu der von ihm beabsichtigten Rückforderung von Kriegsopferfürsorgeleistungen in Höhe von 15.434,10 € wegen nachträglicher Anrechnung von Lebensversicherungen über 20.829,37 € an.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 erklärte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin, Rechtsanwalt L., eine Kapitalversicherung auf den Todesfall falle beim Tod des Versicherungsnehmers nicht in dessen Nachlass, sondern entstehe unmittelbar beim Bezugsberechtigten. Mithin komme allenfalls eine Haftung der Klägerin als Erbin in Höhe des vorhandenen Nachlasses in Betracht (vgl. auch § 102 Abs. 2 SGB XII), der jedoch gleich Null sei. Demgemäß erhebe er vorsorglich namens und im Auftrag der Klägerin die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses nach § 1990 Abs. 1 BGB. Außerdem habe die Mutter der Klägerin die Ansprüche aus den Kapitalversicherungen etliche Jahre vor der Antragstellung am 11. Dezember 2001 bereits an die Klägerin abgetreten, so dass die von ihr zum Zeitpunkt der Antragstellung gemachten Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen vollständig und korrekt gewesen seien. Mithin bestehe kein Raum für den Widerruf der gewährten Hilfe.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Januar 2007 stellte der Beklagte die gewährte Hilfe zur Pflege nach § 26c Abs. 1 BVG für die Mutter der Klägerin zum 31. Januar 2005 ein (Ziffer 1), nahm den Bescheid vom 1. März 2002 und sämtliche weiteren Bescheide, mit denen der Mutter der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar 2005 bis zum 23. Januar 2006 Hilfe gewährt wurde, mit Wirkung für die Vergangenheit zurück und lehnte die Anträge auf Bewilligung von Kriegsopferfürsorge für diese Zeit ab (Ziffer 2) und forderte die Klägerin auf, die aufgrund der zurückgenommenen Bewilligungsbescheide erbrachten Kriegsopferfürsorgeleistungen in Höhe von 15.434,10 € zu erstatten (Ziffer 3).

Die Rückforderung beruhe auf §§ 45, 50 SGB X. Die Bewilligungsbescheide seien rechtswidrig, weil die Mutter der Klägerin über Vermögen in Form zweier Lebensversicherungen in Höhe von 20.829,37 € verfügt habe, so dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfe zur Pflege nach § 25a BVG nicht vorgelegen hätten. Die Versicherungen seien von der Mutter der Klägerin bzw. von ihrem Bevollmächtigten, dessen Handlungen sie sich nach §§ 164, 166 BGB zurechnen lassen müsse, weder im Antrag vom 11. Dezember 2001 noch bei der Vermögensüberprüfung 2003 bzw. 2004 angegeben worden. Aufgrund dessen sei zu Unrecht Hilfe zur Pflege gewährt worden. Vertrauensschutz sei nicht zu gewähren, da die Bewilligungsbescheide auf Angaben beruhten, die vorsätzlich, jedenfalls aber grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig seien (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Die Mutter der Klägerin bzw. der Bevollmächtigte wären verpflichtet gewesen, das Vermögen in voller Höhe anzugeben, wozu auch die Rückkaufwerte von Lebensversicherungen gehörten. Auf die Pflicht, vollständige Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu machen sowie jede Änderung dieser Verhältnisse unverzüglich mitzuteilen, sei ausdrücklich hingewiesen worden. Darüber hinaus sei in den Bescheiden auch die Vermögensfreigrenze angegeben worden. Die Mutter der Klägerin bzw. der Bevollmächtigte hätten daher die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide gekannt bzw. jedenfalls grob fahrlässig verkannt (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X). Letzterem sei als Jurist dabei eine erweiterte Rechtskenntnis zu unterstellen. Es sei zwar zutreffend, dass Kapitallebensversicherungen nicht zum Nachlass gehörten, vorliegend würden aber keine Forderungen aus dem Nachlass, sondern Forderungen wegen zu Unrecht gewährter Hilfe zu Lebzeiten geltend gemacht. Das öffentliche Interesse an der Rückforderung gewährter Hilfe sei höher zu bewerten als das Interesse am Bestand der Bewilligungsbescheide. Die Rücknahme stelle für die Klägerin keine unbillige Härte dar, da ihr als Erbin ein Vermögensfreibetrag in Höhe von 5.145 € zustehe und sie aus eigenem Einkommen und Vermögen keine Zahlungen leisten müsse.

Am 22. Februar 2007 ließ die Klägerin durch Rechtsanwalt L. hiergegen Widerspruch einlegen. Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 19. März 2007 vorgetragen, die Mutter der Klägerin habe jedenfalls wissentlich keine falschen Angaben zu ihrem Vermögen gemacht. In Anbetracht ihres hohen Alters könne ihr auch kaum grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Die Angaben zu Ziffer IX. des Antragsfragebogens seien von Rechtsanwalt T. korrekt erledigt worden. Die Fragebogen zur Vermögens- und Einkommensüberprüfung hätten keine Fragen zu Lebensversicherungen enthalten. Die Mutter der Klägerin habe die Fragebogen durch Rechtsanwalt T. und dieser in Absprache mit dem Mitarbeiter des Beklagten, Herrn K., dahingehend beantwortet, dass die Vermögensverhältnisse in Bezug auf das Vorjahr unverändert geblieben seien. Weitere Rückfragen hierzu habe es seitens des Beklagten nicht gegeben. Angesichts dieser dem Beklagten bekannten Situation wäre daher intensiver bei der Mutter der Klägerin nachzuforschen gewesen.

Mit Schreiben vom 25. Juli 2007 bat der Beklagte die Klägerin, Nachweise über

  • den Stand des Girokontos ihrer Mutter von 1. Oktober 2004 bis 31. März 2005,
  • die Höhe der Rückkaufwerte der Lebensversicherungen zum 1. Januar 2005
  • sowie die Abtretung der Ansprüche aus den Lebensversicherungen

vorzulegen.

