Landesarbeitsgericht Hamm, 10 TaBV 69/11 Einigungsstellenbesetzung;

Juni 2, 2018

Landesarbeitsgericht Hamm, 10 TaBV 69/11

Einigungsstellenbesetzung;

 

Tenor:

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 19.08.2011 – 4 BV 30/11 – wird zurückgewiesen.

 

 

Gründe

 

A

 

Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.

 

Die Arbeitgeberin ist ein Dienstleistungsunternehmen der Informationstechnologie in der Sparkassen-Finanzbranche mit Hauptsitz in Frankfurt am Main. Sie beschäftigt an den Standorten Frankfurt am Main, Fellbach, Köln, Münster, München, Nürnberg, Saarbrücken, Leipzig, Hannover und Berlin ca. 5.100 Mitarbeiter. Im Betrieb Münster sind 982 Arbeitnehmer beschäftigt.

 

Die Betriebe betreuen ca. 430 Sparkassen, mehrere Landesbanken, die DekaBank und 10 Landesbausparkassen.

 

Entstanden ist die Arbeitgeberin durch Verschmelzung der S1 I1 GmbH & Co. KG und der F1 I2 GmbH & Co. KG. Im Geschäftsbereich der vormaligen F1 I2 GmbH & Co KG gab es an den Standorten – anders als im Geschäftsbereich S1 I1 GmbH &Co. KG – kollektivrechtliche Regelungen zur Telearbeit und zum Remote Working.

 

Im Unternehmen der Arbeitgeberin sind jeweils örtliche Betriebsräte sowie ein Gesamtbetriebsrat errichtet. Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der örtliche Betriebsrat des Standorts Münster, der aus 15 Personen besteht.

 

Seit längerer Zeit versucht die Arbeitgeberin, eine unternehmenseinheitliche Regelung bezüglich der Telearbeit einzuführen und verfolgt den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung zur Telearbeit. Hierzu beauftragte sie das Frauenhofer Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation, Telearbeit und Remote Working im Unternehmen zu begutachten. Auf der Grundlage des vom Frauenhofer Institut erstellten Gutachtens (Bl. 101 ff. d. A.) fasste die Arbeitgeberin den Entschluss, ein an Geschäftsbereichen/Organisationseinheiten orientiertes Kontingent von Telearbeitsplätzen einzurichten und unternehmenseinheitliche Regelungen für die Formen der Telearbeit mit dem Gesamtbetriebsrat zu vereinbaren. Nach Vorlage einer Gesamtbetriebsvereinbarung Telearbeit (Bl. 27 ff. d. A.) lehnte der Gesamtbetriebsrat mit Schreiben vom 27.06.2011 (Bl. 220 d. A.) Verhandlungen mit der Arbeitgeberin über den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung zur Telearbeit ab, weil er die originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats verneinte und die örtlichen Betriebsräte ihre früher vorliegenden Delegationsbeschlüsse zurückgezogen hatten.

 

Die Arbeitgeberin leitete daraufhin ein Einigungsstellenbesetzungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main ein – 21 BV 578/11 -. Durch Beschluss vom 04.08.2011 (Bl. 222 ff. d. A.) wurde dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben und eine Einigungsstelle zum Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung über Telearbeit eingerichtet. Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle wurde der Präsident des Landesarbeitsgerichts E1 bestellt, die Zahl der Beisitzer wurde pro Seite auf vier festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Gesamtbetriebsrats zum Landesarbeitsgericht Hessen war erfolglos. Durch Beschluss vom 04.10.2011 – 4 TaBV 153/11 – wurde die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats zurückgewiesen.

 

Mit Schreiben vom 18.07.2011 (Bl. 18 d. A.) forderte der antragstellende Betriebsrat die Arbeitgeberin unter Vorlage eines Entwurfs einer Betriebsvereinbarung (Bl. 19 ff. d. A.) zu Verhandlungen über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum flexiblen Arbeiten am Standort Münster auf.

 

Die Arbeitgeberin teilte dem Betriebsrat daraufhin mit Schreiben vom 21.07.2011 (Bl. 24 d. A.) mit, dass Verhandlungen zu dieser Regelungsmaterie allein mit dem Gesamtbetriebsrat und nicht mit dem örtlichen Betriebsrat zu führen seien, einer Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen werde abgelehnt.

 

Mit Schreiben vom 25.07.2011 (Bl. 25 d. A.) teilte der Betriebsrat mit, dass der Gesamtbetriebsrat seinerseits bereits dargelegt habe, dass eine originäre Zuständigkeit nicht vorliege, aus diesem Grunde sei der örtliche Betriebsrat zuständig. Auf Grund der Weigerung der Arbeitgeberin, Verhandlungen mit dem antragstellenden Betriebsrat aufzunehmen, erklärte dieser das Scheitern der Verhandlungen und schlug die Einrichtung einer Einigungsstelle vor.

 

Dieses Ansinnen lehnte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 29.07.2011 (Bl. 26 d. A.) ab, weil Verhandlungen zur Telearbeit allein mit dem Gesamtbetriebsrat zu führen seien.

 

Daraufhin leitete der antragstellende Betriebsrat am 03.08.2011 beim Arbeitsgericht das vorliegende Beschlussverfahren ein.

 

Inzwischen hatten auch die örtlichen Betriebsräte Frankfurt und München die Arbeitgeberin vergeblich zur Aufnahme von Verhandlungen über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung Telearbeit aufgefordert. Daraufhin wurde in einem Parallelverfahren vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main – 12 BV 627/11 – Herr Vizepräsident des Arbeitsgericht L1 zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle über die Verhandlung und Abschluss einer Betriebsvereinbarung „Flexibles Arbeiten in der Finanzinformatik Frankfurt“ bestellt, die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wurde auf vier festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin wurde durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hessen – 4 TaBV 164/11 – zurückgewiesen.

