Fragen und Antworten zum Testament

Darf ein 17-jähriger ein Testament errichten?
RA Krau: Nach § 2229 I BGB kann ein Minderjähriger ein Testament errichten, wenn er das 16. Lebensjahr vollendet hat.
Müssen die Eltern vor dem Erreichen des 18. Lebensjahres dem Testament zustimmen?
RA Krau: Nach § 2229 II BGB bedarf der Minderjährige zur Errichtung eines Testaments nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Mein Opa leidet an Altersdemenz. Meine Mutter möchte aber, dass er noch ein Testament macht, weil sie ihn pflegt und er soll sie dafür zur Erbin bestimmen. Geht das?
RA Krau: Nach § 2229 IV BGB kann ein Testament nicht mehr errichten, wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche, wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Wer an Altersdemenz mindestens mittleren Grades leidet mit zeitweiligen vorübergehenden Wahnvorstellungen, Wahrnehmung nicht vorhandener Personen, Nichterkennen der vertrauten Umgebung oder Phasen der Verwirrtheit und Orientierungslosigkeit, kann während dieses Zustandes nicht wirksam testieren (PALANDT/ Weidlich, 72. Auflage, § 2229 Rz 9). Im Übrigen ist die Einflussnahme auf den Großvater, der ein Testament zugunsten Ihrer Mutter errichten „soll“ ebenfalls rechtlich kritisch zu sehen.
Manchmal hat mein Opa aber lichte Momente, wo er ziemlich fit ist und nichts durcheinanderbringt. Kann er in einem solchen lichten Moment wirksam testieren?
RA Krau: Das in einem lichten Moment errichtete Testament ist wirksam, weil der Großvater in diesem lichten Moment die Bedeutung seiner Willenserklärung beurteilen und nach dieser Einsicht handeln konnte, § 2229 IV BGB.
Mein Onkel argwöhnt, dass meine Mutter den Opa beschwatzen könnte. Mein Onkel wird ein Testament zugunsten meiner Mutter keinesfalls anerkennen, dabei pflegt meine Mutter den Opa und der Onkel kümmert sich um nichts. Wie kann sich der Opa bestmöglich absichern, dass sein Testament Anerkennung finden wird?
RA Krau: Zunächst sollten Sie eine fachärztliche Bestätigung, dass der Opa an diesem konkreten Tag untersucht wurde und die Prüfung der Geschäftsführung bestanden hat, einholen. Die Fachärzte haben vorformulierte Tests, die sie mit den Probanden durchgehen. Es ist dann ein wenig wie bei der Führerscheinprüfung: Wer eine gewisse Anzahl von Fragen richtig beantwortet hat, der hat bestanden.

Und dann sollten Sie mit dem fachärztlichen Gutachten noch am selben Tag und möglichst zeitnah zum Notar gehen. Der Notar ist durch das Beurkundungsgesetz verpflichtet, ebenfalls eine Prüfung der Testierfähigkeit vorzunehmen. Das wird in der Testamentsurkunde niedergelegt. Das fachärztliche Gutachten wird der Urkunde als Anlage beigefügt.
Jetzt wissen wir nicht, ob der Opa schon mal früher ein Testament gemacht hat. Wie gehen wir am besten vor, damit es nicht zu einer Kollision der unterschiedlichen Testamente kommt?
RA Krau: Das ist kein Problem. Nach § 2258 I BGB wird durch die Errichtung eines Testamentes ein früheres Testament insoweit aufgehoben, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht.
Also sind wir da immer auf der sicheren Seite? Kann der Opa immer und zu jeder Zeit, solange er testierfähig ist, frühere letztwillige Verfügungen ändern und aufheben?
RA Krau: So einfach ist es leider nicht. Da sprechen Sie ein ganz wichtiges Thema an: Erbverträge und gegebenenfalls auch gemeinschaftliche Testamente erzeugen eine Bindungswirkung. Beim gemeinschaftlichen Testament kann sich ein Ehegatte von einer wechselbezüglichen Verfügung zu Lebzeiten des anderen Ehegatten nur lösen, wenn er durch notariell beurkundete Erklärung den Widerruf der Verfügung erklärt und diesen Widerruf dem anderen Ehegatten – möglichst mit Zustellnachweis – zustellt, § 2271 I BGB. Mit dem Tod des anderen Ehegatten erlischt das Recht zum Widerruf, der Testierende kann sich nur noch von seiner wechselbezüglichen Verfügung lösen, wenn er das Erbe ausschlägt, § 2271 II 1 BGB. Beim Erbvertrag, der vertragsmäßige Verfügungen enthält, ist die Bindungswirkung noch größer: Der Erbvertrag macht spätere letztwillige Verfügungen unwirksam, § 2289 I 2 BGB. Die Vertragsparteien können den Erbvertrag zwar durch Vertrag einvernehmlich aufheben, § 2290 BGB, aber dazu ist eben Einvernehmen beider Erbvertragsparteien erforderlich. Will eine der Parteien eine vertragsmäßige Verfügung des Erbvertrages durch späteres Testament aufheben, so bedarf es nach § 2291 S. 2 BGB der Zustimmung der anderen Erbvertragsparteien. Weiterhin können die Erblasser den Erbvertrag auch durch ein späteres gemeinschaftliches Testament aufheben, § 2292. Schließlich können die Erbvertragsparteien im Vertrag Rücktrittsrechte vorbehalten.