Mit Schreiben vom 16. August 2007 erklärte Rechtsanwalt L., der Stand des Kontos im angegebenen Zeitraum sei vorliegend nicht entscheidungserheblich. Außer den Rentenzahlungen seien keine Gelder auf dem Konto eingegangen. Die Höhe der Rückkaufwerte zum 1. Januar 2005 spiele vorliegend ebenfalls keine Rolle, da die Versicherungsleistungen nicht in den Nachlass gefallen seien. Aus den genannten Gründen komme es deshalb auch nicht auf die Abtretung der Ansprüche aus den Lebensversicherungen an die Klägerin an.

Mit Schreiben vom 6. April 2010 forderte der Beklagte den von der Klägerin erneut bevollmächtigten Rechtsanwalt T. auf, Nachweise über die im Januar 2002 geltenden Rückkaufwerte der Lebensversicherungen vorzulegen. Dieser erklärte mit Schreiben vom 10. Juni 2010, die Klägerin würde nicht mehr über Unterlagen zum Vorgang und Versicherungspolicen verfügen und könne daher keine Rückkaufwerte ermitteln. Im Übrigen komme es hierauf nicht an. Sie habe die ihr zugeflossenen Beträge für ihren Lebensunterhalt verwenden müssen. Sie sei davon ausgegangen, dass der Vorgang nach 2 Jahren und 8 Monaten nicht mehr weiterverfolgt werden würde. Ausdrücklich werde daher gegenüber der erhobenen Forderung Verwirkung eingewendet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2011 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch zurück. Die Rückforderung in Höhe von 15.434,10 € nach §§ 45, 50 SGB X sei zu Recht gem. §§ 1922, 1967 BGB gegenüber der Klägerin als Erbin ihrer Mutter erfolgt. Aufgrund der Angaben der Mutter der Klägerin bzw. von Rechtsanwalt T. als deren Bevollmächtigter sei der Beklagte davon ausgegangen, dass die Mutter der Klägerin über kein Vermögen über dem Schonbetrag verfüge. Tatsächlich habe die Mutter der Klägerin aber über Lebensversicherungen verfügt, die in Höhe von 20.829,37 € an die Klägerin ausbezahlt worden seien. Die Mutter der Klägerin habe diese zwar als Bezugsberechtigte eingesetzt. Damit sei jedoch nicht ausgeschlossen gewesen, dass die Mutter der Klägerin den Vertrag kündigen und über den Rückkaufwert verfügen hätte können. Deshalb seien Fürsorgeleistungen zu Unrecht erfolgt. Gegenüber der Rückforderung könne sich die Klägerin nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen. Rechtsanwalt T. als Bevollmächtigter der Mutter habe Angaben in wesentlicher Beziehung zumindest grob fahrlässig unrichtig oder unvollständig gemacht, was sie sich zurechnen lassen müsse. Ermessensfehler bei der Aufhebung der Bewilligungsbescheide seien nicht erkennbar. Die Jahresfrist sei eingehalten. Die Höhe der Rückforderung sei zutreffend festgestellt worden.

Mit Klage vom 2. November 2011 hat der Bevollmächtigte vorgetragen, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 SGB X nicht gegeben seien. Die Frage nach einer bestehenden Lebens- oder Sterbeversicherung sei weder mit „ja“ noch mit „nein“, sondern nicht beantwortet worden, so dass die Bescheide nicht auf Angaben, die vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig/unvollständig gemacht worden seien, beruhten. Da er rein fürsorglich als Ex-Schwiegersohn für die Mutter der Klägerin tätig geworden sei und mit solchen Angelegenheiten keine Praxis gehabt habe, habe er sich durch Herrn K. beraten lassen, dem der Passus mit der Versicherung auch nicht aufgefallen sei. Es sei nicht gezielt nach Versicherungen gefragt worden. Er habe seine Angaben in Zusammenarbeit mit der Mutter der Klägerin und der Klägerin nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Warum die Punkte zu den Versicherungen nicht beachtet worden seien, sei nicht nachvollziehbar. Es sei jedoch möglich, dass der Antrag bereits ausgefüllt gewesen sei und er die Frage nach Lebensversicherungen übersehen habe. Angesichts der Vermögensverhältnisse der Mutter der Klägerin habe er den Antrag für eine reine Formsache gehalten. Die Versicherungen seien mit dem Todesfall originär von der Klägerin erworben worden und nicht in den Nachlass gefallen. Überdies habe die Mutter der Klägerin die Ansprüche aus den Lebensversicherungen viele Jahre vor der Antragstellung mündlich an die Klägerin abgetreten. An der wirksamen Abtretung ändere nichts, dass die Klägerin die Versicherungen nicht liquidiert und die Abtretung nicht gegenüber dem Versicherer angezeigt habe. Die ausgezahlten Gelder habe die Klägerin verbraucht. Hilfsweise werde gerügt, dass der Beklagte bei der Berechnung der Erstattungsforderung die tatsächlich gezahlten Leistungen der Versicherer an die Klägerin als anzurechnenden Vermögensbestand angesetzt habe. Richtigerweise habe der Rückkaufswert der Versicherungen zum Antragszeitpunkt ca. 2.000 € niedriger angesetzt werden müssen. Die Klägerin habe bereits die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses gemäß § 1990 Abs. 1 BGB erhoben, vorsorglich erhebe sie zudem die Einrede der Verwirkung.

Der Klägerbevollmächtigte legte Schreiben der Versicherungen vom 8. sowie 24. Mai 2012 vor, wonach der Rückkaufwert der Lebensversicherungen zum Stand 1. Januar 2002 15.776,53 € bzw. 2.188,45 € betragen habe.