 

Nachdem das Arbeitsgericht München den Antrag des Betriebsrats München auf Einrichtung einer Einigungsstelle zur Telearbeit durch Beschluss vom 18.08.2011 – 13 BV 336/11 – abgewiesen hatte (Bl. 272 ff. d. A.), wurde auf die Beschwerde des Betriebsrats München durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts München – 7 TaBV 68/11 – der Richter am Arbeitsgericht T1 zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle über die Verhandlung und den Abschluss einer Betriebsvereinbarung „Einrichtung und Betrieb von Telearbeitsplätzen/Flexwork“ bestellt; die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wurde auf zwei festgelegt.

 

Der antragstellende Betriebsrat hat im vorliegenden Verfahren die Auffassung vertreten, die einzurichtende Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats sei für den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung zur Telearbeit nicht gegeben. Regelungen zur Ordnung des Betriebes, zu Beginn und Ende sowie der Lage der Arbeitszeit wie auch zur Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung und ähnlicher Vorschriften seien primär in örtlicher Zuständigkeit zu regeln. Soweit die Arbeitgeberin sich auf die Einführung und den Betrieb technischer Einrichtungen beziehe, welche geeignet seien, Leistung und Verhalten der Arbeitnehmer zu kontrollieren, sei dies aktuell nicht Gegenstand der vom antragstellenden Betriebsrat beantragten Einigungsstelle. Dies ergebe sich aus dem vom Betriebsrat vorgelegten Entwurf einer Betriebsvereinbarung. Auch die Entwürfe einer Betriebsvereinbarung der Betriebsräte Frankfurt und München bezögen sich nicht auf die Einführung und Nutzung konkreter technischer Systeme. Auch bestimmte unternehmerische Organisations- oder Strukturentscheidungen des Unternehmens rechtfertigten die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats im vorliegenden Fall nicht.

 

Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle sei die Richterin am Arbeitsgericht K1 einzusetzen, da sie persönlich und fachlich geeignet sei und unzählige Einigungsstellen geleitet habe.

 

Angesichts der komplexen Thematik seien vier Beisitzer erforderlich. Immerhin seien Belange unterschiedlicher Standorte zu berücksichtigen.

 

Der Betriebsrat hat beantragt,

 

zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle über die Verhandlung und Abschluss einer Betriebsvereinbarung „Flexibles Arbeiten“ K1, Richterin am ArbG zu bestellen und

 

die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf vier festzusetzen.

 

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

 

den Antrag abzuweisen.

 

Sie hat die Auffassung vertreten, die begehrte Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Es fehle für die Verhandlung und den Abschluss einer Betriebsvereinbarung „Flexibles Arbeiten“ offensichtlich an der Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats. Vielmehr sei die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats außer Frage. Durch die unternehmerische Entscheidung, ein unternehmensweit einheitliches Kontingent an Telearbeitsplätzen festzulegen, sei eine betriebsübergreifende Regelung zwingend. Die Heimarbeitsplätze würden unternehmensweit einheitlich ausgestattet, auch dies bedinge eine unternehmenseinheitliche Regelung. Gerade weil die Arbeitgeberin durch unternehmerische Entscheidung vom 24.05.2011 ein unternehmensweit einheitliches Kontingent an Telearbeitsplätzen festgelegt habe, wonach 8 % der im Unternehmen der Arbeitgeberin vorhandenen Arbeitsplätze als Telearbeitsplätze eingerichtet werden sollten, sei eine betriebsübergreifende Regelung der Telearbeit zwingend. Dieses Kontingent beruhe auf der Begutachtung der Telearbeit durch das Frauenhofer Institut.

 

Darüber hinaus könnten bei der unternehmensweit einheitlichen Ausstattung von Heimarbeitsplätzen die arbeitsschutzrechtlichen und sonstigen Anforderungen an diese Arbeitsplätze nur unternehmenseinheitlich festgelegt werden. Die Vereinbarung erfordere bereits im Hinblick auf die arbeitsschutzrechtlichen Standards, etwa der bundesweit geltenden Arbeitsschutzgesetze und Verordnungen, eine zwingend unternehmenseinheitliche Regelung.

 

Schließlich erfolge die technische Anbindung der häuslichen Arbeitsplätze auf der Basis unternehmenseinheitlicher IT-technischer Anlagen. Eine Regelung dieser technischen Anlagen durch lokale Gremien scheide aus, weil die mit der IT-Technik aufgesetzten banksicherheitstechnischen Anforderungen nur einheitlich denkbar seien.

 

Die Arbeitgeberin hat ferner die Auffassung vertreten, die Verhandlungen mit dem örtlichen Betriebsrat seien nicht gescheitert, Verhandlungen hätten aufgrund der kurzfristigen Terminierung durch den antragstellenden Betriebsrat gar nicht stattfinden können. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Aufforderung durch den an-tragstellenden Betriebsrat allein dem Zweck gedient habe, in Reaktion auf das von der Arbeitgeberin eingeleitete Bestellungsverfahren für eine Einigungsstelle zur Verhandlung über eine Gesamtbetriebsvereinbarung Telearbeit möglichst schnell auf Einzelbetriebsratsebene ein gegenläufiges Bestellungsverfahren zu erwirken.

 

Als Einigungsstellenvorsitzende werde Herr Vizepräsident des Arbeitsgerichts L1 vorgeschlagen, der bereits in der Vergangenheit Einigungsstellen geleitet habe und die betrieblichen Gegebenheiten kennte.

