OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.10.2014 – I-3 Wx 178/14 Grundbucheintragung aufgrund eines Schenkungsvertrages auf den Todesfall

Juni 5, 2018

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.10.2014 – I-3 Wx 178/14

Grundbucheintragung aufgrund eines Schenkungsvertrages auf den Todesfall

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1) und seine Ehefrau sind je zu ¼ eingetragene Miteigentümer des im Rubrum näher bezeichneten Grundbesitzes. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind die Nichten des Beteiligten zu 1).

Die Mutter des Beteiligten zu 1) war ebenfalls Miteigentümerin zu ½-Anteil. Durch notariellen „Schenkungsvertrag mit auf den Tod verzögerter Erfüllung” v. 17.07.2007 – UR. Nr. 1279 für 2007, Notar Dr. L. – schenkte sie ihren ½  Miteigentumsanteil ihren Enkelinnen, den Beteiligten zu 2) und 3), je zu ¼.

Die Erfüllung der Schenkung durch Auflassung und Grundbucheintragung sollte erst mit dem Tod der Mutter erfolgen, wobei die Beteiligten zu 2) und 3) den Grundbesitz aufgrund der ihnen erteilten Vollmacht auf sich auflassen und den Antrag auf Vollzug des Eigentumswechsels in das Grundbuch stellen sollten.

Die Mutter des Beteiligten zu 1) bevollmächtigte „unwiderruflich und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB” die Beteiligten zu 2) und 3), sie nach ihrem Tod bei der Auflassung und allen für den Vollzug des Eigentumswechsels erforderlichen Erklärungen zu vertreten. Bis zum Eigentumswechsel sollte der Anspruch der Beteiligten zu 2) und 3) durch eine Vormerkung gem. § 883 BGB gesichert werden, die am 21.07.2008 eingetragen wurde.

Am 14.12.2012 starb die Mutter des Beteiligten zu 1). Sie wurde beerbt von ihren beiden Söhnen, dem Beteiligten zu 1) und dessen Bruder, dem Vater der Beteiligten zu 2) und 3).

Die Beteiligten zu 2) und 3) erklärten am 24.07.2013 – UR. Nr. 2274 für 2013, Notar Dr. L. – die Auflassung und beantragten am 30.07.2013 die Eigentumsumschreibung. Der Eigentumswechsel wurde am 05.08.2013 ins Grundbuch eingetragen.

Mit anwaltlichem Schriftsatz v. 28.05.2014 hat der Beteiligte zu 1) gegen die Eintragungen der Beteiligten zu 2) und 3) Beschwerde eingelegt und diese verbunden mit dem Antrag, einen Widerspruch einzutragen.

Er hat zur Begründung ausgeführt, die Miteigentumsumschreibung auf die Beteiligten zu 2) und 3) sei zu Unrecht erfolgt und entbehre jeder Rechtsgrundlage. Seine Mutter habe ihren hälftigen Miteigentumsanteil nicht mehr wirksam übertragen können, da sie bereits im Zeitpunkt des Vertrages aufgrund einer dementiellen Erkrankung geschäftsunfähig gewesen sei. Er verweist hierzu auf Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gem. SGB XI v. 25.07.2007 und v. 06.12.2007.

Das AG hat den Beteiligten zu 1) mit Verfügung v. 06.06.2014 um Überprüfung der Beschwerde gebeten und darauf hingewiesen, dass ein Widerspruch nur einzutragen sei, wenn das Grundbuch durch eine Eintragung unrichtig geworden sei, die unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften erfolgt sei. Das gelte auch für einen im Beschwerdeverfahren begehrten Widerspruch.

Am 13.06.2014 hat der Beteiligte zu 1) die vorerwähnten Gutachten zur Pflegebedürftigkeit seiner Mutter vorgelegt und den Widerruf der den Beteiligten zu 2) und 3) von seiner Mutter erteilten Vollmacht erklärt.

Das AG hat der Beschwerde durch Beschl. v. 21.07.2014 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt. […]

1.

Die Beschwerde ist gem. § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Beteiligte zu 1) ist beschwerdeberechtigt i.S.d. § 71 GBO.