In der mündlichen Verhandlung führte der Klägerbevollmächtigte aus, die Abtretung der Lebensversicherungen könne 1988 erfolgt sein, weil damals der Kauf einer Ferienwohnung geplant gewesen sei und in diesem Zusammenhang wohl von der Lebensversicherung die Rede gewesen sei. Von der Abtretung habe er aber erst nach dem Tod der Mutter der Klägerin erfahren. Die Abtretung sei den Versicherungen gegenüber nicht angezeigt worden. Zum Abschlusszeitpunkt könne er nichts sagen, da er die Policen im Akt zurückgelassen habe. Er könne sich nicht daran erinnern, ob die Bezugsberechtigung unwiderruflich gewesen sei. Die Angabe der abgetretenen Lebensversicherungen bei der Klägerin sei vermutlich nur vergessen worden. Den Hinweis auf die Lebensversicherungen in den Bescheiden habe er nicht gelesen.

[14] Die Klägerin beantragt zuletzt,

den Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberbayern vom 6. Oktober 2011 aufzuheben,

hilfsweise den Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2007 dahingehend zu ändern, dass der Klägerin als Erbin die Beschränkung ihrer Haftung auf den Nachlass der Frau ******* ********** vorbehalten ist.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstandes wird auf die beigezogenen Behördenakten, die Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2012 verwiesen (§ 117 Abs. 3 S. 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberbayern vom 6. Oktober 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Der Beklagte hat zu Recht auf der Grundlage des § 45 SGB X die Hilfe zur Pflege nach § 26c Abs. 1 BVG für die Mutter der Klägerin eingestellt und die Bewilligungsbescheide vom 1. März 2002 und 4. Februar 2005 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen sowie nach § 50 SGB X i. V. m. §§ 1922, 1942, 1967 BGB von der Klägerin an die Mutter in der Zeit vom 1. Februar 2005 bis 23. Januar 2006 erbrachte Kriegsopferfürsorgeleistungen in Höhe von insgesamt 15.434,10 € zurückgefordert.

Zur Begründung wird gem. § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Bescheide Bezug genommen und weiter ausgeführt:

  1. Rechtsgrundlage für die Rücknahme der der Mutter der Klägerin gewährten Kriegsopferfürsorgeleistungen ist § 45 Abs. 1 SGB X. Danach darf ein begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, zurückgenommen werden, wenn er rechtswidrig ist und sich der Begünstigte nach Maßgabe des § 45 Abs. 2 SGB X nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Dies ist hier der Fall.

1.1 Das Recht zur Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide nach § 45 SGB X und zur Geltendmachung von Erstattungsansprüchen nach § 50 SGB X steht dem Beklagten als Träger der Kriegsopferfürsorge gegenüber der Klägerin als Erbin der Hilfeempfängerin zu.

Als Erbin nach ihrer Mutter ist die Klägerin nach §§ 1922, 1967 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die rechtliche Position ihrer Mutter eingetreten, deren Vermögen mit allen Rechten und Pflichten einschließlich der sich aus §§ 45, 50 SGB X ergebenden Rückzahlungsverpflichtung auf sie übergegangen ist (BVerwG NJW 2002, 1892; BayVGH FEVS 58, 76). Öffentlich-rechtliche Ansprüche der hier in Rede stehenden Art gehen grundsätzlich auch dann auf den Erben über, wenn dies in der anspruchsbegründenden Norm selbst nicht vorgesehen ist. Denn soweit nicht öffentlich-rechtliche Sonderregelungen bestehen oder sich aus dem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis Abweichendes herleiten lässt (BVerwGE 15, 234), sind die erbrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden (BVerwGE 52, 16). Zu den vermögensrechtlichen Beziehungen, die im Rahmen der Gesamtnachfolge auf die Erben übergehen, zählen dabei auch die „unfertigen“ bzw. „schwebenden“ Verpflichtungen, deren Folgen erst nach dem Erbfall eintreten. Erstattungspflichten der hier strittigen Art sind mithin auch dann „Erblasserschulden“, wenn sie als rechtliche Verpflichtung deshalb erst nach dem Erbfall entstanden sind, weil die Rücknahme des Bewilligungsbescheides, die nach § 50 Abs. 1 SGB X Voraussetzung für das Entstehen der Erstattungspflicht ist, aus tatsächlichen Gründen erst nach dem Erbfall ausgesprochen werden konnte. Denn die Rechtswidrigkeit der Hilfegewährung und die tatsächlichen Voraussetzungen für den Wegfall etwaigen Vertrauensschutzes lasteten von Anfang an auf dem Rechtsverhältnis zwischen dem Hilfeträger und dem Hilfeempfänger (VGH Baden-Württemberg FEVS 41, 392).

1.2 Die Bewilligungsbescheide vom 1. März 2002 sowie 4. Februar 2005 waren insoweit rechtswidrig, als der Bedarf der Mutter der Klägerin für deren Hilfe zur Pflege in der Zeit vom 1. Februar 2005 bis 23. Januar 2006 in Höhe von 15.434,10 € aus deren Vermögen in Form zweier Kapitallebensversicherungen gedeckt werden hätte können.

1.2.1 Ein Anspruch auf Leistung von Kriegsopferfürsorge nach den §§ 25 ff. BVG besteht nur, wenn und soweit die Leistungsberechtigten den Bedarf nicht aus dem Einkommen und Vermögen zu decken in der Lage sind (§ 25a Abs. 1 BVG). Dabei ist nach § 25d Abs. 6 BVG Vermögen i. S. d. Vorschriften des Kriegsopferfürsorgerechts das gesamte verwertbare Vermögen. § 25f Abs. 1 BVG verweist für den Einsatz und für die Verwertung von Vermögen auf § 90 Abs. 2 und 3 sowie § 91 SGB XII, so dass die hierzu und die zu §§ 88, 89 BSHG ergangene Rechtsprechung herangezogen werden kann. Kapitallebensversicherungen bzw. deren Rückkaufwerte, bei denen die Versicherungssumme im Todesfall an den bezugsberechtigten Dritten ausbezahlt wird, stellen verwertbares Vermögen i. S. d. § 25d Abs. 6 BVG dar. Im Gegensatz zur staatlich geförderten Altersvorsorge i. S. d. § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII sind sonstige Kapitallebensversicherungen auch nicht generell als Schonvermögen vor Verwertung geschützt. Auch die allgemeine Härteregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII steht dem Einsatz dieses verwertbaren Vermögens nicht entgegen (BVerwGE 106, 105).