 

Durch Beschluss vom 19.08.2011 hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben und die begehrte Einigungsstelle eingerichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig, weil nicht offensichtlich sei, dass der Gesamtbetriebsrat für den vorliegenden Regelungskomplex nach § 50 Abs. 1 BetrVG offensichtlich originär zuständig sei. Eine zwingende sachliche Notwendigkeit für eine einheitliche Regelung im Unternehmen der Arbeitgeberin im Hinblick auf die Telearbeit sei nicht zu erkennen. Allein aufgrund der Entscheidung der Arbeitgeberin, eine unternehmenseinheitliche Regelung zu treffen, ergebe sich nicht zwingend die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass Fragen des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit sowie der Ordnung im Betrieb zwingend unternehmenseinheitlich gestaltet sein müssten. Allein die Tatsache, dass der antragstellende Betriebsrat bereits wenige Tage nach Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet habe, lasse ein Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Die Arbeitgeberin habe nämlich bereits mit Schreiben vom 21.07.2011 mitgeteilt, Verhandlungen allein mit dem Gesamtbetriebsrat zu führen. Verhandlungen mit dem örtlichen Betriebsrat habe sie abgelehnt. Auf Antrag des Betriebsrats sei die Richterin am Arbeitsgericht K1 zur Vorsitzenden der Einigungsstelle zu benennen, weil die Arbeitgeberin keine triftigen Gründe vorgetragen habe, die Anlass gegeben hätten, einen anderen Vorsitzenden zu bestellen. Die Anzahl der Beisitzer sei antragsgemäß mit vier auf jeder Seite festzusetzen.

 

Gegen den der Arbeitgeberin am 23.08.2011 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Arbeitgeberin am 06.09.2011 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.

 

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ist die Arbeitgeberin nach wie vor der Auffassung, die vom Betriebsrat begehrte Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Regelungen zur Telearbeit müssten zwingend unternehmenseinheitlich ausgestaltet werden. Insoweit sei die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gegeben. Dies ergebe sich schon aus der unternehmerischen Entscheidung vom 24.05.2011 über die Größe des Kontingents an Telearbeitsplätzen, wonach 8 % der im Unternehmen der Arbeitgeberin vorhandenen Arbeitsplätze betriebsübergreifend als Telearbeitsplätze festgelegt worden seien. Verhandele man allein mit lokalen Betriebsräten, ließe sich die Unternehmensquote von insgesamt 8 % schwerlich realisieren. Es müsse gewährleistet sein, dass nach Abschluss der Regelungen die unternehmensweite Quote nicht überschritten werde. Dies sei bereits faktisch nicht möglich, wenn eine Regelung über mehrere lokale Betriebsvereinbarungen verteilt werde.

 

Auch könnten bei der unternehmensweit einheitlichen Ausstattung von Heimarbeitsplätzen die arbeitsschutzrechtlichen und sonstigen Anforderungen an diese Arbeitsplätze nur unternehmenseinheitlich festgelegt werden. Den Anforderungen an die technische und sonstige Ausstattung werde man nur dann gerecht, wenn diese unternehmenseinheitlich geregelt würden.

 

Die technische Anbindung der häuslichen Arbeitsplätze und im Rahmen des Remote Working erfolge auf Basis unternehmenseinheitlicher IT-technischer Anlagen. Eine Regelung dieser technischen Anlagen durch lokale Gremien scheide schon deshalb aus, weil die mit der IT-Technik aufgesetzten banksicherheitstechnischen Anforderungen nur einheitlich erfüllt werden könnten. Auch die derzeit im Unternehmen der Arbeitgeberin für Remote Working vorhandenen IT-Systeme – SEVA und SSL-VPN – basierten auf einheitlichen Systemlösungen.

 

Bereits bankenaufsichtsrechtliche Vorschriften verlangten die hinreichende Absicherung derartiger Zugänge vor dem Zugriff von Dritten. Eine Regelung auf lokaler Ebene hätte nicht nur unterschiedliche Zugangsregelungen innerhalb ein- und derselben Funktionseinheit zur Folge; die Arbeitgeberin müsste auch für jeden einzelnen Standort die Nachweis- und Zertifizierungspflichten erfüllen, die das Bankenaufsichtsrecht dem Verwender derartiger Zugangswege auferlege. Eine erhöhte Fehleranfälligkeit zu vermeiden, sei die bankenaufsichtsrechtliche Verpflichtung der Arbeitgeberin. Bereits aus diesem Grunde sei eine unternehmenseinheitliche Regelung zur Ausgestaltung der Systeme und flankierender Regelungen rechtlich geboten. Nach den Bestimmungen des Kreditwesengesetzes seien Kreditinstitute zu einem angemessenen und wirksamen Risikomanagement im Rahmen der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation verpflichtet. Diese abstrakten Zielvorgaben seien durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) zuletzt im Rundschreiben 11/10 („MaRisk“) konkretisiert worden.

 

Darüber hinaus sei bei Arbeitsplätzen außerhalb des Betriebes der finanzielle Aufwand zur Ausstattung der Arbeitsplätze an einer unternehmenseinheitlichen Budgetierung auszurichten. Bei unterschiedlichen Regelungen auf örtlicher Ebene könne der Kostenaufwand nicht budgetiert werden.

 

Schließlich zeige auch die Übermittlung von weitestgehend identischen Entwürfen durch mittlerweile drei Betriebsräte das Bedürfnis unternehmenseinheitlicher Regelung. Das Arbeitsgericht hätte auch berücksichtigen müssen, dass bereits auf der Ebene des Gesamtbetriebsrats eine Einigungsstelle eingerichtet sei und der Gesamtbetriebsrat nicht offensichtlich unzuständig sei. Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG fordere, widersprüchliche Ergebnisse und überflüssige Kosten zu vermeiden.