Ziel der Beschwerde ist nicht eine – nach § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO ohnedies unzulässige – Anfechtung der Eintragungsentscheidung des Grundbuchamts, sondern die Eintragung eines Widerspruchs gem. § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO gegen die Richtigkeit der vorgenommenen Eintragung der Beteiligten zu 2) und 3) als Miteigentümer im Grundbuch mit der Rechtsbehauptung, das Grundbuch sei unrichtig, soweit es die Beteiligten zu 2) und 3) als Miteigentümer zu je ¼ an dem Grundstück ausweise, weil der hälftige Miteigentumsanteil seiner Mutter mit deren Tod auf die Erbengemeinschaft, bestehend aus ihm und seinem Bruder, übergegangen sei.

2.

Das Rechtsmittel ist jedoch in der Sache unbegründet. Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs, wie er mit der Beschwerde weiterverfolgt wird, zu Recht zurückgewiesen.

Eine nach § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO beschränkte Beschwerde kann nur Erfolg haben, wenn die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO für die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegeben sind (BeckOK-GBO/Kramer, Stand: 01.07.2014, § 71 Rn. 114; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 71 Rn. 49).

Die Eintragung eines Amtswiderspruchs bezweckt, die sich aus einem Rechtsverlust durch gutgläubigen Erwerb aufgrund eines unrichtigen Grundbuchs, § 892 BGB, möglicherweise ergebenden Schadensersatzansprüche gegen den Fiskus abzuwehren.

Ein Amtswiderspruch kommt daher nur in Betracht, wenn eine Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen worden ist und das Grundbuch aufgrund dieser Eintragung unrichtig geworden ist (vgl. zum Amtswiderspruch nur Demharter a.a.O., § 53 Rn. 19 ff. und BeckOK-GBO/Holzer, § 53 Rn. 1 ff.).

  1. a) Es kann schon nicht festgestellt werden, dass die beanstandete Eintragung der Beteiligten zu 2) und 3) unter einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen worden ist. Für diese ist maßgeblich auf die dem Grundbuchamt zur Zeit der Eintragung unterbreitete Sachlage abzustellen (vgl. nur Demharter, GBO, § 53 Rn. 22; BeckOK-GBO/Holzer, § 53 Rn. 22). Das gilt auch dann, wenn der Amtswiderspruch im Beschwerdewege verlangt wird (vgl. Demhartera.O., § 23 Rn. 23; Holzer a.a.O., § 53 Rn. 24; OLGR Schleswig 2006, 473-475; a.A. OLG Celle, RPfleger 1990, 112 für eine im Wege der Zwangsvollstreckung vorgenommene Eintragung, die zwar nicht unter einer Rechtsverletzung i.S.v. § 53 GBO erfolgt ist, aber objektiv der Rechtsordnung widerspricht). Eine solche Gesetzesverletzung steht hier jedoch nicht fest.

Zu den Pflichten des Grundbuchamts bei Vornahme der Eintragung von Rechtsveränderungen im Grundbuch gehört auch die selbstständige Prüfung der Geschäftsfähigkeit der an einem die Rechtsveränderung vereinbarenden Rechtsgeschäft Beteiligten (hierzu eingehend: Senat, FGPrax 2013, 147 m.w.N.). Im Rahmen dieser Prüfung ist indessen von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass die Geschäftsfähigkeit die Regel und die Geschäftsunfähigkeit die Ausnahme ist (OLG Frankfurt/M., NJW-RR 2006, 450; OLG Celle, FGPrax 2011, 111; OLG Jena, NotBZ 2012, 459; Senat, a.a.O.; BeckOK-GBO/Otto, § 29 Rn. 36).

Geht es um die Vornahme der Berichtigung einer Eintragung nach § 22 GBO ist die Unrichtigkeit der Eintragung nachzuweisen und, sofern diese mit fehlender Geschäftsfähigkeit bei Bestellung eines eingetragenen Rechts begründet wird, der volle Nachweis der Geschäftsunfähigkeit in der Form des § 29 GBO zu führen (Demharter a.a.O., § 22 Rn. 37).