Einer Verwertbarkeit der Kapitallebensversicherungen steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Bezugsberechtigung i. S. d. § 166 Abs. 1 VVG a. F. (§ 159 Abs. 1 VVG n. F.) nach §§ 328, 330 und 331 BGB im Todesfall der Klägerin zustand. Aus den Versicherungsunterlagen (Bl. 130 f. d. A., Bl. 46-48 und 51 d. GA) ergibt sich nämlich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Bezugsberechtigung der Klägerin unwiderruflich gewesen wäre und sie das Recht auf die Leistung des Versicherers deshalb bereits mit der Benennung als Bezugsberechtigte erworben hätte (vgl. § 159 Abs. 2 und 3 VVG n. F.), so dass die Mutter der Klägerin vor dem Todesfall frei über die Lebensversicherungen verfügen konnte (BVerwGE 121, 34). Ein als bezugsberechtigt bezeichneter Dritter erwirbt, wenn der Versicherungsnehmer nichts Abweichendes bestimmt, das Recht auf die Leistung des Versicherers im Zweifel erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalls (vgl. § 166 Abs. 2 VVG a. F.).

1.2.2 Einer Anrechnung der Lebensversicherungen steht hier auch nicht entgegen, dass diese „etliche Jahre“ vor der Antragstellung am 11. Dezember 2001 nach § 398 BGB an die Klägerin abgetreten worden sein sollen. Denn die hierfür beweispflichtige Klägerin hat eine wirksame Abtretung der beiden Lebensversicherungen nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen.

Für die Frage der Bedürftigkeit trägt grundsätzlich der Hilfesuchende die materielle Beweislast (BVerwGE 98, 195). Im Fall der Rücknahme nach § 45 SGB X hat zwar grundsätzlich der Leistungsträger den Beweis zu führen, der sich – wie hier der Beklagte – auf die Rechtswidrigkeit beruft; die Unerweislichkeit der Rechtswidrigkeit geht insoweit zu seinen Lasten. Dies gilt aber dann nicht, wenn der Hilfesuchende zur Aufklärung von Vorgängen, die in seine Sphäre fallen, ohne hinreichende Gründe das ihm Zumutbare nicht bzw. nicht rechtzeitig beiträgt. In einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, von einer Umkehr der Beweislast auszugehen. Die Nichterweislichkeit der ihn begünstigenden Tatsachen geht insoweit zulasten des Hilfeempfängers, der das Risiko der Unaufklärbarkeit trägt (BSGE 96, 238).

Deshalb ist zu verlangen, dass eine entsprechende Vereinbarung wirksam zustande gekommen und dies von dem darlegungspflichtigen Hilfeempfänger auch nachgewiesen worden ist. Hieran sind strenge Anforderungen zu stellen. Das gilt im vorliegenden Zusammenhang gerade im Hinblick auf die Gefahr des Missbrauchs bei solchen Abreden unter Angehörigen. Ob eine Abtretungsvereinbarung wirksam vorgenommen worden ist, ist anhand aller Umstände des Einzelfalles zu klären. Soweit die relevanten Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (vgl. BVerwGE 132, 10).

Vorliegend hat die Klägerin auch auf Nachfrage keinen Nachweis für eine Abtretung der Lebensversicherungen erbracht. Sie hat keine Abtretungsvereinbarung vorgelegt und auch sonst keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich Anhaltspunkte für die von ihr behauptete Abtretung ergeben. Sie konnte keine Angaben zu Zeitpunkt und Inhalt der behaupteten Abtretung machen. Auch die Erklärung des Bevollmächtigten, die Abtretung könne möglicherweise um 1988 vorgenommen worden sein, da damals der Kauf einer Ferienwohnung geplant gewesen sei und in diesem Zusammenhang von der Lebensversicherung die Rede gewesen sei, ist unsubstantiiert und von daher nicht weiter überprüfbar. Die Abtretung ist nach Angaben des Bevollmächtigten auch nicht den Versicherungen gegenüber angezeigt worden. Dementsprechend liefen die fraglichen Lebensversicherungen bis zum Tod der Mutter auch auf deren Namen.

Darüber hinaus ist die behauptete Abtretung auch deshalb nicht glaubhaft, weil die Lebensversicherungen weder von der Mutter der Klägerin noch von der Klägerin als Vermögen angegeben wurden. Hätte die Mutter die Versicherungen tatsächlich an die Klägerin abgetreten, hätte jedenfalls diese sie bei ihrem Vermögen angeben müssen. Dass die Klägerin die Angabe der Lebensversicherungen vergessen haben will, ist nicht nachvollziehbar, da sie im Rahmen der Vermögenserklärung detaillierte Angaben über ihr sonstiges Vermögen gemacht hat und diese auch keinen unerheblichen Wert darstellen. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass keine Abtretung stattgefunden hat, sondern dass die Versicherungen verschwiegen werden sollten.

Unabhängig hiervon wäre die Abtretung der Lebensversicherungen nicht wirksam. Die Abtretung der Forderung aus einer Kapitallebensversicherung an den durch den Versicherungsnehmer benannten Bezugsberechtigten ist zwar zulässig (RGZ 150, 133), eine Abtretung ist aber solange unwirksam, als der Berechtigte diese dem Versicherer nicht schriftlich anzeigt (BGHZ 112, 387), was hier nicht der Fall war.

Vor diesem Hintergrund kann im Ergebnis offen bleiben, ob eine Abtretung nicht auch nach § 138 BGB unwirksam wäre, weil damit zulasten des Beklagten erst die Hilfebedürftigkeit der Mutter der Klägerin herbeigeführt wurde. Nach st. Rspr. (BGH FamRZ 2007, 197; BVerwG FEVS 16, 88; BayVGH v. 25.4.2001 Az. 12 ZB 01.553) verstößt ein Rechtsgeschäft, das nach seinem aus Inhalt, Beweggrund und Zweck erkennbaren Charakter darauf angelegt ist, Vermögensverhältnisse zu Schaden des Hilfeträgers zu regeln, i. S. d. § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten und ist nichtig, wobei es auf eine Schädigungsabsicht zulasten des Hilfeträgers nicht ankommt.