 

Das Arbeitsgericht habe auch zu Unrecht die Richterin am Arbeitsgericht K1 zur Einigungsstellenvorsitzenden bestimmt. Gerade weil in einem Parallelverfahren vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main der Vizepräsident des Arbeitsgerichts L1 zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle über den gleichen Regelungsgegenstand eingesetzt worden sei, hätte auch das Arbeitsgericht im vorliegenden Verfahren Herrn L1 als Einigungsstellenvorsitzenden bestellen müssen. Auf diese Weise ließen sich zumindest teilweise Kostenersparnisse erzielen. Parallel geführte Bestellungs- und nachfolgende Einigungsstellenverfahren zu identischen Sachverhalten führten ganz offensichtlich zu einer erheblichen Kostenbelastung der Arbeitgeberin. Dies ließe sich zumindest teilweise auffangen, wenn sämtliche Einigungsstellen auf Einzelbetriebsratsebene von demselben Einigungsstellenvorsitzenden geführt würden.

 

Das Arbeitsgericht habe schließlich auch die Zahl der Beisitzer nicht mit vier auf jeder Seite festlegen dürfen. Die Anzahl der Beisitzer in dem Parallelverfahren sei jeweils mit zwei festgesetzt worden.

 

Die Arbeitgeberin beantragt,

 

den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 19.08.2011 – 4 BV 30/11 – abzuändern und den Antrag des Betriebsrats zurückzuweisen.

 

Der Betriebsrat beantragt,

 

die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist nach wie vor der Auffassung, die vom Arbeitsgericht eingesetzte Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats sei nicht gegeben.

 

Der Versuch der Arbeitgeberin den Schwerpunkt auf Fragen der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen zu lenken, gehe fehl. Selbst der Arbeitgeberentwurf einer Gesamtbetriebsvereinbarung habe dies nicht zum Bestandteil. Nach den eigenen Ausführungen der Arbeitgeberin kämen lediglich die Mitbestimmungstatbestände des § 87 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 und 7 BetrVG zum Tragen. Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht fordere ein einheitliches technisches System nicht. Im Übrigen sei die technische Einrichtung der Heimarbeitsplätze auch nach den von den Betriebsräten vorgelegten Betriebsvereinbarungsentwürfen gar nicht Regelungsgegenstand.

 

Allein der Wunsch der Arbeitgeberin nach einer einheitlichen Lösung führe nicht zur Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats.

 

Auch hinsichtlich der Person des Einigungsstellenvorsitzenden habe das Arbeitsgericht zutreffend entschieden. Die Arbeitgeberin habe erst kürzlich in drei von ihr selbst angestrengten Einigungsstellenbesetzungsverfahren die Richterin am Arbeitsgericht K1 selbst als Einigungsstellenvorsitzende benannt.

 

Auch hinsichtlich der Zahl der Beisitzer habe das Arbeitsgericht zutreffend entschieden. Die Arbeitgeberin habe selbst mit der Antragserwiderung vom 12.08.2011 vorgetragen, dass im Hinblick auf die Komplexität der Angelegenheit vier Beisitzer auf jeder Seite für angemessen erachtet würden.

 

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

 

B

 

Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet.

 

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben und die begehrte Einigungsstelle eingerichtet.

 

  1. Die Anträge des Betriebsrats sind zulässig.

 

  1. Der Betriebsrat verfolgt sein Begehren zu Recht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig, nämlich die Einrichtung einer Einigungsstelle nach den §§ 76 BetrVG, 98 ArbGG.

 

  1. Die Antragsbefugnis des Betriebsrats und die Beteiligung der Arbeitgeberin am vorliegenden Verfahren ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.

 

Der Betriebsrat ist antragsbefugt, weil er ein eigenes betriebsverfassungsrechtliches Recht geltend macht.

 

Aus dem Umstand, dass auch im vorliegenden Verfahren die Zuständigkeit des an-tragstellenden Betriebsrates oder des Gesamtbetriebsrates für die Regelung der Telearbeit streitig ist, ergibt sich nicht, dass der Gesamtbetriebsrat am vorliegenden Verfahren zu beteiligen wäre. Beteiligter in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (BAG 11.11.1998 – 4 ABR 40/97 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 18; BAG 16.03.2005 – 7 ABR 40/04 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 3; BAG 12.12.2006 – 1 ABR 38/05 – AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 27; BAG 10.02.2009 – 1 ABR 94/07 – NZA 2009, 562). Betroffen ist ein Betriebsverfassungsorgan, wenn es als Inhaber eines streitigen Rechts ernsthaft in Betracht kommt. Reklamiert ein Gesamtbetriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, müssen die örtlichen Betriebsräte nur beteiligt werden, wenn Arbeitgeber oder Gesamtbetriebsrat hilfsweise deren Zuständigkeit behaupten oder objektiv zumindest ernsthafte Zweifel bestehen können, ob nicht statt des Gesamtbetriebsrats die örtlichen Betriebsräte Inhaber des streitigen Mitbestimmungsrechts sind (BAG 28.03.2006 – 1 ABR 59/04 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 128; BAG 22.07.2008 – 1 ABR 40/07 – AP BetrVG 1972 § 87 Nr. 14; BAG 10.02.2009 – 1 ABR 94/07 – NZA 2009, 562).