Fazit: Aus einem Erbvertrag kommen Sie schwer wieder heraus. Ein wechselbezügliches gemeinschaftliches Testament bindet den überlebenden Ehegatten ebenfalls. Das wird oft übersehen. Es wird Geld für Testamente investiert, die wegen §§ 2271, 2289 S. 2 BGB gar keine Wirkung mehr haben können. Der Erblasser ist nicht mehr frei in seiner Willensentscheidung, sondern durch gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag auf Lebenszeit „gebunden“.
Was heißt wechselbezüglich beim gemeinschaftlichen Testament?
RA Krau: Nach § 2270 BGB sind letztwillige Verfügungen wechselbezüglich, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde. Nach § 2270 II BGB ist im Zweifel von einer solchen Wechselbezüglichkeit auszugehen, wenn sich die Eheleute gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht.

Merksatz: Die Verfügung des einen Ehegatten „steht und fällt“ mit der Verfügung des anderen Ehegatten.
Können Sie das mit der Wechselbezüglichkeit anhand eines Beispiels erklären?
RA Krau: Einfachstes Beispiel – die Eheleute setzen sich gegenseitig zu alleinigen Erben ihres gesamten Vermögens ein. Schwieriger wird es dann mit der Einsetzung von Schlusserben nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten. Beispiel: Eheleute setzen sich gegenseitig zu alleinigen Erben ein, nach dem Tod des Letztversterbenden sollen die Geschwister der Ehefrau erben. Die wechselseitige Einsetzung der Ehegatten ist wechselbezüglich und erzeugt Bindungswirkung. Wenn die Frau zuerst sterben sollte, ist auch die Einsetzung der Geschwister der Frau wechselbezüglich und bindet den Mann. Für den Fall des Letztversterbens der Frau ist aber die Einsetzung ihrer Geschwister nicht wechselbezüglich und damit nicht bindend. Das heißt, die Frau kann nach dem Tod des Mannes ihre Geschwister noch enterben, der Mann könnte das im Falle des Erstversterbens der Frau nicht.
Ich möchte mit meiner Freundin ein gemeinschaftliches Testament errichten. Geht das?
RA Krau: Nach § 2265 BGB können nur Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichten. Gleichgestellt sind eingetragene Lebenspartner. Mit Ihrer Freundin können Sie kein gemeinschaftliches Testament errichten.
Welche Vorgaben gibt es an die Form eines Testamentes? Ich habe gehört ein maschinengeschriebenes Testament soll unwirksam sein.
RA Krau: Für das ordentliche Testament sagt § 2231 BGB dass es entweder durch eine eigenhändige Erklärung oder zur Niederschrift eines Notars errichtet werden kann.