1.2.3 Der Beklagte hat dabei zu Recht auch den Wert der Lebensversicherungen im Todeszeitpunkt in Höhe von 20.829,37 € unter Absetzung eines Schonbetrags nach § 25f Abs. 2 Nr. 3 BVG von 5.145 € als Vermögen auf den Bedarf angerechnet sowie gewährte Leistungen in Höhe von 15.434,10 € zurückgefordert und nicht die Rückkaufwerte der Lebensversicherungen zum Antragszeitpunkt 11. Dezember 2001 bzw. 1. Januar 2002 bzw. zum 1./31. Januar 2005 zugrunde gelegt, weil die Klägerin trotz Aufforderung keine Angaben hierzu gemacht hat.

Den für die Entscheidung relevanten Sachverhalt ermittelt die Behörde nach § 20 Abs. 1 SGB X von Amts wegen. Nach § 21 Abs. 2 SGB X sollen die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhaltes mitwirken und insbes. ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Dabei müssen sie mit Blick auf die weitere Sachverhaltsermittlung durch die Behörde nur solche Tatsachen substantiiert aufzeigen, die in ihre Sphäre oder in ihren Erkenntnisbereich fallen. Die behördliche Aufklärungspflicht findet dort ihre Grenze, wo die Beteiligten ihrer Pflicht zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts nicht nachkommen. Die Amtsermittlungspflicht endet in einem solchen Fall, wenn sich nach Ausschöpfen aller erreichbaren Erkenntnismittel verbleibende Zweifel nicht aufklären lassen. Diese gehen zulasten der Beteiligten.

Der Rückkaufwert der Lebensversicherungen ist eine solche allein aus der Sphäre der Klägerin stammende Tatsache, hinsichtlich der es ihr obliegen hätte, rechtzeitig substantiierte Angaben zu machen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass ihr die Aufklärung des Sachverhalts insoweit nicht möglich oder zumutbar war. Vielmehr zeigt die Vorlage von Versicherungsbestätigungen vor Gericht, dass der Klägerin – entgegen ihren anderslautenden Behauptungen im Verwaltungsverfahren – die Ermittlung der Rückkaufwerte bereits früher möglich gewesen wäre, zumal ihr Bevollmächtigter – im Widerspruch zu den bisherigen Angaben – offenbar auch über die Policen verfügte. Durch diese unzutreffenden Angaben hat die Klägerin eine vollständige und rechtzeitige Aufklärung des Sachverhalts durch den Beklagten vereitelt und daher die Folgen der Unerweislichkeit der Höhe der Rückkaufwerte zu tragen. Da sich die Höhe der Rückkaufwerte zum Antragszeitpunkt bzw. zum 31. Januar 2005 aufgrund der von der Klägerin verweigerten Angaben nicht ermitteln ließ, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte – mangels anderer Anhaltspunkte – den Wert der Lebensversicherungen im Todeszeitpunkt mit 20.829,37 € angesetzt hat.

Daran ändert auch die nachträgliche Vorlage von Bestätigungen zum jeweiligen Rückkaufwert der Versicherungen (Stand: 31. Januar 2002) nichts. Denn die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Rücknahme maßgebliche Sach- und Rechtslage wird – wie allgemein im Sozialhilferecht (vgl. BVerwGE 25, 207; BVerwG NVwZ 1993, 305) – auch hier durch den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestimmt (vgl. BVerwGE 90, 250; BVerwG NVwZ 2005, 91), falls man insoweit nicht überhaupt auf den Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls abstellen wollte (vgl. BVerwGE 57, 26). Darüber hinaus ist die erst nachträgliche Berufung auf die niedrigeren Rückkaufwerte angesichts dessen, dass die Klägerin die Vorlage von diesbezüglichen Nachweisen im Verwaltungsverfahren vereitelt hat, rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), so dass die Klägerin damit nicht mehr gehört werden kann.

1.3 Der Rücknahme steht auch kein schutzwürdiges Vertrauen in der Person der Mutter der Klägerin entgegen. Hinsichtlich des Vertrauensschutzes ist – wenn eine rechtswidrige Leistung wie hier nicht mehr vom Empfänger, sondern aufgrund seines Todes von den Erben zu erstatten ist – nicht auf in der Person des Erben begründete Umstände, sondern auf die Umstände in der Person des Erblassers abzustellen, denn nur dieser hat die Leistung aufgrund eines einen besonderen Vertrauensschutz begründenden Sozialrechtsverhältnisses erlangt. Die Erben hingegen erlangen die Leistungen nicht aufgrund eines Sozialrechtsverhältnisses, sondern infolge einer Gesamtrechtsnachfolge (BVerwG Buchholz 427.2 § 13 FG Nr. 51; NJW 2002, 1892).

1.3.1 Insofern kann sich die Mutter der Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil der Bewilligungsbescheid auf Angaben beruhte, die sie bzw. ihr Bevollmächtigter zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht haben (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X).

Es kann dabei offen bleiben, ob das vom Bevollmächtigten unterschriebene Formular aufgrund der Angaben der Mutter der Klägerin von diesem (allein) ausgefüllt wurde oder ob die darin enthaltenen Angaben (ganz oder teilweise) von dieser stammen. Denn die Mutter der Klägerin muss sich nicht nur eigene fehlerhafte Erklärungen, sondern nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. § 13 SGB X, §§ 164, 166 BGB) auch fehlerhafte Erklärungen ihres Bevollmächtigten wie einen eigenen Fehler zurechnen lassen, wenn sie deren Fehlerhaftigkeit selbst erkannte oder hätte erkennen können. Darüber hinaus ist auch ohne eigene Kenntnis eine Zurechnung gerechtfertigt, soweit der Vertreter mit der fehlerhaften Angabe selbst pflichtwidrig gehandelt und dadurch in eigener Person die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X erfüllt hat (von Wulffen/Wiesner, SGB X, 7. Auflage, § 45 Rdnr. 51).