 

Hiernach kommt eine Beteiligung des Gesamtbetriebsrats am vorliegenden Verfahren nicht in Betracht. Beide Beteiligte des vorliegenden Verfahrens haben übereinstimmend vorgetragen, dass der Gesamtbetriebsrat nach seiner Auffassung sich gerade nicht für die Regelung von Arbeitszeitfragen für zuständig hält. Darüber hinaus wird im vorliegenden Einigungsstellenbesetzungsverfahren nicht endgültig darüber entschieden, ob der Gesamtbetriebsrat oder der antragstellende Betriebsrat für die Regelung von Arbeitszeitfragen zuständig ist. Im vorliegenden Verfahren ist nach § 98 ArbGG nur entscheidungserheblich, ob die begehrte Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für ein unmittelbares Betroffensein örtlicher Betriebsräte oder Gesamtbetriebsräte genügt es nicht, dass mit einer Entscheidung über das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts inzidenter darüber entschieden wird, ob ein Anspruch bzw. ein Mitbestimmungsrecht dem örtlichen Betriebsrat oder dem Gesamtbetriebsrat zusteht (Bram, FA 2009, 229, 232).

 

  1. Der Antrag des Betriebsrates ist auch nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ausreichend bestimmt. Die Arbeitgeberin kann sich nicht darauf berufen, der Regelungsgegen-stand der einzurichtenden Einigungsstelle sei nicht ausreichend bestimmt. Zwar ist der Regelungsgegenstand im Antrag des Betriebsrates mit „Betriebsvereinbarung Flexibles Arbeiten“ sehr kurz gefasst. Der Regelungsgegenstand ergibt sich aber eindeutig aus dem vorgerichtlichen Schriftverkehr und der Antragsschrift des Betriebsrates vom 02.08.2011. In der Antragsschrift vom 02.08.2011 ist der Regelungsgegenstand ausreichend bezeichnet. Der Antragsschrift ist ein Entwurf einer Betriebsvereinbarung über „Flexibles Arbeiten in der Finanzinformatik Münster“ beigefügt gewesen. Aus diesem Entwurf ist eindeutig und in ausreichender Weise erkennbar, welcher Regelungsgegenstand in der begehrten Einigungsstelle verhandelt werden soll.

 

  1. Der Antrag des Betriebsrates ist auch begründet, wie das Arbeitsgericht zu Recht entschieden hat.

 

  1. Gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG kann ein Antrag auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden und auf Festsetzung der Zahl der Beisitzer wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle nur dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsumieren lässt (vgl. statt aller: LAG Hamm 07.07.2003 – 10 TaBV 92/03 – NZA-RR 2003, 637; LAG Köln 14.01.2004 – 8 TaBV 72/03 – AP BetrVG 1972 § 106 Nr. 18; LAG Hamm 09.08.2004 – 10 TaBV 81/04 – AP ArbGG 1979 § 98 Nr. 14 = LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 43 m.w.N.). Dieser eingeschränkte Prüfungsmaßstab korrespondiert damit, dass die Einigungsstelle die Vorfrage ihrer Zuständigkeit selbst prüft und sich gegebenenfalls für unzuständig erklären kann (BAG 30.01.1990 – 1 ABR 2/89 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 41). Das vorliegende Einigungsstellenbesetzungsverfahren bindet die zu bildende Einigungsstelle insoweit nicht.

 

  1. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vom Betriebsrat begehrte Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig.

 

  1. a) Die offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle ergibt sich nicht daraus, dass die Beteiligten nicht ausreichend über den streitigen Regelungsgegenstand verhandelt hätten. Ein Rechtsschutzbedürfnis des Betriebsrates kann insoweit nicht verneint werden.

 

Nach Sinn und Zweck des gerichtlichen Bestellungsverfahrens nach § 98 ArbGG, den Betriebsparteien im Konfliktfall möglichst zügig und ohne weitere Verzögerung durch eine der Betriebsparteien eine Einigungsstelle zur Seite zu stellen, ist die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig, wenn eine der Betriebsparteien aufgrund des bisherigen Verhaltens der anderen Partei die weitere Führung von Verhandlungen für aussichtslos hält, das Scheitern der Verhandlungen erklärt und die Einigungsstelle anruft. Ist der Regelungsgegenstand hinreichend bekannt, liegt es in der Hand jeder Seite, frei zu entscheiden, wann sie die Einrichtung einer Einigungsstelle mit gerichtlicher Hilfe für notwendig erachtet. Hält ein Betriebspartner weitere Verhandlungen aufgrund des bisherigen Verhaltens der Gegenseite für aussichtslos und ruft er das Arbeitsgericht zur Einsetzung einer Einigungsstelle nach § 98 ArbGG an, so ist diese nicht deswegen offensichtlich unzuständig, weil der Verhandlungsanspruch nach § 74 Abs. 1 Satz 2 ArbGG nicht oder noch nicht vollständig erfüllt worden ist; andernfalls hätte es die verhandlungsunwillige Seite in der Hand, die Einsetzung einer Einigungsstelle längere Zeit zu blockieren (LAG Baden-Württemberg 16.10.1991 – 12 TaBV 10/91 – LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 21; LAG Niedersachsen 07.12.1998 – 1 TaBV 74/98 – LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 35; LAG Hamm 09.08.2004 – 10 TaBV 81/04 – AP ArbGG 1979 § 98 Nr. 14 = LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 41; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 25. Aufl., § 74 Rn. 9 a; Kreutz/GK-BetrVG, 9. Aufl., § 74 Rn. 28 m.w.N.).