Die Gutachten v. 20.07.2007 und 06.12.2007 sind erstmals im Beschwerdeverfahren eingereicht worden und lagen dem Grundbuchamt im maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung nicht vor. Für das Grundbuchamt bestanden bei Vornahme der Eintragung auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, an der Geschäftsfähigkeit der Mutter ernsthaft zu zweifeln; erst recht lag dem Grundbuchamt zu diesem Zeitpunkt kein Nachweis einer Geschäftsunfähigkeit vor.

Der von dem Beteiligten zu 1) mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten v. 13.06.2014 erklärte Widerruf der von der Mutter als Schenkerin erteilten Vollmacht zur Auflassung, war vom Grundbuchamt nicht zu berücksichtigen. Denn abgesehen davon, dass die fragliche Vollmacht in dem Schenkungsvertrag unwiderruflich erteilt worden war, erfolgte die Erklärung des Widerrufs erst nach der Eintragung des Eigentumswechsels v. 05.08.2013 und konnte schon deshalb vom Grundbuchamt nicht beachtet werden.

Fehlt es aber damit schon an einer Gesetzesverletzung, kommt die Eintragung eines Amtswiderspruchs schon aus diesem Grunde nicht in Betracht.

  1. b) Auch fehlt es an der erforderlichen Glaubhaftmachung der materiellen Unrichtigkeit des Grundbuchs.

Da der Amtswiderspruch – wie der Widerspruch nach § 899 BGB insoweit – nur ein bloßes Sicherungsmittel darstellt, bedarf es für dessen Eintragung lediglich der Glaubhaftmachung der Unrichtigkeit des Grundbuchs (OLG München, NJW-RR 2007, 810 ff. [OLG München 09.01.2007 – 32 Wx 176/06]; BeckOK-GBO/Holzer a.a.O., § 53 Rn. 32 m.w.N.).

Die vom Beteiligten zu 1) hierzu vorgelegten Gutachten v. 25.07.2007 und 06.12.2007 reichen zu solcher Glaubhaftmachung nicht aus, weil sie hinsichtlich der Frage der Geschäftsfähigkeit der Mutter keine ausreichende Aussagekraft besitzen.

Beide Gutachten waren zu dem Zweck der Feststellung einer aktuellen Pflegebedürftigkeit der Mutter erstellt worden, nicht aber zur Klärung der für die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit wesentlichen Frage, ob sich die Mutter bei Abschluss des Schenkungsvertrages v. 17.07.2007 „in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hatte”.

Im Gutachten v. 25.07.2007 ist festgehalten, dass die bei der Untersuchung anwesende Beteiligte zu 2) zunehmende aber nicht übermäßige Störungen des Kurzzeitgedächtnisses der Mutter des Beteiligten zu 1) beklagt. Abschließend wird eine beginnende dementielle Entwicklung festgestellt, das Bestehen einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz verneint, eine „demenzbedingte Fähigkeitsstörung, geistige Behinderung oder psychische Erkrankung” hingegen bejaht und sieben der neun anschließend tabellarisch aufgeführten Gesichtspunkte (Orientierung, Antrieb/Beschäftigung, Gedächtnis, Wahrnehmung und Denken, Kommunikation/Sprache, Situatives Anpassen und Soziale Bereiche des Lebens wahrnehmen) als auffällig angekreuzt. Soweit der Gutachter zu der abschließenden Feststellung gelangt ist, es liege eine „nicht näher bezeichnete Demenz” nach ICD-10 F03 vor, ist damit lediglich eine Hirnfunktionsstörung beschrieben, ohne jedoch eine konkrete Aussage zum Vorliegen einer die freie Willensbestimmung ausschließenden aktuellen krankhaften Störung der Geistestätigkeit zu treffen.

Das Gutachten v. 06.12.2007 wurde „nach Aktenlage” erstellt, nachdem gegen das Gutachten v. 20.07.2007, wonach eine Pflegebedürftigkeit gem. SGB XI verneint wurde, Widerspruch eingelegt worden war. Die Gutachterin kommt, ohne eigene Untersuchungen vorzunehmen und ohne sich mit der im Erstgutachten festgehaltenen beginnenden Demenzerkrankung und der Frage der Geschäftsunfähigkeit der Mutter des Beteiligten zu 1) auseinanderzusetzen, letztlich zu dem Ergebnis, dass abweichend von dem ersten Gutachtenergebnis eine Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe I gegeben sei.

 

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.