Das öffentliche Testament zur Niederschrift des Notars gibt es nach § 2232 BGB in 2 Varianten: Einmal erklärt der Erblasser gegenüber dem Notar seinen letzten Willen und der Notar beurkundet diesen im Wege eines notariellen Testaments. Oder der Erblasser übergibt dem Notar ein Schriftstück mit der Erklärung, dass diese Schrift seinen letzten Willen enthalte. Der Erblasser kann diese Schrift offen oder verschlossen übergeben, sie braucht nicht von ihm eigenhändig geschrieben zu sein.

Das eigenhändige Testament muss dagegen nach § 2247 BGB in vollem Umfang vom Erblasser persönlich niedergeschrieben worden sein. Der Erblasser soll in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er sie niedergeschrieben hat.

Minderjährige müssen nach § 2333 BGB ein öffentliches Testament über den Notar errichten in einer der beiden Varianten nach § 2332 BGB.

Auch leseunfähige Personen müssen sich eines Notars bedienen, § 2333 II BGB.

Über die ordentlichen Testamente hinaus gibt es Sonderformen:

Nach § 2249 das Nottestament vor dem Bürgermeister.

Nach § 2250 das Nottestament vor drei Zeugen.

Nach § 2251 das Nottestament auf See.

Nach § 2252 haben Nottestamente eine beschränkte Gültigkeit, sie werden unwirksam, wenn der Erblasser die Notsituation um drei Monate überlebt.
Meine Oma hat meiner Mutter einen Brief geschrieben, wo sie angekündigt hat, dass meine Mutter alles erben soll. Kann auch dieser Brief ein Testament sein?
RA Krau: Ein eigenhändiger Brief, der vom Erblasser selbst geschrieben wurde und unterschrieben wurde, kann ein gültiges Testament darstellen, wenn der Erblasser im Moment der Niederschrift den Willen gehabt hat, mit dem Brief eine letztwillige Verfügung von Todes wegen zu errichten. Dem Erblasser muss auch bewusst sein, dass dieser Brief als sein Testament anzusehen ist. In Ihrem Fall besteht noch weiter Aufklärungsbedarf beim Sachverhalt: Wollte die Oma den letzten Willen nur „ankündigen“ oder in einer rechtsverbindlichen Form bekunden?
Wie ist das denn mit dem gemeinschaftlichen Testament? Müssen da beide Ehegatten jeweils den ganzen Text eigenhändig niederschreiben oder wie geht das?
RA Krau: Nach § 2267 BGB genügt es für die Errichtung eines rechtswirksamen gemeinschaftlichen Testaments, wenn einer der Ehegatten das Testament eigenhändig niederschreibt, unter Orts- und Datumsangabe persönlich gegenzeichnet und der andere Ehegatte diese Erklärung ebenfalls unter Orts- und Datumsangabe persönlich gegenzeichnet. Ich empfehle aus Gründen der Rechtssicherheit, dass der andere Ehegatte anfügt: „Dies ist auch mein letzter Wille“.
Mein Vater hat vor Jahren ein Testament zugunsten meiner Mutter gemacht. Nun haben sich die Eltern scheiden lassen. Was passiert mit dem Testament?
RA Krau: Nach § 2077 I 1 BGB ist eine letztwillige Verfügung , durch die Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers aufgelöst worden ist. Nach § 2077 I 2 BGB steht es der Auflösung der Ehe gleich, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt hat oder ihr zugestimmt hatte. Das Gleiche gilt nach § 2077 I 3 BGB wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes berechtigt war, die Aufhebung der Ehe zu verlangen und den Antrag gestellt hatte.