 

Nach diesen Grundsätzen kann eine offensichtliche Unzuständigkeit der begehrten Einigungsstelle im vorliegenden Verfahren nicht angenommen werden. Dies hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend erkannt. Auch nach dem Beschwerdevorbringen ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Arbeitgeberin Verhandlungen mit dem antragstellenden Betriebsrat über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung „Flexibles Arbeiten“ ausdrücklich abgelehnt hat. Dies ergibt sich aus den Schreiben der Arbeitgeberin vom 21.07.2011 und vom 29.07.2011 (Bl. 24, 26 d.A.). Die Arbeitgeberin war nicht bereit, über den vom Betriebsrat definierten Regelungsgegenstand zu verhandeln. Aufgrund des vorgerichtlichen Schriftverkehrs war der Arbeitgeberin auch bekannt, dass der Betriebsrat den Weg in die Einigungsstelle anstrebte. Auch dies hat die Arbeitgeberin abgelehnt. Wenn unter diesen Umständen der Betriebsrat die Einrichtung einer Einigungsstelle mit gerichtlicher Hilfe für notwendig erachtet hat, ist dies nicht nur zu beanstanden, sondern nachvollziehbar. Die Arbeitgeberin ist nicht berechtigt, durch ihre Verhandlungsunwilligkeit die Einsetzung einer Einigungsstelle länger zu blockieren.

 

  1. b) Zu Recht ist das Arbeitsgericht auch in dem angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass die Einigungsstelle nicht deshalb offensichtlich unzuständig ist, weil Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates offensichtlich nicht in Betracht kommen.

 

Bei den vom Betriebsrat verlangten Regelungen zum Flexiblen Arbeiten (Telearbeit) handelt es sich ersichtlich um mitbestimmungspflichtige Tatbestände nach § 87 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3, 6 und 7 BetrVG (Fitting, a.a.O., § 5 Rn. 218 und § 87 Rn. 127; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 11. Aufl., § 87 Rn. 165; Schmechel, NZA 2004, 237). Dass die Einführung und Durchführung von Telearbeit grundsätzlich mitbestimmungspflichtig ist, stellt auch die Arbeitgeberin nicht in Abrede.

 

  1. c) Schließlich ist die Einigungsstelle auch nicht deshalb offensichtlich unzuständig, weil für den Regelungsgegenstand allein der Gesamtbetriebsrat zuständig wäre. Jedenfalls kann nicht angenommen werden, dass eine offensichtliche Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für den hier vorliegenden Regelungskomplex besteht.

 

  1. aa) Entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin unterliegt auch die Frage, ob für den vorliegenden Regelungskomplex der Einzelbetriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat zuständig ist, im Verfahren nach § 98 ArbGG dem Offensichtlichkeitsmaßstab. Aus der Ausgestaltung des Verfahrens nach § 98 ArbGG als einem besonderen Eilverfahren folgt, dass alle Verfahren, auch Vorfragen, lediglich einer Offensichtlichkeitsüberprüfung zu unterziehen sind. Zwar wird auch vertreten, dass hinsichtlich der Beurteilung einer Frage, ob eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle angenommen werden muss, bei streitigem Sachverhalt eine Beweisaufnahme vor dem Einzelrichter durchzuführen sei (LAG Düsseldorf 21.08.1987 – 9 TaBV 132/86 – NZA 1988, 211; vgl. auch LAG Niedersachsen 26.08.2008 – 1 TaBV 62/08 – AE 2009, 197). Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist aber die Klärung streitiger Rechtsfragen nicht Aufgabe des Kammervorsitzenden im Bestellungsverfahren. Der Offensichtlichkeitsmaßstab des § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ist daher für alle in den Bestellungsverfahren zu entscheidenden Fragen anzuwenden (LAG Berlin-Brandenburg 22.01.2010 – 10 TaBV 2829/09 – BB 2010, 500). Die endgültige Klärung der Zuständigkeit der Einigungsstelle ist einem gesonderten Beschlussverfahren vor der voll besetzten Kammer vorbehalten. Der Offensichtlichkeitsmaßstab des § 98 ArbGG gilt auch für die Prüfung der Frage, ob das in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht dem Gesamtbetriebsrat oder den einzelnen örtlichen Betriebsräten zusteht (LAG Düsseldorf 04.03.1992 – 5 TaBV 116/91 – NZA 1992, 613; LAG Hamm 22.03.2010 – 10 TaBV 13/10 – ).

 

  1. bb) Eine offensichtliche Unzuständigkeit des antragstellenden Betriebsrates zur Regelung von Telearbeit bzw. zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über „Flexibles Arbeiten in der Finanzinformatik Münster“ kann entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin nicht angenommen werden. Ebenso wenig ist der Gesamtbetriebsrat für den hier vorliegenden Regelungskomplex nach § 50 Abs. 1 offensichtlich originär zuständig.

 

Nach § 50 Abs. 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht dem Gesamtbetriebsrat nur dann das Mitbestimmungsrecht zu, wenn und soweit ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht. Ein derartiges zwingendes Erfordernis kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben. Eine produktionstechnische Notwendigkeit liegt insbesondere dann vor, wenn ohne eine einheitliche Regelung eine technisch untragbare Störung eintreten würde (BAG 23.09.1975 – 1 ABR 122/73 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 1; BAG 09.12.2003 – 1 ABR 49/02 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 27). Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Unternehmens und der einzelnen Betriebe. Die bloße Zweckmäßigkeit einer unternehmenseinheitlichen oder betriebsübergreifenden Regelung begründet in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats allein ebenso wenig wie ein Kosteninteresse oder ein Koordinierungsinteresse des Arbeitgebers (BAG 11.12.2001 – 1 AZR 193/01 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 22; BAG 09.12.2003 – 1 ABR 49/02 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 27; Fitting, a.a.O., § 50 Rn. 21 ff. 37 m.w.N.).