In dem Antragsformular zur Ermittlung des Vermögens der Mutter der Klägerin wurde die Frage zu Lebensversicherungen zwar ebenso offen gelassen wie (detaillerte) Angaben zu deren Vermögen. Jedoch ist auch das Verschweigen von Umständen als unrichtige Angabe durch Unterlassen anzusehen, wenn eine Mitteilungspflicht nach § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I besteht, weil die Umstände für die fragliche Leistung rechtlich erheblich sind und dies dem Betroffenen auch bekannt ist oder jedenfalls bekannt sein muss (von Wulffen/Wiesner, SGB X, 7. Auflage, § 45 Rdnr. 49; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Auflage, § 48 Rdnr. 117).

Die Pflicht zur Mitteilung der beiden Lebensversicherungen ergab sich hier aus § 60 Abs. 1 SGB I, auf den im Antragsformular ausdrücklich hingewiesen wurde, sowie aufgrund der ausdrücklichen Nachfrage unter Punkt VIII.2, ob die Mutter der Klägerin Mitglied einer Lebensversicherung sei, und unter Punkt IX., ob sie Vermögen, u. a. in Form eines Vertrags zugunsten Dritter – wie im Falle der Lebensversicherungen -, besitze. Aufgrund dessen musste der Mutter der Klägerin bzw. deren Bevollmächtigten auch bewusst sein, dass es sich bei den Lebensversicherungen um leistungserhebliche Tatsachen handelte. Wie oben ausgeführt, besteht ein Anspruch auf Leistung von Kriegsopferfürsorge nämlich nur, wenn und soweit die Leistungsberechtigten den Bedarf nicht aus dem Einkommen und Vermögen zu decken in der Lage sind, so dass die Angabe von Vermögen in Form von Kapitallebensversicherungen i. S. d. § 25f Abs. 1 BVG i. V. m. § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII zu den für die Leistung erheblichen Tatsachen zählt. Eine rechtliche Erheblichkeit im Sinne von „in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig“ liegt vor, da die fehlerhafte Angabe für die Rechtswidrigkeit des Bescheides auch kausal geworden ist. Die Bewilligung der Kriegsopferfürsorge in der nunmehr zurückgeforderten Höhe wäre unterblieben, wenn die Lebensversicherungen angegeben worden wären.

Die Angabe der Lebensversicherungen unterblieb auch zumindest grob fahrlässig. Grob fahrlässig im Sinne des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 i. V. m. Nr. 3 Hs. 2 SGB X handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schweren Maße verletzt, weil schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und das nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BVerwG NVwZ-RR 2010, 926; BayVGH v. 12.10.2011 Az. 12 ZB 11.854; BSG FEVS 52, 494). Teilt ein Antragsteller wesentliche Tatsachen nicht mit, obwohl im Antragsformblatt ausdrücklich danach gefragt wird, so ist i. d. R. grobe Fahrlässigkeit anzunehmen. Vorliegend hätte es sich deshalb der Mutter der Klägerin bzw. ihrem Bevollmächtigten aufdrängen müssen, dass sie die fraglichen Lebensversicherungen bzw. deren Abtretung dem Beklagten gegenüber hätte offen legen müssen. Denn selbst wenn sie davon ausgegangen sein sollten, dass das Vermögen ihr nicht (mehr) zuzurechnen und von ihr nicht zur Deckung ihres Bedarfs einzusetzen sei, hätten sie diese Vorgänge zumindest offenlegen müssen, um dem Beklagten die selbstständige Prüfung und Bewertung des Sachverhaltes zu ermöglichen.

Soweit man auf die Person des Bevollmächtigten abstellt, war die Nichtangabe der Lebensversicherungen ohne Rückfrage bei der Mutter der Klägerin „ins Blaue hinein“ grob fahrlässig. Dies gilt nicht nur, weil ihn als Rechtsanwalt beim Ausfüllen eines rechtserheblichen Antragsformulars eine gesteigerte Sorgfaltspflicht trifft, die er in besonders schwerem Maße verletzt hat, indem er dieses als „reine Formsache“ ansah, ohne nach etwaigen Vermögenswerten nachzufragen. Auch aufgrund der engen familiären Beziehungen hätte von ihm erwartet werden können, dass er insoweit nachgefragt hätte, zumal er nach seinen eigenen Angaben offenbar schon früher von der Existenz der Lebensversicherungen Kenntnis hatte. Dagegen kann er nicht einwenden, dass er lediglich fürsorglich als Ex-Schwiegersohn tätig geworden sei. Gerade deshalb hätte er genauer nachfragen müssen.

Aber auch soweit man auf die Person der Mutter der Klägerin abstellt, ist die Nichtangabe der Lebensversicherungen als grob fahrlässig anzusehen. Es ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass die wegen Bewegungseinschränkungen mit Steh- und Gehunsicherheit pflegebedürftig gewordene Mutter der Klägerin, für die keine Betreuung angeordnet wurde, trotz ihres hohen Alters – zumindest nach Rückfrage bei ihrem Bevollmächtigten – nicht erkennen hätte können, dass sie die fraglichen Lebensversicherungen hätte offen legen müssen.

1.3.2 Darüber hinaus kann sich die Mutter der Klägerin auch deshalb nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil sie bzw. ihr Bevollmächtigter, dessen Kenntnis sie sich nach § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss, die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zumindest in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X).