Nach § 2077 III BGB ist das Testament Ihres Vaters aber nicht unwirksam, wenn anzunehmen ist, dass der Vater auch für den Fall der Scheidung von seiner Frau diese bedenken wollte.
Der Vater versteht sich mit der Mutter noch ganz gut. Heißt das, dass das Testament zugunsten der Mutter noch gültig ist?
RA Krau: Das alleine reicht nicht. An die Feststellung des Aufrechterhaltungswillens sind hohe Anforderungen zu stellen.
Und wenn meine Eltern ein gemeinschaftliches Testament gemacht haben, in dem sie sich wechselseitig zu Erben eingesetzt haben. Wie ist es jetzt mit der Gültigkeit des Testamentes nach der Scheidung?
RA Krau: Hier gilt nach § 2268 BGB das Gleiche wie beim Einzeltestament gemäß § 2077. In der Regel wird angenommen, die Erbeinsetzung des Ehegatten sei unwirksam, Gegenbeweis ist möglich.
Mein Vater ist dement und will daher, dass sein Betreuer das Testament für ihn errichtet. Geht das?
RA Krau: Das geht leider nicht. Nach § 2064 BGB kann ein Testament nur durch den Erblasser persönlich errichtet werden. Eine Stellvertretung ist unzulässig.
Mein Opa hat ein Testament gemacht, wo geregelt ist, dass sein Steuerberater den Erben bestimmen soll. Ist das möglich?
RA Krau: Das ist ebenfalls nicht möglich. Nach § 2065 II BGB kann der Erbe die Erblasser die Bestimmung einer Person, die eine Zuwendung erhalten soll, nicht einem Dritten überlassen.
Könnte der Opa bestimmen, dass der Steuerberater nach seinem Tod entscheiden soll, ob das Testament wirksam ist oder nicht?
RA Krau: Das geht leider ebenfalls nicht. Nach § 2065 I BGB kann der Erblasser eine letztwillige Verfügung nicht in der Weise treffen, dass ein anderer zu bestimmen hat, ob sie gelten oder nicht gelten soll.
Mein Opa hat auf einen Zettel geschrieben, dass „seine Erben“ die Erben sein sollen. Ist das ein wirksames Testament? Wer wird Erbe?
RA Krau: Das Testament ist rechtswirksam, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass es eine letztwillige Verfügung darstellen sollte und wenn es von dem Erblasser unterschrieben wurde. Erben werden dann die Personen, die bei Geltung der gesetzlichen Erbfolge erben würden. Sie erben mit Quoten, die im Falle der gesetzlichen Erbfolge gelten würden, § 2066 BGB.
Was bedeutet „im Zweifel“?
RA Krau: Der Gegenbeweis ist zulässig. Wenn Sie Lebenssachverhalte vortragen und beweisen können, aus denen sich ergibt, dass Ihr Vater keinesfalls die Abkömmlinge Ihres Bruders haben wollte, sondern in diesem Falle etwa wünschte, dass Sie stattdessen alleiniger Erbe werden, dann wird das Nachlassgericht zu Ihren Gunsten entscheiden.
Wie mache ich meine Rechte in einem solchen Falle geltend?
RA Krau: Entweder im Erbscheinsverfahren vor dem Nachlassgericht oder im Prozessverfahren vor dem ordentlichen Gericht oder in beiden Verfahren gleichzeitig.
Mein Vater hat meinen Bruder in seinem Testament als alleinigen Erben benannt. Jetzt ist der Bruder schon Jahre vorher verstorben. Er hat einen Sohn hinterlassen. Wird dieser Sohn Erbe oder werde ich Erbe?
RA Krau: Nach § 2069 BGB gilt Folgendes: Hat der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht und fällt dieser nach der Errichtung des Testaments weg, so ist im Zweifel anzunehmen, dass dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten würden. Das bedeutet, dass im Zweifel nicht Sie, sondern der Sohn Ihres Bruders, also Ihr Neffe, Erbe wird. § 2069 BGB ist eine ganz wichtige Auslegungsregel mit erheblicher praktischer Bedeutung.
Was ist ein Berliner Testament?
RA Krau: Ursprünglich verstand man unter einem Berliner Testament folgende Gestaltung, die nach dem preußischen Recht vorherrschend war: Eheleute setzten sich gegenseitig als Vorerbe ein, einen Dritten als Nacherben und diesen Dritten gleichzeitig für den Fall des eigenen Überlebens als Ersatzerben. Heute wird der Begriff „Berliner Testament“ für gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten im Sinne des § 2269 BGB gebraucht. Danach wird vermutet, dass der Dritte als Erbe des zuletzt versterbenden Ehegatten für den gesamten Nachlass eingesetzt sein soll, wenn sich die Ehegatten gegenseitig als Erben bestimmt haben und das Erbe nach dem Tod des Überlebenden an einen Dritten fallen soll.
Was ist der Vorteil eines Berliner Testaments?
RA Krau: Bei gesetzlicher Erbfolge entstehen Erbengemeinschaften. Erbengemeinschaften sind nichts für die Ewigkeit, sondern sollten auseinandergesetzt werden. Das kann insbesondere Probleme geben, wenn im Nachlass die Sachwerte dominieren: Stellen Sie sich eine 80jährige Frau vor, die nach dem Gesetz ihren Mann zur Hälfte beerbt hat, die gemeinsame Tochter erbt die andere Hälfte. Die Tochter will Kasse machen. Sie verlangt Auseinandersetzung. Im Nachlass befindet sich wenig Geld, aber ein schmuckes Häuschen. Die Mutter müsste nun das Haus verkaufen und in eine Mietwohnung ziehen, um die Tochter auszuzahlen, weil die Tochter sich nicht mit dem hälftigen Eigentum an dem Haus zufrieden gibt, sondern eben „Kasse machen“ will. Einer 80-jährigen gibt keine Bank mehr einen Kredit. Das ist doch ein Drama. Hätten Vater und Mutter ein Berliner Testament gemacht, so hätte zunächst die Mutter den Vater alleine beerbt und nicht mit der Tochter teilen müssen. Die Tochter wäre dann nach dem Tod der Mutter Erbin geworden. Das Berliner Testament ist also das richtige, wenn zuallererst sichergestellt werden soll, dass der überlebende Ehegatte seinen Lebensstandard beibehalten soll und nicht wird „teilen“ müssen.