Ebenso wie das Arbeitsgericht hat auch die Beschwerdekammer eine zwingende sachliche Notwendigkeit für eine einheitliche Regelung der Telearbeit im Unternehmen der Arbeitgeberin nicht erkennen können. Insbesondere für Regelungen über die Ordnung im Betrieb und für Arbeitszeitregelungen sind grundsätzlich in aller Regel wegen der erforderlichen Sachnähe die Einzelbetriebsräte in den jeweiligen einzelnen Betrieben zuständig. Angelegenheiten nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BetrVG sind regelmäßig konkret betriebsbezogen. Dass für den vorliegenden Regelungskomplex eine betriebsübergreifende Regelung zwingend notwendig wäre, ergibt sich auch aus dem Vorbringen der Arbeitgeberin nicht.

Der bloße Wunsch der Arbeitgeberin nach einer betriebsübergreifenden Regelung vermag ebenso wenig wie ein besonderes Kosten- oder Koordinierungsinteresse der Arbeitgeberin die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates zu begründen. Auch soweit die Arbeitgeberin am 24.05.2011 die unternehmerische Entscheidung über ein unternehmensweit einheitliches Kontingent an Telearbeitsplätzen getroffen hat, wonach 8 % der im Unternehmen der Arbeitgeberin vorhandenen Arbeitsplätze betriebsübergreifend als Telearbeitsplätze festgelegt werden, kann hieraus die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats allein nicht hergeleitet werden. Selbst wenn das Unternehmerin der Arbeitgeberin für die Kontingentierung der Telearbeitsplätze entsprechende Vorgaben gemacht hat, wären die örtlichen Betriebsräte und die entsprechend eingesetzten Einigungsstellen hieran gebunden. Es sind auch überhaupt keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die örtlichen Betriebsräte nicht bereit wären, sich an diese Vorgaben zu halten. Die Arbeitgeberin hat keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass etwa die konkrete Gefahr bestünde, die Einzelbetriebsräte würden bei Abschluss von Einzelbetriebsvereinbarungen Unternehmensinteressen nicht in dem von § 2 Abs. 1 BetrVG geforderten Umfang beachten.

Auch soweit die Arbeitgeberin darauf hinweist, dass die technische Anbindung der häuslichen Arbeitsplätze auf der Basis unternehmenseinheitlicher IT-technischer Anlagen erfolge und Telearbeitsplätze unternehmensweit einheitlich ausgestattet werden müssten, aufgrund der derzeit im Unternehmen der Arbeitgeberin vorhandenen IT-Systeme seien einheitliche Systemlösungen erforderlich, rechtfertigt dies die Annahme der offensichtlichen Unzuständigkeit der örtlichen Betriebsräte nicht. Das Gleiche gilt für den Hinweis der Arbeitgeberin auf bankenaufsichtsrechtliche Vorgaben und die Bestimmungen des Kreditwesengesetzes. Aus dem Vorbringen der Arbeitgeberin ergibt sich nämlich nicht, dass sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung ergeben würde. Die Arbeitgeberin hat nicht vorgetragen, dass ohne eine einheitliche Regelung technisch untragbare Störungen eintreten würden. Aus den vom Betriebsrat vorgelegten Betriebsvereinbarungsentwurf ergibt sich auch nicht, dass der antragstellende Betriebsrat die Vorgaben der Arbeitgeberin in technischer Hinsicht, insbesondere die technische Anbindung an die zentrale Infrastruktur der Arbeitgeberin in Frage zu stellen beabsichtigt. Es spricht auch nichts dafür, dass der antragstellende Betriebsrat sich an die technischen Vorgaben der Arbeitgeberin und an die Bestimmungen etwa des Kreditwesengesetzes nicht halten wird. Die bloße Zweckmäßigkeit einer einheitlichen Regelung und der besondere Wunsch der Arbeitgeberin nach einer betriebsübergreifenden Regelung können die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats jedenfalls nicht begründen.

Auch der Umstand, dass es sich nach dem Vorbringen der Arbeitgeberin bei der Frage, ob überhaupt und wenn je wie viele Telearbeitsplätze eingerichtet werden, um eine freiwillige Leistung der Arbeitgeberin handele, führt zu keiner anderweitigen Beurteilung. Zwar kann ein die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats begründendes zwingendes Erfordernis einer unternehmenseinheitlichen Regelung darauf beruhen, dass der Arbeitgeber im Bereich der freiwilligen Mitbestimmung zu einer Leistung nur betriebsübergreifend bereit ist (BAG 23.03.2010 – 1 ABR 82/08 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 135; BAG 18.05.2010 – 1 ABR 96/08 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 34; vgl. auch: Lunk/Leder NZA 2011, 249). Dass die Arbeitgeberin zur Einrichtung der Telearbeitsplätze aber nicht bereit ist, wenn sich die Zuständigkeit der örtlichen Betriebsräte hierfür herausstellen sollte, ergibt sich aus dem Vorbringen der Arbeitgeberin nicht.