In den an den Bevollmächtigten gerichteten Bewilligungsbescheiden vom 1. März 2002 und 4. Februar 2005 wurde unter Angabe der geltenden Freibeträge eindeutig darauf hingewiesen, dass als Vermögen auch die Rückkaufwerte von Lebensversicherungen in vollem Umfang angerechnet werden, so dass jedem bewusst sein hätte müssen, dass die ohne Anrechnung der Lebensversicherungen ergangenen Bewilligungsbescheide rechtswidrig waren. Wenn der Bevollmächtigte insoweit einwendet, es sei nicht gezielt nach Versicherungen gefragt worden, trifft dies nicht zu. Vielmehr wurde er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bestehende Lebensversicherungen anzugeben seien, falls dies bislang unterlassen worden sei. Wenn er hierzu weiter erklärt, dass er insoweit über keine Praxis verfügt habe, hätte er sich als Rechtsanwalt kundig machen müssen. Und wenn er schließlich angibt, dass er die Passagen in den Bewilligungsbescheiden nicht gelesen habe, belegt dies gerade, dass er grob fahrlässig gehandelt hat.

1.3.3 Hiergegen kann der Bevollmächtigte auch nicht einwenden, dass er sich an Herrn K. gewandt habe, dem der Passus mit der Versicherung auch nicht aufgefallen sei. Auch wenn dieser auf den unvollständigen Antrag insoweit nicht weiter reagiert und nicht gezielt nach Lebensversicherungen nachgefragt haben mag, hatte er ohne Anhaltspunkte zu verschwiegenen Vermögensgegenständen auch keine Veranlassung, dem von sich aus nachzugehen. Darüber hinaus führte auch ein Mitverschulden der Behörde nicht dazu, dass bei Verschulden des Begünstigten von einer Rücknahme abzusehen wäre (BVerwG Buchholz 427.2 § 13 FG Nr. 51; BSGE 81, 156).

1.4 Auch die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X ist eingehalten. Sie beginnt erst zu laufen, wenn der Behörde alle für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen bekannt sind (BVerwG NJW 1985, 819). Hier begann die Frist frühestens am 18. Oktober 2006, dem Tag, an dem die Erbschaftssteuerstelle den Beklagten von den fraglichen Lebensversicherungen informierte, zu laufen, so dass sie bei Erlass des Rückforderungsbescheides am 19. Januar 2007 noch nicht verstrichen war.

1.5 Ungeachtet der Frage, ob es sich bei den Bewilligungsbescheiden um Dauerverwaltungsakte handelt (verneinend zu Sozialhilfebescheiden BVerwG NVwZ 2004, 1002), ist auch die 10-Jahresfrist des § 45 Abs. 3 S. 3 SGB X vorliegend eingehalten.

1.6 Schließlich hat der Beklagte von seinem Ermessen im Rahmen des § 45 SGB X in nicht zu beanstandender Weise (§ 114 S. 1 VwGO) Gebrauch gemacht und dieses auch den Anforderungen des § 35 Abs. 1 S. 3 SGB X gemäß hinreichend begründet. Er hat angesichts der zumindest grob fahrlässigen Nichtangabe der Lebensversicherungen rechtsfehlerfrei dem gesetzlich vorgegebenen Nachrangprinzip in der Kriegsopferfürsorge und dem Grundsatz der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln den Vorrang gegenüber den Interessen der Mutter der Klägerin eingeräumt.

  1. Da der Rücknahmebescheid somit zu Recht ergangen ist, hat die Klägerin die ihrer Mutter zu Unrecht erbrachten Hilfeleistungen in Höhe von 15.434,10 € zu erstatten (§ 50 Abs. 1 und 3 SGB X).

Die Klägerin haftet für die Schulden ihrer Mutter grundsätzlich gemäß §§ 1922, 1942, 1967 BGB. Die Verpflichtung der Mutter der Klägerin, die überzahlte Kriegsopferfürsorge zurückzuzahlen, ist nämlich bei deren Tod als Erblasserschuld auf die Klägerin als deren Erbin übergegangen (BVerwGE 52, 16; BVerwG NJW 2002, 1892; BayVGH FEVS 58, 76; VGH Baden-Württemberg FEVS 41, 392). Der Beklagte ist daher befugt, von der Klägerin als Erbin die Erstattung der überzahlten Leistungen in Höhe von 15.434,10 EUR zu fordern. Die Klägerin kann sich gegen den Erstattungsanspruch lediglich mit den ihr als Erbin zustehenden Haftungsbeschränkungen nach §§ 1975 ff. BGB wehren, hat aber keinen in eigener Person begründeten Anspruch auf Vertrauensschutz; bei der Zumutbarkeit der Rückgewähr ist vielmehr allein auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Erblassers abzustellen (BVerwG Buchholz 427.2 § 13 FG Nr. 51; BVerwGE 52, 16; BVerwG NJW 2002, 1892).

2.1 Gegen die Rückforderung kann die Klägerin nicht die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses gem. § 1990 Abs. 1 BGB erheben. Dabei kann offen bleiben, ob – wie primär beantragt – die Dürftigkeitseinrede schon im Anfechtungsprozess gegen den Erstattungsbescheid zu beachten ist, weil dieser einen Vollstreckungstitel darstellt, der durchsetzbar ist, sobald er unanfechtbar ist (so BVerwGE 15, 234; VGH Baden-Württemberg NJW 1986, 272; BayVGH FEVS 58, 76), oder ob – wie hilfsweise beantragt – die Erhebung der Einrede lediglich dazu führt, dass die Beschränkung der Haftung gem. §§ 167 Abs. 1, 173 VwGO i. V. m. § 780 Abs. 1 ZPO im Urteil vorzubehalten ist, die materielle Entscheidung hierüber aber dem Zwangsvollstreckungsverfahren überlassen bleibt (vgl. BVerwGE 52, 16).