Was ist mit dem Pflichtteil?
RA Krau: Der Pflichtteil der Abkömmlinge ist eine Gefährdung des Berliner Testaments. Die Kinder werden beim ersten Erbfall enterbt, wenn die Eheleute sich gegenseitig zu Erben einsetzen. Das löst den Pflichtteil der Abkömmlinge aus.
Wie kann man das vermeiden?
RA Krau: Durch die Aufnahme einer Pflichtteilsstrafklausel. Die Kinder werden ja beim Berliner Testament als Schlusserben nach dem letztversterbenden Ehegatten eingesetzt. Das heißt, sie kriegen letztlich alles, wenn sie nur geduldig zuwarten. Daher nehme ich in solchen Fällen in das Testament auf, dass dasjenige Kind, welches nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten gegen den Willen des Längerlebenden seinen Pflichtteil fordert, auch beim Schlusserbfall nur die Hälfte kriegen soll. Die Pflichtteilsstrafklausel kann man noch weiter aufpeppen, wenn man dem geduldigen Kind, welches nicht den Pflichtteil verlangt, im Wege des Vermächtnisses zusagt, dass es die Hälfte seines gesetzlichen Erbes nach dem erstversterbenden als Vermächtnis erhalten soll, wobei das Vermächtnis erst beim Schlusserbfall fällig wird.
Kommt diese Gestaltung mit der Pflichtteilsstrafklausel nicht an ihre Grenzen, wenn die Eheleute nur ein Kind haben?
RA Krau: Das ist richtig. Die Pflichtteilsstrafklausel ist ja faktisch eine „Zuckerbrot und Peitsche-Lösung“: Bist du ungeduldig und verlangst beim Tod des ersten Elternteils deinen Pflichtteil, so bestrafe ich dich beim Schlusserbfall und belohne dafür deine Geschwister, die deswegen mehr erhalten. Wenn es aber nur 1 Kind gibt, dann kann ich nicht eines belohnen und eines bestrafen.
Was ist die Lösung?
RA Krau: Die eine Lösung ist, dass Sie neben dem einen Abkömmling noch andere Personen als Schlusserben bestimmen. Sobald Sie 2 Schlusserben haben, können sie auch wieder belohnen und bestrafen. Eine andere, recht listige Lösung liegt darin, dass Sie auf die Pflichtteilsstrafklausel ganz verzichten, den überlebenden Ehegatten von der Bindung befreien, so, dass er auch nach dem Tod des anderen Ehegatten von Todes wegen und unter Lebenden noch frei verfügen kann. Sie bestimmen dann den Abkömmling zum alleinigen Schlusserben, sofern der überlebende Ehegatte nicht mehr abweichend testiert. Der Abkömmling wird sich dann fünfmal überlegen, ob er nach dem Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil zieht, denn er ist der Gnade und dem Wohlwollen des überlebenden Ehegatten ausgeliefert, der ihn jederzeit enterben kann, wenn er sich über die Geltendmachung des Pflichtteils ärgern sollte. Dieses „drohende Damoklesschwert“ ist allerdings auch nur von beschränkter Durchschlagskraft, wenn Sie sich vor Augen halten, dass das einzige Kind nach dem Tod des überlebenden Ehegatten bereits einen Pflichtteil von 50 % hat.
Gibt es weitere Lösungen?
RA Krau: 1. Schenken zu Lebzeiten unter der Bestimmung, dass die Schenkung auf den Pflichtteil anzurechnen ist. 2. Abkaufen des Pflichtteils – Erwirken eines notariellen Pflichtteilsverzichts gegen Abfindung. 3. Übertragungen zu Lebzeiten.
Was ist der Nachteil des Berliner Testaments?
RA Krau: Das Berliner Testament vernichtet steuerliche Freibeträge. Zuviel Vermögen gelingt in die Hand des Schlusserben. Das Berliner Testament in seiner Reinform ist also für größere Vermögen nicht geeignet.
Welche Lösungen gibt es hier?
RA Krau: Sie setzen nach dem Tod des Erstversterbenden Vermächtnisse aus oder Sie bestimmen mehrere Personen zu Erben des Erstversterbenden.
Wie würden Sie ein handschriftliches Testament verwahren?
RA Krau: Ich empfehle allen meinen Mandanten, ihr Testament in einem verschlossenen Umschlag in die amtliche Verwahrung des für sie zuständigen Nachlassgerichts zu geben. So wird das Testament im Falle Ihres Todes automatisch eröffnet und den Erben bekannt gegeben. Es wird vor Verlust oder Vernichtung geschützt.
Gehören Anweisungen zum Ablauf der Bestattung ins Testament?
RA Krau: Ich will jetzt nicht zynisch klingen, aber bis das Testament eröffnet und zugestellt ist, sind Sie unter der Erde. Anweisungen zur Gestaltung der Beerdigung sollten Sie zu Lebzeiten einer Vertrauensperson übergeben.
Wir haben ein Jahr nach dem Tod meiner Oma ein Testament gefunden. Wir haben den Nachlass schon nach der gesetzlichen Erbfolge verteilt. Was müssen wir jetzt tun?
RA Krau: § 2259 BGB, Ablieferungspflicht, ordnet folgendes an:

(1) Wer ein Testament, das nicht in besondere amtliche Verwahrung gebracht ist, im Besitz hat, ist verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tode des Erblassers Kenntnis erlangt hat, an das Nachlassgericht abzuliefern.

(2) Befindet sich ein Testament bei einer anderen Behörde als einem Gericht in amtlicher Verwahrung, so ist es nach dem Tode des Erblassers an das Nachlassgericht abzuliefern. Das Nachlassgericht hat, wenn es von dem Testament Kenntnis erlangt, die Ablieferung zu veranlassen.
Was ist, wenn wir das Testament einfach vernichten?
RA Krau: Erstens: Sie machen sich strafbar wegen Urkundenunterdrückung.
Zweitens: Sie machen sich schadensersatzpflichtig.
Drittens: Sie werden erbunwürdig.
Was geschieht, wenn wir das Testament nach einem Jahr noch bei dem Nachlassgericht abliefern? Immerhin haben wir den Nachlass schon nach Maßgabe der gesetzlichen Erbfolge verteilt.
RA Krau: Der alte Erbschein wird eingezogen. Ein neuer Erbschein ist nach Maßgabe der testamentarischen Anordnungen zu erteilen. Die vollzogene Erbauseinandersetzung wird rückgängig gemacht. Es wird nach Maßgabe des neuen Erbscheins neu verteilt.
Was ist, wenn wir alle, gesetzliche und testamentarische Erben uns einig sind, dass wir diesen Aufwand nicht wollen?
RA Krau: Wo kein Kläger, da kein Richter. Wenn sich alle einig sind, können Sie sich über die Anordnungen der Erblasserin hinwegsetzen. Sie können teilen, wie Sie wollen. Aber Vorsicht: Hier kann zusätzlich Schenkungsteuer entstehen!

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