Schließlich kann sich die Arbeitgeberin auch nicht darauf berufen, dass auf Gesamtbetriebsratsebene bereits eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Telearbeit rechtskräftig eingerichtet ist. Ebenso haben unstreitig inzwischen das Landesarbeitsgericht Hessen und das Landesarbeitsgericht München dem Begehren der dortigen örtlichen Betriebsräte auf Einrichtung einer Einigungsstelle mit dem gleichen Regelungsgegenstand auf örtlicher Ebene stattgegeben. Bei einem derartigen Streitstand kann nach Auffassung der Beschwerdekammer jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Unzuständigkeit des antragstellenden Betriebsrats im Sinne des § 98 Abs. 1 BetrVG ausgegangen werden. Gibt es unterschiedliche bedenkenswerte Rechtsauffassungen in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung und der arbeitsrechtlichen Literatur zur Reichweite der Beteiligungsrechte eines Betriebsrats und steht eine höchst-richterliche Entscheidung hierzu noch aus, kann eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle nach § 98 ArbGG nicht angenommen werden (LAG Baden-Württemberg 16.10.1991 – 12 TaBV 10/91 – NZA 1992, 186; LAG Köln 11.02.1992 – 3 TaBV 54/91 – NZA 1992, 1103; LAG Niedersachsen 11.11.1993 – 1 TaBV 59/93 – LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 27; LAG Niedersachsen 07.12.1998 – 1 TaBV 74/98 – LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 35; LAG Saarland 14.05.2003 – 2 TaBV 7/03 – NZA-RR 2003, 639; LAG Hamburg 17.04.2007 – 3 TaBV 6/07 – DB 2007, 1417; ErfK/Koch, 11. Aufl., § 98 ArbGG Rn. 3 m.w.N.). Hiernach wird die nicht offensichtlich unzuständige Einigungsstelle ihre Zuständigkeit selbst überprüfen müssen.

  1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht zur Vorsitzenden der Einigungsstelle die Richterin am Arbeitsgericht K1 bestellt. Hiergegen sind von der Arbeitgeberin keine triftigen Gründe vorgebracht worden.

Das Betriebsverfassungsgesetz normiert keine besonderen Voraussetzungen für das Amt des Einigungsstellenvorsitzenden. Bei dem Einigungsstellenvorsitzenden muss es sich lediglich um eine Person handeln, die die Voraussetzungen des § 98 Abs. 1 Satz 4 ArbGG (Inkompatibilität) und des § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG (Unparteilichkeit) erfüllt. Insoweit wird die bloße Ablehnung eines von einer Betriebspartei vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden durch die andere Betriebspartei ohne Mitteilung nachvollziehbarer Gründe zu Recht für unzureichend gehalten (LAG Frankfurt 23.06.1988 – 12 TaBV 66/88 – LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 12; LAG Schleswig-Holstein 22.06.1989 – 6 TaBV 23/89 – LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 17; LAG Nürnberg 02.07.2004 – 7 TaBV 19/04 – NZA-RR 2005, 100; LAG Berlin-Brandenburg 22.01.2010 – LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 56; Germelmann/Matthes/-Prütting/Müller-Glöge/Schlewing, ArbGG, 7. Aufl., § 98 Rn. 23; ErfK/Koch, a.a.O., § 98 ArbGG Rn. 5 m.w.N.).

 

Die Voraussetzungen der Inkompatibilität und der Unparteilichkeit sowie der notwendigen Sach- und Rechtsgründe kann von der Arbeitgeberin bei der Richterin am Arbeitsgericht K1 nicht in Frage gestellt werden. Bei der bestellten Vorsitzenden handelt es sich um eine äußerst fachkundige und fähige Richterin der Arbeitsgerichtsbarkeit, die unstreitig auch über zahlreiche Erfahrungen als Einigungsstellenvorsitzende verfügt. Allein der Umstand, dass in dem vom Betriebsrat Frankfurt angestrengten Einigungsstellenbesetzungsverfahren der Vizepräsident des Arbeitsgerichts L1 rechtskräftig zum Einigungsstellenvorsitzenden bestellt worden ist, rechtfertigt es nicht, im vorliegenden Verfahren von der Bestellung der im vorliegenden Verfahren vom Betriebsrat Münster benannten Einigungsstellenvorsitzenden abzusehen. Nach dem unstreitigen Vorbringen des Betriebsrats hat die Arbeitgeberin selbst kürzlich erst in drei von ihr angestrengten Einigungsstellenbesetzungsverfahren die Richterin am Arbeitsgericht K1 benannt. Bereits hieraus ergibt sich, dass nachvollziehbare Gründe gegen die Bestellung von Frau K1 zur Einigungsstellenvorsitzenden aus der Sicht der Arbeitgeberin nicht bestehen. Darüber hinaus hat die Arbeitgeberin im Parallelverfahren beim Landesarbeitsgericht Hessen – 4 TaBV 164/11 – mit Schriftsatz vom 21.09.2011 gegen die vom Betriebsrat Frankfurt ebenfalls benannte Richterin am Arbeitsgericht K1 vorgebracht, im Hinblick auf die Bestellung von Frau K1 im vorliegenden Einigungsstellenbesetzungsverfahren seien Interessenkonflikte nicht auszuschließen, weil auch standortspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen seien. Derartige Interessenkonflikte bestünden auch bei einer Bestellung des Vizepräsidenten des Arbeitsgerichts L1.

  1. Auch hinsichtlich der Anzahl der Beisitzer hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden. Im Hinblick auf die Komplexität der vorliegenden Regelungsmaterie sind vier Beisitzer auf jeder Seite notwendig. Soweit die Arbeitgeberin im Beschwerdeverfahren darauf hingewiesen hat, dass die Anzahl der Beisitzer in zwei Parallelverfahren mit zwei festgesetzt worden seien, rechtfertigt dieser Hinweis keine anderweitige Beurteilung. Die Arbeitgeberin hat mit der Antragserwiderung vom 12.08.2011 selbst darauf hingewiesen, dass sie im Hinblick auf die Komplexität der Angelegenheit vier Beisitzer auf jeder Seite für angemessen erachte. Auch in dem beim Landesarbeitsgericht Hessen – 4 TaBV 164/11 – geführten Parallelverfahren sind vier Beisitzer auf jeder Seite festgesetzt worden.

 

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