2.1.1 Denn die Voraussetzungen für die Dürftigkeitseinrede liegen hier nicht vor. Zwar hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten ausdrücklich Dürftigkeitseinrede nach § 1990 Abs. 1 BGB erheben lassen, weil der Nachlass nach ihrer Mutter gleich Null sei. Dies deckt sich insofern mit den Auskünften des Nachlassgerichts und des Finanzamts, dass – abgesehen von den beiden Lebensversicherungen – beim Eintritt des Erbfalls kein übriges Vermögen vorhanden war, das auch zur lediglich teilweisen Erfüllung der Forderung des Beklagten ausreichend gewesen wäre. Der Beklagte hat auch nicht beim Nachlassgericht beantragt, dass dieses der Klägerin eine Frist zur Errichtung eines Nachlassinventars bestimmt (§ 1994 Abs. 1 BGB).

Jedoch sind vorliegend die beiden Versicherungen in Höhe der an die Klägerin als Bezugsberechtigte gezahlten Versicherungssumme von 20.829,37 € als in den Nachlass gefallen anzusehen mit der Folge, dass die Klägerin insoweit auch in Höhe von 15.434,10 € für die auf §§ 45, 50 SGB X beruhende Erblasserschuld haftet.

Es trifft zwar zu, dass ein Anspruch aus einem Lebensversicherungsvertrag nach §§ 328, 330 und 331 BGB beim Eintritt des Todesfalls grundsätzlich nicht in den Nachlass fällt, sondern unmittelbar und originär in der Person des Bezugsberechtigten entsteht (BGHZ 130, 381). Dies gilt aber nicht, soweit durch die Einräumung oder Änderung der Bezugsberechtigung Gläubiger des Erblassers benachteiligt werden. So fällt die Leistung aus der Versicherung in den Nachlass, als sie vor Eintritt des Todesfalls zur Sicherung an einen Dritten abgetreten wurde (BGH NJW 1996, 2230). I.Ü. führt eine Gläubigerbenachteiligung zur Anfechtbarkeit nach dem AnfG bzw. der InsO und gewährt dem Gläubiger ein Aussonderungsrecht. Der Anspruch richtet sich dabei auf Auszahlung der Versicherungssumme, auch wenn das Bezugsrecht bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrags begründet worden ist (BGHZ 156, 350).

Ein vergleichbarer Fall liegt auch hier vor. Die Rechtswidrigkeit der Hilfebewilligung und die – wesentlich im Verhalten der Mutter der Klägerin wurzelnden – tatsächlichen Voraussetzungen für den Wegfall eines etwaigen Vertrauensschutzes lasteten schon vom Zeitpunkt der Antragstellung an auf dem Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Mutter der Klägerin (vgl. VGH Baden-Württemberg FEVS 41, 392). Wäre dem Beklagten das Vorhandensein der Lebensversicherungen noch zu Lebzeiten der Mutter bekannt geworden, hätte er die zu Unrecht an sie erbrachten Hilfeleistungen zurückfordern können, ohne dass die Klägerin dem ihren erst mit dem Todesfall entstehenden Anspruch nach §§ 328, 330 und 331 BGB entgegen halten hätte können, so dass der Anspruch aus den Lebensversicherungen in der Person der Klägerin nur belastet mit dem Rückforderungsanspruch entstanden ist. Demgemäß kann sie sich insoweit nicht auf die Dürftigkeit des Nachlasses berufen.

2.1.2 Darüber hinaus steht einer Erhebung der Dürftigkeitseinrede hier jedenfalls Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen. Die Berufung auf die Dürftigkeit des Nachlasses ist rechtsmissbräuchlich, da die Klägerin selbst falsche Angaben gemacht hat, die (mit-) ursächlich für die Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Bescheide waren (vgl. BayVGH FEVS 58, 76). Die Klägerin hat laut Vermerk des Beklagten vom 15. Februar 2002 (Bl. 37 d. A. Rückseite) und damit vor Erlass des ersten Bewilligungsbescheids erklärt, dass ihre Mutter kein Vermögen habe, obwohl diese Inhaberin zweier Lebensversicherungen über insgesamt 20.829,37 € war. Dies geschah auch wider besseren Wissens, da die Klägerin nach Angaben ihres Bevollmächtigten (mindestens) seit 1988 von den Lebensversicherungen wissen musste. Zumindest auch aufgrund dessen hat der Beklagte zu Unrecht Leistungen an die Mutter bewilligt. Hinzu kommt, dass die Klägerin die Lebensversicherungen auch nicht bei ihrem eigenen Vermögen angegeben hat, obwohl sie hierzu – folgt man ihrem eigenem Vortrag – verpflichtet gewesen wäre, und damit ebenfalls treuwidrig handelte.

2.2 Gegen die Rückforderung kann die Klägerin schließlich auch nicht Verwirkung gem. § 242 BGB einwenden. Die Klägerin durfte trotz Ablaufs von 2 Jahren und 8 Monaten seit Einlegung ihres Widerspruchs nicht darauf vertrauen, dass der Beklagte den von ihm mit Bescheid vom 19. Januar 2007 geltend gemachten Rückforderungsanspruch fallen lassen würde. Hat die Behörde einen Bescheid erlassen und wurde hiergegen Widerspruch eingelegt, muss sie diesem entweder abhelfen (§ 72 VwGO) oder ihn der Widerspruchsbehörde vorlegen, die einen Widerspruchsbescheid erlässt (§ 73 VwGO). Insoweit hätte die Klägerin ggf. eine Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) erheben können. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin, der Beklagte werde die Angelegenheit nicht weiter verfolgen, ist zu verneinen, weil die Klägerin selbst mit Einlegung des Widerspruchs den Anlass für eine erneute umfassende Prüfung – ggf. zu ihren Ungunsten – gegeben hat. Die Klägerin musste also nach wie vor mit der Geltendmachung der Forderung rechnen. Darüber hinaus kann sich die Klägerin auch deshalb nicht auf Verwirkung berufen, weil sie selbst treuwidrig gehandelt hat, indem sie die vom Beklagten angeforderten Nachweise trotz Nachfrage nicht vorgelegt und so die Verzögerung der Entscheidung über ihren Widerspruch verursacht hat.

  1. Nach alledem ist der Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2007 rechtmäßig ergangen und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klage war damit im Haupt- wie im Hilfsantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.

 

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